Beiträge von SENTIA LAEVINA

    Entschuldige die lange Antwortzeit. Aber damit du, Messalina, nicht noch länger warten musst:
    Im Moment hat die Spielleitung sehr viel zu besprechen, unter anderem auch die Frage der Kaiserin. Daher kann ich dir hier noch keine eindeutige Antwort geben, inwiefern und wann diese anspielbar sein wird. Da wir gerade sehr, sehr, SEHR viel zu besprechen haben, sind wir an dieser Stelle noch nicht zu 100% fertig.


    Sentia Laevina hingegen wird sich auf ihr ererbtes Grundstück zurückziehen und damit fernab von Rom weilen. Damit ist sie in Rom dann nicht mehr anspielbar.

    Consul Duccius und der Procurator Iunius gehörten zu den Trauergästen mit den höchsten Rängen. Dementsprechend nahm sich Sentia Laevina für diese auch etwas mehr Zeit als für die Reihe der einfachen Senatoren, die sich anschickten, zu kondolieren.
    “Ich danke dir, Consul Duccius. Es ist tröstlich zu wissen, dass mein Mann trotz aller früheren Umstände vermisst und betrauert werden wird, und dass vor allem der Senat, den er stets am höchsten geehrt hat, ihm so die Ehre erweist.


    Und auch dir Procurator Iunius sei mein Dank gewiss. Mein Mann konnte sich stets auf die Administratio und auch auf deine guten Ratschläge verlassen.
    Die Beerdigung allerdings ist meine Pflicht, die ich meinem Mann gegenüber erfüllen muss als seine treue Ehefrau und nicht zuletzt als Augusta.“
    Damit es aber nicht nach einer Absage oder einer Rüge klang, fügte Sentia gleich noch in sanftem Tonfall hinzu: “Allerdings werde ich die Hilfe der Administration bei der Planung sehr gerne in Anspruch nehmen, so dass diese die vielen Besprechungen und Handgriffe, die ein solches Begräbnis erfordert, in meinem Namen durchführen mögen.“
    Damit war die Verantwortungsfrage für das Begräbnis geklärt, und nicht zuletzt auch die Frage, aus welchem Vermögen der Leichenzug zu finanzieren wäre. Allerdings hatte Sentia hier keine Bedenken, ihr Mann hatte gut vorgesorgt.

    Auch die Klienten ihres Mannes kamen, um ihr Beileid auszusprechen. So auch Haruspex Aurelius, von dem Sentia Laevina wusste, dass ihr Mann ihn geschätzt hatte. Seine Worte waren etwas privater als die der meisten Trauergäste, aber Sentia nahm ihm diese Vertraulichkeit nicht übel.
    “Ich danke dir für deine Worte, Senator Aurelius. Und insbesondere auch für dein großzügiges Angebot mir gegenüber. Ich weiß, mein Mann hat dich stets als Klienten geschätzt, und deine Treue über seinen Tod hinaus ehrt dich.
    Sei dir versichert, dass ich mit allem bestens versorgt bin. Sollte dies sich aber ändern, werde ich mich dankbar an deine Worte erinnern.“

    Einen kurzen Moment wunderte sich Sentia Laevina, wer der Iulius war, der ihr hier kondolierte. Soweit ihr bekannt war, gehörte er nicht zu den Amtsträgern oder Senatoren. Allerdings hatten einige Menschen die Gelegenheit genutzt, auch weitere Verwandte mitzubringen, und da zuvor schon ein Iulius seiner Trauer Ausdruck verliehen hatte, vermutete Sentia hier einen eben solchen Zusammenhang.
    “Ich danke dir für deine Worte“, antwortete sie daher knapp, aber durchaus freundlich, ehe sie sich auch hier dem nächsten Trauergast zuwandte.

