Beiträge von Gaius Eprius Graeceius

    Unmittelbar nach der Abreise der römischen Patrouille nach Alexandria war Legionarius Graeceius zum Legionslager zurückgekehrt, um Informationen für Optio Palaemon einzuholen. Dem Eprius war es etwas merkwürdig vorgekommen, dass der Optio Verdächtige direkt in der eigenen Legion suchen wollte. Immerhin war auch bis zum Legionär der Befehl vorgedrungen, jegliche römische Aktivitäten gegen die griechischen Einwohner der Stadt zu unterbinden. Doch vielleicht verband sein Vorgesetzter damit auch eine besondere Absicht. Graeceius war nach einem schnellen Ritt jedenfalls im Vorzimmer des Officiums des Legaten angekommen, um sich bei einem der Scribae anzukündigen.


    "Ave, Scriba. Legionarius Graeceius, ich komme im Auftrag des Optios Palaemon, um Informationen einzuholen. Er lässt nach einer Liste derjeniger Soldaten fragen, die das Legionslager am gestrigen Tage aufgrund ihres Patrouillendienstes bei der Agora oder anderer Gründe verlassen haben."

    Aufmerksam lauschte Gaius seinem Vorgesetzten bezüglich seines besonderen Auftrages. Dies traf sich gut, denn der Zutritt war den Soldaten nach den Worten des Strategos sowieso verwehrt. Wie anmaßend als einfacher Peregrinus römischen Legionären den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen zu verweigern, noch dazu im Mordfall einer römischen Bürgerin. Doch Graeceius wusste sich unterzuordnen und zeigte sich in dem Fall willig, vor allem aufgrund der Tatsache, dass Optio Palaemon sich nicht gegen den Vorschlag des Strategos sträubte. Mit einem leichten Nicken bestätigte Graeceius die Auftragsannahme.


    "Natürlich, Optio. Ich werde mich umgehend um die Beschaffung der Informationen kümmern."


    Eine gute Möglichkeit sich in Einzelarbeit zu beweisen, dachte Graeceius, als er sich in Bewegung setzte um zum Legionslager zurückzukehren. Natürlich wurde ihm bei der städtischen Station der Legio dafür ein Pferd zur Verfügung gestellt, um seinem Auftrag alsbald erledigen zu können.

    Gaius war dem Optio als Führer der Patrouille immer zielstrebig gefolgt. Für ihn war die gesamte Situation Neuland, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es sein erster regulärer Einsatz in Alexandria war und dieser direkt von Mord und Totschlag geprägt war. Immer wieder waren in den letzten Tagen und Wochen seiner Ausbildung Nachrichten des Aufruhrs in das Castellum vorgedrungen, doch konnte er die tatsächlichen Spannungen nur erahnen. Natürlich wurde er im Laufe seiner Grundausbildung auch über das Verhältnis der römischen Soldaten zu den zum Großteil griechischen Einwohnern der ägyptischen Provinzhauptstadt aufgeklärt. Man könnte es milde ausgedrückt als angespannt, wenn nicht sogar als unterkühlt bezeichnen, was sich beim Hafenvorfall vor einigen Wochen ja recht gut gezeigt hatte. Während der Optio mit einem Beamten der Stadtverwaltung sprach, hielt sich Graeceius im Hintergrund, war jedoch unweit des Optios positioniert und konnte somit dem entstehenden Gespräch lauschen. Auf Diskretion wurde anscheinend von beiden Seiten großen Wert gelegt, da beide versuchten einen erneuten Konflikt zwischen den römischen und griechischen Gruppierungen zu vermeiden. Wenn er das Gespräch bis zu dem Zeitpunkt richtig verfolgen konnten, sollten nun auch noch weitere Persönlichkeiten der Stadt, wenn nicht sogar der Provinzverwaltung hinzustoßen, um die Lage unter Kontrolle zu halten. Abwartend stand er in aufrechter Haltung beim Optio und wartete auf weitere Instruktionen.

    Der Marsch von Nikopolis nach Alexandria war nicht weiter anstrengend und selbst für frische Legionäre reine Routine. Ein Marsch von einer Stunde war quasi der Weg zum Bäcker, dachte man nur an Kriegssituationen und Märschen von hunderten von Kilometern. Auf Befehl des Septimiers hin hielten Graeceius und die anderen Legionäre vor den Toren Alexandrias an. Während der Optio sich um die Stadtwachen kümmerte, ging kein Mucks durch die Reihen der römischen Legionäre. Disziplin war das oberste Gebot, hatte man ihnen gelehrt, um vom Feind oder von Fremden Respekt zu erfahren. Jeder einzelne hielt sich in der Formation, bewegte sich nur um den Schweiß der Hitze von der Stirn zu wischen und wartete auf weitere Instruktionen.

