Beiträge von Aoife

    Aoife beobachtete aufmerksam die Unterhaltung oder besser die Anweisungen der Domina gegenüber Bridhe. Sie sah auch, daß Domitilla auf den Berg Stoffe deutete. Noch bevor die Übersetzung kam, ging sie langsam dorthin und nahm die Tücher prüfend in die Hand. Ihr entging dabei nicht, was Bridhe Aidan sagen wollte. Leicht stockte ihr Atem, denn sie ahnte, was das bedeuten könnte.


    Langsam breitete sie das erste Tuch aus und ließ fast zärtlich ihre Hand über die Oberfläche fahren. Dabei folgten ihre Augen aufmerksam dem Faden. Die Webtechnik war gut, die Fehler versteckt, ein Stoff, der besser aussah, als er war. Das zweite Tuch folgte. Hier brauchte Aoife nicht lang, um so viele Fehler zu entdecken, daß sie daraus niemals ein Kleidungsstück fertigen würde. Das war Abfall und sie ließ es achtlos zu Boden gleiten. Auf dem ganzen Haufen fand sich nur ein Stoff, der Aoifes Bewunderung verdiente. Ein Hauch eines Tuches, leicht schillernd und vor allem ohne Fehler. Das war beste Qualität. Dieser Stoff war von einem Meister gefertigt. Der ist perfekt! Alles andere ist gute bis mittelmäßige Verarbeitung. Und der, Aoife tippte den Stoff am Boden leicht an, der ist absolut wertlos!


    Mit dieser Beurteilung der Stoffe wandt sie sich den anderen wieder zu. Sie schaute zu Aidan und betete zu den Göttern, daß er sich genau überlegte, welche Antwort er Bridhe gab.

    Aoife biß sich auf die Zunge. Dummes Ding? Pha... und sowas mußte sie sich von einem Kind sagen lassen! Denn genauso verhielt sich Domitilla. Verwöhntes Gör! Kurz funkelten die blauen Augen der Sklavin böse auf, dann schaute sie zu Boden und leierte einige der Vokabeln herab, die sie bei Bridhe gelernt hatte.


    Ob das reichte? Wenn nicht,würde sie es wohl bald spüren. Auch wenn sie den Kontakt zu den anderen Sklaven mied, so bekam sie doch die eine oder andere Anektode mit, wie die Römer zum Teil ihr "Eigentum" behandelten. In der Irin wechselten die Gefühle von einer Minute zu anderen. Sie fühlte manchmalZorn, manchmal Resignation, manchmal Trauer und selten auch ein wenig Hoffnung. Nur wenn sie heimlich in den Armen ihres Mannes lag, konnte Aoife abschalten und den Moment genießen. Ohne ihn, wüßte sie nicht, wie sie das Ganze hier aushalten sollte.


    Aoife schaute vorsichtig zu Domitilla, während sie weiter die gehaßte Sprache von sich gab. Reichte es denn immernoch nicht? Langsam war ihr Wortschatz erschöpft. Noch zwei, drei Worte, dann stoppte sie.

    Aoife bekam einen Stoß mit dem Ellbogen in die Rippen und als sie erbost aufschaute, deutete die andere Sklavin zu Domitilla. Diese hatte gerade gewunken und so mußten die Frauen an den Beckenrand treten. Zeigen? Gelernt? Was meinte Domitilla damit?


    Unsicher schaute die Irin auf die Frauen vor sich im Becken. Domina?Was wurde von ihr verlangt? Was sollte sie tun? Was hatte sie denn gelernt? Nur ein paar Worte dieser harten unfreundlichen Sprache, mehr nicht. Aber was und vor allem wie sollte sie zeigen? Einen Purzelbaum meinte die Domina bestimmt nicht. Es schien fast so, als wolle Domitilla mit ihr angeben. Aoife hatte schon bemerkt, daß sie hier die Blicke noch mehr als in als in ihrer Heimat auf sich zog. Ihre weiße Haut schimmerte leicht und die feuerroten Haaren waren ein starker Kontrast dazu. Hier waren ja selbst blonde Haare exotisch, aber rote schienen ein Weltwunder zu sein.


    Nur half Aoife diese Erkenntnis nicht weiter. Die Domina wollte etwas von ihr, aber sie wußte nicht, was. Hilfesuchend drehte sie den Kopf zu den beiden anderen Sklavinnen, aber die hatten nichts besseres zu tun, als weg zu schauen. Handtuch, Domina? Sie fühlte sich wie ein vorgeführter Bär bei den Schaustellern, die einmal im Jahr in ihr Dorf kamen.