    Auch Senator Germanicus Sedulus erhielt ein dankbares, kleines Nicken zu seinen Worten von Sentia Laevina, wie schon dessen Verwandter zuvor. “Ich danke dir, Senator Germanicus. Ich weiß, mein Mann hoffte, eben diese Wirren möglichst aufzulösen, und ich hoffe, dass ihm dies soweit gelungen ist, um den Menschen in guter Erinnerung zu bleiben.“

    “Ich danke euch für eure mitfühlenden Worte“, bedankte sich Sentia Laevina auch bei Iulius Dives und Sergia Fausta, als diese an sie herantraten. “Ich bin mir sicher, dass eure Verwandten hier wären, so es ihnen möglich gewesen wäre. Leider hatte mein Mann keine Gelegenheit, Senator Iulius kennenzulernen. Aber ich weiß, dass mein Mann dem gewesenen Prätor Annaeus sehr dankbar für seine Hilfe in schweren Zeiten war und es sehr bedauerte, dass dieser hierdurch gezwungen war, fernab von Rom seine Verletzungen zu kurieren. Ich bin mir sicher, dass mein Mann mit Freuden mit beiden Männern gerne noch gesprochen und vielleicht hierdurch die ein oder andere Idee mehr auf ihren Weg zur Verwirklichung gebracht hätte.“
    Der kleine Hinweis auf eine Hochzeit wurde von Sentia nicht wirklich bemerkt. Ihr Mann hatte als Kaiser für sehr wenige Feierlichkeiten Zeit gehabt, das stimmte. Daher nahm er sich nur dann die Zeit dafür, wenn er die Einladenden persönlich kannte. Daher konnte es gut sein, dass er eine Hochzeit im Umfeld der Sergier oder Iulier wohl verpasst hatte.
    Der Hinweis auf die geschlossenen Stadttore allerdings blieb in Sentias Gedächtnis länger haften. Vielleicht sollte sie den Konsul beizeiten bitten, diese Maßnahme nach der Verlesung des Testamentes wieder aufzuheben. Immerhin war Rom kein Gefängnis. Abgesehen davon, dass das Grabmal der Cornelii traditionsgemäß außerhalb der Stadtmauern lag und nach der Verbrennung ihres Gemahls somit ohnehin die Tore geöffnet werden mussten. Allerdings war die politische Lage bis zur Ernennung eines neuen Kaisers wohl dergestalt, dass diese Vorsichtsmaßnahme verständlich war.

    Irgendwann stand auch Consular Purgitius vor Sentia Laevina und sprach ihr sein Beileid aus.
    “Ich danke dir sehr für deine freundlichen Worte. Ich weiß, mein Mann bemühte sich darum, dem Volke Roms nach seinen Möglichkeiten ein guter und nicht zu strenger Vater zu sein. Und ich hoffe, dass er den Menschen auch so in Erinnerung bleiben wird, als Freund ganz Roms.“
    Zwar hatte Sentia diese Art von Worten am heutigen Tage schon in vielerlei Variationen gehört und auch ihre Antworten fielen daher recht gleich aus. Dennoch war sie ehrlich dankbar, zu hören, dass ihr Mann doch auch Positives bewirkt zu haben schien.

    Der Kaiser Appius Cornelius Palma war im Atrium der Domus Augustana aufgebahrt worden. Er war gewaschen, fein frisiert und mit duftendem Öl gesalbt worden, ehe man ihn in seine herrschaftlichste Toga gekleidet hatte. Selbst im Liegen war der Faltenwurf jetzt perfekt.
    Der Duft von schwerem Weihrauch hing in der Luft, denn immer zu den rituell vorgegebenen Zeiten wurde hier direkt an seinem Leichnam auch seinem Genius mit einem kleinen Weihrauchopfer gedacht. Außerdem hielt es jegliche Art von Ungeziefer und natürlich auch böse Geister davon ab, diesen Raum hier zu betreten. Am Rande saßen zwei Sklavinnen, eine mit einer Trommel bewaffnet, die einen langsamen, dumpfen Takt schlug, während die andere dazu leise eine Totenklage sang. Beide hatten sie dunkle Gewänder an, zerzauste Haare, rotgeweinte Augen und rot gekratzte Wangen, ganz, wie Sentia Laevina dies angeordnet hatte. In regelmäßigen Abständen wechselten die Sklavinnen natürlich, aber das Bild blieb stets dasselbe.


