Beiträge von SENTIA LAEVINA

    Und Sentia Laevina kam dann auch. Ihre Sklavinnen hatten sie, soweit die Möglichkeiten an Bord dies zuließen, gewaschen, geölt, dezent geschminkt und frisiert. Auch hatte sie ein römisches Kleid mit radförmigen Fibeln an den Schultern angelegt, so dass sie zumindest kaiserlich aussah, als sie auf Deck trat, flankiert von ihren Leibwächtern.
    Bislang hatten sich ja alle doch sehr mit Informationen an sie zurückgehalten, so dass sie als erstes ihren Blick über den Steg und die versammelten Prätorianer schweifen ließ, ehe sie sich deren anwesendem Offizier und dem Nauarchus zuwandte. “Nauarchus Decimus, du hast Wort gehalten und mich sicher und wohlbehalten nach Italia gebracht. Dafür hast du meinen Dank und sei gewiss, dass ich auch meinen Mann wissen lassen werde, welch zuverlässige Männer bei der Classis Augustana Alexandria ihren Dienst tun.
    Und du hast vermutlich nun auf den letzten Meilen die Ehre, auf mich aufzupassen?“
    Mit den letzten Worten wandte Sentia sich dem Prätorianer zu, damit dieser nun das weitere Prozedere einleiten konnte.

    Die ganze Reise über hatte sich Sentia Laevina sehr bedeckt gehalten und die meiste Zeit im Kampf gegen die Seekrankheit in der ihr zugedachten Kabine verbracht. Auf Landgänge hatte sie ebenfalls aus Sicherheitsgründen verzichtet. Und so war sie sehr erleichtert, als die Nachricht zu ihr gelang, dass sie nun in Ostia ankommen würden.
    Sie schickte eine ihrer Leibwachen, beim Nauarchus unauffällig anzufragen, ob er bei ihrer Ankunft in Ostia sofort einen Boten nach Rom schicken könne. Als Kaiserin konnte sie schlecht einfach von Board spazieren und auf einem Ochsenkarren nach Rom einfahren. So etwas hatte wie jeder Staatsakt entsprechend zelebriert zu werden, was wohl die Anwesenheit zumindest einer Centurie von Prätorianern unabdingbar machte. Und natürlich eines komfortablen Reisewagens. Vielleicht kam ihr Mann auch auf die verrückte Idee, sie persönlich abholen zu wollen, anstatt sich vernünftigerweise den Staatsgeschäften zu widmen.
    In jedem Fall aber musste ihr Mann zumindest informiert werden, dass sie kommen würde, damit er sämtliche Stellen in die angemessene Panik versetzen konnte.


    Bis sie allerdings abgeholt werden würde, würde sie wohl auf diesem Schiff noch verweilen müssen. Was ihr aber wenigstens die Gelegenheit geben würde, sich nach dieser langen Zeit erst einmal wieder etwas kaiserlicher herrichten zu können.

    Selbstverständlich ließ Sentia Laevina sich vom Nauarchus an Bord führen. Über den wackelnden Laufsteg ergriff sie seinen Arm auch etwas fester, um nicht zu stürzen. Das wäre wohl ein äußerst schlechtes Omen für die Mannschaft, und Sentia hatte nicht die Absicht, ein solches zu liefern.
    “Ich habe bereits Schiffsreisen hinter mir, Nauarchus, und ich weiß, dass diese nicht unbedingt komfortabel sind. Aber ich weiß die Bemühungen zu schätzen.“
    Oben angekommen blickte die Kaiserin kurz zurück zum Hafen und winkte einmal herrschaftlich, während ihre Leibgarde nun nachkam und sich auf Deck verbreitete.
    “Da ich bereits die ein oder andere Seereise hinter mir habe, weiß ich auch, dass es auf einem Schiff nur einen Herrscher geben kann. Daher, Nauarchus, möchte ich von Anfang an Missverständnisse diesbezüglich vermeiden. Ich bin zu alt, um meine Zeit mit Andeutungen und vorsichtigen Formulierungen zu verschwenden.“
    Sentia stellte das Winken ein und sah Decimus Massa direkt in die Augen. “Du bist der Nauarchus, auf dem Schiff hast du das Sagen. Auch wenn ich Kaiserin bin, werde ich mich nicht in irgendwelche Fragen unsere Reise betreffend einmischen. Daher musst du mich auch nicht in die Frage von Kurskorrekturen oder was es da alles gibt einbeziehen. Solange du mich nur in einem Stück heil in Rom ablieferst, werde ich auch als Kaiserin sehr zufrieden sein.“
    Sentia wartete einen kurzen Augenblick, um dem Nauarchus Zeit zu geben, sie zu verstehen, und kam dann wieder zurück zum aktuellen Punkt. "So, wo lang zur Kabine?"

