Beiträge von Lucius Septimius Severus

    "Contubernium I ?"
    Lucius steckte seinen Kopf durch den Eingang zu der Baracke, die, wenn er richtig lag, sein Contubernium bewohnte. Seine Ausrüstung hatte er mit einigen Schwierigkeiten herbeigeschafft. Er trug sie zum Teil in den Händen und am Körper, den Rest hatte er einfach auf den Boden gestellt.
    "Contubernium I der zweiten Centuria, Cohors II, ja! Bist du ein Neuer?"
    Der altgediente Soldat Calenus musterte den Jungspund einigermaßen kritisch.
    "Ja, Lucius Septimius Severus, soeben für uneingeschränkt tauglich befunden für den Dienst in der Legio XXII."
    "Septimus?... Klingt ja schräg! War dein Vater der siebte Sohn deines Großvaters?"
    "Ich glaube nicht, nein, Septimiiius!"
    "Septimiiius?! Noch schräger! Na dann, du uneingeschränkt Diensttauglicher, pack dein Zeug in die Vorkammer! Dein Bett ist dort hinten."


    Also nahm Lucius seine Stiefel, seine Tuniken, Mantel, Brustpanzer, Beinschienen, Tragestange, Scutum, Schwerter, Pila und das ganze andere wichtige Zeug zusammen und verstaute es im Abstellraum, darauf bedacht, nichts zu beschädigen und keinem seiner neuen Wohnpartner schon am ersten Tag auf die Füße zu treten...

    Zitat

    Original von Aulus Trebellius Posca


    "Cohors II, Centuria II, Contubernium I ! Verstanden, Centurio!"
    Nachdem der Centurio ihm die ungefähre Richtung gewiesen hatte, machte sich Lucius schwer bepackt auf den Weg. Er hätte wohl laut aufgelacht, wenn er gewusst hätte, dass beinahe zeitgleich ein anderer Tiro mit gleichem Prae- und Cognomen seine Musterung hinter sich gebracht hatte.

    Es graute Lucius vor der Vorstellung, dass er den ganzen Kram tatsächlich einmal würde mitschleppen müssen. Und Verpflegung käme dann vielleicht auch noch hinzu. Aber ihn tröstete der Gedanke, dass Generationen von Rekruten dieser Aufgabe gewachsen gewesen waren. Dann sollte das doch auch für ihn kein unlösbares Problem darstellen.
    Den Helm musste er natürlich sofort ausprobieren. Er setzte ihn auf und fuhr mit den Fingern beinahe liebevoll über die Seitenklappen.
    Ein gutes Gefühl! Und ein sichtbares Zeichen, endlich dazuzugehören zu der Truppe.
    "Soll ich mich gleich ausrüsten?" fragte er die beiden Männer, den Helm immer noch auf dem dem Kopf, wobei er den Rest in den Händen hielt oder an den Körper drückte.

    Lucius gewahrte den Blick des umgänglichen Centurionen. Schwer, den eigenen Körper in Bezug zur normierten Ausrüstung einzuschätzen, aber da er unter den jungen Männern seines Milieus zu den Großgewachsenen gehörte, tendierte er auch zur großen Ausstattung.
    "Hmm.. Ich probier's vielleicht doch mit Groß?!"

    Lucius lauschte den Erläuterungen des Centurionen. Auch wenn nichts davon neu für ihn war, der Anblick der Feldzeichen war es ja dann doch. Ihm ging auch durch den Kopf, wie erstaunlich es doch war, dass vor wenigen Jahren sein Vater denselben Schwur geleistet haben musste. Das schien eine nette Familientradition werden zu können.


    Der junge Römer aus Alexandria sprach den Schwur nach, langsam, aber mit fester Stimme: "Iurant autem milites omnia se strenue facturos quae praeceperit Imperator Caesar Augustus, numquam deserturos militiam nec mortem recusaturos pro romana republica."

    Lucius kehrte zurück und meldete sich erneut im Rekrutierungsbüro. Allzu viel Zeit durfte gar nicht vergangen sein. Entweder der Ablauf war prächtig organisiert oder die Zahl der Anwärter war dieser Tage überschaubar.
    "Salve, Lucius Septimius Severus, zurück vom Optio Valetudinarii. Bitte!" Lucius gab die Tafel ab.



    Der Anwärter Lucius Septimius Severus wurde vorschriftsmäßig auf seine Diensttauglichkeit hin untersucht.
    Nennenswerte körperliche Mängel oder Krankheiten wurden nicht festgestellt, er ist uneingeschränkt diensttauglich.


    Cossus Herdonius Fango
    Optio Valetudinarii


    Als der Optio seinen Bericht verfasst hatte, war der junge Septimius schon wieder in seine Kleidung geschlüpft. Er warf einen Blick auf die Tafel, las, dass er als uneingeschränkt diensttauglich eingestuft wurde, und konnte und wollte sich ein freudiges Grinsen nicht verkneifen.
    "Jawohl, Optio Herdonius Fango!" Den Namen würde er sich merken.

    In einer Anwandlung kurzzeitiger Selbstzufriedenheit war Lucius ein bisschen unaufmerksam und verstand nur den letzten Teil der geflüsterten Worte. Somit starrte er den Offizier erst einmal nur begriffsstutzig an, ehe er mit Blick auf die Halme erriet, was er genau gefragt worden sein könnte.
    "Äh, vier, oder fünf?" war die unbestimmte Antwort.
    Schlechte Augen hatte Severus eigentlich nicht, aber in dem Lichte der Rekrutierungsstube fiel ihm eine genaue Bestimmung nicht so leicht.