    Sentia selbst war ebenfalls dunkel gekleidet. Ihr offenes Haar fiel etwas schütter und offen über ihre Schultern. Barfuß stand sie auf Brusthöhe ihres Mannes, die Hände in römischer Gebetshaltung mit den Handflächen nach oben. Doch während ihre Sklavinnen die laute, emotionale Klage für den Ritus übernahmen, war sie die würdevolle, tränenlose Matrone, die den Tod des Gatten in Ehrerbietung ihm gegenüber ertrug. Wenngleich auch ihrem Gesicht die Anstrengung anzusehen war, und natürlich das Leid. Ohne den Schmuck, die Schminke und die fein frisierte Perücke konnte man ihr so in dieser Haltung ihr Alter auch ansehen.


    Sie hatte bereits die Gesandten empfangen, die am gestrigen Tage den Termin mit ihrem Mann gehabt hätten, und ihre Beileidsbekundungen entgegengenommen. Nun wartete sie auch auf die Senatoren, Magistrate, Amtsinhaber und natürlich die Klienten ihres Mannes, auf dass sie dasselbe tun würden und dem Toten die Ehre erwiesen.

    Zu den Fragen zuckte der Sklave ein wenig hilflos die Schultern.
    “Sie hat jetzt nichts von einer Ehrenwache gesagt. Aber sie und ihre Sklavinnen wechseln sich sowieso beständig bei der Totenwache ab. Ihr könnt ja ein paar Mann vor dem Haus noch postieren als Ehrenwache, aber ich glaube, das Atrium sollte schon möglichst frei bleiben. Sie machte jetzt nicht den Eindruck auf mich, dass sie viel Gesellschaft bei ihrer Wache wünscht...“
    Aber das war mehr geraten als gewusst. Denn wie gesagt, gefragt hatte er ja nicht.


    Er drückte also den Soldaten die Zweige in die Hand und schüttelte dabei zu der Frage nach dem Tempel den Kopf. “Das mit dem Tempel ist schon alles erledigt. Die Kaiserin hat uns als allererstes einen vernünftigen Bestatter holen lassen, der hatte dann alles mit. Was das angeht, ist das also geregelt.
    Wo ihr euch vielleicht Gedanken drum machen müsst, ist die pompa funebra, dass die vernünftig abgesichert wird. Aber bis zum Ende der Trauerwoche sollte es eigentlich nichts dringendes mehr geben. Und ansonsten komm ich nochmal vorbei.“

    Ein Sklave, jetzt gänzlich dunkel und schlicht gekleidet als äußeres Zeichen der Trauer der gesamten kaiserlichen Familie, kam zu den Prätorianern am Tor gelaufen. In der Hand hatte er einige geflochtete Zypressenzweige.
    “Die Augusta hat angeordnet“, informierte er die Palastwache, “dass allen gewählten Magistraten in Rom, den Senatoren und den Klienten von Augustus Cornelius der Zugang zur Domus Augustana zu gewähren ist, sofern sie kondolieren möchten. Die Kaiserin erwartet sie dann dort.“ Die ritterlichen Procuratoren hatten dank der kaiserlichen Kanzlei ja ohnehin Zugang zum Palatin.
    “Alle anderen mögen sich bis zur Pompa funera gedulden. Auch sonstige Termine in ihre Richtung wird die Augusta während der Trauerwoche nicht wahrnehmen.


    Achja, und ich soll die Zypressenzweige hier irgendwo aufhängen. Habt ihr mal einen Nagel für mich, an die ich die binden kann?“

    Wobei nicht alle Schritte vom Procurator unternommen werden mussten – oder konnten. Als Ehefrau oblag es schließlich Sentia Laevina, sich um den toten Kaiser zu kümmern, und selbstverständlich war ein Cubicularius als erstes zu ihr gerannt, um ihr mitzuteilen, dass man ihren Ehemann nicht wecken konnte.
    Gefasst, aber schnellen Schrittes, machte sich Sentia daraufhin auf den Weg, den der Bedienstete ihr wies. Den Procurator musste sie dabei wohl knapp verpasst haben, sehr wohl aber bemerkte sie das rege und wirre Treiben, das sich um ihren Mann gerade bemerkbar machte.
    “Alle hinaus“ befahl Sentia schlicht und ließ keinen Zweifel daran, wer momentan die Oberhoheit der Domus Augustana innehatte. Selbstverständlich kamen die Diener dem Wunsch ihrer Herrin sofort nach und ließen Sentia mit ihrem Mann allein. Auch der Cubicularius, der sie geholt hatte, wartete draußen vor der Türe.


