Beiträge von Candace Minor

    Die drei Sklaven warteten vor der verschlossenen Tür. Nachdem Ajax geklopft hatte, tat sich erst einmal gar nichts. Aber gut, es war auch schon spät abends. Normale Leute schliefen um diese Zeit bereits. Allerdings schien diese Gegend hier nicht besonders „normal“ zu sein, was aber deren Bewohner nicht davon abhielt, nicht doch schon zu schlafen.
    Candace bekam schon langsam weiche Knie, bei dem Gedanken, was sich ihr gleich hier darbieten würde, sobald die Tür sich öffnete. Wenn sie sich denn öffnete. Wenn nicht, dann mussten sie ihre Suche noch weiter fortsetzen. Wie gut dass sie die beiden Custodes bei sich hatte. Auch wenn ihr die beiden etwas unheimlich waren. Lieber wäre es ihr gewesen, wenn Dracon stattdessen bei ihr gewesen wäre. Doch ihre Domina hatte das wohl für zu gefährlich erachtet. Wenn das hier alles klappte, dann war auch Dracon geholfen.


    Langsam wurde der Thraker etwas unruhig, weil es so lange dauerte. Deshalb wollte er diesmal etwas kräftiger gegen die Tür pochen. Kräftiger bedeutete in diesem Fall, die Tür beinahe eintreten. Doch genau in diesem Moment öffnete sich besagte Tür einen Spalt breit und man konnte einen Mann mit Bart erkennen. Ajax ließ ein wenig enttäuscht die Faust sinken und Candace trat ein paar Schritte näher. Schließlich wollte sie ihr Vorhaben nicht laut in die Nacht hinausposaunen müssen. „Guten Abend!“, begann Candace freundlich und lächelte dem fremden Mann zu. Im Grunde wusste sie eigentlich gar nicht, was sie genau sagen sollte, denn bisher hatte sie noch wenig Erfahrung mit Ganoven und lichtscheuem Gesindel. Doch dann schob Ajax sie beiseite und baute sich statt ihrer vor der Tür auf.
    „Gurox, du altes Sackgesicht! Erkennst du mich denn nicht wieder? Ich bin´s Ajax!“, rief der Thraker zu Candaces Verwunderung. Er wartete einen Moment, bis sein Gegenüber realisierte, wen er denn da vor sich hatte. In dem Halbdunkel sah man ja auch fast nichts. „Leuchte mal hierhin, Zuckerpüppchen!“, raunte er der Leibsklavin zu, damit man auch sah, mit wem man es zu tun hatte.
    „Können wir reinkommen? Wir hätten da einen Auftrag für dich! Die Kleine hier braucht deine Hilfe.“ Er deutete noch einmal auf Candace, die inzwischen wieder Laterne haltend neben ihm stand.

    Im Schutz der einbrechenden Dunkelheit hatten drei Gestalten das Anwesen der Villa Flavia Felix durch deren Hintereingang, der für Sklaven, Lieferanten und Bittsteller vorgesehen war, verlassen. Die junge Frau, eingehüllt in ihre Palla wurde von zwei bulligen Hünen begleitet, dem Thraker Ajax und Brandolf, einem ausgemusterten Gladiator. Candace, die Sklavin der Flavia Domitilla hielt eine Laterne in ihrer Hand, um ihnen den Weg zu leuchten. Ihr Auftrag war klar und deutlich formuliert worden. Auch wenn ihr nicht wohl bei der Sache war, so tat sie es doch auch für sich und vor allem für Dracon. Nur so konnte ihm noch geholfen werden. Wenn sie erfolgreich sein würde, dann war er nicht länger mehr ein Sklave auf der Flucht und musste sich auch nicht mehr verstecken. Er könnte dann bei ihr und mit ihr leben, unter dem Schutz ihrer Herrin.


