Beiträge von Tiberius Germanicus Messalla

    Die Männer horchten aufmerksam auf, als ihnen der Centurio nun schilderte, wie man sich dementsprechend umdrehte. Wie befohlen wendeten sich die Probati in der Marschformation um. Diesmal klappte auch alles bestens. Zwar führten sie den Befehl nicht gleichzeitig aus, aber die Schritte beherrschte jeder. So langsam nahm dieser zusammen gewürfelte Haufen, aus dem richtige Soldaten des Imperiums gemacht werden sollten, an Form und Haltung an. Und je mehr ihnen von nun an gelang, desto weiter stieg ihr Eifer an. Auch lernten sie immer besser zu verstehen, dass Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen hier unabdingbar war.

    Und weitere zehn Liegestützen mussten hinter sich gebracht werden. Nun achtete jeder peinlichst genau darauf, mit jedem im Gleichstand zu sein, während sie laut abzählten. Keiner der Probati hatte große Lust, den Rest des Tages mit Liegestützen ableisten zu verbringen. Danach erhoben sie sich wieder alle und nahmen die weiteren Befehle des Centurio`s auf. Die Probati antworteten mit einem kurzen „Ja, verstanden Centurio“ und schon gab der Centurio den Befehl, zu marschieren.


    Und als die Milites den ersten Schritt taten, kamen schon einige von ihnen, entweder aus dem Takt oder fingen mit dem falschen Fuß an. Der Hintermann orientierte sich fälschlicherweise am Vordermann und so schritten die Probati nicht gerade taktgemäß sondern vollkommen durcheinander über den Platz. Messalla ließ sich auch aus dem Takt bringen und es war am Anfang gar nicht so leicht, wieder den richtigen Schritt zum Takt zu finden. Zwar war der Anblick den die Neulinge boten nicht gerade lobenswert, doch konnte man aus den Gesichtern der Probati ersehen, dass sie sich trotz der anfänglichen Unsicherheit und mangelnden Zusammenhaltens anstrengten und am Ende gelang es ihnen auch miteinander im Gleichschritt zu marschieren, bis sie laut Befehl des Centurio`s zum Stillstand kamen.

    Wenigstens wurde es Messalla warm, als er mit seinen Kumpanen über den Platz lief, denn die morgendliche Kälte hatte es heute in sich. Messalla hatte Glück, dass er sich nicht von den anderen Probati herausgefordert fühlte und mit ihnen, als Vorhut voraussprintete, denn der Centurio hatte sie schon wieder unter der Fuchtel und wies sie zurecht, indem er sie zu einer Woche Latrinendienst verdonnerte. Messalla lachte schadenfreudig in sich hinein, als er die langen Gesichter der Probati sah, die sich heute Abend zum Latrinendienst zu melden hatten.

    Jetzt hieß es zehn Liegestützen rasch hinzulegen. Für den Anfang waren die Anforderungen des Centurio Licinus noch zu schaffen, doch Messalla ahnte schon, dass dem bald nicht mehr so war. Er war bei den ersten dabei, die die Liegestützen hinter sich gebracht haben. Kurze Zeit später waren alle mit der kurzen Übung fertig und erwarteten die weiteren Befehle ihres Centurios.

    Die Probati folgten weiter den Erklärungen ihres Centurio`s und ihrem Vorgesetzten schien nicht entgangen zu sein, dass viele der Probati ihr Gewicht mit ständigen hin und her treten von der einen zur anderen Seite verlagerten. Für Messalla und seinen Mitkumpanen war es eine Erlösung, als der Centurio vorerst den theoretischen Teil beendet und den milites befahl zwei Runden um den Platz zu laufen.


    Messalla war bei dem vorderen Teil mit dabei, einige nahmen den Befehl als einen durchzuführenden Schnellstreckenmarathon auf und stürmten nach vorne, im hinteren Teil nahmen es ein paar der Probati zu genau mit dem „locker“ und trotteten langsam hinterher während wieder vergnüglich mit dem Nebenmann dabei geplaudert wurde.

    Der Centurio ergänzte die noch weiteren in der Legio bestehenden wichtigen Ränge und die Menge hörte aufmerksam zu. Als dieser hinterher nocht fragte, ob dazu noch irgendwelche Fragen offen standen, verneinten dies die probati. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sich viele anfgangs noch nicht trauten, Fragen zu stellen. So rührte sich zum Fehler der probati niemand, als er diese Möglichkeit anbot.