    Natürlich genügte ein Blick auf ihren Mann, um zu sehen, was geschehen war. Irgend jemand hatte eine Art Trage neben ihm abgestellt, und leicht verärgert trug Sentia das Ding beiseite und lehnte es an die Wand. Ein Vater, Ehemann und Kaiser wurde doch nicht einfach so vom Ort seines Todes ins Atrium abtransportiert, ohne dass zuvor die nötigen Riten ausgeführt worden waren!
    Langsam näherte sich Sentia wieder ihrem Mann in diesem wohl letzten wirklich intimen Moment zwischen ihnen beiden und strich ihm einmal zart über die Wange. Er fühlte sich schrecklich kalt an, und tatsächlich rollte eine kleine Träne über die Wange der Kaiserin. Sie war seit dem Ende seiner Quaestur die Ehefrau von Cornelius Palma gewesen, hatte mehrere Provinzen mit ihm bereist, lange Trennungen und Feldzüge mit ihm erlebt, ihm eine Tochter geschenkt und ihn zum Kaiser aufsteigen sehen. Sentia gab ihm einen kleinen, sanften Kuss auf die Stirn als letztes Lebewohl.
    Dann nahm sie ihre kunstvolle Perrücke ab, legte sie beiseite und nahm die kleinen Spangen aus ihrem Haar, um es zu öffnen und sich zu zerraufen. Als Ehefrau – gerade als Augusta – hatte man die Pflicht, die Trauer des gesamten Imperiums nach außen offen sichtbar zu tragen, wenn der Imperator verstarb. Dann öffnete sie wieder die Tür und gab Anweisungen.
    “Weißt alle Sklavinnen an, sich die Haare zu raufen, die Wangen zu kratzen und die Brüste zu schlagen, während sie klagen, dass ihr gütiger Herr tot ist. Dann bringt Wasser, Öl und das beste Gewand eures Herrn herbei. Und wenn nicht schon ein Bestatter gerufen wurde, so sollt ihr den besten von ganz Rom herbeirufen, damit dieser den Kaiser standesgemäß aufbahren kann.
    Sobald das geschehen ist, können die hohen Magistrate, Senatoren und seine Klienten ihn sehen.“

    Dass die einfachen Cubicularii hier keine Hand an den Toten legen sollten, brauchte Sentia wohl nicht extra zu erwähnen. Für so etwas gab es Fachmänner (und vor allen Dingen: Fachfrauen und Verwandte).

    Aufmerksam hörte sich Sentia Laevina alles an, was ihr Mann ihr so berichtete. Beim ein oder anderen Namen nickte sie anerkennend, bei ein paar musste sie nachfragen, ob das derjenige war, den sie im Kopf hatte, wieder andere sagten ihr gar nichts. Letztere wanderten auf ihre Liste der Personen, mit denen sie sich näher beschäftigen musste.


    “Flavius Gracchus... der war schon früher immer sehr religiös motiviert, nicht? Der wird dich da hoffentlich gut entlasten.
    Und ja, lad ihn doch für die nächsten Tage ein. Ich schaue Leuten gern in die Augen, wenn ich ihnen Arbeit aufhalse. Dann können wir da alles besprechen. Ich denke, Neptun und Merkur müssen auf jeden Fall bedacht werden. Aber Iuno erscheint mir als Einstiegsopfer für die Ankunft einer Augusta auch nicht verkehrt. Meinst du, du hast Zeit für ein dreifaches Opfer?“

    Fragend sah Sentia zu ihrem Mann. Sie wollte ihm eigentlich weniger Arbeit machen, nicht mehr. Allerdings verlangte der Dienst an den Göttern wohl zumindest seine Anwesenheit als Opferherr.
    Und da sie gerade auch schon wieder dabei war, Arbeit zu deligieren, fügte sie noch mit einem leichten Lächeln an: “Und wärst du wohl so gut, mir gleich den Rücken einzuseifen?“