    In die Stadt ging es also. Endlich. Es wurde Zeit, dieses ewige Lagerleben abzubrechen und endlich dem Dienst unter den Leuten nachzukommen. Nun würden sie endlich die Pflichten erfüllen können, die römische Legionäre zu erfüllen hatten. Nach der kurzen Ausführung des Septimiers quittierten alle Legionäre seine Frage mit einem Kopfschütteln, das signalisieren sollte, dass keine weiteren Fragen aufgekommen waren. Die Legionäre hatten sowieso bereits gelernt: Fragen waren wirklich nur dann angebracht, wenn sie lebensnotwendig waren. Fragen, die nur ansatzweise keinen Sinn für den Vorgesetzten geben könnten, sollte man lieber für sich behalten und im Laufe der folgenden Zeit selbst zu klären versuchen. Die Legionarii waren also bereit und vollständig ausgerüstet, um auf ihre erste Patrouille zu gehen.

    Rechtzeitig erreichte der frischgebackene Legionarius den Treffpunkt am frühen Morgen mit seinen Kameraden. Er war stolz nun endlich vollwertiges Mitglied einer römischen Legion zu sein und weiter seinen Weg Richtung Unteroffiziers-, wenn nicht sogar Offizierslaufbahn gehen zu können. Vor Optio Palaemon hatte sich recht schnell eine Reihe gebildet, wie in der Ausbildung gelernt, die eilig salutierte. Natürlich wussten die Legionäre noch nicht, was sie heute erwartete. Dass sie endlich wieder nach einer langen Grundausbildung das Castellum verlassen würden, war ihnen genauso unbekannt. Gespannt standen die Legionarii in militärischer Haltung vor dem ehemaligen Ausbilder und warteten weitere Instruktionen ab.

    Auf jeden Fall boten die Marschrunden genug Zeit über die ersten Versuche an den Geschützen nachzudenken und sich die richtige Technik noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Enthusiastisch gingen die Probati nach dem abgeschlossenen Marsch in die Gruppen zurück und machten sich an die nächsten Versuche mit der Artillerie. Beobachten konnte man, dass das Schießen bei den meisten Gruppen schon deutlich besser ging und man eine deutliche Verbesserung vorweisen konnte, ein feindliches Heer würde man davon aber nicht abschrecken können. Gaius' Versuch war von ähnlicher Gestalt wie sein erster. Durchschnitt. Ein Soldat für die Artillerie war er offensichtlich nicht.

    Unter den anderen Probati war auch Gaius zu finden. Er stand aufrecht und stramm, wie es sich für einen angehenden, römischen Legionär gehörte in der Formation und lauschte mehr als dass er wirklich beobachtete. Auffällige Bewegungen sollte er schließlich zu vermeiden wissen, denn die würden nur ungewolltes Aufsehen erregen. Auch wenn Graeceius den Präfekten nicht gekannt hatte, war eine solche Verabschiedung sicherlich bewegend, vor allem wenn es sich um den zweiten Mann der Legion handelt.

    Gaius musste sich ein Lächeln verkneifen. Den freiwilligen Dienst freiwillig verlassen? Bei den Göttern, wie konnte man nur daran denken. Die Worte des Septimiers riefen den Stolz beim Griechen hervor, das Selbstbewusstsein, das den Griechen in der Geschichte oftmals zugeschrieben wurde. Er schüttelte den Kopf, bildete schnell und koordiniert mit seinen Kollegen eine ordentliche Marschformation und drehte Runde um Runde, bis sie nach einigen Minuten wieder heil und auf jeden Fall fiter als bei den ersten Formations- und Marschübungen bein Ausbilder ankamen.

    Schnelle Gruppen zu bilden stellte sich als keine große Herausforderung für die Probati heraus. Die ersten Kontakte wurden in den langen Wochen der Ausbildung schon geknüpft. Gaius selbst fand sich mit einem Römer und einem weiteren Griechen, der ebenfalls das Bürgerrecht erlangt hatte, in einer Gruppe zusammen. Als größere Herausforderung sollte sich hingegen der Umgang mit den Scorpiones herausstellen. Die meisten Gruppen schafften es beim ersten Versuch nicht, die Sehne richtig zu spannen, sodass die Ladung entweder gar nicht, oder nur wenige Fuß weiter abgeschossen wurde. Beim zweiten Versuch konnte Graeceius' Gruppe einen recht guten Abschuss landen, wie weit die Ladung jedoch gekommen war und ob der Optio diesen Versuch für gut befand konnte der Eprianer nur abschätzen.

