Beiträge von Mirjam

    Seine Enttäuschung war zwar zweifellos nur gespielt, denn das Schmunzeln war nicht aus seinem Gesicht verschwunden. Doch er schien die Aussage der jungen Sklavin zu akzeptieren. Nachdem er nun sogar wieder seine Augen schloss, war dies ein weiteres Indiz dafür, dass er nun seine Ruhe haben und entspannen wollte. Zumindest dachte sie das. Ihr Auftrag hier war damit erledigt und Mirjam konnte sich zurück in die Sklavenunterkünfte begeben. Mit einem leichten Schmuzeln auf den Lippen über diese ganze Situation hier, wandte sich daher zum gehen ab. Doch gerade als sie die Türschnalle endgültig heruntergedrückt und die Türe sogar schon einen Spalt geöffnet hatte, sprach sie der Decimer erneut an. Sie hielt ein weiteres Mal inne und lauschte seinen Worten, die wieder eine hypothetische Frage in den Raum stellten.


    Mirjam drehte lediglich ihren Kopf leicht in seiner Richtung und versuchte aus den Gesichtszügen des jungen Decimers zu lesen, was er sich gerade dachte. Ihre Hand blieb weiter auf der bereits geöffneten Türe. Spielte er hier etwa mit ihr? Sie war zugegebener Maßen ja sehr jung und ihr praktischer Erfahrungsschatz mit Männern hielt sich daher auch stark in Grenzen, doch sie war nicht gänzlich unerfahren und schon gar nicht dumm. Sie legte erneut ihren Kopf schief und überlegte kurz, was sie ihm darauf antworten sollte. Ihr schoss jedoch recht schnell etwas Passendes durch den Kopf und zauberte ihr schon beim Gedanken daran ein neckisches Grinsen in das Gesicht. "Für diese Aufgabe lässt sich bestimmt der passende Sklave finden Herr! Dort hinten steht ein Massagetisch, auf dem sich auch mein Dominus hin und wieder seine müden Muskeln durchmassieren lässt." Mirjam deutete dabei auf besagten Tisch und ihr Grinsen formte sich zu einen noch breiteren Lächeln. "Unser Ephialtes ist ein hervorragender Masseur. Der schwarze Hüne, der dir die Türe geöffnet hat. Du erinnerst dich bestimmt. Dominus Livianus schwärmt immer von seinem festen Griff und seinen guten Techniken." Sie konnte sich schon gut denken, von wem er eine Massage wollte und legte daher noch einmal nach. "Er sagt auch immer, dass sich zarte und schwache Hände nicht für eine richtige Massage eigenen. Doch Ephialtes hat wirklich groooße und kräftige Hände. Er ist ein starker Kerl. Wenn du möchtest, kann ich ihn rufen lassen. Du wirst gewiss angetan sein von seinen Massagekünsten."

    Die Sklavin wollte gerade einen Becher und die Wasserkaraffe zur Hand nehmen, als er unerwartet an sie herantrat. Zuerst wollte sie zurückweichen. Hatte er ihre Entschuldigung nicht akzeptiert und nun vor sie zu schlagen? Kein Decimer hatte sie jemals geschlagen oder Hand an sie gelegt. Der Maiordomus versohlte den Sklavinnen gelegentlich die Hintern, aber auch nur dann, wenn keiner der Herrschaften in der Nähe war. Jeder wusste zwar, dass der Consular solche Maßnahmen unter seinem Dach eigentlich nicht tolerierte, aber keiner wagte es den Maiordomus, der schon sehr lange im Dienst der Familie Decima stand, an die Herrschaften zu verpfeifen. Mirjam selbst hatte dies noch nie miterlebt, da sie ja ebenfalls erst vor kurzem nach Rom gekommen war, doch manche Sklavin hatte sogar behauptet, der Maiordomus machte dies vor allem, weil es ihm Freude bereitete den blanken Hintern der Sklavinnen zu versohlen und zu berühren. Sollte er es auch nur einmal bei der blonden Sklavin probieren. Er würde schon sehen was er davon hatte. Doch hier und jetzt gegenüber des jungen Dominus, zuckte sie doch etwas ängstlich zurück, als er plötzlich die Hand auf ihr zartes Kinn legte. Doch anstatt sie zu schlagen, schob er einfach nur ihren Kopf wieder ein Stück nach oben, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. Etwas zaghaft erwiderte sie seinen Blick, schaute ihm in die Augen und war von dieser Geste vollkommen überrascht. Er sagte ihr, dass er ihr nichts nachtrug und wollte anscheinend, dass sie ihm wie auch schon zuvor auf Augenhöhe begegnete. Sichtlich erleichtert nickte Mirjam, nachdem er die Hand wieder von ihrem Kind genommen hatte, erwiderte aber weiter seinen Blick, bis er sich wieder von ihr abwandte.


    Damit war dieser überraschende, ungewöhnliche und sehr flüchtige Moment auch schon wieder vorüber. Der Decimer trat von ihr zurück und gab bekannt, dass er Myrtenöl bevorzugte, was die Sklavin auch gleichzeitig als Auftrag verstand, dem Badwasser die dementsprechende Essenz hinzuzufügen. Nachdem sie das Wasser in den Becher eingeschenkt hatte, kniete sie sich also erneut an den Beckenrad zu den Fläschchen und suchte nach dem richtigen Etikett. Der junge Mann entledigte sich in der Zwischenzeit seiner Kleidung und stieg in das Wasser. Nachdem Mirjam bereits zuvor in seinem Cubiculum einen verstohlenen Blick auf seinen halbnackten Körper ergattert hatte, wagte sie es dieses Mal nicht aufzusehen, sondern fixierte eisern die Beschriftungen der Fläschchen. Zum einen war er im Gegensatz zu vorhin nun ganz nackt und zum anderen konnte sie nicht sicher sein, ob er es nicht bemerken würde, wenn er ebenfalls zu ihr sah, um zu sehen, wo die Badeessenz blieb. Außerdem (und das lernte ein Haussklave ganz als erstes) gehörte es sich einfach nicht die Herrschaften anzustarren, ganz gleich wie leicht bekleidet sie vor einem herumtanzten und wie attraktiv sie waren. Und an Attraktivität mangelte es diesen jungen Decimer ganz bestimmt nicht. Das hatte sie ja bereits festgestellt. Dieser ungebührliche Gedanke brachte auch die Fröhlichkeit der jungen Frau wieder zurück und verdrängte die Situation von vorhin nun gänzlich. Als sie das richtige Fläschchen gefunden hatte, öffnete sie den Verschluss und ließ eine entsprechende Menge in das Becken fließen. Der junge Herr hatte es sich in der Zwischenzeit im Badewasser bequem gemacht und entspannt seine Augen geschlossen. Dennoch beschloss sie sicherheitshalber keinen Blick zu riskieren. Stattdessen erhob sich Mirjam leise und grazil, kontrollierte noch einmal mit einem geschulten Blick, ob die Kerzen noch genügend Wachs hatten und alles an seinem Platz lag und machte sich dazu bereit das Balneum wieder zu verlassen, als er sie unverhofft erneut ansprach. Sie sah überrascht zu ihm und erkannte auch sofort das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht. Auch seine bisher geschlossenen Augenlieder öffneten sich leicht und blinzelten in ihre Richtung. Mirjam, die bereits die Türschnalle in der Hand hatte, hielt inne, legte den Kopf schief und zog mit einem kleinen Lächeln im Gesicht diesmal ihrerseits neckend die Augenbrauen hoch.