    „He Zuckerpüppchen, weißt du eigentlich wo´s lang geht?“, maulte der Thraker nach einiger Zeit, als sie schon ein ganzes Stück gelaufen waren. „Ja genau! Wo wollen wir eigentlich hin?“, fiel auch der Germane mit ein. Eigentlich hatten die beiden Custodes andere Pläne für den Abend gehabt und es fuchste sie nun doch sehr, sich von der Kleinen hier anführen lassen zu müssen. Andererseits hatten sie mächtig Respekt vor der Flavia und hatten sie sich eben gefügt. Candace ging das Gejammer der beiden ganz gehörig auf die Nerven. Was sollte sie da erst sagen? Sie war auch nicht in der Stimmung, mit den beiden erst noch über das Für und Wider ihres Auftrags zu diskutieren. „Wir müssen in die Subura, am besten in den tiefsten Sumpf Roms. Deshalb solltet ihr zwei Hornochsen mich ja auch begleiten!“


    Subura hörte sich in den Ohren der beiden Custodes erst einmal gut an. „In die Subura? Dann können wir ja danach noch einen Heben gehen und anschließend noch ein paar Huren beglücken, “ meinte Brandolf kichernd. „Nichts da! Heute wird weder gesoffen noch herumgehurt! Wenn wir unseren Auftrag erledigt haben, müssen wir sofort wieder zurück. Die Domina wartet auf uns!“ Das Kichern des Germanen erstarb. Hoffentlich bekam er dann wenigstens die Gelegenheit, seiner angestauten Wut freien Lauf zu lassen und konnte ein paar Leuten noch die Fresse polieren.


    Die Drei erreichten schließlich nach einer Weile die Subura. Allerdings hatte Candace keinen blassen Schimmer, wo sie hier nach einem „Experten“ suchen sollte. Sich durchzufragen war vermutlich auch nicht die sinnvollste Vorgehensweise. „Und jetzt, Zuckerpüppchen?“, fragte Ajax, als er die Ratlosigkeit im Gesicht der Sklavin sah. „Wir müssen einen Fälscher finden, der Schriften und Siegel nachmachen kann. Allerdings weiß ich nicht, wo!“ Der Thraker dachte einen Moment nach und nickte dann. „Ich hab da so eine Idee. Folgt mir einfach! Aber bleibt dicht zusammen. Es ist nicht gerade die feinste Gegend, wo wir jetzt hingehen.“ Sie verließen die Hauptstraße und bogen in eine dunkle und wenig belebte Seitengasse ein. Die beiden Custodes standen nun recht dicht bei der Leibsklavin, um sie gegen eventuelle Angreifer zu schützen. Doch Ajax schien genau zu wissen, wohin sie gehen mussten. Candace war deswegen auch froh und schämte sich nun ein wenig dafür, ihn zuvor noch als Hornochsen beschimpft zu haben. Schließlich blieb Ajax vor einem heruntergekommenen Haus stehen, dessen Fenster zum Teil mit Brettern zugenagelt waren. Er klopfte an der Tür und wartete.


    Sim-Off:

    Reserviert! :)

    Dracon rührte sich nicht. Er saß immer noch da und es schien so, als kämpfte er den schlimmsten Kampf seines Lebens mit sich selbst. Doch auch Candace bewegte sich keinen digitus von ihrem Platz weg. Geduldig wartete sie auf seine Entscheidung. Sie wusste, wie schwer es für ihn war, wenn man, so wie Dracon, einmal die Freiheit hatte kosten dürfen.
    Schließlich schien ein kleiner Funke auf Dracon überzuspringen, eine Millisekunde lang glaubte er, alles könne sich doch noch zum Guten wenden. Doch dann kehrte der Zweifel wieder zurück und mit dem Zweifel, der durchaus berechtigt war, auch die Angst, vor dem, was ihn erwartete, wenn Domitilla ihnen nicht helfen wollte. Candace wollte erst gar nicht so weit denken. Sie wusste nur eins, dies war ihre einzige Chance, für sie beide, damit sie zusammenbleiben konnten und vor allen Dingen damit er nicht weiter in Angst vor der Entdeckung dort draußen in der Gosse leben musste.
    „Ich weiß nur, dass sie unsere einzige Chance ist, Dracon,“ antwortete sie ruhig aber voller Überzeugung. Sie sah in seinem Gesicht, dass es in seinem Kopf arbeitete, wie er das Für und Wider gegeneinander aufwog. Zuerst schienen seine Zweifel doch größer zu sein, doch dann entschied er sich unvermittelt und erhob sich. Er war dazu bereit! Candaces Herz machte einen Sprung vor Freude. Sie umarmte ihn und küsste ihn vor Freude. Ihr langersehnter Wunsch schien sich nun endlich doch noch zu erfüllen. Doch sie wusste, das dies nur der erste Schritt war. Weitere, noch viel schwierigere würden noch folgen.


