Beiträge von Quintus Germanicus Victorius

    Eigentlich sollte er nicht hier sein. Alle hatten gesagt, er solle warten, bis seine Eltern ihn riefen. Aber Victorius hatte es nicht lange im Zimmer ausgehalten. Er wollte endlich wissen, was es war! Geschickt war er näher geschlichen, sich stets hinter Vorhängen oder großen Vasen und Statuen versteckend. Ein Junge! Er hatte eine Unterhaltung von einigen Sklavinnen belauschen können. Erleichterung machte sich in dem Jungen breit. Wenigstens nicht schon wieder ein Mädchen! Davon hatten sie jetzt schon zu viele in diesem Haus!


    Papa war bei Mama, Victorius konnte die Stimmen hören, nur leider nicht verstehen, was gesprochen wurde. Er wollte es aber wissen! Aufmerksam blickte er sich um. Sah ihn wirklich niemand? Nein, niemand in der Nähe. Ganz leise, ganz vorsichtig öffnete der neugierige Junge die Tür und steckte den leicht verstrubbelten Kopf herein, um zu sehen, was vor sich ging und um zu hören, was die Eltern so redeten.

    „Willst Du denn nicht, dass ich Dir helfe?“, fragte der Junge ganz enttäuscht, als der geliebte Vater nicht vor Freude ausflippte bei dem großartigen Angebot, das er gemacht hatte. Victorius fand ja, dass er sehr mutig und vor allem ungeheuer hilfsbereit war mit seinem Anerbieten. Wusste Papa das denn gar nicht zu schätzen?


    Und wie war das? Sie hatten keinen Einfluss darauf, ob es ein Junge oder ein Mädchen wurde? Was Mama da sagte, klang natürlich einleuchtend. Die Götter. Klar, die entschieden das. „Aber die Götter kann man doch bitten, oder? Darf ich ein ganz, ganz, ganz großes Opfer bringen, damit es ein Junge wird? Ich würde sogar… würde sogar mein Meeresungeheuer dafür hergeben.“ Oh, das fiel ihm schwer. Sehr schwer sogar. Keiner seiner Freunde hatte ein Meeresungeheuer und er liebte dieses Spielzeug wirklich sehr. Aber für wichtige Dinge mußte man auch bereit sein, echte Opfer zu bringen. „Meint ihr, Juno gefällt das? – Oh, Mama, sowas kannst Du doch nicht sagen! Zwei Mädchen reichen doch echt! Ich will einen Jungen! Außerdem... außerdem... habt ihr denn mir mir nicht auch Glück gehabt? Ein zweiter Junge wie ich, wäre das nicht noch viel besser, als ein drittes Mädchen wie Sabina und Vina?“ Tränen stiegen dem Jungen in die Augen, aber er kämpfte sie tapfer nieder. Wenn Mama so etwas Dummes sagte, dann hörte Iuno am Ende noch darauf.

    Es war einfach großartig, dass dieser Verwandte sich so mitziehen ließ und sich sogar für sein Spielzeug interessierte. Quintus konnte sein Glück kaum fassen. Ein Praetorianer, der ihn mochte, und Lust hatte, mit ihm zu spielen. Hoffentlich tauchte Vina nicht auf und verdarb alles mit ihren Mädchenspielen.


    „Och, ich habe alles! Einfach alles! Pferde, Maultiere, Esel, Kühe, Schafe, Ziegen, Gänse natürlich – aber auch Elefanten, die sind wunderschön! Und Giraffen und Strausse. Und Bären, Löwen, Tiger. Und das Tollste, das Allerallerallertollste ist ein Meeresungeheuer! Damit erschrecke ich Vina manchmal.“ Der Junge lachte verschmitzt, als er das sagte.


    Schon hatten sie das Cubiculum der Zwillinge erreicht. „Das hier ist meine Seite“, zeigte Victorius gleich auf sein Bett und seine Kisten. Nicht, dass der tolle Verwandte noch glaubte, das andere sei sein Bett. Wo die Puppen lagen und wo die Decke fein bestickt war mit Blumen und solchem blöden Mädchenzeugs. Der Junge zog eine große Holzkiste in die Mitte des Zimmers und öffnete den Deckel. Dann holte er eine Figur nach der anderen heraus, um sie seinem neuen Freund zu zeigen.