    “Und dies, verehrter Iudex, war der Zeitpunkt, an dem ich ihn erschlagen habe. Du siehst, ich hatte keine andere Wahl“, meinte Sentia Laevina trocken, schloss zu ihrem Mann auf und hakte sich unter. So war schon sichergestellt, dass er auf dem glatten Marmorboden nicht in seinem üblichen Militär-Stechschritt davontrabte, während sie sich mühte, nicht auszurutschen.
    Gemütlich lehnte Sentia leicht den Kopf in seine Richtung und atmete noch einmal tief durch.
    “Nein, im Ernst, wie geht es dir? Bekommst du auch genug Ruhe, oder stürzt du dich wieder so sehr in die Arbeit, dass man dich sogar daran erinnern muss, genug zu essen?
    Und gibt es Dinge, die ich wissen sollte? Politische Klüngel, über die ich Bescheid wissen sollte, Aufgaben, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen? Welche Überraschungen warten auf mich in den nächsten Tagen? Wer sind die wichtigen Ansprechpersonen?“

    Plötzlich blieb Sentia stehen und betrachtete ein schon etwas älteres Wandmosaik. Sie runzelte die Stirn. “Und wann wird dieses scheußliche Ding hier ersetzt? Das fand ich ja schon bei unserem letzten Besuch hier vor einer Ewigkeit einfach nur entsetzlich. Ich habe den halben Abend damals über nichts anderes gesprochen. Hast du dafür bisher wirklich keine Zeit gefunden, das wegmachen zu lassen?“

    Ein feines Lächeln stahl sich auf das Gesicht von Sentia Laevina, als ihr Mann ihr entgegenkam. Als er in respektvollem Abstand stehen blieb, ging sie die letzten zwei Schritte auf ihn so und nahm seine Hände in ihre Hände. Sanft drückte sie sie einmal in einer Geste alter Zuneigung, die keiner größeren Handlung mehr bedurfte, und sah Cornelius Palma einen kurzen, stummen Moment einfach nur an.
    Erst dann beschloss sie, die Hausherrin zu sein. “Es ist schön, endlich hier in Rom zu sein. Und wir sollten ihnen auch gleich morgen früh opfern. Aber für heute Abend möchte ich mir nur den Reisegeruch von der Haut waschen. Und von dir hören, was ich hier alles verpasst habe, seit du Krieg spielen gegangen bist.“

    Müde von der Reise und noch etwas verschwitzter wie zu Beginn des Tages kam Sentia Laevina schließlich am Palast an. In Begleitung einer ganzen Centurie Prätorianer und in Anbetracht der Tatsache, dass ihr Besuch ja mehr als angekündigt war, musste sie hier nicht erst bei Einfahrt zu ihrem neuen Zuhause halten. Ihre Kutsche holperte bis direkt zur Eingangstüre des Privattraktes des Palatin, wo Sentia schließlich und endlich die Kutsche verlassen konnte.
    Zielstrebig ging sie auch direkt zur Porta der Domus Augustana. Natürlich erwartete sie irgendwie, von ihrem Mann noch begrüßt zu werden und förmlich in sein neues Haus eingeladen zu werden. Aber angesichts der Tatsache, dass irgendwo da drin ein warmes Bad auf sie wartete, war sie sehr gewillt, das Prozedere auch etwas zu verkürzen – oder auch ganz wegfallen zu lassen.