    "Das könnest du Herr. Allerdings ziemt es sich nicht für eine Sklavin in Anwesenheit der Herrschaften ein Bad zu nehmen und ich glaube außerdem nicht, dass der Maiordomus oder mein Dominus besonders erbaut darüber wären, wenn sie das mitbekommen würden." Langsam, aber deutlich sichtbar drückte sie dabei die Türschnalle immer weiter nach unten, als würde sie sich dazu bereit machen, jeden Moment durch die Türe zu verschwinden. Doch ihr Blick weilte weiter auf dem Decimer, der sich womöglich gerade als größeres Schlitzohr herausstellte, als es auf dem ersten Anschein zu erkennen war. Zumindest deutete seine Aussage im Moment in diese Richtung, die schon mehr wie eine Feststellung, denn eine Frage geklungen hatte.

    Das Bad nehmen? Mirjam schnaubte verächtlich durch die Nase. Würde der Maiordomus mitbekommen, dass sie hier am helllichten Tag und noch dazu im Balneum der Herrschaften ein Bad nahm, dann wusste sie schon jetzt, dass sie die nächsten Wochen nicht mehr sitzen konnte, eine solche Tracht Prügel würde sie bekommen. Selbst wenn sie wollte, konnte sie dieses Geschenk also nicht annehmen. Und vermutlich wusste er das genauso gut wie sie selbst. Seine vermeintliche Entschuldigung würde ihr nur noch mehr Ärger einbringen, als sie vielleicht jetzt schon ausfasste. Außerdem hatte der junge Decimer ohnehin nötiger als sie, hatte sie sich doch erst heute Morgen ausgiebig gewaschen und gepflegt. Die kurz in ihr aufgekommene Wut war eigentlich auch schon wieder verflogen und mittlerweile tat es ihr auch Leid, dass sie den Herrn derart angefahren hatte. Er reagierte nicht verärgert, was sein gutes Recht gewesen wäre, sondern entschuldigte sich sogar und einmal mehr musste sie hoffen, dass er ihre Entgleisung niemanden erzählte. Damit war sie heute bereits ein zweites Mal von seiner Gunst abhängig. Zudem klang seine Entschuldigung auch ernst gemeint. Und die ehrliche Entschuldigung eines Freien, bekam ein Sklave nicht sehr oft zu hören.


    "Ich bin ja nicht gestürzt." sagte sie daher Kleinlaut. "Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe Herr! Ich habe für einen kurzen Moment meine Stellung vergessen. Bitte verzeih mir meine ungebührlichen Worte." Dann nickte sie verneinend. "Natürlich ist dieses Bad ausschließlich für dich bestimmt." Sie senkte ihren Blick, wich einen Schritt zurück und sah zum Becken, dass gleich ausreichend mit Wasser gefüllt war. Auch die Temperatur war perfekt, wie sie sich erinnern konnte. Sie wandte sich daher von ihm ab und ging arbeitsbeflissen zur Wasserzufuhr, um diese zu stoppen und von der unangenehmen Situation abzulenken. "Das Bad ist für dich bereit Herr. Hier findest du einige Duftessenzen und Badefläschchen. Ich habe noch nichts in das Wasser getan, da ich deine Vorlieben noch nicht kenne." Deutete sie auf den Beckenrand, wo die Fläschchen bereit standen. Dann schritt sie hinüber zum kleinen Tisch, auf dem die Karaffen mit unterschiedlichen Getränken standen. "Hier gibt es auch Honigwein, Wasser und Falerner. Darf ich dir etwas einschenken?" Ihr Blick war immer noch gesenkt und sie versuchte nun eine besonders artige Sklavin zu sein, um nicht doch noch den Unmut des jungen Decimers heraufzubeschwören.

    Mirjam, die ohnehin schon Mühe genug hatte ihr Gleichgewicht zu halten, erschrak fürchterlich als sie die unerwartete Stimme und noch dazu so dicht an ihrem Ohr hörte. Zuerst versuchten sich die Finger ihrer festhaltenden Hand reflexartig an den Beckenrand zu krallen. Doch dieser war viel zu glatt, als das er den nötigen Halt bot. Mirjam merkte wie sich der Schwerpunkt ihres Körpers immer mehr nach vorne verlagerte und sie Kopf über in das Becken zu plumpsen drohte. Gleichzeitig riss sie den Kopf herum, sah sie in die Richtung aus der die Stimme kam und erkannte den jungen Decimer, der dicht hinter ihr stand. Ihre einzige Hoffnung nicht im Wasser zu landen war es, bei ihm Halt zu suchen. Mit einem letzten Kraftakt versuchte die junge Sklavin ihr Gleichgewicht noch einen kurzen Moment länger zu halten, löste die Hand vom Beckenrand und griff in die Richtung, in denen sie die Beine des jungen Herrn vermutete. Sie waren ihre letzte Hoffnung einen Sturz in das Becken zu verhindern.