    Während der Untersuchung bekam Lucius eine Ahnung davon, wie sich einer der vielen Sklave fühlen musste, die täglich im Hafenviertel verscherbelt wurden. Aber wenigstens schien der Principalis so weit erst einmal zufrieden gestellt zu sein, womit die Erfüllung von Severus Wunsch näher rückte.


    "Ja, Optio!" Lucius streckte also die Arme aus und begann mit den Kniebeugen, erst sehr zügig, doch da er nicht wissen konnte, wieviele von ihm verlangt wurden, drosselte er nach dem ersten Dutzend sein Tempo ein wenig...
    ...fünfunddreißig, sechsunddreißig, siebenunddreißig, achtunddreißig..
    Aus den Augenwinkeln versuchte der junge Hellene zu ermessen, wann der Pricipal genug gesehen hatte. Er setzte seine Übung fort, wobei seine Körperhaltung nicht mehr ganz so vorbildlich war, der Rücken nicht mehr so gerade, die Arme weniger gestreckt...
    ....neununddreißig, vierzig, einundvierzig, zweiundvierzig, dreiundvierzig, vierundvierzig, fünfundvierzig, sechsundvierzig...
    "Hab' ich da ein 'Halt!' gehört" schnaufte Lucius, seine Übung für einen kurzen Moment unterbrechend.

    Lucius erwiderte kurz das Lächeln des anderen Rekruten. Wenn alles klappte vielleicht wirklich ein zukünftiger Commilito von ihm.
    Er nickte, als ihn der Optio Valetudinarii aufforderte, seine Kleidung loszuwerden, warf seinen Beutel weg und legte Tunika und Subligaculum ab.
    Er war dank jahrelanger Übungen im Gymnasion und anschließender Vorbereitung durch seinen Vater in sehr guter Form, wenn auch in seinem jugendlichen Alter nicht mit übermäßigen Muskelpaketen ausgestattet. Und selbst die ihn früher einmal heimsuchende Kopflausproblematik hatte seine Mutter mit ihren Hausmittelchen in den Griff gebracht. Dann stand er und wartete.

    Das nächste Zwischenziel seiner Vorstellungstour, das große Gebäude, in dem diejenigen untergebracht sein mussten, die man mit gewissem Wohlwollen als Mediziner bezeichen konnte, war schnell gefunden.
    Und Lucius Severus hatte nun auch die Unsicherheit endgültig abgelegt. Die kleinen Zweifel, die ihn noch vor Betreten der Legionsstadt geplagt hatten, waren wie weggeblasen.
    "Salve. Ich bin Lucius Septimius Severus und diene demnächst in dieser stolzen Einheit!" stellte er sich dementsprechend forsch im Valetudinarium vor. "Der Rekruteur meinte, ich solle mich hier melden."

    "Lucius Septimius Severus, jawohl! Ja, Centurio. Ja. Ja, ich bin pumperlgsund!" antwortete Lucius, manchmal in eine seltene, regionale Mundart abgleitend.
    "Nein, nie angeklagt oder gar verurteilt. Solch niedere Arbeiten hab ich zum Glück auch nicht verrichten müssen, Centurio", antwortete er in dem Wissen, dass es die Götter, was seine eigene Herkunft anging, relativ gut mit ihm gemeint hatten.

    Lucius Severus nutzte den Fußweg entlang der via praetoria, um erste Eindrücke aus dem erstaunlich großen Legionslager zu gewinnen.
    Als er die Tür zur Schreibstube der zuständigen Rekrutierungsstelle erreichte, kam ihm daraus bereits ein vielleicht zukünftiger Commilito von ihm entgegen. Er wich diesem aus und wandte sich dem Officium zu.
    Jetzt wo die Tür schon einmal offen war, musste der junge Septimius also nur noch eintreten und sich vorstellen.
    „Salve!“ Er versuchte, so stramm zu stehen, als wäre er bereits ein Legionär.
    „Ich bin der Civis Septimius Severus und will unbedingt in die Legio Deiotariana eintreten!“

    Lucius hielt sich seine Hände vor das Gesicht und betrachtete sie im langsam heller werdenden Licht des nassen alexandrinischen Spätwinters. Ohne Zweifel! Ein leichtes Zittern seiner Finger war deutlich zu erkennen.
    Der heutige Tag war wohl doch nicht so wie jeder andere, sondern stellte einen tiefen Einschnitt in seinem Leben dar, wie er ihm noch nicht widerfahren war. Was nutzte es da schon, dass er sich sein ganzes bisheriges Leben darauf vorbereitet hatte; oder besser: darauf vorbereitet worden war.


    Lucius beschleunigte seine Schritte, wie als wollte er diese Gedanken abschütteln und Gefühlen wie Zweifel oder Unsicherheit gar nicht erst die Möglichkeit geben, sich in seinem Kopf breitzumachen. Noch ein paar schnelle Schritte und die Porta war erreicht. Er räusperte sich.
    „Salve. Ich möchte der... Lucius Septimius Severus bin ich. Ist die Rekrutierungsstelle besetzt?“
    Die wenigen persönlichen Gegenstände, die Lucius Severus mit sich führte - darunter eine Tabula seines Vaters – trug er in einen Beutel verstaut über der Schulter. Waffen oder Dinge, die man als solche zweckentfremden konnte, waren nicht darunter.