    Ausgiebig war ja die Ausrüstung schon und das Gewicht, das sie ausmachte, hatte auch schon jeder der probati die Ehre gehabt, dies herauszufinden. Anfangs trat keiner vor, der etwas über die ausgegebenen Waffen von der Rüstkammer sagen konnte bis endlich ein weiterer miles, der eine Reihe hinter Messalla stand sich zu Wort meldete.

    "Ein Gladius, das als Nahwaffe, für den frontalen Angriff und als Stichwaffe dient. Zwei Pilae, eine Fernwaffe, dient dazu dem Gegner seiner Deckung zu berauben und im Brustbereich zu verletzen...und ein Pugio ist noch dabei, ein zweischneidiger Stossdolch." Grob hatte der probatus die Hauptwaffen aufgezählt, die zum Angriff auf die gegnerischen Reihen dienten.

    Messalla selbst war schon gespannt, wie er sich später im Umgang mit den Gladius machte, denn immerhin war sein Können auch entscheidend davon, ob er hinterher tot oder lebend das Schlachtfeld verlassen würde. Das die milites bei einem Kampfgefecht, aber untereinander perfekt harmonieren mussten, dass ahnten viele der Neulinge noch nicht.

    Zugern hätten doch die anderen probati erfahren, was Centurio Licinus, dem Pleminier zugesprochen hatte. Aber immerhin würden sie das früher oder später beim Essen erfahren. Catullus sah aber nach den Worten des Centurio`s recht angespannt aus und seine Worte musste wohl gesessen haben. Denn der Probati wurde den Rest des Tages nicht mehr auffällig.


    Nachdem dem Miles, den der Centurio ausgewählt hatte, um grundlegende Fragen bezüglich der legio zu beantworten, nichts mehr einfiel, fuhr der Centurio weiter fort, korrigierte die Aussage des probati etwas und erklärte den Führungsstab der legio.


    Da fielen mehrere Namen und verschiedenste Ränge. Messalla konnte sich natürlich nicht alle auf Anhieb merken, aber dass die legio zurzeit keinen Legat hatte, war ihm bekannt gewesen.


    Als der Centurio vom Rang des praefectus castrorum sprach, ließ einige unter ihnen in schier unvorstellbare Träume schwelgen, denn die Chancen, so einen Posten jemals bekleiden zu dürfen, waren, wie ihr Vorgesetzter eben sagte, sehr gering.


    Nun da es galt über die Ränge und Funktionen neben den Centurio zu erzählen, versuchte nun prompt Messalla sein Glück und meldete sich zu Wort. „Der Optio gilt als Stellvertreter des Centurio. Zudem gehört ein Signifer zu einer Centurie, der das Signum trägt und die Truppenkasse verwaltet.“


    Etwas dürftig war seine Antwort schon, aber hatte er nur einen groben Aufbau einer legio, mit seinen Diensträngen und Funktionen, vor Augen.

    Die Späße die sich anfänglich einige Probati erlaubten sollten bald ein Ende finden, denn Catullus zählte zu den unglückseligen Opfer, die der Centurio ertappte, als diese sich nicht an den Befehl hielten, die state-Haltung einzunehmen.


    Erschrocken weil er die vitis zu spühren bekam und der Ausbilder wie aus dem Nichts plötzlich vor ihm stand und nahm er schlagartig die Haltung an und antwortete rasch, als der Centurio nach seinem Namen fragte „Gnaeus Pleminius Catullus, Centurio!“ Er schluckte und hoffte doch, dass ihm Fortuna in dieser Stunde doch Hold war und nicht gleich am ersten Tag seiner Ausbildung ein Strafdienst aufgebrummt werden würde.


    Messalla war zufrieden mit sich. Diese Grundhaltungen und deren Wechsel beherrschte er und so ging es auch den meisten milites. Immerhin war das schon mal ein Anfang, auch wenn das Ganze noch nicht ganz so perfekt war, doch war es für`s Erste zufrieden stellend.


    Zumindest kam es so den Probati rüber, denn der Centurio beendete nun die erste Übung und griff sich einen der Rekruten, der zur Rechten Messalla`s stand und befragte ihn über den Aufbau der Legio.