    Und tatsächlich spürte sie den Bruchteil eines Augenblicks später eine behaarte und stramme Wade, welche ihre Finger auch sofort krampfhaft umfassten. Wie an einem Anker zog sie sich mühevoll zurück. Es war ein großes Glück das sie so zierlich und leicht war und der junge Herr dagegen einen recht festen Stand hatte. Es brauchte nur einen kurzen Ruck in seine Richtung und schon hatte sie ihr Gleichgewicht wieder. Die andere Hand glitt wieder rasch aus dem Wasser und stützte sich sofort am Beckenrand auf, als sie diesen erreichte. Ihr Herz raste und sie war aufgrund der Aufregung auch vollkommen außer Atem, als sie wieder, das Entsetzen immer noch in das Gesicht geschrieben, zu ihm aufsah.


    "Herr! Ich….. der Maiordomus…. es hatte gerade niemand anderer Zeit." sagte sie noch sichtlich unter leichtem Schock. Erst dann atmete sie erleichtert tief durch und löste den festen Griff um seine Wade. Da merkte sie, dass ihre Hand überhaupt immer noch darauf lag und zog sie peinlich berührt zurück.


    "Entschuldige bitte Herr….. aber ich wäre sonst…." Moment! Wollte sie sich gerade bei ihm entschuldigen? Er hatte sie doch erst in diese missliche Lage gebracht! Was hätte alles passieren können, wenn sie ihr Gleichgewicht verloren und in das Wasserbecken gefallen wäre? Vermutlich nicht viel, denn das Becken war mittlerweile ausrechend gefüllt, sodass sie sich zumindest nicht wehgetan hätte. Doch sie wäre Nass geworden! Das Entsetzen wich aus ihrem Gesicht und macht stattdessen einem äußerst vorwurfsvollen Blick Platz. Rasch erhob sie sich und fixierte den jungen Decimer mit zusammengekniffen Augen. Ihre darauf folgenden Worte klangen nicht weniger vorwurfsvoll.


    "Ich wäre um ein Haar in das Becken gefallen! Wie könnt ihr mich so erschrecken?! Wäre ich keine Sklavin……" hätte sie ihm eine geknallt. Doch sie war eine Sklavin und daher konnte sie sich gerade noch zurückhalten, diese Drohung auszusprechen. Sie war einen guten Kopf kleiner wie er, als sie so vor ihm stand, doch ihre Augen funkelten ihn böse an, als würde sie ihn jeden Moment anspringen und fressen. Sklavin hin oder her.

    Hätte sie gewusst, was ihr gutgemeintes Angebot an den vor kurzem angekommenen Decimer für Folgen hatte, hätte sie es sich zwei Mal überlegt es auszusprechen. Es war ja schon fast absehbar gewesen, dass der Maiordomus gleich sie losschickte, um das Bad für den jungen Herrn vorzubereiten, als sie damit angetanzt kam. Sie hatte eine gute Ausbildung erhalten, war eine Gesellschafterin für edle Damen, jemand, dem man die Erziehung der Kinder anvertraute. Doch letztendlich war sie doch nur eine Sklavin und als solche vom Maiordomus nun in das Balneum geschickt worden, um Wasser in das Becken einzulassen und womöglich es danach auch noch wieder sauber zu schrubben. Zumindest musste sie sich nicht auch noch um das aufheizen der Wasserzufuhr kümmern. Doch schön der Reihe nach.


    Nachdem das Wasser langsam das geräumige und mehrere Personen fassende Becken füllte, kontrollierte die zierliche Sklavin sorgfältig, ob genügend Duftessenzen und Badefläschchen am Beckenrand standen und ob auch hier ausreichend Handtücher bereit lagen. Normalerweise kümmerte sich ein anderer Haussklave darum, doch da der Badegast zu einem unerwarteten Zeitpunkt aufgetaucht war, hatte hier heute noch niemand auch nur einen Handgriff gemacht. Die meisten Sklaven waren damit beschäftigt der restlichen Hausarbeit nachzugehen, die um diese Tageszeit erledigt werden musste. Da sie nicht wusste, ob und wenn ja, welchen Badezusatz der junge Herr bevorzugte, unterließ sie es vorerst, einen in das Becken zu leeren. Die Auswahl war immerhin recht groß und bestimmt konnte er dies selbst erledigen, nachdem er sich für einen entschieden hatte. Nach einigen weiteren Handgriffen schien alles soweit für ein wohltuendes Bad fertig zu sein. Als nächstes kontrollierte sie, ob die Karaffen ausreichend gefüllt waren, die zur Erfrischung für die Badenden bereit standen. Auch hier schien alles soweit in Ordnung. Nun musste sie nur noch warten, bis das Becken ausreichen gefüllt war, um danach die Wasserzufuhr zu stoppen. Und das konnte dauern. Nicht nur, dass mehrere Personen gleichzeitig dieses Becken benutzen konnte, war es auch so tief, dass man bis zu den Schultern im Wasser versank, wenn man sich auf eine der Steinbänke setzte, die entlang des Beckenrandes unter Wasser eingefasst waren. Zumindest wenn man in etwa so groß wie die zierliche Sklavin war. Mirjam hatte daher aufgrund des noch geringen Wasserstandes einige Mühe die Temperatur des Wasser zu prüfen, als sie sich am Rand des Beckens hinkniete und nach unten bückte, um ihre Hand hinein zu halten.

    "Ja Herr!" sagte Mirjam erneut und nickte. Anscheinend war sie mit dem Vorschlag eines Bades goldrichtig gelegen. Es war zwar nicht so, dass er besonders unangenehm roch und selbst wenn, hätte sie es niemals gewagt dies zu sagen, aber Mirjam wusste noch aus eigener Erfahrung, dass nichts angenehmer am Ende einer langen Reise war, als ein entspannendes Bad zu nehmen. Ehe sie sich versah, begann er auch schon damit sich auszuziehen. Für sie ein klares Zeichen sich zurückzuziehen. Sie blickte noch einmal in die Richtung des Regales um sicher zu gehen, dass frische Badetücher bereit lagen - schließlich konnte der Decimer nicht nackt durch die Casa laufen, wenn er das Balneum aufsuchte – und ging zur Türe. Die Handtücher lagen auf ihren Platz und Mirjam schloss die Türe hinter sich, jedoch nicht ohne vorher noch einmal kurz einen verstohlenen Blick auf den halbnackten jungen Mann zu werfen, der ihr mittlerweile den Rücken zugedreht hatte. Und weg war sie...