    „Gut, dann komm mit!“ Candace ging voraus. Sie verließen das Servitriciuum und begaben sich in den Teil der Villa, in der die Herrschaften ihre Räumlichkeiten hatten. Natürlich waren die Gänge keinesfalls mit denen des Sklaventraktes zu vergleichen. Hier war es hell und sauber, der Boden aus Marmor und sie Wände und Decken mit herrlich bemaltem Stuck verziert. Endlich erreichten sie eine Tür, vor der Candace stehen blieb. Die Klopfte und öffnete vorsichtig die Tür.

    Wenn er jetzt ging, dann sah sie ihn vielleicht nie wieder! Diese Vorstellung trieb ihr die Tränen in ihre Augen. Doch Dracon wollte sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen. Er glaubte nicht daran, hier sicher zu sein, was man durchaus auch nachvollziehen konnte. Solange er nicht unter dem Schutz von einem Dominus stand oder seine Freilassung beweisen konnte, war er vogelfrei. Jeder, der sich ein Zubrot verdienen wollte, konnte ihn an die Vergiles ausliefern. Candace aber wollte so schnell die Hoffnung nicht aufgeben.
    „Du musst nicht!“, rief Candace schluchzend. „Meine Domina wird uns helfen. Ich bin mir ganz sicher! Sie hat Centho über alles geliebt und wäre nur zu gerne seine Frau geworden. Das hat sie mir immer und immer wieder erzählt. Und du, du bist ein Teil von Centho. Du warst sein Sklave und sein Freund. Sie wird dich nicht so einfach ausliefern. Du kannst ihr deine Dienste anbieten, dann wird sie sicher eine Lösung finden. Da bin ich mir ganz sicher! Weißt du noch, wie sehr sie dich angehimmelt hat, als du gegen Angus kämpfen musstest? Wenn du willst, können wir sofort zu ihr. Um diese Zeit hält sie sich für gewöhnlich in ihrem Cubiculum auf und liest.“ Candaces Tränen waren bereits wieder getrocknet. Nun lächelte sie sogar wieder. Sie musste sich natürlich bewusst sein, dass das Ganze auch nach hinten los gehen konnte. Doch sie vertraute auf ihre Herrin. Wenn Dracon ihr sogar noch etwas über Centhos letzte Tage oder gar über seinen Tod berichten konnte, dann würde sie ihn ganz sicher nicht einfach so ausliefern.
    Candace war nun zu allem bereit. Sie stand auf und warf auch Dracon einen ermutigenden Blick zu. Nun hatte er die Chance, seinem Leben eine neue Wendung zum Besseren zu geben.