    Enttäuschung malte sich auf der Miene des kleinen Jungen ab, als der bewunderte Verwandte meinte, er müsse mit Mama reden. Das war wieder nichts für Kinder. Das sagten Erwachsene immer, wenn es besonders spannend wurde. Leider konnte Victorius wirklich nicht verstehen, was sie sprachen. Nur das eine oder andere Wort kam zu ihm durch. Und damit konnte er rein gar nichts anfangen. Nicht, dass er sich nicht bemühte, etwas zu hören.


    Papa war natürlich auch toll. Der tollste Papa von der Welt. Victorius strahlte seinen Vater an, als der ihm erklärte, dass er ihn auch lieb hatte. Nur dass Papa dann auch schon wieder weggehen wollte, das war doof. Arbeiten. Manchmal fragte sich Victorius doch, was dieses komische arbeiten eigentlich war. Nur widerwillig ließ Victorius seinen Papa gehen. Aber natürlich hatte er genickt, wobei er den Helm wieder festhalten musste, er war ja ein gehorsamer Sohn. Wenn Mama und Papa hinschauten.


    Mama war es dann, die dem Jungen den Tag rettete. Er durfte Aulus das Haus zeigen. „Au ja!“ Aufgeregt hüpfte Victorius ein paar Mal auf und ab, den Helm dabei mit beiden Händen festhaltend. Dann nahm er Aulus bei der Hand und zog ihn mit sich. „Das Atrium kennst Du jetzt ja schon. Willst Du mein Zimmer sehen? Ich habe ganz viele Holztiere!“

    Eifrig nickte Victorius, als sein Vater davon sprach, ein passendes Grundstück für das geplante Haus zu kaufen. Er fühlte sich ernst genommen und fasste Papas Hand, um sie fest an sich zu drücken, während er weiter erklärte. „Aber das ist doch gerade schön. Wenn die Leute uns sehen. Dann haben sie vielleicht Lust, mit uns zu reden. Oder mitzuspielen. Oder mitzuessen. Das ist doch toll und spannend. Wen man da alles kennenlernen kann! Und wir können ihnen auch zugucken, während wir essen und so.“ Für ihn klang das sehr aufregend und keineswegs lästig.


    Doch dann kam eine große Neuigkeit und Victorius schaute seine Eltern erst einmal ungläubig an. „Ein Kind? Wir kriegen ein Kind? Dann aber einen Jungen! Ich will einen Bruder, keine doofe Schwester. Davon habe ich schon zwei! Das wäre total ungerecht, noch ein Mädchen. Einen Jungen, ja? Mama, biiiitttteeee! Einen Jungen ja? Versprichst Du’s?“ Nur für den Fall, dass Mama nicht so spurte, drückte der kleine Junge Papas Hand noch etwas fester an sich. „Papa, noch ein Sohn wäre doch total praktisch! Wir könnten Dir helfen, wenn wir groß sind. Dann musst Du nicht mehr so furchtbar viel arbeiten. Biiiiitttteeeee!“

    "Neeeeeiiiiiin! Das ist doch nicht unser Haus!" Victorius schaute seinen Vater ganz empört an. Das sah man doch wohl auf den ersten Blick! "Das Haus baue ich mal für euch, wenn ich groß bin. Und Vina darf mir helfen. Vielleicht." Wenn sie nicht wieder so doofe Mädchensachen reinmachen wollte. Ein Brunnen im Cubiculum! Wie albern! "Die Säulengänge überall sind wichtig. Da kann man sich auch mal hinsetzen und alles angucken. Der da ist zur Straße hin. Wir finden das doof, dass alle Häuser zur Straße hin immer so zu sind." War ja selten genug, dass die Zwillinge sich einig waren.


    "Sabina? Nö", log Victorius und sah dabei kaum schuldbewusst aus. Wie gewöhnlich deckte er seine große Schwester. Wenn sie ihn nicht gerade wieder geärgert hatte, konnte sie sich völlig auf ihn verlassen. "Hat sie was angestellt?" Besser sie wurde gesucht, um bestraft zu werden, als er. Denn er hatte eigentlich immer etwas auf dem Kerbholz.