    "Ja Herr!" sagte Mirjam etwas kleinlaut nachdem er sie zuerst ausgelacht und dann auch noch auf ihr zu lockeres Mundwerk aufmerksam gemacht hatte. Doch zum Glück wechselte der Decimer das Thema wieder recht rasch und ließ die junge Sklavin aufhorchen. Einkaufen? Einkaufen ging sie eigentlich sehr gerne. Diese einzigartige Atmosphäre, die auf dem Märkten herrschte, die vielen, auch teilweise exotischen Waren aus allen Ecken und Enden des Reiches und natürlich auch die vielen schönen und kunstvollgearbeiteten Kleidungsstücke, die man dort zu sehen bekam. Natürlich beschränkten sich ihre Besuche auf das Sehen, denn leisten konnte sie sich solche Kleider als Sklavin freilich nicht. Doch auch hin und wieder jemand anderen beim Einkauf zu braten und solch edlen Stoffe zu berühren machte ihr Spaß. Bisher waren es jedoch ausschließlich Frauen gewesen und keine Männer, die sie auf einen solchen Einkaufstripp begleitet hatte.


    Dennoch konnte sie nun schwer nein sagen. Immerhin schien es so, als ob er ihre vorlauten Aussagen für sich behielt und schon alleine deswegen, sollte sie es sich nicht mit dem neuen Hausbewohner verscherzen. Und dass seine Kleidung nicht gerade vor Sauberkeit und Eleganz strotze, hatte sie ja bereits selbst festgestellt. Sie nickte daher ausnahmsweise artig.


    "Wenn du das wünscht Herr. Wenn du möchtest kann ich auch jemand vorbeischicken, der deine Kleidung abholt und wäscht. Und auch ein Bad kann ich dir vorbereiten lassen. Die Casa verfügt über ein eigenes, sehr geräumiges und luxuriöses Balneum, wenn du keinen Besuch in einem öffentlichen Bad vorziehst."

    "Ja, er heiratet wieder. Und zwar Aelia Vespa. Sie ist die Nichte des vor dem Bürgerkrieg ermordeten Kaisers Valeranus und seines Patrons Aelius Quarto. Die Sklaven im Haus sind deswegen schon ganz aufgeregt. Die Nichte eines Kaisers wohnt dann hier mit uns unter einem Dach!"


    Das besagter Kaiser, oder vielmehr Adoptivkaiser, vor dem Bürgerkrieg ermordet wurde und damit auch die Dynastie der Ulpier ihr Ende gefunden hatte bzw. die Aelier selbst ja eigentlich keine Kaiserfamilie waren, tat für die junge Sklavin, sowie für viele andere Römer auch, nichts zur Sache. Denn ob kaiserliche Familie oder nicht, der Onkel von Aelia Vespa war Kaiser und die Aelier hatten bis vor dem Bürgerkrieg auch im Palast gelebt. Und alleine der Gedanke mit einer solchen Person unter ein und demselben Dach zu leben war für die junge Frau unvorstellbar. Ihr dann auch noch direkt zu dienen, verstärkte die Aufregung noch zusätzlich. Diese Aufregung war Mirjam nun auch deutlich anzusehen.


    "Sie soll eine wunderschöne Frau sein. Ich meine… ich selbst habe sie noch nicht gesehen, aber andere Sklaven haben mir davon berichtet. Sie hat unseren Herrn bereits mehrere Male hier im Haus besucht. Sie ist zwar um einiges Jünger als der Dominus, aber er sieht ja immer noch sehr stattlich aus für sein Alter. Zudem ist er reich und gehört der Oberschicht an. Wer wünscht sich so einen Mann nicht.


    Und außerdem war sie bereits einmal verheiratet. Daher bringt sie auch einen Sohn mit in die Ehe. Es ist also bestimmt keine schlechte Partie für sie, wenn du verstehst was ich meine."


    Letzteres sagte Mirjam etwas leiser und sah verschwörerisch zur offenen Türe, um sicherzugehen, dass gerade niemand draußen vorbei ging. Erst jetzt merkte sie, dass sie wieder einmal ihre Zunge nicht im Zaum halten konnte und es einfach so aus ihr herausgesprudelt war. Immer war es dasselbe. Sie trug ihr Herz eben auf ihrer Zunge und war viel zu freizügig damit, ihre Gedanken auch offen kund zu tun. Irgendwann würde ihr das Probleme verursachen hatte Cyrus, ein anderer Haussklave, schon mehrmals angemerkt. Doch irgendwie schaffte sie es einfach nicht, sich mehr zurückzuhalten. Und das hier konnte so ein Moment sein. Denn immerhin war ihr der Mann, dem sie hier so freizügig ihre Meinung aufzwang, ein vollkommen Fremder und ein Familienmitglied noch dazu. Was hinderte ihn daran es bei der nächstbesten Gelegenheit ihrem Dominus zu erzählen. Bei den Göttern! Mirjam spürte, wie ihr die Röte in das Gesicht stieg.

    Der Neffe dieses Varenus also. Mirjam dachte, dass es bestimmt kein Zufall war. Doch warum war er dann nur so überraschend aufgetaucht. Hätte Varenus etwas davon gewusst, dann hätte man doch schon früher ein Zimmer für den jungen Herrn hergerichtet. Aber sich darüber nun noch den Kopf zu zerbrechen, zahlte sich nicht wirklich aus.


    "Ich war nicht ausschließlich in Tarraco, sondern auch immer wieder auf den Landgütern der Familie. Wie du vielleicht weißt, besitzt die Familie von Dominus Livianus sehr viel Grund in Hispania. Vor allem rund um Tarraco. Es kann also durchaus sein, dass wir uns einfach verpasst haben. Auch während des Bürgerkrieges hatte sich der Dominus auf eines dieser Güter zurückgezogen."


    Bei seiner letzten Frage sah sie ihn etwas verdutzt an. Sollte das etwa ein Kompliment sein? Und wem meinte er mit andere? Andere Leute die er kannte oder andere Sklaven? Vermutlich letzteres. Doch Sklaven waren immer so gebildet wie es ihr Herr wollte und zuließ. Wobei Bildung ja eigentlich nicht wirklich etwas mit Intelligenz zu tun hatte. Auch ein Bauer konnte sehr intelligent sein. Mirjam beschloss lieber nicht auf diese Aussage einzugehen, sondern lediglich auf seine Frage zu antworten.