    Es dauerte vergleichsweise kurze Zeit, bis eine äußerst gut bewachte Sänfte am Hafen eintraf. Natürlich lockte vor allem das Aufgebot an Rüstungen und Schwertern etliche Schaulustige an, die die Hälse reckten, um etwas zu sehen. Wenn so viele Bewaffnete und die Classis anwesend waren, musste es etwas wichtiges sein.


    Die Kaiserin ließ sich aus der Sänfte helfen und kontrollierte mit einer kurzen Berührung den Sitz ihrer Palla über ihrem Haar. Hier am Hafen war es windig, aber alles blieb an seinem Platz.
    Die Duumviri und andere Stadthonoratioren kamen auch sogleich, und es wurden noch einige freundliche Worte und beste Wünsche gewechselt, ehe die Kaiserin sich auch nur daran machen konnte, die Gastgeber ihrer Reise zu begrüßen.
    Allerdings konnten in der Zwischenzeit alle sonstigen Reisegefährten immerhin schon auf ihre jeweiligen Schiffe verbracht werden, so dass sofort die Reise fortgeführt werden konnte, sobald die Kaiserin und ihre Leibwache das Schiff betreten hätten.
    “Meine Herren, ich begebe ich vertrauensvoll in eure Hände. Und die Neptuns, der unserer Überfahrt hoffentlich gnädig gegenüber steht“, begrüßte Sentia Laevina den Tribun und den Nauarchus und bot mit ihrer erhobenen rechten Hand einem der beiden die Gelegenheit, sie sicher auf das Schiff am Arm zu führen, so er die Hand ergreifen würde. “Wenn mir einer dann meine Unterkunft für die nächste Zeit zeigen könnte, werde ich mich im Gegenzug bemühen, so wenig Last wie möglich zu sein.“

    Es genügte eine kleine, unauffällige Handbewegung, um die Sklavenschaft im Hintergrund in Bewegung zu versetzen. Diese würden noch während der weiteren Fortdauer des Gespräches die notwendigen Arbeiten verrichten, damit der Rest der kaiserlichen Habe verladen werden konnte.
    “Du hast recht, mir ist ebenfalls an einer schnellen und sicheren Überfahrt gelegen“, bestätigte Sentia Laevina ihr Einverständnis mit der baldigen Abreise.
    “Bis sämtliche Güter verladen sind, wird sicherlich eine Stunde vergehen. Macht es deiner Ansicht nach Sinn, dass ich bei deiner Information des Nauarchus schon am Hafen bin und wir dort gemeinsam auf unsere Abfahrt warten, oder soll ich nachkommen, wenn alle Vorbereitungen soweit abgeschlossen sind?“

    “Bereit bin ich augenblicklich, wenngleich das Packen der letzten Kleidungsstücke und das Beladen derselben auf eines der Schiffe wohl eine oder zwei Stunden in Anspruch nehmen wird. Wenn ihr also möglichst schnell aufbrechen mögt, sagt bescheid, dann können wir umgehend beginnen.“
    Noch blieb Sentia Laevina aber sitzen. Es gab keinen Grund, hier in helle Panik zu verfallen. Überhaupt würden ausschließlich die Sklaven sich zu beeilen haben, damit man mit der nächsten Flut auslaufen könnte.


    “Und deine Sorge um mein Wohlergehen ist löblich. Allerdings gestattest du mir sicher eine Frage. Ich kenne mich auf Schiffen nicht aus, insbesondere auf denen der Classis. Aber soweit mir bekannt ist, sind diese nicht unbedingt als Passagierschiffe gedacht. Habt ihr denn genug Unterbringungsmöglichkeiten für mich und meine Leibwache, die immerhin auf dieser Reise noch 12 Männer umfassen wird? Nicht, dass jene großen Komfort benötigen, allerdings sind es auch Männer und diese müssen wie alle anderen auch irgendwo schlafen.“ Der Tribun konnte wohl kaum erwarten, dass Sentia auf ein Schiff mit lauter fremden Männern stieg, ohne dabei eigene Wachen zu haben.