    So schlimm klang das ja nicht, was passierte, wenn ein Praetorianer nicht gehorchte. Naja, weit weg geschickt zu werden, das war bestimmt doof. Aber gar keine Prügel? Andere Soldaten wurden geprügelt, wenn sie nicht gehorchten, das wusste Victorius schon. Anscheinend waren Praetorianer so etwas Besonderes, dass ihnen sowas nicht passierte. Dann würde er also zur Garde gehen, wenn er Soldat wurde!


    Victorius schaute seinen Vater bei seiner Frage von unten her an. Dabei musste er den viel zu großen Helm festhalten. Ein bisschen überrascht wirkte sein Blick, denn jetzt erst dämmerte dem Kind, dass der Vater offenbar hatte gehen wollen. „Ich hab Dich lieb“, erklärte Victorius schlicht und hielt den Vater immer noch fest. Der wollte doch nicht wirklich gehen, wenn so ein wunderbarer Verwandter da war?


    Was redete Mama denn da? Nicht schlafen können? Doch, er würde ganz wunderbar schlafen! Und großartig träumen! Die Spiele für die nächsten Tage standen nun auch schon fest. Er würde ein Praetorianeroffizier sein und alle Feinde Roms verhaften! Kein einziger würde ihm entkommen! Die Augen des Jungen leuchteten vor Freude. Und er streckte seine zweite Hand nun nach der von Seneca aus. Vielleicht blieb der dann ganz lange da.

    Tatsächlich spielten die beiden ausnahmsweise einträchtig miteinander. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Streit ausbrach. Aber im Moment war noch alles friedlich. Die Kinder bemerkten die Eindringlinge erst gar nicht. Allzu oft kamen Sklaven herein, um dieses oder jenes zu räumen. Daran störten sich die Kinder ja auch nicht.


    Als Papa jetzt seine Frage stellte, wurde er natürlich doch bemerkt. „Papa“, freute sich Victorius und sprang auf, um dem Vater um den Hals zu fallen. Schließlich kam er sie nicht oft im Zimmer besuchen. „Wir bauen ein Haus! Schau! Meinst Du, es wird auch Onkel Avarus gefallen?“ Victorius bewunderte den Onkel für seine vielfältigen Talente. Und hielt ihn für den besten Baumeister der ganzen Welt, da er noch nicht ganz verstand, was ein Architekt war. Er deutete nun auf das Bauwerk aus Bauklötzen, das recht windschief und wackelig da stand – und auch noch lange nicht vollendet war.

    Alle lobten ihn! Das war auch nur richtig so, er hatte das toll gemacht! Sagten zumindest alle. Vor Stolz fast platzend nickte Victorius eifrig, als Milo ihm versprach, dass er nachher die Ausrüstung noch näher angucken durfte. Papa erlaubte das bestimmt. Der erlaubte eigentlich immer alles. Wenn es nicht gefährlich war. Oder was kaputt machte.


    Erst nach einer Weile bemerkte der junge Germanicer, dass Rufus weg war. Wo war der denn auf einmal geblieben? Neugierig schaute sich Victorius im Atrium um. Bestimmt hatte der sich nur versteckt. Während die Erwachsenen also ihre langweiligen Erwachsenengespräche führten, schaute Victorius hinter jede Säule und hinter jeden Gegenstand, hinter dem sich jemand verstecken konnte. Auch die Erwachsenen umrundete er recht gründlich. Verstecken spielen machte immer Spaß!

    "Das werde ich ganz bestimmt!“ Ein großer Krieger. Berühmt und unbesiegbar. Weil er ein Germanicer war. Und ein Iunier wie Aulus, der Praetorianer. Das mit der Disziplin, das verstand er nicht so ganz. Vielleicht wollte er es auch nicht verstehen. Brav sein war langweilig. Aber natürlich nickte er eifrig, als er zum Bravsein aufgefordert wurde. „Was passiert eigentlich, wenn ein Praetorianer nicht gehorcht?“ Die Aufgaben klangen spannend. Den Kaiser beschützen. Auch auf Reisen.