    "Eigentlich wurde ich nach Rom geholt, um der zukünftigen Frau meines Herrn als Gesellschafterin zu dienen und mich vor allem auch um ihren Sohn zu kümmern. Doch die Hochzeit hat sich etwas verzögert und nun helfe dort und da aus, wo eben noch eine zusätzliche Hand gebraucht wird."


    Vermutlich stellte diese Aussage auch klar, warum ihr als Sklavin ein gewisser Bildungsstand zuteil wurde. Als Gesellschafterin und Kindermädchen musste sie sich eben neben anderen Begabungen auch für eine gepflegte und interessante Konversation eigenen. Wobei in diesem Fall wohl Kindermädchen der falsche Ausdruck war. Schließlich wusste sie bereits, das besagter Sohn ihrer zukünftigen Herrin in absehbarer Zeit das Mannesalter erreichen würde. Doch ein bisschen war es noch bis dahin und in der Zwischenzeit, war es ihre Aufgabe für ihn da zu sein.

    Nun war es Mirjam, die sich ein kurzes verschmitztes Schmunzeln nicht verkneifen konnte, auch wenn sie versuchte es zu unterdrücken. Ob sie wusste wo Hispania lag? Ja, das wusste sie nur zu gut, hatte sie doch die meisten Jahre ihres jungen Lebens dort verbracht und war erst vor kurzem auf Wunsch ihres Herrn nach Rom gekommen, um von nun an in der Stadtcasa zu dienen. Und woher sollte der Gast, welcher sich nun sogar als ein weiteres Familienmitglied entpuppte, auch noch wissen, dass es der ausdrückliche Wunsch ihres Herrn gewesen war, dass sie als junges Mädchen hin und wieder Unterricht vom familieneigenen Privatlehrer bekam, der ebenfalls ein Sklave war. Sie überlegte noch ganz kurz auf seine Frage hin, ob sie etwas anderes zu tun hätte. Doch da ihr Auftrag lediglich gewesen war das Zimmer vorzubereiten, schien es in Ordnung zu sein, noch kurz auf seine Fragen zu beantworten. Nun lächelte sie doch, als sie gleich mit der Ersten begann. Und einmal angefangen, sprudelte es auch schon aus ihr nur so heraus.


    "Ja Herr, ich weiß wo Hispania liegt. Ich bin dort ebenfalls aufgewachsen. Um genauer zu sein habe ich bisher auf dem Familiensitz der Decima in Tarraco gelebt und bin selbst erst vor kurzem nach Rom gekommen. Es ist wirklich sehr aufregend hier. Ich meine…. Tarraco ist auch nicht gerade eine Kleinstadt, aber verglichen mit Rom. Hier ist alles viel größer, eindrucksvoller und …. Ja, größer einfach.


    Auch die Casa hier. Soweit ich gehört habe, wurde sie schon etliche Male ausgebaut und erweitert. Die Anzahl der Bewohner schwankt laut den Sklaven die schon länger hier dienen laufend. Manche Familienmitglieder zieht es nach Rom, andere gehen wieder in die Provinzen um Karriere zu machen oder einfach nur um einmal etwas anderes zu sehen. Im Moment lebt hier neben meinem Herrn Livianus auch noch seine Nichte Seiana. Demnächst werden auch seine Verlobte Aelia Vespa und ihr Sohn zu uns ziehen. Dann gibt es auch noch Decimus Varenus, der jedoch mehr Zeit im Palast verbringt als in der Casa.


    Klingt eigentlich recht wenig für ein so großes Haus, aber mein Herr hat mir erzählt, dass es in manchen Jahren hier nur so von Decimern gewimmelt hat. Die Casa ist also darauf ausgelegt wesentlich mehr Leuten eine Unterkunft zu bieten."


    Eigentlich machte er einen recht netten Eindruck auf die junge Sklavin. Zudem musste er ungefähr in ihrem Alter sein. Abschließend lies sie sich daher noch dazu hinreißen, etwas zaghaft eine Gegenfrage zu stellen.


    "Und du Herr, zu welchem Zweig der Familie gehörst du?"

    Eigentlich wollte Mirjam mit ihrer Arbeit fertig und schon wieder weg sein, wenn der Gast in seinem Zimmer eintraf. Doch noch während sie damit beschäftigt war, abschließend den Kopfpolster aufzuschütteln, hörte sie eine Stimme hinter sich. Überrascht wandte sie sich in die Richtung um, aus der die recht junge männliche Stimme kam.


    "Ähm… Salve Herr! Mein Name ist Mirjam. Verzeih bitte, du willst dich bestimmt ausruhen nach deiner Reise."


    Da sie weder wusste, wer genau hier nun vor ihr stand, noch welchen Rang er hatte, ging ihr Blick sicherheitshalber zu Boden. Die Decimer waren im Allgemeinen recht gute und fürsorgliche Herrschaften, die ihre Sklaven ordentlich behandelten. Doch bei Fremden musste man vorsichtig sein. Auch wenn seine Kleidung nach der Reise ein wenig abgetragen und schmutzig wirkte, war ihr deutlich anzusehen, dass sie aus gutem Stoff war. In jedem Fall war also auch dieser hier ein freier Mann und stand damit schon weit über einer Sklavin.


    "Ich bin schon fertig." sagte sie rasch und schritt mit schnellen aber grazilen Schritten auf die Türe zu.

    Kurzfristig, sehr kurzfristig wurde Mirjam vom Maiordomus gerufen, um ein Zimmer für einen Gast herzurichten, der anscheinend unerwartet eingetroffen war und sich nun unten im Atrium mit dem Dominus unterhielt. Da die weitläufige Casa über viele Zimmer verfügte, waren immer einige frei und so musste sie nicht lange suchen um eines zu finden, dass wohl den Ansprüchen des Gastes genügen sollte, der vermutlich ohnehin nicht lange bleiben würde. Dass es sich um ein Familienmitglied handelte, war ihr zu diesem Zeitpunkt schließlich nicht bekannt. Doch auch für Jemanden der länger bleiben sollte bot dieses Zimmer genügend Platz und Komfort. Ihre Herrschaften zählten immerhin mittlerweile zu den reichsten Familien Roms und das spiegelte sich auch in der Einrichtung der Casa wieder, die Innen mehr einer Villa glich.