    „Lass das mal meine Sorge sein“, hatte sie ihm zugeflüstert. Nun, da er endlich vor ihr saß und mit Essen und Trinken versorgt war, konnte er gar nicht mehr anders, als sein Geheimnis zu lüften. Candace interessierte es brennend, endlich zu erfahren, was im Lupanar tatsächlich geschehen war und was ihn letztlich dazu veranlasste, unterzutauchen. Denn dass er keinem geregelten Leben mehr nachging, war eindeutig sichtbar.
    Zu Anfang schien er erst noch mit sich ringen zu müssen, ob er zuerst etwas aß oder zu erzählen beginnen sollte. Schließlich entschied er sich für Letzteres. Die Sklavin zog sich ihrerseits einen Schemel herbei und setzte sich zu ihm. Gebannt hörte sie ihm zu und musste feststellen, dass sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet hatten. Man war ihm und den beiden anderen claudischen Sklaven tatsächlich auf die Spur gekommen. „Sie haben Morrigan erwischt?“, rief sie entsetzt. „Das ist ja furchtbar!“ Candace konnte sich lebhaft vorstellen, was sie Morrigan nach ihrer Ergreifung angetan hatten und noch antun würden. Mit Sicherweit waren die Claudier nicht weniger nachtragend als die Flavier, wenn es darum ging, dass sich ihr Besitz aus dem Staub gemacht hatte. Sie hatte schon genügend Bestrafungen beiwohnen müssen und konnte erahnen, welch schreckliche Tortur das alles war.
    Er berichtete ihr weiter, was die Konsequenz für ihn daraus war. Natürlich ließ er dies in einem rosaroten Licht erscheinen und wollte ihr damit weismachen, dass alles gar nicht so schlimm für ihn war. Candace aber nahm ihm das nicht ab. In ihrer Vorstellung musste es furchtbar sein, täglich damit rechnen zu müssen, entdeckt zu werden und ständig auf der Hut sein zu müssen. Deshalb käme für sie eine Flucht niemals in Frage.
    „Ja sicher und im Sommer wird es endlich schneien,“ gab sie ihm zynisch zur Antwort. „Dracon, sieh dich doch an und mach dir doch nichts vor! Du bist auf der Flucht und lebst von der Hand in den Mund. Wenn das deinem Wunsch nach Freiheit entspricht, dann bin ich froh, Sklavin zu sein. Komm iss jetzt!“ Candaces Freude über das Wiedersehen hatte einer latenten Traurigkeit Platz machen müssen. Sie konnte sich einfach nicht darüber freuen, ihn in solch einer prekären Lage wiedergefunden zu haben und es war offensichtlich, dass sie ihm helfen musste! Ganz egal wie.


    Während sich Dracon über das Essen hermachte, überlegte sie angestrengt, was zu tun war. Allmählich wurde ihr klar, dass sie ihm alleine nicht helfen konnte. Dazu brauchte es jemand, der mehr bewirken konnte, als sie. Ihre Herrin… ob sie ihre Herrin darum bitten sollte? Vielleicht hatte sie ja Verständnis. Sie hatte zuweilen die Flavia als recht nachsichtige und gutmütige Frau erlebt, besonders wenn es um Liebe und Zuneigung zu einem anderen Menschen ging. Wenn sie sie dazu brächte, in Dracon mehr als nur einen entlaufenen Sklaven zu sehen, dann konnten sie vielleicht mit ihrer Hilfe rechnen...
    Innerhalb von Minuten hatte Dracon alles, was sie ihm vorgesetzt hatte, vertilgt und wollte auch schon wieder gehen. Doch bevor er sich erheben konnte, legte sie ihre Hand auf seine. „Du willst schon gehen? Aber wohin? Dracon, ich bitte dich, bleib hier. Hier bist du sicher, denn hier wird dich niemand vermuten. Bitte!“ Mit ihrem sorgenvollen Ausdruck auf ihrem Gesicht sprach sie auf ihn ein und wollte ihn zur Vernunft bringen. Sie war sich nun sicher, dass nur ihre Herrin ihnen helfen konnte. Doch das musste sie Dracon erst noch schmackhaft machen.