    Es war ein großartiger Moment, als er den prächtigen Helm aufgesetzt bekam. Unwillkürlich reckte er sich ein wenig und versuchte, besonders aufrecht zu stehen. Als Aulus sich setzte, folgte der Junge ihm die paar Schritt weit. Der viel zu locker sitzende Helm verrutschte dabei und er musste schnell zugreifen, damit der Helm nicht zu Boden polterte. Er schaffte es noch gerade so. Von den Sorgen seiner Mutter ahnte er nichts. Und er war sehr glücklich, dass der Vater den Praetorianer nicht für sich vereinnahmt hatte. Vor lauter Dankbarkeit ergriff er Papas Hand. Dass der eigentlich gehen wollte, hatte der Junge gar nicht so richtig mitbekommen.

    „Oh... ja, natürlich.“ Victorius war immer noch viel zu beeindruckt, um vernünftige Antworten geben zu können. „Ich? Oh... ich möchte Feldherr sein. Oder Gladiator. Ganz berühmt jedenfalls.“ Er nickte heftig, um diese Aussage zu bekräftigen. Als der Verwandte dann aber schon zum zweiten Mal erwähnte, dass Mama schon von ihm erzählt hatte, da wurde er gleich wieder verlegen. Seine Ohren glühten schon wieder verdächtig. „Was genau hat sie denn erzählt“, fragte er während er auf seine Hände blickte, deren Finger er nervös miteinander verknotete. Am Ende nur die schlechten Sachen. Man wusste ja nie, was Erwachsene so redeten. Aber seine Mutter berichtete schon. Also davon, dass er sich für Soldaten interessierte. Hoffentlich war das auch wirklich alles gewesen, sonst musste er sich am Ende vor Aulus schämen, denn so ganz artig war er wirklich nicht immer.


    Im gerade ungünstigsten Moment kam Papa dazu. Victorius liebte seinen Vater wirklich sehr und freute sich eigentlich immer, wenn er ihn sah. Aber gerade jetzt störte er einfach. War ja klar, dass der tolle Verwandte sich jetzt dem Senator widmete. Der kleine Junge schien ganz vergessen zu sein. „Salve, Papa“, grüßte er daher nicht gerade enthusiastisch.

    Optio war er sogar! Nicht mal nur ein einfacher Praetorianer! Das wurde immer besser. Victorius schaute wieder hinter seiner Säule hervor, aber gerade in dem Moment musste Mama ausgerechnet hierher gucken. Er zuckte zwar schnell zurück, aber es war zu spät. Sie hatte ihn gesehen. Echt blöd. Sie verriet ihn auch noch und rief ihn dann zu sich. Ein wenig verlegen trat der kleine Germanicus hinter der Säule hervor und ging langsam mit schief gelegtem Kopf auf die Erwachsenen zu. Der Praetorianer-Optio war also wirklich ein Verwandter. Kein Germanicus, aber ein Iunius. Wie toll der aussah! Ein ganz kleines bisschen Angst hatte er schon, als der Optio ihm entgegen kam und Victorius blieb leicht eingeschüchtert stehen. Aber dann überwog die Faszination und er ergriff die dargebotene Hand. Wie bei richtigen Männern! „Salve... ähm.“ Ja, wie redete man denn nun einen verwandten Praetorianer-Optio an? „Ähm... Optio... ich meine“, ein hilfesuchender Blick auf Mama, „Iunius Seneca.“ Oder hätte er besser das Praenomen wählen sollen wie sonst bei Verwandten? Ach, war das wieder schwer! Die Ohren des kleinen Kerls begannen zu glühen, was seine Verlegenheit nur noch steigerte.

    Eigentlich hatte Victorius sich aus dem Haus schleichen wollen. Verbotenerweise versteht sich. Schon seit ewigen Zeiten war er nicht mehr draußen gewesen bei seinen Freunden. Alle durften wieder raus. Die Sklaven zum Einkaufen, der Papa in den Senat und sogar Uroma ging wieder hinaus. Nur er sollte immer zu Hause bleiben, weil das da draußen angeblich gefährlich war. Pffft. Nein, nicht mit ihm! Er ging einfach. Wenn er sich ein wenig geschickt anstellte, dann würde er schon durchschlüpfen können. Das wäre nicht das erste Mal.

    Natürlich musste er dafür durch das Atrium. Das war normalerweise das geringste Problem. Doch ausgerechnet jetzt musste Mama da auftauchen! Das war doch echt gemein. Der kleine Junge schlüpfte hinter eine der Säulen, wo er sich sorgfältig verbarg. Vielleicht ging es ja schnell mit diesem Gespräch. Wer war das eigentlich, dieser Mann? Ein Soldat, der wirklich gefährlich aussah. Noch mehr als Annaeus Milo, den Vic fast so bewunderte wie Onkel Valerian.