    Als sie im Zimmer angekommen war, begann sie damit Staub zu wischen. Die leerstehenden Zimmer wurden zwar auch immer wieder gereinigt, aber nicht so oft wie die, in denen jemand wohnte. Daher hatte sich auf den Möbeln eine leichte Staubschicht angesetzt, die es nun zu beseitigen galt. Als sie damit fertig war, kam das Bett an die Reihe. Vorausschauend hatte sie eine frische Bettwäsche mitgebracht und begann nun damit, diese auszubreiten.

    Da Mirjam nicht davon ausgegangen war, das Haus nicht verlassen zu dürfen, war dies keine Besonderheit. Doch freute sie sich schon sehr darauf die Stadt auf eigene Faust zu erkunden und unsicher zu machen. Auch wenn ihr Herr es lieber sah wenn sie Cyrus mitnahm. Würde er ihr all zu sehr auf die Nerven gehen, so sollte sich schon eine Gelegenheit finden sich auf einem der Märkte aus den Augen zu verlieren. Das er oft eine Spaßbremse war wusste sie nur zugut und auch für Einkaufstouren eignete er sich nicht besonders. Dabei war das eine anstrengende Tätigkeit und wurde gerne unterschätzt – überhaupt von Männern. Und in den meisten fällen ging sie ja im Auftrag anderer einkaufen und nicht für sich selbst. Den letzten Wink ihres Herrn verstand sie auf jeden Fall – so gut kannte sie ihn mittlerweile schon – und so verneigte sich kurz.


    "Ja Dominus! Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag."


    Damit war das kurze aber freundliche Wiedersehen wohl beendet und die junge Sklavin zog sich zurück, um die anderen Haussklaven kennen zu lernen und Cyrus ein wenig zu ärgern.

    Nachdem sie den Worten ihres Dominus aufmerksam gelauscht hatte, nickte die kleine Sklavin bestätigend. Sie sollte in Zukunft also der zukünftigen Domina oder viel mehr ihrem Sohn dienen. Nun, dass war eine Aufgabe der sie viel abgewinnen konnte. Mit Kindern hatte sie sich immer gut verstanden und vermutlich würde es auch mit diesem keine Probleme geben. Und selbst wenn, es war immer noch besser als in der Küche oder im Haushalt Dienst zu tun.


    "Natürlich Dominus. Ganz wie du es möchtest. Weiß man schon, wann die beiden in unseren Haushalt ziehen werden?"

    Ihre Erwartung wurde nicht enttäuscht. Natürlich nicht. Genau in dieser herzlichen und freundlichen Art hatte sie die Begrüßung des Decimers erwartet. Dem hereingestreckten Kopf folgte nun, nach der Aufforderung einzutreten, der zierliche Körper, als sie den Türspalt etwas breiter machte und durchschlüpfte. Dann schloss sie die Türe hinter sich und ging lächelnd auf den Schreibtisch ihres Herrn zu.


    "Salve Herr! Ja, vielen Dank. Die Reise ist gut verlaufen und es gab keine Probleme. Die Überfahrt selbst… nun ja, als Seemann würde ich mich wohl nicht wirklich eignen. Diese Schaukelei hat mir ganz schön zu schaffen gemacht. Ich bin froh, dass ich nun wieder festen Boden unter den Füßen habe. Und natürlich freue ich mich hier in Rom zu sein."


    Ganz ehrlich war das natürlich nicht, ließ sie bei dieser kurzen Schilderung die anrüchigen Bemerkungen der einen oder die im Gegenteil aufgebrachten Gerüchte der anderen Seemänner, dass eine Frau an Bord eines Schiffes Unglück brachte, bewusst aus. Auch wenn sie danach gefragt wurde und es die Höflichkeit verlangte zu antworten, war ihr durchaus bewusst, dass an erster Stelle die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Herrschaften im Vordergrund standen. Sie überlegte daher rasch, wie sie das Gespräch wieder in Richtung Livianus lenken konnte.


    "Cyras hat mir auf dem Weg hierher erzählt, dass du während des letzten Jahres das Amt des Consuls ausgeübt hast."


    Mirjam wusste zwar nicht genau, was ein Consul den ganzen Tag zu tun hatte und war auch nicht wirklich aus den versuchten Erklärungen Cyrus schlau geworden, der vermutlich wie immer nur mit dem irgendwo aufgeschnappten Halbwissen angeben wollte und es selbst nicht wirklich wusste, doch ihr war bewusst, dass es eine ziemlich hohe Position im römischen Reich war und für den Amtsinhaber auch danach noch hohe Ehren und Anerkennung mit sich brachte.


    "Und auch, dass du verlobt bist. Meinen herzlichen Glückwunsch Herr! Es hat sich wohl viel getan, seit du Hispania verlassen hast."

    Nachdem Mirjam nach ihrer Ankunft vom Maiordomus der Casa Decima Mercator eingewiesen worden und einen Schlafplatz zugeteilt bekommen hatte, war es an der Zeit dem Herrn einen Besuch abzustatten und Hallo zu sagen. Er war ein guter Herr und auch wenn sie eine Sklavin war, konnte sie nicht behaupten, dass es ihr einmal schlecht im Haushalt der Decimii gegangen war. Auch Pflegte Decimus Livianus einen sehr lockeren Umgang mit seinen Sklaven, was Mirjam auch dazu veranlasste, nicht eingeschüchtert oder verschreckt das Officium ihres Herrn aufzusuchen. Zumindest hatte es geheißen, dass er im Moment dort zu finden war.


    Ganz im Gegenteil freute sie sich schon auf das Wiedersehen nach so langer Zeit und war gespannt zu erfahren, was an Cyrus Erzählungen wirklich dran war. Der erzählte schließlich viel, wenn der Tag lang war. Das wusste sie nur zu gut. Und im Gegensatz zum Maiordomus, der bei der Vorstellung einen eher strengen Eindruck auf sie gemacht hatte und den sie daher nicht danach fragen wollte, hatte sie bei ihrem Herrn weniger Scheu, nach dem Grund für ihren Umzug zu fragen. Sie klopfte daher sanft an, öffnete ein kleines Stück die Türe und steckte auch gleich neugierig ihren Kopf durch den Spalt.


    "Herr?!"