    In der Villa waren dochgenug Möglichkeiten, um sich zu baden. Das diese Domitilla immer übertreiben mußte. Jetzt ging sie auch noch in eine... Aoife überlegte, wie hieß das Wort noch mal... egal... eben ein Bad für die verwöhnten Römer, wo sie gemeinsam ihrem Reichtum fröhnen konnten. Immernoch konnte sie es nicht glauben, in welcher Verschendung diese Menschen lebten und wie wenig wert sie andere schätzten. Für die Irin war dies immer wieder unglaublich und jetzt mußte sie auch noch mit in dieses Bad.


    Amalthea beäugte die große Rothaarige immernoch mit Mißtrauen, als ob sie sich plötzlich zu einer wilden Bestie verwandeln könnte und ihrer geliebten kleinen Domina die Augen auskratzen könnte. Selbst wenn Aoife manchmal wirklich danach war, so würde sie sich niemals zu solch einer Tat hinreißen lassen.


    Da waren sie also vor dem so hochgelobten Bad. Schnell stahl sie sich noch einen flüchtigen Kuß von Aidan, bevor sie den anderen folgte. Amalthea hatte es gesehen und runzelte mißmutig die Stirn. Aoife scherte sich nicht darum, sondern schaute stolz auf sie herab und lächelte leicht.


    Sie hielt die Handtücher umklammert und folgte der Domina mit den anderen Sklavinnen. Die Namen kannte sie nicht. Im Sklavenquartier sonderete sich Aoife ab, so daß sie keine Bekanntschaften machte. Oft genug hörte sie auch die Spötteleien der anderen, die sie mittlerweile verstand. Aber oft kam man weiter, wenn man sich dumm stellte. Kaum einer machte sich die Mühe, ihr etwas zu erklären, so daß sie oft von Diensten einfach verschont wurde. Nur diese Domitilla ließ das nicht gelten. Immer und immer wieder rief sie Aoife zu sich.


    Die Frauen waren hier nackt! Aoife bekam große Augen. Völlig ungeniert liefen sie umher oder badeten. Sklaven waren deutlich zu erkennen an diesem schlechten Tuch, aus denen die Kleidung gefertigt war. Man war das warm! Aoife war so froh, ihre Haare zu einem Knoten am Hinterkopf befestigt zu haben. Schon schnipste Domitilla und Aoife nahm ihr das Handtuch ab. Einen kurzen Moment war Aoife abgelenkt, bevor sie wieder ihren Gedanken nachhing und die Frauen unauffällig beobachtete.

    Was? Wir GEHÖREN ihr? Was ist das für ein Unsinn! Das ist doch ein schlechter Traum! Man kann uns nicht einfach so besitzen! Ja, man kann die Leute für sich arbeiten lassen, wenn sie eine Schuld abzuzahlen haben, aber doch nicht etwas! Und schon gar nicht so ein unreifes und verwöhntes Ding, wie diese da! Aoife zeigte auf Domitilla und schüttelte energisch den Kopf. Sie konnte nicht verstehen, was Bridhe ihr da erzählen wollte.


    Aber an der Art, wie sich die junge Frau aufführte, welchen Ton sie an den Tag legte und vor allem, wie die andere, Semiramis und auch ihre Landsmännin reagierten, mußte Aoife das wohl als gegeben hinnehmen. Sie schaute Bridhe forschend an, hoffte, auf andere Worte, aber diese schaute zu Boden und sagte, Aoife und Aidan mußten gehorchen. Langsam fanden die Worte der anderen einen Weg in Aoifes Verstand und ihr wurde kurz schwarz vor Augen, als sich das Bewußtsein festigte, daß sie ihre Heimat vielleicht nie wieder sehen würde. Ihre Hände krallten sich in Aidans Arm, um nicht zu straucheln. Leise hauchte sie: Gibt es denn Hoffnung?, bevor sie die Augen verzweifelt schloß.


    Es dauerte einen Moment bis sich die Rothaarige wieder gefangen hatte. Sie war noch nie jemand gewesen, die sich lang mit dem Negativen aufhielt. Nun denn! Packen wirs an! Ich hoffe nur, sie erwartet nicht, daß ich krieche! DAS wird sie nie von mir bekommen! Stolz richtete sie sich zu voller Größe auf und schaute dem kleinerem Mädchen direkt in die Augen. Leicht neigte sie den Kopf: Domina, tá mé ar fáil duit!*


    Der Blick ging wieder zu Bridhe und sie beantwortete ihr das, was die Domina wohl wissen wollte: Ich bin Meisterin in der Verabeitung von Wolle aller Art! Ich kann die besten Stoffe weben und ich erkenne die besten Stoffe sofort! Frisieren? Ich kann mein Haar auf alle erdenkliche Arten knoten und flechten. Wahrscheinlich kann ich das auch bei ihr! Mit Schminken habe ich noch nie etwas zu tun gehabt. Sowas braucht man nicht! Das Gesicht Aoife´s war unbewegt, nur in den blauen Augen war zu sehen, wie sehr es in ihr arbeitete.