    Moment, hatte Mama da gerade Praetorianer gesagt? Vergessen war der verbotene Ausflug beim Klang dieses Wortes. Ein echter Praetorianer! Das war richtig spannend! Vorsichtig lugte der kleine Junge hinter seiner Säule hervor. Einen Praetorianer musste er sich genauer ansehen. Und Mama kannte ihn offenbar gut, sie hatte ihn mit seinem Praenomen angesprochen. Vielleicht sogar ein Verwandter? Ein wirklicher, richtiger, echter Praetorianer!

    Er durfte es berühren! Andächtig ließ er seine kleinen Finger über den Griff der Waffe gleiten und umfasste sogar einmal den Griff. Seine kleine Hand machte sich etwas merkwürdig aus auf dem für eine Männerhand gefertigten Schwertgriff. Gerne hätte er es mal richtig in die Hand genommen, aber das traute er sich jetzt nicht unbedingt. Vielleicht hätte er gefragt, wenn nicht noch mehr Leute dazu gekommen wären.


    Es wurde jetzt richtig voll hier im Atrium. Tante Calvena kam herein, direkt hinter Mama und später kam dann auch noch Papa hinzu. In dem ganzen Trubel wurde ganz übersehen, dass Milo noch niemandem vorgestellt worden war. Das war für Victorius die Gelegenheit, sich ein wenig hervorzutun. Seine Wangen röteten sich vor Aufregung und er nickte eifrig, zumal ihm in Aussicht gestellt wurde, das Gladius später noch genauer anzugucken. Vielleicht durfte er es dann wirklich mal richtig in die Hand nehmen?


    Er fasste Milo bei der Hand und zog ihn mit sich zu der Gruppe um Onkel Valerian. Dann räusperte sich der kleine Kerl und verkündete stolz mit seiner hohen Kinderstimme: „Wenn ich vorstellen darf? Dies ist Tiro… Faustus Annaeus Milo.“ Puh, da war ihm gerade noch der komplette Name eingefallen. „Uuund das hier ist mein Papa Senator Quintus Germanicus Sedulus.“ Immerhin der wichtigste Mann hier. „Meine Mama Iunia Serrana und meine Tante Calvena. Ähm, ich meine natürlich Germanica Calvena, die Frau von Deinem Centurio.“ Das wäre ja fast schief gegangen! Ein wenig unsicher schaute der Junge von einem zum anderen und hoffte, es nicht völlig falsch gemacht zu haben.

    Zitat

    Original von Faustus Annaeus Milo
    Soso, dachte Milo, er hatte es also mit einem Sohn eines Senators zu tun. Der Junge schien schon ganz nach seinem Vater zu kommen und er hatte gutes Benehmen. Würdevoll stellte er sich Milo vor, der das Spiel mitspielte und ebenso würdevoll antwortete: "Salve Quintus Germanicus Victorius, ich bin ebenfalls erfreut dich kennenzulernen!!!" Doch im nächsten Moment schaltete der Junge einen Gang zurück und war wieder Kind. In diesem Alter sollte man auch noch etwas Kind sein dürfen, das Erwachensein kam noch früh genug und vor allen Dingen für einen Römer. Der Junge hatte wohl eine Karriere im Cursus Honorum vor sich, dafür würde sein Vater schon sorgen, da würde er noch früh genug mit der Welt da draußen konfrontiert. Der Junge war ganz begeistert von der Erscheinung Milos und dieser lächelte den Jungen an. Er war sehr pfiffig und neugierig, das gefiel dem Annaer. "Langsam, langsam mein Junge",, sagte er lächelnd, "eine Frage nach der anderen, sonst vergesse ich eine. Also, wir kämpfen während der Ausbildung nur mit Holzschwertern untereinander, damit wir uns nicht verletzen. Das richtige Schwert benutzen wir zur Übung auch, allerdings nicht so, dass wir verwundet werden. Außerhalb der Ausbildung, wenn wir auf Patrouille durch die Stadt gehen, dürfte ich meine Waffen bei Bedarf natürlich verwenden, schließlich sind wir für die Sicherheit der Stadt verantwortlich", bei dieser Aussage bäumte sich Milo etwas auf und man sah ihm den Stolz an, ein Mitglied der Urbaner zu sein. "Also Tiro wird man, indem man sich zum Dienst in der Castra Praetoria meldet. Allerdings muss man dafür römischer Bürger sein, wie in allen Legionen des Reiches. Aber das hat dir bestimmt dein Papa oder einer deiner Lehrer schon beigebracht, oder?", streute Milo eine Frage ein, um den Jungen nicht zu langweilen mit seinem Monolog. "Wenn alles seinen normalen Gang nimmt, werde ich in den nächsten Wochen ein richtiger Miles sein, ergänzte er dann noch. Er freute sich schon auf die Zeit nach der Ausbildung, wenn er endlich ein vollwertiges Mitglied der Urbaner sein würde."So streng ist dein Onkel gar nicht, wenn man Disziplin an den Tag legt und ja, er hat die Ausbildung der Tirones übernommen. Es ist sehr abwechslungsreich bei ihm, während der Ausbildung sehen wir auch mal was anderes als nur immer die Castra, er nimmt uns auch auf Patrouillen mit. Natürlich darfst du dir mein Schwert sehen. Ich nehme es in die Hand und dann kannst du es dir anschauen". Milo nahm daraufhin sein Schwert aus der Scheide und in die Hand, er legte es auf die Handflächen, damit der kleine Germanicus es betrachten konnte.