    Nach einem kleinen Wortwechsel an der Porta wurde die Abordnung vom Hafen auch eingelassen. Ein Sklave eilte schon voraus, um die Ankömmlinge der Kaiserin anzukündigen, lief dabei an einigen ihrer Wachen vorbei, die ebenfalls hier im Haus ihren Dienst versahen und die Männer der Classis genau musterten, um Gefahren abzuschätzen.


    Im Tablinum warteten dann bereits Sentia Laevina und der Duumvir Appius Pilius Modestus, erstere beim Lesen eines Briefes, letzterer als Hausherr auf dem Platz des Gastgebers.
    “Tribunus Fabius Torquatus von der Classis Augustana Alexandrina“ meldete der Sklave beim Eintreten des Tribunes. Sentia gab ein Zeichen, dass sie es gehört hatte und er näher treten konnte, ohne ihren Blick von ihrer Lektüre zu heben.
    “Salve, Tribun. Ich nehme an, dass du gekommen bist, um mich zu meinem Gatten zu bringen. Vorbereitende Handlungen hierzu lagen bislang in der Hand hoffentlich fähiger Männer. Dennoch würde ich gern von dir erfahren, welche weiteren Vorbereitungsmaßnahmen vor meiner Abreise noch zu treffen sind. Du bist über den Stand der bisherigen Handlungen im Bilde?“
    Erst jetzt blickte Sentia auf und machte mit ihrem Blick kurz deutlich, dass der Tribun sich ruhig ihr gegenüber setzen konnte bei ihrer beider Gespräch.

    Sentia Laevina wartete schon geraume Zeit auf das Schiff, welches sie nun endlich wieder zu ihrem Mann bringen würde. Erst hatte sie lange in Antiochia auf Antwort ihres Mannes warten müssen, dass sie überhaupt nach Rom sicher kommen konnte und nicht weiter in Syria verharren sollte. Danach hatte sie dort ihre Habseligkeiten packen lassen und per Karawane nach Laodicea bringen lassen. Zusammen mit ihren Möbelstücken, Vasen, Kunstgegenständen und persönlicherer Habe wie Schmuck und Kleidung reisten ebenfalls noch 27 ihrer Sklaven, die sie natürlich nicht zurücklassen wollte. Darüber hinaus kam auch noch eine kleine Abordnung von 20 Männern als Schutz mit, wovon sie zumindest auch 12 begleiten würden – ähnlich den Liktoren in Rom, nur hier eher mit Schwertern bewaffnet als mit Rutenbündeln. Dazu kamen noch zwei Freundinnen nebst Mann und Kind, natürlich mit einer ähnlichen Dienerschaft bestückt, ein Ritter nebst Familie, der die Gelegenheit nutzen wollte, die Kaiserin zu begleiten und nach Rom zu gelangen, ein Bote des eigentlichen Statthalters der Provinz, der natürlich auch allerlei Nachrichten und Geschenke zu überbringen hatte, und sage und schreibe sechs Hunde. Alles in allem war also die Reisegesellschaft durchaus von solchen Ausmaßen, dass man sie nicht mal eben in ein kleines Schiffchen pferchen konnte, um nach Rom zu schippern.
    Während Sentia also im Haus des Duumvirn Appius Pilius Modestus auf Nachricht vom Hafen wartete, war ihre Dienerschaft schon sehr beschäftigt damit, die ganze Logistik dieses Unternehmens bestmöglich zu planen und die bereits verladbaren Teile auf die im Vorfeld angemieteten drei Handelsschiffe zu verteilen. Inwiefern Sentia nun auf einem dieser Schiffe übersetzen würde oder zum besseren Schutz direkt auf einem Schiff der Classis die Reise antreten würde, würde noch zu klären sein, sobald ihr Reiseschutz einmal eingetroffen wäre und sie diesen auch kennengelernt hatte.