    Sim-Off:

    * Domina, ich stehe Dir zur Verfügung!

    Verstehen? Ob wir sie verstanden? Natürlich! Das war die Sprache der Heimat, die Sprache Irlands. Es klang wie Gold in Aoifes Ohren. Ein Strahlen überzog ihr Gesicht. Sie drückte Aidans Hand: Sie versteht uns, mein Schatz, ist das zu glauben. Sie spricht unsere Sprache., flüsterte sie.


    Ein glückliches Strahlen überzog ihr Gesicht und die blauen Augen begannen zu leuchten. Sie hörte Aidans Worte und wartete gespannt auf eine Antwort. Vielleicht konnte die Frau ihnen wirklich helfen. Vielleicht konnte sie dem Mädchen klar machen, daß sie entführt worden sind und daß sie hier nicht her gehörten. Sie wollten wieder nach Irland, nach Hause! Vielleicht würde Domina ein Einsehen haben und von ihrer Schuld absehen. Aoife konnte ja Stoffe schicken bis alles abgezahlt und beglichen wäre. Ja, das würde sich die rothaarige Irin wünschen. Gespannt beobachtete sie Bridhe.

    Die Reaktion der jungen Frau war für Aoife völlig unverständlich. Zornig war diese geworden und unsicher, was Aoife falsch gemacht hatte, stand sie auf und trat ein paar Schritte zurück. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie, was weiter geschah.


    Domina verwandelte sich in ein kleines trotziges Kind, was ihren Willen nicht bekam. Eigentlich war Aoife ganz froh, in diesem Moment kein Wort zu verstehen. Allein der Ton reichte ihr. Sollte sie jetzt schmunzeln oder mißbilligend den Kopf schütteln, immerhin war das Mädchen etwa 10 jahre jünger als sie selbst. So benahm man sich doch nicht vor Fremden. Und was hatte es mit der älteren Frau auf sich, die die ganze Zeit stumm stand und jetzt plötzlich doch herantrat und etwas flüsterte. Wie stand sie zu dem Mädchen.


    Vielleicht sollte sich Aoife mit allem erst einmal komplett zurück halten und beobachten. Sie mußte lernen, wie die Leute hier zueinander standen. Die Mutter konnte die Ältere nicht sein oder doch? Vielleicht war es hier üblich, daß die Mutter ab einem bestimmten Alter des Mädchens sich selbst zurück nimmt und ihr die Hausführung überläßt. Jetzt mußte Aoife doch den Kof schütteln. Wenn das wirklich wäre, dann würde man hier deutlich sehen, daß das nicht funktioniert.


    Und was war das für eine Frau, die da an der Tür stand und in Gegenwart von Domina kein gescheites Wort heraus brachte. Sie schien irgendwie zu stammeln. Hm, eine Dienerin wahrscheinlich oder? Es konnte ja fast nur so sein. Oder sie sollte hier auch etwas lernen, wie ihre Lehrmädchen daheim. Manchmal war Aoife sehr streng zu ihnen, aber mußte auch sein. Oft genug hatten sie schon Stoffe verhunzt, die eine Woche Essen wert waren. Eine Woche Essen für sechs Personen und das war eine Menge Geld!


    Egal, irgendwann würde Aoife das verstehen und dann würde sie sich hier einfinden, ihren Platz haben und dem Mädchen ihren Dank beweisen. Sie griff Aidans Hand und lächelte ihn an. Tá gach rud go maith! Is gá dúinn ach chreideann é!*


    Sim-Off:

    *Alles wird gut! Wir müssen nur daran glauben!

    Erstaunt hatte Aoife Aidan angesehen, als er plötzlich diese anderen Worte sprach, die denen, die das Mädchen gesagt hatte, doch sehr ähnlich waren. Seit wann konnte er andere Sprachen? Na gut, die Dialekte in der Heimat verstand er auch schneller als sie, aber eine ganz andere Sprache... Aoife war überrascht und stolz auf ihren Mann. Dtuigeann tú? Cén fáth nach raibh tú ag rá mar sin?*


    Aber Domina reagierte nicht so, wie Aoife es erwartet hatte. Sie war mißmutig und reagierte recht überheblich. Also das mußte doch wirklich nicht sein. Aidan hatte sich solch eine Mühe gegeben, das mußte man doch anerkennen. Was für eine unmögliche Art. Aoife schüttelte leicht den Kopf, hier war so vieles anders als in ihrer Heimat. So beschloß sie erst einmal still zu sein und abzuwarten, immerhin hatten sie Domina etwas zu verdanken. Wahrscheinlich mußte sie froh sein, daß die junge Frau sich ihre Namen merken konnte.