    Die Augen des kleinen Jungen glänzten vor Stolz, als der Soldat so höflich und würdevoll antwortete. Er sprach mit ihm wie mit einem Erwachsenen! Da wuchs Victorius doch glatt drei bis vier digiti in die Höhe. Und als Milo ihm dann auch noch geduldig alles erklärte, hatte der Junge ihn bereits fest ins Herz geschlossen. Sogar das Schwert durfte er sich angucken! Das war großartig, einfach großartig! Er nickte eifrig. „Ja, ich weiß. Man muss römischer Bürger sein. Nur bei den Hilfstruppen braucht man das nicht, kann dann aber Bürger werden, wenn man ganz lange Soldat ist.“ Ja, er hatte immer gut zugehört, wenn es um Soldaten ging. Das war ja auch echt spannend. „Darf ich es mal berühren?“ Natürlich würde er es auch gerne mal richtig in die Hand nehmen, aber das traute er sich noch nicht zu fragen. „Wenn ich mal groß bin, dann werde ich Feldherr. Und werde für Rom wilde Länder erobern und ganz berühmt werden. Oder Gladiator!“ Das war beides spannend. Und auch wenn alle behaupteten, Gladiator wäre nichts für einen Germanicus, so hatte er diesen Traum noch nicht ganz begraben. Hoffentlich hatte Mama nichts davon gehört. Musste sie auch gerade jetzt auftauchen!

    Zitat

    Original von Faustus Annaeus Milo
    ... Ehe es sich Milo versah kamen schon zwei Kinder auf ihn zu und schienen seine Uniform zu bewundern. "Salvete, Kinder!!!!", wandte er sich lächelnd an sie, "mein Name ist Faustus Annaeus Milo und ich bin Tiro bei den Cohortes Urbanae. Centurio Quintilius ist mein Ausbilder". Er hoffte, dass die Kinder mit dem Namen Centurio Quintilius etwas anfangen konnten, denn bei ihnen wurde er sicher nur Valerian genannt. "Und wer seid ihr?", fragte er dann noch nach.


    Victorius legte den Kopf schief. Ein Tiro, das war einer, der erst noch in der Ausbildung war, soviel wusste er schon. Aber der Milo sah schon ganz wie ein fertiger Soldat aus! Mit einer tollen Rüstung und echten Waffen. Der kleine Junge versuchte es mit gutem Benehmen. Er neigte leicht den Kopf. „Sehr erfreut, Dich kennen zu lernen, Tiro Faustus Annaeus Milo. Ich bin Quintius Germanicus Victorius, der Sohn des großen Senators Quintus Germanicus Sedulus.“ Ganz würdevoll und wichtig hatte er das gesagt. Aber im nächsten Moment war er wieder ganz der kleine Junge, der er eigentlich war. Und der vor Neugierde fast platzte. „Darf ich mir Dein Schwert mal angucken? Ist das wirklich wahr, dass Onkel Valerian Dich ausbildet? Ist er sehr streng?“ Er stellte sich Onkel Valerian furchtbar streng vor als Ausbilder. „Darfst Du denn schon richtig kämpfen, auch wenn Du noch ein Tiro bist? Wie wird man Tiro? Und wirst Du bald richtiger Sodat?“