    Die Sklaven die ihr auf dem Weg zum Servitriciuum begegneten, glotzten sie und Dracon verständnislos an. „Das ist ein Bote, der gerade eine Nachricht für meine Domina aus Germania bringt,“ erklärte sie, wenn die Blicke zu aufdringlich wurden.
    In der Küche besorgte sie ihm ein großes Stück Brot, Käse und zwei lukanische Würstchen, die eigentlich für die Herrschaften bestimmt waren. Außerdem brachte sie ihm eine Kanne mit verdünntem Wein und einen Becher. „Setzt dich!“, befahl sie ihm und deutete auf einen Schemel, der neben dem Tisch stand. „So und jetzt erzählst du mir, was passiert ist!“

    Candace konnte man in dieser Hinsicht nicht viel vormachen. Sie sah es, wenn es jemandem gut ging und wenn jemand flunkerte. Dracon flunkerte in dieser Hinsicht eindeutig und wollte sie mit seinem vertrauten Brummen nur beschwichtigen. Dass er ihr ein Kompliment machte überhörte sie tunlichst. Dass er aber ihre Fragen nicht alle beantwortet hatte, übersah sie keinesfalls. Im Lupanar musste etwas schiefgegangen sein. Vielleicht waren ihm die Claudier auf der Spur. Ihr war klar, wie gefährlich es war, sich noch länger auf der Straße aufzuhalten, wo einer wie er sofort auffiel. Außerdem war sein Magenknurren kaum zu überhören.
    „Komm mit mir in die Villa. Dort bekommst du etwas zu essen… und neue Kleidung. Die hast du mehr als nötig!“ Sie nahm den Hünen bei der Hand und zog ihn mit sich zu der anderen Straßenseite und schließlich zum Tor des Hintereingangs. Nach einem beherzten Klopfen wurde ihr und Dracon geöffnet. Sie zog ihn weiterhin mit sich und bahnte sich ihren Weg ins Innere der Villa.

    Die Liste, die Domitilla für ihre Leibsklavin zusammengestellt hatte, schien schier endlos zu sein. Ihre Domina war mitten in der Planung für die Hochzeit und deshalb sollte die Sklavin diverse Stoffmuster für die Dekoration und noch viele andere Kleinigkeiten besorgen. Die Wünsche der Flavia waren wieder einmal so groß, so dass es die Sklavin gar nicht allein bewerkstelligen konnte, alles selbst zu besorgen. Daher hatte sie Phila und Lysandra, zwei andere Sklavinnen gebeten, sie zu den Märkten zu begleiten.
    Die Stimmung unter den drei Frauen war gut, denn nicht jeden Tag kamen sie aus der Villa heraus. Kichernd liefen sie über den Hof und näherten sich dem hinteren Tor, welches für Lieferanten Boten und natürlich den Sklaven vorbehalten war. Als ihnen schließlich einer der Stallknechte noch einen interessierten Blick hinterher warf, kicherten die drei noch mehr und begaben sich schließlich lachend nach draußen. Das Tor schloss sich hinter den Dreien, dann wollten sie losgehen.
    Jetzt lungert dieses Gesindel auch schon hier in dieser vornehmen Gegend herum,“ rief Phila, als sie den Bettler auf der anderen Straßenseite bemerkte. „Los, verschwinde, du Stinker. Mit deinem Anblick verschandelst du die Gegend!“, rief Lysandra. Candace jedoch schien beim Anblick dieses Bettlers zu Eis zu erstarren. „Geht schon mal vor, ich habe was vergessen. Hier habt ihr die Einkaufsliste.“ Candace übergab Pila das Wachstäfelchen, auf dem Domitillas Wünsche verzeichnet waren und wartete, bis die Beiden außer Sichtweite waren. Dann eilte sie über die Straße und umarmte ihn. „Dracon! Du bist es. Du bist es wirklich!“ Sie war den Tränen nah. Damit hatte sie am wenigsten gerechnet, ihn hier und heute zu treffen. Als sie sich aus der Umarmung löste und ihn musterte, erkannte sie sofort, wie schlecht er aussah. Abgemagert und abgerissen, die Kleidung mehr schmutzig als sauber und vor allen Dingen löchrig und verschlissen. Die Freiheit sein ihren Tribut einzufordern. Oder vielleicht noch schlimmer... Irgendetwas musste gesehen sein, war ihr erster Gedanke. Womöglich war er in Gefahr und wurde sogar gesucht. „Was ist passiert? Arbeitest du nicht mehr in diesem Lupanar?“