    Aoife hatte nun Gelegenheit, sich Domina einmal genauer anzuschauen. Junge Frau war wohl ein wenig übertrieben. Wie alt mochte sie sein? Vierzehn, fünfzehn vielleicht, sie war aber zurechtgemacht wie eine Frau. Was das wohl wieder zu bedeuten hatte? In Irland waren die Mädchen mit etwa 16 Jahren verheiratet und mußten dort einen Hausstand führen. Aber vorher sprangen sie mit den Jungs über die Gräben und verschwanden stundenlang in den Wäldern. Es waren Kinder! Dieses Mädchen war kein Kind mehr, aber sie war scheinbar unsicher, mit dem, was sie machen sollte. Aoife hörte ein sachtes Zittern in ihrer Stimme, bevor es diesen herrischen Ton annahm und überheblich klang.


    Die große Irin legte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete Domina lächelnd. Langsam glitt ihr Blick herab und blieb an dem feinen Stoff ihrer Kleidung hängen. Sehr hochwertig verarbeitet, aber was war das? Aoife mußte das genauer sehen. Schon kniete sie sich hin und nahm den Stoff in die Hand. Ós rud é go earráidí ann! Cad a náire! Snáitheanna breá den sórt sin, agus ina dhiaidh sin i gcomhair poist dona!** Mit den Fingerspitzen verfolgte sie dem Lauf der Fäden und entdeckte immer mehr Webfehler. Mißbilligend schüttelte sie den Kopf. Sie schaute zu Domina auf: Nach maith! Poor cáilíochta!***


    Aoife hoffte, daß das Mädchen vielleicht den Sinn der Worte verstand. Sie deutete auf die Fehler im Stoff, zeigte auch die Fehler in ihrem Gewand, welche überdeutlich zu sehen waren. Immerwieder schüttelte Aoife den Kopf und deutete darauf. Vielleicht kam es ja an. Es war doch eine Schande, wie man mit solchen Rohstoffen umging. Da hatte man die Möglichkeit, Kunstwerke zu schaffen und versaute es. Naja, Aoife mußte zu geben, die Fehler waren gut versteckt und fielen dem ungeübten Auge nicht auf, aber sie sah es. Sie beschäftigte sich, seit sie denken konnte, mit Fäden und Stoffen aller Art und das war nicht in Ordnung!


    Sim-Off:

    *Du verstehst sie? Warum hast Du das nicht gleich gesagt?


    Sim-Off:

    **Da sind Fehler drin! Was für eine Schande! Solch feine Fäden und dann so eine schlechte Arbeit!


    Sim-Off:

    *** Nicht gut! Schlechte Qualiät!

    Aoife hatte nicht gemerkt, daß die junge Frau aufgestanden war. Erst als diese direkt vor ihr stand, schoß ihr ein leichter Schreck durch die Glieder. Die Irin mußte herabschauen, denn die andere war um einiges kleiner als sie selbst.


    Mit großen Augen beobachtete Aoife, wie die Domina ihre Haare faßte und hin und her drehte und diese dabei ganz genau betrachtete. Unsicher, was das sollte, schaute sie zu Aidan. Dieser machte aber nur ein beschwichtigendes Zeichen und lächelte liebevoll. Aoife seufzte und schaute wieder die junge Frau an. Plötzlich hub sie an zu sprechen. Es schienen Fragen zu sein, das war allerdings das Einzige, was sie deuten konnte. Und es schien um ihre Haare zu gehen.


    In ihrer Familie hatten alle von der direkten Linien so ungewöhnlich rote Haare. Sie kannte es also schon, von Fremden so beäugt zu werden. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern, war sie aber die einzige mit diesen blauen leuchtenden Augen, die so viel von ihrem Gemüt Preis gaben. Oft hatte sie sich geärgert darüber. Schon als junges Mädchen gefielen ihr die grünen Katzenaugen der anderen besser. Mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden. Und Aidan gab ihr auch immer wieder das Gefühl, die schönste Frau auf Erden zu sein.


    Aoife mahnte sich zur Konzentration. Die junge Frau vor ihr wollte eine Antwort. Ins Blaue hinein begann sie zu reden: Sea, tá na mo chuid gruaige. Mo mháthair agus Mamó ag díreach mar an gcéanna. Agus mo chuid deirfiúracha freisin. Tá a fhios agam go bhfuil siad dath neamhghnách. Oh yes, bhí mé go raibh maith agat, a stór domina. Shábháil tú chugainn ó na súile agus lámha garbh sa chathair. Táimid faoi chomaoin agat! Conas is féidir linn an éagóir a chúiteamh?* Aidan räusperte sich hinter ihr: Níl tú go dtuigeann tú, óg!** Oh!, ja, Aidan hatte Recht.