    Nachdem sich auch die Wagen mit dem Gepäck und die Reisewagen von Sentia Laevinas Freundinnen sich dem Zug angeschlossen hatten, konnte sich die doch beachtliche Reisegruppe gemütlich auf den Weg nach Rom machen. Natürlich waren sie so auch nur so schnell wie ihr langsamster Bestandteil – in diesem Fall die Ochsenkarren mit Gepäck – so dass die Reisezeit sich realistisch ausdehnte. Dazu kamen auch zwei Pinkelpausen nach jeweils zwei Stunden Fahrt, die eine davon verbunden mit einem zeitgleichen Einkehren in der Wegstation mit einer kleinen Mahlzeit und vor allen Dingen etwas zu Trinken für Mensch und Tier.
    Und so erreichte die Kaiserin wie bereits vorausgesagt mit Einbruch der Dunkelheit das Stadttor Roms, vor dem schon diverse Händler darauf warteten, nun in die Stadt einfahren zu können und so Nachschub an die Märkte zu liefern. Hier war es dann doch sehr hilfreich, in einer so großen und offensichtlich von Prätorianern geführten Gruppe unterwegs zu sein, denn nur wenige der Händler wagten es, sich ernsthaft zu beschweren, als der Reisewagen an ihnen vorbeirollte, ohne sich in die Schlange einzureihen. Irgendeinen Vorteil musste es ja auch haben, Kaiserin zu sein. Und in weniger als einer Stunde wäre sie dann auch endlich im Palast und bei ihrem Ehemann.

    Erst schätze Sentia Laevina kurz den Sonnenstand ab, dann kniffelte sie den Prätorianer großmütterlich an. “Centurio Iulius. Ich glaube dir, dass die Prätorianer eine Elitegruppe sind. Aber soweit ich weiß, beträgt die Entfernung zwischen Ostia und Rom zwanzig Meilen. Auch für gute Gruppen ist dies eine Entfernung für einen gesamten Tagesmarsch. Wir haben noch einen halben Tag übrig. In dieser schwarzen Lorica ist es sicher auch so schon warm genug in der Sonne. Die Männer sollen gemütlich laufen, nicht rennen. Es geht nicht darum, den Sieg bei Marathon in Athen zu verkünden, ihr sollt nur eine alte Frau nach Rom begleiten. Ich denke, für letzteres kann man sich auch als Prätorianer den Luxus einer Pause mit einem kleinen Mittagessen leisten.“
    Wenn sie bei Sonnenuntergang in der Nähe des Stadttores waren, wäre die Reisegeschwindigkeit der Männer schon gut. Und Sentia war lange genug die Gattin eines Legatus Augusti verschiedenster Legionen gewesen, um das gewohnt zu sein, wie schnell Männer in Rüstung so am Tag liefen.


    Sentia wartete, bis ansonsten alles bereit schien, nickte noch einmal dem ein oder anderen neugierigen Classis-Mitglied anerkennend zu, und straffte dann die Schultern. “Nun gut, dann wollen wir mal“ gab sie den Startschuss für die Weiterreise und setzte sich in Bewegung.

    So ausgefallen waren die Wünsche von Sentia Laevina wohl nicht.
    “Wenn der Wagenführer wohl ein paar Schlaglöcher auf der Straße auslassen könnte, wäre ich ihm sehr verbunden. Wir müssen uns auch nicht sonderlich abhetzen. Wenn wir erst mit der Dunkelheit in Rom eintreffen, reicht das allemal. Ich kann genauso wie die Händler in die Stadt einfahren, das muss nicht tagsüber mit großem Tamtam sein. Unser großes Aufgebot an Leuten wird wohl ohnehin für genügend Aufsehen sorgen, das müssen wir nicht noch verstärken.“
    Zwar gab es durchaus Leute, die tagsüber einen Wagen benutzen durften – wie die Vestalinnen, die Flaminica Dialis nebst Gatten und eben Angehörige der Kaiserfamilie – aber man musste ja nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig auf sich ziehen. Sentia wollte lieber ruhig und sicher ankommen.
    “Achja, falls einer deiner Männer vorausgehen möchte, damit mein Mann Bescheid weiß, wann ich eintreffe, wäre das wohl nicht die schlechteste Idee. Bei diesem Gang kann er auch gleich den Sklaven im Palast Anweisung geben, dass ich heute noch zu baden wünsche und daher alles bereit gemacht werden sollte.“ Auch dieser Wunsch war nach einer langen Seereise wohl nicht außergewöhnlich.


    Kurz überlegte Sentia, ehe sie noch eine Kleinigkeit anfügte. “Achja, es wäre nett, wenn du mir einen Moment Zeit geben würdest, wenn ich wieder auf festem Boden stehe. Ich möchte ungern als erster Eindruck vor den Prätorianern herumwanken, weil ich noch das Schaukeln des Schiffes gewohnt bin.“