    Was hatte sich Candace nur dabei gedacht! Sie hatte ihn geküsst! Und wie sie ihn geküsst hatte! Noch immer spürte sie dieses seltsame Gefühl in ihrem Bauch. Dieses Kribbeln, was die Sklavin bisher erst einmal gefühlt hatte. Damals, als sie mit Dracon an den Saturnalien zusammen gewesen war. In seiner Nähe hatte sie sich wohlgefühlt. Doch jetzt wirkte dieses Kribbeln verstörend auf sie, weil es einerseits schön und andererseits nun fehl am Platz war. Ihr war, als drehe sich alles in ihrem Kopf, als sie zu ihrer Domina zurückeilte. Ich komme zur Villa. Ich mag dich so sehr. Dracons letzte Worte, bevor sie sich trennen mussten, wollten ihr nicht aus dem Kopf. Wie sollte sie sich nun nur auf ihre Aufgaben konzentrieren? Und wie lautete noch ihr Name, der ihr die Domina verpasst hatte, um unerkannt im Lupanar aufzutreten? Sie hatte ihn vergessen, genauso wie sie das Pseudonym der Flavia vergessen hatte. In ihrem Kopf war nur Platz für Dracon.


    Als die Lupa, die sie abgeholt hatte, die Tür zu dem Raum öffnete, in dem sich ihre Domina befand, trat sie verunsichert ein. Um nichts falsches zu sagen, schwieg sie besser und starrte die Flavia nervös an.

    Zitat

    Original von Dracon
    ... „ Nein, nein….nicht das letzte Mal. Wir können uns auf dem Forum treffen oder …ich komme zur flavischen Villa.“ Sagte er, die Oder-Variante auszusprechen kostete ihn Überwindung. Die Freiheit, die er jetzt genoss war eingeschränkt, aber besser als Sklave. So war seine bisherige Erfahrung. Nicht mehr in der Arena zur Freude und Unterhaltung anderer kämpfen und ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein. Das lag hinter ihm. Sein Beutel war mit Sesterzen gefüllt, in der culina gab es immer was zu Essen und seine Unterkunft war ausgestattet, wie die eines freien Bürgers. Er führte ein relativ sorgenfreies Leben.
    Sein Griff an ihren Schultern lockerte sich. Sein Blick ruhte weiter auf ihr. Wie sehr er sie mochte. Seine Angst ihr weh zu tun war groß. Sollte er oder lieber nicht? Jetzt fand er, war ein guter Zeitpunkt. Ein zaghafter, flüchtiger Kuss auf ihre Wange. Mehr traute er sich nicht. Ein verlegener Blick. Er wäre gern mit ihr für immer zusammen, aber das hieße, er musste alles aufgeben und ob es dann dazu kam? Nie hätte er geglaubt, dass alles so kompliziert werden würde. Die Götter mussten helfen. Gleich morgen wollte er zu den Tempeln gehen. „ Ich werde eine Lösung für uns finden.“