    Wieder machte Aoife es so, wie vorher bei der anderen Frau, die sie hierher begleitet hatte. Sie deutete erst auf ihren Mann: Eiden!, dann auf sich selbst: Iva, und zum Schluß deutete sie auf die junge Frau vor sich: Domina! Lächelnd schaute sie diese dabei an und wartete auf eine Reaktion.


    Sim-Off:

    *Ja, das sind meine Haare. Meine Mutter und Großmutter haben genau die Gleichen. Und meine Geschwister auch. Ich weiß, daß sie eine außergewöhnliche Farbe haben. Ach ja, ich wollte Euch danken, liebe Domina. Ihr habt uns vor den Blicken und den rauen Händen in der Stadt gerettet. Wir stehen in Eurer Schuld! Wie können wir das wieder gut machen?


    Sim-Off:

    **Sie versteht Dich nicht, Liebste!

    Wieder waren sie der Frau durch die unübersichtlichen Gänge gefolgt. Die Schwarzhaarige hatte von Domina gesprochen. Das mußte der Name der jungen Frau sein, die sie auf dem Markt gerettet hatte. Die Irin freute sich auf ein Wiedersehen und nahm sich vor, Domina zu danken.


    Aoife hatte kaum Zeit sich die prächtige Ausstattung des Hauses einmal genauer anzusehen. Als Semiramis stoppte, wäre Aoife fast hinten aufgelaufen. Zu viele Eindrücke stürzten auf sie ein und sie konnte sich nicht entscheiden, worauf sie achten sollte. Leise murmelte sie: Oh, sorry! Eine Tür tat sich auf und auf den Wink von Semiramis gingen sie in den großenzügig geschnittenen Raum.


    Neugierig wanderte ihr Blick umher. Wieder schaute sie auf den Boden und sah ein Bild vor sich. Sie legte den Kopf zur Seite und betrachtete es. Es war aus lauter kleinen Steinchen zusammen gesetzt. Eine tolle Leistung, aber auch völlig überflüssig. Man lief doch eh nur darüber! Die Römer schienen einen komischen Geschmack zu haben. Überall jede Menge Kinkerlitzchen, die zu nichts zu gebrauchen waren. Wieder sah Aoife, wie reich die junge Frau vor ihr wohl sein mußte.


    Niemand stellte sich unnütze Gegenstände ins Haus. Selbst in ihrer Heimat hatte der Dorfvorsteher nicht so viele Sachen herumliegen. Gut, er hatte das größte Haus und sogar der Schlafplatz war vom übrigen Wohnraum getrennt. Er hatte auch an den Wänden mehr Pelze und Geweihe von selbst erlegten Tieren, aber unnützen Tand hatte er auch nicht. Aoife mußte schmunzeln. Muiraid, seine Frau, hätte ihm aber auch Beine gemacht. Das Schmunzeln dehnte sich zu einem breiten Grinsen aus, als sie daran dachte, wie stolz Fionnbarr eines Tages mit einer römischen, auf Hochglanz polierten Rüstung vom Markt ins Dorf zurück kam und am Ende jagte Muiraid ihn über den Platz mit der größten Pfanne, die in ihrem Hausstand zu finden war. Das war ein Spaß. Das ganze Dorf stand versammelt und beobachtete das Schauspiel und am Ende saßen sie gemeinsam im Langhaus und feierten.

    Unverständnis breitete sich über das Gesicht Aoifes aus. Was wollte wohl die Frau von ihnen. Sie konnte sich keinen Reim daraus machen. Als Semiramis aber die beiden Hände trennte, wurde es der Irin heiß und kalt zugleich. Sie murmelte zu ihrem Mann: *An casadh go! Codlata agam ach ní san aer stale agus is cinnte nach féin! Féadfaidh sí dearmad uaireanta go hálainn! Ihr Rücken streckte sich durch und sie nutzte ihre stolze 1,78 um die Nase zu rümpfen und auf die andere Frau herabzuschauen.


    Diese schien es nicht zu bemerken und brabbelte die ganze Zeit irgendwelche Dinge, die weder Aoife noch Aidan verstanden. Plötzlich gab sie wieder Handzeichen und deutete ihr zu folgen. Das nächste verstand Aoife. Diese Tür ist tabu und warum, das erfuhr die Rothaarige auch direkt. Sie sah, wie Semiramis der Schweiß auf die Stirn trat und sie blaß auf die Tür starrte. *KNALL* Tür zu! Ein Scheppern, Schreien, Brüllen war zu hören, Töpfe klapperten und schon *KNALL* war die Tür wieder zu und Semiramis stand mit zwei Schüsselchen vor ihnen. Wie Trophäen hielt sie die Pampe in der Hand. Mhhhm machte die Frau. Da mußte sie sich doch irren! Das sah aus wie Hühnerfutter. Und es roch auch so! Daran war nichts, aber auch gar nichts Mhhhm...