    Graeceius führte seine Gruppe anscheinend zur Zufriedenheit des Optios an und so war nun also auch das Reiten beendet. Gaius schnappte sich sein Pferd und trieb es zu den Stallungen, wo die Tiere abgesattelt und versorgt wurden. Immerhin machte die Hitze nicht nur den werdenden Legionären, sondern besonders den empfindlichen und zum Großteil sehr jungen Pferden zu schaffen. Nachdem die Befehle des Ausbilders befolgt wurden, sammelten sich die Probati wieder in einer Reihe vor eben diesem.

    Graeceius nahm die Anweisungen seines Ausbilders mit einem zustimmenden Nicken zur Kenntnis und näherte sich dann selbstbewusst seinem Ross. Man konnte erkennen, dass das Pferd keineswegs das tun wollte, was der Eprianer mit ihm tun wollen würde. Es tänzelte nervös herum und schien zudem von der Hitze stark belastet zu sein. Langsam trat Gaius an das Pferd heran und versuchte es zu beruhigen. Es dauerte einen Moment, bis der Probat sein Ross das erste mal berühren konnte, denn es schien nicht wirklich willig zu sein sich von ihm tätscheln zu lassen. Gaius streichelte seinem Pferd sanft über den Hals, ehe beide bereit waren sich dem Reiten zu widmen. Sanft sprang Graeceius auf das Jungtier und nahm die Zügel in die Hand. Seine Kollegen hatten bereits eine Runde absolvieren können, weswegen sich der Eprianer unmittelbar danach einreihte. Es folgte nun Runde auf Runde, während alle auf weitere Anweisungen Palaemons warteten.

    Reiten. Auf jeden Fall hatte Gaius in diesem Bereich schon deutlich mehr Erfahrung sammeln können als bei den Formationen. Selbstbewusst hob der Eprianer die Hand, als sich Palaemon nach denen erkundigte, die schon einmal auf einem Pferd gesessen waren - oder gefallen sind. Das Reiten verlangte nämlich viel mehr Konzentration als man vielleicht dachte. Den Einklang zwischen Reiter und Pferd zu finden stellte sich nämlich schon des öfteren als schwer heraus.

    Da die Männer schon in den richtigen Positionen standen, erforderte es nicht viel mehr Koordination die Formation einzunehmen. Die vorderen schützten die Formation mit ihren Schilden, die innen stehenden hielten ihr Scutum nach vorne. Auch wenn Gaius im Inneren nicht viel sehen konnte, fühlte er sich sicher, was letztendlich wohl auch der Zweck der Testudo-Formation war.

    Dass der Optio den Probaten mit diesem Befehl viel ungeschultes Improvisationstalent abverlangte, wurde schnell deutlich. Auch wenn die Probati im einzelnen alles richtig machten und jeder die richtige Position aufsuchte, wollte es im ersten Moment als Ganzes nicht wirklich klappen. Nichtsdestotrotz fand jeder Probat wenige Sekunden später seine Position und wartete auf weitere Anweisungen des Ausbilders.

    Wie Gaius erwartet hatte, wurde der vorlaute Probat direkt bestraft. Wieder einmal hatte sich bewiesen, dass solch Charakterzüge nicht unbedingt von Vorteil sein mussten. Die Probati marschierten also, sich leise über die vermeintliche Rundenzahl beschwerend, um den Platz und warteten auf weitere Anweisungen des Optios.

    Die erste Formation sollte sich schon als deutlich schwerer erweisen. Natürlich, immerhin war zwischen den Probati noch keinerlei Absprache vorangegangen, weswegen eindeutig die nötige Koordination fehlte. Die ersten beiden Reihen, in denen sich auch Gaius befand, konnten recht schnell gebildet werden. Die letzten waren dann schon deutlich schwerer, die restlichen Probati fanden jedoch nach einigen weiteren Sekunden schließlich auch ihren Platz und waren bereit für die nächste Formationsübung.

    Auf Kommando positionierten sich die Probati in besagten, drei Reihen. Gaius stand stramm und militärisch korrekt, genauso wie seine Kollegen. Auch wenn diese erste Anordnung nicht schwer fiel, würden die Formationen wohl den bisher anspruchsvollsten Teil der Ausbildung darstellen. Koordination in eine Gruppe unerfahrener Probati zu bringen, die noch nie zuvor in geordneten Formationen, für die die Legionen bekannt sind, gekämpft haben, war sicher keine leichte Aufgabe.