Neugierig warf Pina einen Blick aus dem Reisewagen, als dieser gerade schnaufend und knarrend zum Stehen kam. Vor ihr lag eines dieser Stadthäuser, von denen sie in der vergangenen viertel Stunde viele gesehen hatte. Dieses hier besaß einen üppigen Vorgarten in seiner Blühtezeit, der vor einem Säulengang mit Simsmauer endete. Es wirkte freundlich und einladend.
Da war sie nun also endlich am Ziel ihrer Reise, wohlgemerkt der ersten ihres bisherigen Lebens. Beinahe einen Monat hatte die Reise an Zeit gekostet. Für ein Mädchen, das bislang nur an einem Ort gelebt hatte, gab es viel zu sehen aber wenig zu tun. Die wenigen Möglichkeiten, sich sinnvoll zu beschäftigen, waren auf Dauer ermüdend geworden. Der Mangel an Gesprächspartnern war allerdings die größte Tortur für die junge Germanica gewesen, die doch so gerne Konversation betrieb. Sie vermisste ihre Freundinnen schon seit dem ersten Tag dieser Reise schmerzlich.
Froh darüber, diese unsägliche Zeit der Langeweile und Kopfweh hinter sich zu haben, stieg Pina beschwingt vom Reisewagen. Der Sklave, der sich unterwegs um die Tiere gekümmert, den Wagen nach einem heftigen Sturm repariert und einer der wortkargsten Menschen unter diesem Himmel sein musste, kam herbei, während Pina eine kleine, arg mitgenommene Schriftrolle öffnete. „Casa Germanica, im Bezirk Circus Flaminius, Roma“, verlas das zierliche Mädchen, das eine schlichte, weiße Tunika und ein grünes Cape trug, und der Diener nickte zustimmend.
Also gut, dachte sie, wickelte die Rolle zusammen und kontrollierte den Sitz ihrer Haare und ebenso ihres Gewandes. Dann schritt sie mit schneller schlagendem Herzen auf die Porta zu. Mithilfe des Metallringes klopfte sie zwei Mal an. Bei jedem der dumpfen Klopfgeräusche machte ihr Herz vor Aufregung einen Satz. Sie war voller Spannung, wen sie nun kennenlernen und wie man sie behandeln würde, und bemühte sich, ihre innerliche Unruhe zu verbergen, wie man es sie gelehrt hatte.