    Sie hatten auf der Via Osteniensis tatsächlich einen Pferdekarren getroffen, der sie einen Großteil der Strecke von Ostia nach Rom mitgenommen und Cyrus und ihr bestimmt einige Stunden Fußmarsch abgenommen hatte. Bereits von der Weite, als sie Rom das erste Mal erblickte, war sie beeindruckt und sprachlos. Natürlich war auch Tarraco eine Provinzhauptstadt mit einer ansehnlichen Größe und einigen Prunkbauten. Aber Rom… dieser Anblick war einfach unbeschreiblich gewesen. In ihren kühnsten Vorstellungen hätte sie derartiges nicht erwartet. Kurz vor der Porta Querquetulana hatte sie der ältere Besitzer des Karren wieder absteigen lassen und Mirjam mit einem entschuldigenden Lächeln erklärt, das Tagsüber ein Fahrverbot in Rom herrschte und er sie ansonsten liebend gerne bis zur Casa ihres Herrn gebracht hätte. Cyrus hatte sich danach bei dem Mann mit ein paar Münzen bedankt, Mirjam hingegen nur mit einer Erwiderung seines freundlichen Lächelns. Dann waren sie weiter zu Fuß in Richtung Porta Querquetulana. Von dort war der Weg zur Casa Decima Mercator, ihrer neuen Wohn- und Arbeitsstätte nicht mehr wirklich weit gewesen. Trotzdem hatte sie Cyrus ständig weiter antreiben müssen, da sie kaum ein paar Schritte machen konnte, um nicht schon wieder etwas Interessantes zu entdecken, dass es zu begutachten oder zu bestaunen gab. Doch nun waren sie endlich hier. Die Casa Decima war durchaus ansehnlich, wenn auch nicht so groß wie das Landvilla der Decimii vor Tarraco. Aber alles schien hier in Rom etwas gedrängter und enger zu sein. Angefangen von den Straßen, bis zu den Wohnhäusern und sogar auf dem kurzen Stück hier her mussten sich die beiden Sklaven immer wieder durch Menschentrauben schieben.


    "Hier sind wir also Miri. Das hier ist die Casa Decima Mercator, dein neues zu Hause. Und wenn du glaubst, du hast durch das kurze Stück hierher einen Eindruck von Rom gewonnen, dann warte erst mal ab, wenn du irgendwann in Richtung Palatin und Forum Romanum kommst. Doch nun sollten wir uns beim Maiordomus melden. Er wird dir zeigen wo du schläfst und bestimmt auch den Herrn unterrichten, dass du eingetroffen bist." Ganz sicher würde Mirjam in den nächsten Tagen Mittel und Wege finden, die ewige Stadt, wie sie überall nur genannt wurde, ein wenig auf eigene Faust zu erkunden. Doch vorerst hieß es sich artig in den neuen Haushalt einzufügen. Einige der Sklaven, wie Cyrus, waren ihr ohnehin noch aus Tarraco bekannt. Vermutlich würde das die Angelegenheit wesentlich erleichtern. "Weißt du eigentlich warum man mich nach Rom geholt hat? Maiordomus Galus wollte mir nichts sagen und die anderen wussten auch nichts." fragte Mirjam nun etwas verunsichert, bevor sie in die Casa eintraten.


    Cyrus lächelte nur, die Unsicherheit in Miris Gesicht erkennend "Du brauchst dir keine Sorgen machen. Der Consular hat vor zu heiraten. Eine Nichte des früheren Kaisers, die auch einen Sohn aus erster Ehe mit in den Haushalt bringt. Man hat dich nach Rom geholt, um dich um die neue Herrin und vor allem ihren Sohn zu kümmern." Mirjam viel ein Stein vom Herzen als sie das hörte. Natürlich hatte sie nicht mit etwas Schlimmen gerechnet, wobei man ja nie wusste. Als Sklave ging es recht schnell und man wechselte unter Umständen sogar den Besitzer. Aber bei den Decimii war es noch keinem Sklaven schlecht ergangen. Zumindest sagten das immer die alte Telesilla aus der Küche in Tarraco. Und auch sie selbst hatte bisher keine negativen Erfahrungen gemacht. Aber was hatte Cyrus da gerade gesagt? Der Herr heiratete eine Nichte des Kaisers? Nein, des verstorbenen Kaisers. Aber immerhin aus der Familie eines Kaisers! Glücklich über beide erfreulichen Nachrichten strahlte sie Cyrus an. "Das freut mich! Also für unseren Herrn meine ich. Wie sieht sie denn aus? Ist sie hübsch? Ziehen wir dann in den Palast? Und für wann ist die Hochzeit geplant?" Lächelnd schüttelte Cyrus verneinend den Kopf "Ich habe sie bisher nicht gesehen, aber die anderen sagten, dass sie sehr hübsch sei und auch um einiges jünger als der Consular. In den Palast ziehen wir natürlich nicht. Dort wohnt ja bereits ein neuer Kaiser. Und wann die Hochzeit stattfinden wird kann ich dir nicht beantworten. Glaubst du, dass der Consular sowas mit mir bespricht? Und außerdem sei nicht so neugierig! Jetzt komm." Cyrus wandte sich wieder um und öffnete die Türe. Mirjam äffte ihn hinter seinen Rücken nach. Nicht so neugierig sein? Natürlich war sie neugierig! Wer war das nicht, wenn er solche Neuigkeiten hörte. Doch sie würde schon noch mehr erfahren. Wenn nicht von Cyrus, dann von einem der anderen Sklaven. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, um mit einer einladenden Handbewegung herein zu bitten, hörte sie blitzartig mit dem Fratzen ziehen auf und grinste ihn breit und unschuldig an. Dann folgte sie ihm in das Innere der Casa.

    Endlich! Endlich! Endlich! Mirjam war so froh als sie vom Deck des Schiffes aus den Hafen Ostias erblickte. Zumindest ging sie davon aus, dass es Ostia war. Es war ihre erste Schiffsreise gewesen. Überhaupt war das hier ihre erste größere Reise, die sich über die Provinzgrenze von Hispania Tarraconensis gestreckt hatte. Und sie war so froh, dass sie endlich vorbei war. Fast vorbei, denn von Ostia ging es ja noch nach Rom. Doch dies nicht mit dem Schiff. Nein! Ein Schiff würde sie so schnell nicht wieder betreten, da war sie sich sicher. Während sie noch einmal unter Deck ging, um ihre wenigen Habseligkeiten zusammenzusuchen, die sich während der 5tägigen Überfahrt von Tarraco rund um ihre Koje verteilt hatten. Es waren nur 5 Tage gewesen, für sie hatte es sich jedoch wie eine kleine Ewigkeit angefühlt.