    Candace hatte eigentlich wenig Hoffnung, nachdem sie ihm diese Frage gestellt hatte. Das, was sie bis vor wenigen Wochen noch verbunden hatte, trennte sie nun. Und es wäre nur töricht gewesen, wenn sie sich weiterhin trafen. Es war zu gefährlich für Dracon! Candace wusste das und sie wusste auch, was ihm im Fall einer Ergreifung drohte. Umso mehr war sie erstaunt, als er ihr gegen alle Vernunft versprach, sie weiterhin treffen zu wollen. Sogar zur Villa wollte er kommen, nur um sie zu sehen!
    „Das willst du wirklich? Das war nicht das letzte Mal? Aber nein, du darfst nicht zu Villa kommen. Hörst du?! Das ist zu gefährlich für dich!“, meinte sie eindringlich. Sie sah ihm dabei tief in die Augen. Er war ihre erste Bekanntschaft. Nein, eigentlich war es inzwischen mehr als das. Sie empfand mehr, als je zuvor. Das musste Liebe sein. Nie hätte sie geglaubt, dass auch sie eines Tages jemanden haben konnte, den sie lieben konnte, ohne dass ihre Herrin es ihr befahl.
    Als sich seine Lippen langsam ihrer Wange näherten und er ihr schließlich einen schüchternen Kuss aufdrückte, konnte sie sicher sein, dass auch er so empfand. In seiner rauen Schale saß ein weicher zarter Kern. Er war so rücksichtsvoll und gab auf sie acht. Nein, ihn wollte sie nicht mehr verlieren! Als Beweis dafür küsste sie ihn zum ersten Mal leidenschaftlich, so wie es nur Verliebte tun. Dabei kam sie ihm so nah, wie noch nie zuvor. Die traute Zweisamkeit wurde allerding jäh gestört, als eine Lupa in die Küche gelaufen kam, um Candace wieder zu ihrer Domina, pardon Freundin, zurückzubringen. Ein letzter sehnsuchtsvoller Blick, dann musste sie gehen…

    Nun legte die Leibsklavin ihren Löffel beiseite und schob die Schale von sich weg. Offensichtlich hatte sie bei der Neuen einen empfindlichen Nerv getroffen. In dieser Hinsicht schien sie mit Domina Domitilla doch tatsächlich eine Gemeinsamkeit zu haben.
    „Das hab ich doch auch gar nicht behauptet! Natürlich arbeitest du sauber und ordentlich. Mach einfach so weiter, dann wird alles gut.“ Ein wenig missmutig sah sie zu der anderen hinüber. Der Appetit auf den sowieso schon geschmacklosen Fraß war ihr nun gänzlich vergangen. Minuten der Stille zwischen ihnen vergingen, die bleiern wirkten. Das fing ja gut an, dachte sich Candace. Doch dann gab sie sich einen Ruck.
    „Was für eine Ausbildung hast du den genossen?“, fragte sie schließlich, um dieses unangenehme Schweigen zwischen ihnen zu beenden.

    Sim-Off:

    Kein Problem. Ich bin auch noch im Rückstand. ;)


    In gewisser Weise war Candace nun geschmeichelt. Dracon – dieser Hüne, vor dem jeder erzitterte, wenn er einem auch nur einen schiefen Blick zuwarf, hatte Angst um sie. Um sie! Dann drückte er sie fest an sich. Die Sklavin genoss diese körperliche Nähe und dankte es ihm mit einem zärtlichen Lächeln. Doch insgeheim wusste sie, dass spätestens mit dem Tod des Claudius Centho eine gemeinsame Zukunft mit Dracon in ferne Zukunft gerückt war. Es sei denn… NEIN! Daran dachte sie nicht einmal einen Moment lang! Nie im Leben würde sie ihre Herrin verlassen, auch wenn ihre Launen gelegentlich wilde Kapriolen schlugen.