    Der Mann, der sie entführt und hierher verschleppt hatte, setzte ihnen solchen Fraß auch vor. Aoife schüttelte sich angeeckelt. Es hatte geschmeckt wie kalte Füße. Und jetzt gab es das Gleiche hier auch. Bäh brachte Aoife hervor und zeigte auf die Schüssel. Sie rührte die Schüssel nicht an, obwohl ihr Bauch deutliche Signale gab und laut knurrte. Vorsichtig nahm sie einen Schluck aus dem Becher. Ah, Posca! Das hatte sie schon gelernt. Der Mann mit dem Haufen Stoff auf dem Kopf hatte ihnen das Gleiche zu Trinken gegeben. Wenn man sich an den säuerlichen Geschmack gewöhnt hatte, war es eigentlich ganz gut zum Durst löschen. Und Aoife hatte Durst. Der Becher wurde auf einen Schlag geleert und sie hielt ihn Semiraimis hin: Tuilleadh le do thoil!** Wenn sie genug trank, dann würde der Hunger schon vergehen.


    Sim-Off:

    *Die spinnt doch! Ich schlafe doch nicht in dem Mief und schon gar nicht allein! Das kann sie mal schön vergessen!


    Sim-Off:

    **Mehr bitte!

    Sie folgten Semiramis. Zumindest waren hier die Handbewegungen die gleichen, wie daheim. Was sie wohl gesagt hatte? Aoife konnte sich nicht lang Gedanken darum machen, denn sie standen plötzlich vor zwei dunklen stickigen Räumen. Die Irin rümpfte die Nase und schaute fast angewidert in den ersten Raum. Der zweite war genauso muffig und stickig, kein Lufthauch schien hierher zu gelangen. Aoife schaute auf die Pritschen und langsam dämmerte es ihr.


    Schlafen? Hier? Niemals... sie würde hier kein Auge zubekommen. Aoife schlief immer bei offenem Fenster, wie Aidan auch. Und wieso.... Nach gcodlaím féin! Táimid pósta! Ní mór dúinn agus is féidir linn a bheith i gcónaí le chéile! An gods thug a gcuid blessings!Siúlóid muid le chéile ar feadh 10 mbliana ar an mbealach!* Aoife hatte die Frau sicher nur falsch verstanden. Oder besser, die Frau hatte Aoife nicht verstanden. Woher sollte sie auch wissen, daß Aidan und sie das Handfasting schon vor vielen Jahren gefeiert hatten. Schnell griff sie Aidans Hand, legte ihre darüber. Sie zeigte auf sich und ihren Mann, machte eine typische Schlafgeste und schaute dann die andere Frau , um Bestätigung bittend, an. Le chéile!**


    Sie mußte es doch verstanden haben. Eheleute mochten getrennt arbeiten, aber geschlafen wurde zusammen! Und gerade für Aoife war dies wichtig. Sie mußte ihren Mann spüren, ohne ihn fand sie keine Ruhe. Semiramis mußte das doch auch kennen, daß die Liebe des Lebens bei einem sein mußte, daß man sie wie Luft zum Atmen brauchte. In ihrem Dorf wußte jeder, daß Aoife und Aidan etwas ganz Besonderes verband und sie nichts und niemand trennen konnte.




    Sim-Off:

    * Ich schlafe nicht allein! Wir sind verheiratet! Wir dürfen und wir können jederzeit beieinander sein! Die Götter gaben ihre Segen!Wir gehen seit 10 Jahren den Weg gemeinsam!


    Sim-Off:

    **Zusammen!

    Nach dem ganzen Geschrei auf dem Sklavenmarkt war Aoife froh, daß es nun etwas ruhiger wurde. Die beiden fremden Männer hatten sie nervös gemacht. Beide plusterten sich auf wie eitle Gockel. Der eine gereizt und wütend, der andere ein wenig herablassend und gönnerhaft. Und plötzlich lächelten sie sich gegenseitig an und waren wieder ein Herz und eine Seele. Vielleicht waren die Worte, die sie gewählt hatten, versöhnliche gewesen. Aoife hatte kein Wort verstanden und war dieses eine Mal froh drum.


    Die Irrfahrt ging weiter. Vornweg die junge Frau und eine ältere. Dann folgte ein Mann und noch einer und dann sie mit Aidan und hinter ihnen lief noch ein Mann. Aoife runzelte die Stirn, was für ein Aufmarsch. Die junge Frau mußte etwas ganz besonderes sein. In ihrer Heimat hatte noch nicht mal der Clansführer so ein Sammelsorium an Leuten um sich gehortet.