    Als ihr der Maiordomus gesagt hatte, dass der Herr in einem Brief nach einer Sklavin für die Casa in Rom verlangt hatte und die Entscheidung auf sie gefallen war, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Sie, die bisher überhaupt nur selten aus Tarraco hinausgekommen war, sollte nun das große Rom, das Zentrum der bekannten Welt, kennenlernen und dort zukünftig im Haushalt der Casa Decima Mercator arbeiten. Wie neidisch auch die anderen Sklaven auf sie waren. Doch die Überfahrt auf dem Schiff hatte sich eher als Horrorfahrt entpuppt. Die immer wiederkehrende Übelkeit und das ständige mulmige Gefühl in der Magengrube, das fast andauernd schwankende Schiff und dann erst der Geruch. Am liebsten hätte sie die ganze Zeit an Deck verbracht, da es dort noch einigermaßen erträglich war, solange man seinen Blick stur auf den Horizont richtete. Doch die meisten Seeleute verscheuchten sie ständig, meinten sie stünde nur im Weg oder überhaupt, dass eine Frau an Bord eines Schiffes Unglück brachte. Dass sie eine Sklavin war, erleichterte die Sache auch nicht. Diejenigen, die sie nicht verscheuchten, waren wiederum an ganz anderen Dingen interessiert und machten dementsprechende Andeutungen und Annäherungsversuche. Manche von ihnen waren sogar recht niedlich und gut gebaut sowieso. Das eine oder andere verschenkte Lächeln war in so einem Umfeld also vorprogrammiert. Doch da man wusste, wer ihr Herr war, ließ man sie im Großen und Ganzen jedoch eher in Ruhe und der Kapitän selbst, hatte ständig ein wachendes Auge auf sie und seine Männer gerichtet. Er hatte vom Maiordomus vermutlich ein paar Extramünzen bekommen, um wie eine Anstandsdame über sie zu wachen. Mirjam war daher gezwungen gewesen, die meiste Zeit unter Deck zu verbringen. Doch nun sollte dies endlich ein Ende finden.


    Als sie mit ihrem Bündel wieder auf dem Deck erschien, waren die Seemänner bereits dabei anzulegen und das Schiff mit den Tauen an die Hafenmauer heranzuziehen. Fasziniert beobachtete Mirjam das rege Treiben und die gekonnten und flinken Bewegungen der Männer. Das An- und Ablegen mussten ihren Beobachtungen nach wohl die aufwendigsten Manöver sein, da man hier kaum einen Matrosen sah, der nur herumstand und nichts tat. Alle waren mit irgendetwas beschäftigt und richtig im Stress, während der Kapitän und der Bootsmann irgendwelche Befehle und Anweisungen in alle Richtungen brüllten.


    Schließlich war das Schiff vertaut und die Blanke wurde herabgelassen. Auch wenn ihr Bündel, im vergleich zu ihrer Körpergröße doch recht groß war, schaffte sie es, sich irgendwie an den anderen Mitreisenden vorbei zu drängen und so eine der Ersten zu sein, die von Bord gehen konnten. Bereits beim recht wackligen Gang über die Blanke erspähte sie Cyrus, einen Sklaven, der ebenfalls den Decimii diente und den sie noch aus Tarraco kannte, als ihr Herr während des Bürgerkriegs selbst noch auf dem Stammsitz seiner Familie weilte. Cyrus hatte das Glück bereits damals mit einem Großteil des Haushalts mit nach Rom genommen zu werden. Doch nun war auch sie hier und dementsprechend aufgeregt. Als er sie sah, winkte er sie zu sich und Mirjam ging lächelnd in seine Richtung.


    "Hallo Cyrus! Wir haben uns lange nicht mehr gesehen." strahlte sie ihn an. "Salve Miri! Willkommen in Italia. Na? Wie war die Überfahrt?" Bei der Frage konnte er sich ein grinsen nicht verkneifen. Sah man ihr das wirklich so stark an? Man sprach zwar davon, dass man vor Übelkeit grün werden konnte, sie hatte jedoch keine Veränderung ihrer Hautfarbe erkennen können. Und sie hatte sich sicherheitshalber jeden Tag nach Verfärbungen überprüft. Außer ein paar blaue Flecken, aufgrund der recht unbequemen kleinen Koje, hatte sie jedoch nie etwas entdeckt. Sie kniff daher die Augen zusammen. "Danke! Sie war sehr schön und mir ist auch nicht Übel geworden, wie mir die meisten Prophezeit haben!" Keinesfalls würde sie sich die Blöße geben die Wahrheit zu sagen und zuzugeben, dass sie die meiste Zeit über einen Kübel oder über die Reling gebeugt verbracht hatte. Cyrus schien es dabei zu belassen und grinste nur noch breiter. Doch schließlich nahm er ihr das Bündel ab und gab ihr mit dem Kopf ein Zeichen, ihm zu folgen. "Also gut. Dann brechen wir auf. Rom ist noch ein gutes Stück entfernt, aber vielleicht haben wir Glück und uns nimmt ein Karren mit." Sie nickte und folgte ihm. Erst jetzt merkte Mirjam, wie wacklig ihr ihre Schritte schienen. Ihr ganzer Körper, aber vor allem ihre Beine, schienen immer noch zu glauben an Bord des Schiffes zu sein. Vielleicht war das der Grund für Cyrus dummes Grinsen gewesen, denn ohne Zweifel konnte man ihr den „seemännischen“ Gang bereits von der Weite ansehen. Doch bis sie nach Rom gelangten, würden ihre eigentlich sonst recht grazilen Bewegungen bestimmt wieder zurückkehren.

    Hallo!


    Mein Name ist Mirjam und ich würde gerne als Sklavin in den Haushalt der Gens Decima aufgenommen werden. Als Besitzer habe ich mir den Hausherrn Marcus Decimus Livianus ausgesucht, sofern ich seine Zustimmung bekomme.


    glg
    Mirjam