    „Eine Legion besteht aus zehn Kohorten. Sie wird unterteilt in 60 Centurien, die aus ca. 80 bis 100 Fußkämpfer besteht und die jeweils unter dem Befehl eines Centurio stehen.“ Er überlegte kurz, bevor er fortfuhr, da er etwas Wichtiges vergessen hatte. „Die erste Kohorte ist aber doppelt so groß wie die anderen. Sie besteht aus fünf Doppelcenturien zu je 160 Mann und 5 Centurionen. Dazu kommt noch die Kavallerie, die aus 4 Turmae zu je ca. 30 Mann bestehen. Centurio!“


    Er überlegte nochmals eifrig, doch ihm viel auf Anhieb nichts Weiteres ein. Aber allwissend musste er ja darüber nicht sein, denn immerhin durchliefen sie ja deswegen die probatio. Dennoch war Messalla schwer beeindruckt über das Wissen seines Kameraden.

    Und schon beim ersten Befehl, den der Centurio gab, begann das hin und her Gedrängel. So als würde jeder den besten Platz erhaschen wollen, wobei es gar nicht darum ging, sondern nur die Ausgangsposition einzuhalten. Endlich als die letzten unter ihnen, es nun endlich begriffen hatten, begann der Centurio sich vorzustellen und begann Klartext mit den Probati zu sprechen. Der noch undisziplinierte Haufen antwortete mit einem lauten „Jawohl Centurio!“ was sich aber eher nach einem schlechten Kanon-Gesang anhörte, weil alle durcheinander brüllten.


    Nun nahm sich der Centurio jeden einzeln vor. Kontrollierte die Probati, als diese die state-Haltung einzunehmen hatten. Auch Messalla versuchte eine korrekte Haltung einzunehmen, was für`s Erste ihm gar nicht mal so einfach viel, so wurde er auch vom Centurio dementsprechend zurechtgerückt. Einige machten sich anfangs sogar einen Spaß daraus, wenn der Centurio sie nicht im Visier hatte die Haltung wieder zu lösen, andere versuchten dagegen bis ins kleinste Detail korrekt, sich dem Centurio zu präsentieren. Und bei der erneuten Aufforderung die Grundhaltung einzunehmen, begann wieder ein ständig wiederholendes Gedrängel und einige schienen mal wieder eine Extraeinladung zu benötigen, bis sie es ihren Kameraden gleichtaten. Nochmals erschallte ein kräftiges „Jawohl Centurio!“ als dieser ihnen verkündete, dass sie von nun an jeden Morgen so antreten mussten.

    Messalla`s erste Nacht in seinem contubernium war der reinste Grauen gewesen, zum einen war die Nacht extrem kalt, zum anderen schniefte Plancus die halbe Nacht mit seiner Nase und als dieser endlich eingeschlafen war, was für Messalla schier ein Wunder war, begann ein anderer seiner Kameraden zu Schnarchen, was einen in den Wahnsinn trieb. Und nun hieß es auch noch so früh aufzustehen, kurz etwas zu Essen, wenn man etwas runterkriegte und danach in voller Montur ausgeschlafen und bereit mit seiner Ausbildung zu beginnen, auf den Campus zu erscheinen.


    Mit gemischten Gemütern erschienen die heraneilenden Probati auf dem Campus, nachdem sie dem jeweiligen Ausbildungsleiter zugeteilt wurden. Einige steckte eine schlaflose Nacht in den Knochen, andere wiederum schienen gut ausgeschlafen sein und sofort zur Tat schreiten zu können. Die meisten unter ihnen stellten sich in kleine Grüppchen auf und warteten auf die Worte des Centurio`s, der Rest der Probati, darunter Messalla begann sich in eine Linie aufzustellen.

    Mit seiner kompletten Ausrüstung bepackt betrat Messalla nun, dass ihm vom Centurio zugeteilten contubernium. Er hatte Glück denn gerade als er seine schwere Last ablegen wollte, um die Tür zu öffnen, kam ihm unwissentlich einer seiner zukünftigen Zimmergenossen entgegen, der ihn fragte ob er wohl ein neuer Rekrut sei und somit ein neuer Kamerad ihres contubernium. Messalla bestätigte dies nickend, sodass der miles die Tür öffnete ihm herein bat und ihm den Rest seines contubernium`s vorstellte.