    An einem riesigen Haus stoppten sie plötzlich und Aoifes Eindruck von der einflußreichen jungen Frau verstärkte sich. Ein Mann, der selbst Aidan überragte, öffnete das Tor und sie traten ins Innere. Ihr klappte regelrecht die Kinnlade herab, als sie den Prunk in der Halle sah. Niemals zuvor hatte sie so etwas gesehen. Sie schaute nach oben, rechts, links, unten. Der Boden... Fast war Aoife versucht, die Schuhe auszuziehen und mit den blanken Füßen über den Boden zu streichen. Der mußte ganz glatt sein, so wie er aussah. Er blitzte und glänzte. Die Irin schüttelte den Kopf, so schön wie der aussah, aber es mußte doch eine Heidenarbeit sein, den sauber zu halten. So einfach, wie in ihrem Haus, einfach durchfegen und fertig, war das mit Sicherheit nicht. So ein unsinniger Überfluß!


    Aoife schaute auf und sah eine Frau, die sie noch nicht kannte. Sie wollte etwas von ihr und Aidan, aber die Worte verstand Aoife natürlich nicht. Sie neigte den Kopf ihr entgegen und schaute fragend. Die Frau lächelte und Aoife war froh, etwas Freundlichkeit in einem Menschen hier zu sehen. Sie lächelte zurück. Dea-lá. I'm Aoife, agus is é seo mo fhear céile Aidan.* Aoife zeigte auf sich: Iva!, dann auf ihren Mann: Eiden, als sie merkte, daß hier neimand mit ihrer Sprache etwas anfangen konnte. Sie mußte also wohl noch dieses Kauderwelsch hier lernen.


    Die Rothaarige wartete geduldig bis ein Zeichen des Verstehens im Gesicht ihres Gegenübers auftauchte und nickte dann zufrieden. Semiramis nannte auch ihren Namen noch einmal und winkte dann dem Päärchen, ihr zu folgen. Kurze Zeit später hatte sich Aoife frisch gemacht und stirnrunzelnd die neuen Kleider angelegt. Der Stoff war nicht die beste Qualität. Überall waren Fehler eingewebt, die Nähte unsauber gearbeitete und beim Verarbeiten wurde auch nirgends auf die Webrichtung des Stoffes geachtet. Auch wenn ihre Leinenkleider grober waren, so waren sie doch um einiges besser, als diese Fetzen, die sie nun tragen mußte.


    Aber hatte sie eine andere Wahl? Immernoch trug sie die Hoffnung in sich, daß sie, wenn sie sich anstrengen würde und alles tat, was man verlangte, irgendwann wieder Heim gelassen würde. Ihr rotes Haar flocht sie hinten locker zusammen und legte es nach vorn über ihre Schulter, wo es bis zur Taille reichte. Nun fühlte sie sich besser und schaute etwas gelassener in das vor ihnen Liegende.



    Sim-Off:

    *Guten Tag. Ich bin Aoife und das ist mein Mann Aidan.

    Verwirrt schaute Aoife zu den Menschen vor sich. Was schreien die da so? Was hatte das zu bedeuten? Sie runzelt die Stirn und schaut fragend zu Aidan: An dtuigeann tú cad atá ar siúl?* Ohne eine Antwort abzuwarten, schaute sie wieder in die Menge. Ein Mädchen hatte etwas gerufen und kniff nun die Augen zusammen. Aoife mußte schmunzeln. Sie sah aus, als würde sie auf einen Donnerschlag warten.


    Zwei Männer und zwei junge Frauen schienen sich für Aidan und sie zu interessieren. Was kam da nur auf sie zu. Was für ein Schicksal erwartete sie. Wohin würde es sie verschlagen und was für Menschen waren das dann? Würde man sie gut behandeln? Vielleicht konnten sie ja eines Tages wieder nach Hause, wenn sie ihre Arbeit gut und gewissenhaft erledigten. Aoife hatte viele Fragen, aber im Vordergrund stand, daß sie endlich hier herab wollte. Weg von den Gaffern, wo sie sich so unwohl fühlte.




    Sim-Off:

    * Verstehst Du, was hier los ist?

    Smile? Tá mé ag ceaptha a gáire? Aidan, ní ábhar é nuair a tháinig muid as. Ní mór dúinn a dhéanamh a insíonn dúinn amháin. Cad a dhéanamh amach mar gheall ar an méid daoine a cheannaíonn dúinn?*, eindringlich waren die leisen Worte an ihren Mann gerichtet. Ihr war es fast egal, wohin sie kamen, Hauptsache, sie konnte endlich aus der Öffentlichkeit fliehen.


    Traurig war ihr Seufzen. Ihre Hand suchte in seiner Schutz. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es weiter ging. Sie hatte die grünen Wiesen ihrer Heimat vor Augen und sie lächelte. Sie sah die sanften Hügel, das dunkle Grün der tiefen Wälder und das klare Blau in den Fjorden der Küste. Wenn sie die Augen schloß, konnte sie es noch deutlicher sehen.