    Das hätte Victorius auch gewundert, wenn Rufus sich auf das Hochzeitsspiel von Vina eingelassen hätte. Vor allem, da er sich bestimmt denken konnte, dass Victorius ihn für den Rest ihres Lebens damit aufgezogen hätte. Als Sabina ihn bespritzte, quietschte Victorius erschrocken auf und wollte sich schon auf die Schwester stürzen. Aber dann machte sie einen tollen Vorschlag. Das Wasser war vollkommen vergessen, die paar Spritzer waren schließlich auch nicht der Rede wert. Rufus zu jagen, war deutlich besser! Sabinas Aufforderung folgend stürzte Victorius los. Allerdings wurde nicht viel aus dem Spiel, denn Rufus, der zuerst wie von Furien gejagt davonrannte, unterbrach das Spiel. Victorius hatte gesehen, wie er sich zur Tür wandte, weil da etwas los war. Als dann zuerst Urgroßmutter hereinstürmte und ohne jemanden zu beachten davon rauschte und schließlich die beiden Soldaten hereinkamen, war auch für Victorius das Spiel vergessen. Echte Soldaten! Das eine war Rufus' Vater, den erkannte Victorius gleich. Ein Centurio! „Salvete“, grüßte der junge Germanicer höflich und strahlte Valerian an. „Onkel Valerian! Du warst aber schon lange nicht mehr da!“ Das klang nicht mal wie ein Vorwurf. Der Junge freute sich einfach, dass der bewunderte Onkel da war. Die Bockigkeit von Rufus konnte Victorius so gar nicht verstehen. Eben hatte er sich seinen Vater doch noch herbeigesehnt?


    Da Valerian sich leider mehr für seinen Sohn als für seinen Neffen interessierte, schaute sich Victorius den anderen Soldaten an. Ein junger Mann. Kein Centurio, das konnte man gleich sehen, aber immerhin ein echter, richtiger, starker Soldat mit Rüstung und Schwert. Das war doch fast so gut wie ein Centurio. „Salve! Wer bist Du denn?“ Neugierig fragte er den ihm unbekannten Annaeus.

    Sie hatte welche in der Küche verstecken lassen? Ungläubig blickte Victorius seine große Schwester an. Er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum, denn er vermutete, dass sie log, um ihn zur irgendwas zu überreden, was nachher Ärger einbrachte. Andererseits war Rufus auch dabei. Würde sie lügen, wenn jemand anderer es hörte? Unwahrscheinlich. Auch wenn es sich nur um ein Kind handelte. Also nickte er schließlich. „Ich verrate nix.“ Ohja, er konnte Geheimnisse für sich behalten. Wenn er wollte.


    Sein Blick kreuzte sich kurz mit dem von Rufus. Für einen Augenblick hatte Victorius sogar eine böse Bemerkung auf den Lippen, als der Quintilier sagte, er habe seinen Vater schon seit Wochen nicht gesehen. Doch dann schluckte er sie doch runter. Er würde seinen Vater nicht wochenlang entbehren wollen. Aber Mitleid zeigen? Nein, niemals! Außerdem würde Rufus ihn dafür nur noch mehr hassen. Mit Recht auch noch. Als Rufus dann mit Wasser nach Sabina spritzte, kicherte Victorius und schlug sich schnell die Hand vor den Mund, damit Sabina nicht beleidigt war. Sie brachte es fertig, ihn aus Rache in das Impluvium hinein zu werfen. Wäre nicht das erste mal.


    Jetzt erschien auch noch Vina im Atrium, die reinste Familienversammlung hier. Victorius verdrehte die Augen. Natürlich fing sie gleich wieder mit der doofen Hochzeit an. "Ochnö, nicht schon wieder", stöhnte er entnervt und schaute fast schon neugierig zu Rufus. Würde der etwa solche Mädchenspiele mitmachen wollen?