    Messalla stellte seine Sachen ab, grüßte seine neuen Kameraden und stellte sich ebenfalls vor. Dann begann er seine Ausrüstung sorgfältig zu verstauen, währenddessen einer seiner Kameraden an einer Schnalle seines Lorica segmentata herumdokterte und ein weiterer nach seinen Aultellus mit angestrengter Miene suchte und das wenige Mobiliar was sich in der Unterkunft befand, danach durchkämmte. Ein anderer unter ihnen, namens Plancus sah es vor die gesellige Runde mit seinem ständigen geschniefe zu belästigen und um sein störendes Problem ein Ende zu setzen nieste er was nicht sonderlich appetitlich war erlösend in seine eigene am Leibe tragende Tunica. Solange er nachts dieses störende Schniefen abstellte. Ein lustiger Haufen schienen die anderen Kameraden, mit denen er in Zukunft die Unterkunft teilte, in Messalla`s Augen schon zu sein.

    Messalla verstand die unüberhörbare Betonung der Worte des Centurios`s. Also galt hier, zuerst die ältesten Kameraden, seines ihm zugeteilten contubernium zu fragen und erst bei dringlicheren, bürokratischen oder auch höhergestellten Fragen sollte man auf den Centurio herantreten.


    „Jawohl Centurio!“ Messalla salutierte und verabschiedete sich bei Centurio Licinus. Dessen Worte gingen ihn wahrhaftig durch den Kopf, was er wohl mit „Willkommen in der Familie“ meinte. Aber er ahnte schon den Sinn seiner Worte.


    Messalla verließ die Habitatio seines Centurio`s und machte sich, mit seiner Ausrüstung, die man ihm ausgehändigt hatte, auf den Weg in sein zugewiesenes contubernium.

    Nun erklärte ihm sein zukünftiger Vorgesetzter, den täglichen Ablauf seiner Grundausbildung, die schon früh morgens bei Sonnenaufgang beginnen würde ebenso die Nummer seines contuberniums, den er aufmerksam zuhörte. Die ersten wichtigen Fragen waren nun beantwortet, dies machte er auch dem Centurio mit einem bekräftigten nicken deutlich:


    „Nein Centurio. Soweit keine weiteren Fragen.“ antwortete er kurz.

    Fragen würden sicherlich recht bald auftreten, spätestens morgen bei Sonnenaufgang, wenn man zu einer so unvorstellbaren Zeit aufstehen und auf dem Campus erscheinen musste und sich dabei die Frage stellt: „Was denn schon so spät?“

    Messalla betrat die Habitatio des Centurio, grüßte diesen militärisch und stellte sich kurz bei ihm vor.

    „Salve Centurio. mein Name ist Tiberius Germanicus Messalla. Ich wurde deiner Centuria zugeteilt und melde mich wie befohlen.“

    Von dem kleinen Mädchen was sich zuvor noch beim Centurio aufhielt, hatte er nichts mehr mitbekommen. Mit der Tabula in der Hand und einen von Neugier erfüllten Gesichtsausdruck, erwartete er nun die Anweisungen seines zukünftigen Vorgesetzen.

    Mit ehrfürchtiger Miene verließ Messalla das sacellum und ließ sich vom Offizier den Weg zur Unterkunft seines Centurio´s, dem er zukünftig unterstellt war, erklären.


    Messalla verabschiedete sich dankend bei diesem und machte sich auf den Weg zur Habitatio des Centurio, seiner zugeteilten centuria.

    Messalla folgte den Offizier mit ins sacellum. Als ihm der Centurio fragte, ob er nun Bereit sei den Eid abzulegen, nickte er und antwortete diesem kurz. „Ja Centurio!“ Danach trat er vor und schwor feierlich den Eid:

    “IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA.”

    Nach dem Ablegen des Gelöbnisses war nun auch der letzte Teil seiner Rekrutierung vollzogen.
    Stolz, Eifer aber auch die Erwartung auf das Ungewisse, was nun kommen mag, waren seine Gefühle die er zu diesem Zeitpunkt empfand. Nun war er offiziell ein Probatus der Legio I Traiana.