    Da stand sie nun. Lächelnd mit geschlossenen Augen, die Gedanken in weiter Ferne. Und wie daheim, wenn sie in ihrer Arbeit vertieft war, begann sie leise eine der irischen Weisen anzustimmen. Klar war ihre Stimme und von einem Klang, welcher andere zum Träumen einlud.


    Aoife! Aidans mahnendes Murmeln holte sie sogleich wieder zurück. Sie schlug die Augen auf und in dem Blau zeigten sich Tränen. Mit einem tiefen Durchatmen verdrängte sie das Nasse wieder. Ihr Blick glitt suchend durch die Menge. Irgendwo dort stand jemand, der sie von diesen Brettern holen würde. Warum tat er es nicht endlich! Aoife wandt sich zu ihrem Mann und lehnte sich erschöpft gegen ihn.


    Sim-Off:

    *Lächeln? Ich soll lächeln? Aidan, es ist doch egal, wohin wir kommen. Wir müssen tun, was man uns befiehlt. Was soll es da noch ausmachen, was für Leute uns kaufen?

    Wovon wohl dieses junge Mädchen gesprochen hatte. Zurückhaltend musterte Aoife sie. Irgendwie sahen die meisten hier gleich aus. Dunkle Haare, der gleiche Teint, die gleiche Kleidung. Naja zumindest ziemlich gleich. Aoife hatte soetwas schon einmal in Ivernis gesehen. Da war ein Mann, der versucht hatte solch zarte Kleidchen zu verkaufen. Er hat aber nur Gelächter von den Frauen geerntet. Was sollten sie mit solch empfindlichen Stoffen bei der Arbeit anfangen. Ein dorniges Gebüsch und um die Pracht war es geschehen.


    Andererseits hatte sie mit dem Mann gute Geschäfte gemacht. Er hatte viele ihrer Stoffe aufgekauft. Immerhin war sie die beste Spinnerin und Weberin vor Ort. Feinste Wollstoffe hatte sie während der langen Winter produziert. Sie spann ja auch die gleichmässigsten und dünnsten Fäden. Ja, auf ihre Arbeit konnte sie stolz sein. Und viele Frauen im Dorf schickten ihre Mädchen als Lehrmädchen zu ihnen.


    Aoife und Aidan hatten sich daher auch ein wenig Wohlstand erarbeitet. Sie besaßen eine eigene Schafsherde. Sogar zwei Rinder und ein Pferd konnten sie sich leisten. Aber das zählte nun nicht mehr. Sie standen beide hier oben und wurden von den Menschen dort unten begafft, als wären sie das Vieh.

    Da standen sie nun. Aoife war zumindest glücklich, daß sie immernoch bei Aidan war. Sie hatte schon vieles von den Sklavenhäschern gehört, doch nie hatte sie geglaubt, denen selbst zum Opfer zu fallen. So etwas passierte doch immer nur den anderen!


    Es war stickig, staubig und die Gerüche reizten ihre Nase. Immerwieder mußte sie niesen. Dieser unfreundliche Mann mit dem falsch lächenden Gesicht brüllte fast. Er erinnerte sie an die Marktschreier in Ivernis. Und sie waren die Ware! Das Schmunzeln über ihren Vergleich blieb ihr regelrecht im Halse stecken. Ihre Hände faßte nach dem Arm Aidans. Sie hatte Angst. Angst vor dem was nun folgen mochte!


    Langsam blieben immer mehr Menschen vor der kleinen Bühne stehen. Der Mann mit dem Berg Stoff auf seinem Kopf begann schon wieder zu schreien. Plötzlich packten sie die groben Hände der Wächter und sie wurde gedreht wie eine Puppe. Aoife schaute nach Aidan. Alles ging so schnell. Kein Wort von der fremden Sprache war für sie verständlich. Es war eine trockene Sprache, die kein Leben hatte, nicht so wie ihre in Erin.


    Noch während sie ihren Gedanken nachhing, wurde sie nach vorn geschubst. Aoife stand nicht gern im Mittelpunkt. Sie drehte sich hilfesuchend nach ihrem Mann um, sie wollte wieder zu ihm, sie wollte wieder nach hinten, wo zumindest ein paar Leute mehr standen und sie hoffentlich nicht so sehr auffiel. Aber die unerbittlichen Hände der Wärter hielten sie fest. Sie spürte die Blicke der Leute auf sich ruhen und fühlte sich nackt.


    Sie haßte diesen Mann. Sie haßte diese Leute, die sie so anstarrten. Sie haßte diese Sprache, dieses Land. Sie wollte nur eines, wieder nach Hause.