    „Ja du hast bestimmt recht,“ versuchte sie sich auch selbst einzureden. „Hier wird euch ganz sicher niemand vermuten.“ Doch dann spürte sie diesen Anflug von Furcht in seiner Stimme. Er griff sie bei ihren Schultern und warf ihr diesen festen bestimmten Blick zu. Die Angst, dass Morrigan von Domitilla erkannt worden war, trieb ihn dazu. Doch Candace konnte ihn deswegen beruhigen. Die Flavia hatte, zumindest wenn es um Sklaven ging, kein besonders gutes Gedächtnis. Die Gesichter von Sklaven und besonders von fremden Sklaven, merkte sie sich nicht.
    „Keine Sorge, meine Domina hat bestimmt niemanden erkannt. In diesen Dingen benötigt sie immer mein Gedächtnis.“ Die Sklavin strahlte Zuversicht aus. Doch irgendetwas schien sie zu bedrücken.
    „Dracon, meinst du, wir können uns irgendwann noch einmal sehen? Oder ist dies hier… das letzte Mal?“

    Candace löffelte unschlüssig in ihrem Puls herum. Wirklich schmecken tat er ihr nicht. Aber trotzdem aß sie weiter, nur eben ohne den nötigen Appetit, den ihre neue Mitsklavin an den Tag gelegt hatte. Es musste an Evridikis Hunger gelegen haben, philosophierte sie im Stillen vor sich hin. Nur deshalb hatte sie diese scheußliche Pampe so schnell in sich hineinschaufeln können. Aber mit der Zeit und der damit einhergehenden regelmäßigen Mahlzeiten, würde sich ihr Geschmackssinn bestimmt auch noch schärfen.


    Von dem, was in der neuen Sklavin augenscheinlich vor ging, hatte Candace vorerst nichts bemerkt. Die Leibsklavin war in dieser Beziehung nicht gerade besonders feinfühlig. Im Grunde war sie es nicht gewohnt, ihre freie Zeit mit jemand anderem zu verbringen, geschweige denn sich während des Essens zu unterhalten. Dennoch war ihr nach einer gewissen Zeit die Stille ihres Gegenübers aufgefallen, die für Evridikidoch recht untypisch war. Letztendlich waren bis vor Kurzem noch die Worte aus der neuen Sklavin nur so herausgesprudelt.
    „Ist was?“, frage sie sie, als sie endlich aufsah und das eingeschnappte Gesicht der Neuen entdeckte. Hatte sie etwa etwas Falsches gesagt? Oder hatte sie Evridiki in irgendeiner Weise beleidigt oder sie gar auf dem falschen Fuß erwischt?

    Mit einer gewissen Skepsis beobachtete Candace die junge Sklavin, die den Eindruck vermittelte, der Plus könne ihr tatsächlich munden oder aber, und das durfte wohl die treffendere Erklärung sein, dass sie völlig ausgehungert war. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie ihre Schale geleert. Mit dem wässrigen Getränk spülte sie die letzten Bissen hinunter. Candace indes stocherte in dem unliebsamen Brei herum. Selbstverständlich würde sie sich niemals erdreisten und sich über dessen Qualität beschweren. Bis zum Ende ihrer Pause aber, war dann auch für gewöhnlich ihr Schälchen geleert, denn der Puls stellte ein notwendiges Übel da, sich bei Kräften zu halten.
    Doch bevor es soweit war, wurde die Leibsklavin von ihrer neuen Elevin regelrecht mit Fragen bombardiert. Mit einer Handbewegung versuchte sie die neue Sklavin zu beschwichtigen. Doch die Geste verfehlte ihr Ziel. Schließlich legte Candace ihren Löffel zur Seite.
    „Sagen wir mal, du hast dich gut geschlagen. Also nicht, dass du alles falsch gemacht hättest. Aber du hast sie beeindruckt, glaube ich.“ Die Sklavin trank nun auch einen Schluck und versuchte, eine Faser, die sich zwischen ihren Zähnen festgesetzt hatte, mit der Zunge zu entfernen.
    „Wie ich ja bereits schon sagte, ist die Domina gelegentlich ziemlich launisch. Und ja, sie macht gerade eine schwere Zeit durch, weil ein guter Freund von ihr verschwunden ist, von dem sie gehofft hatte, er würde eines Tages ihr Gemahl werden. Stattdessen soll sie nun diesen Tiberier heiraten. Doch ihr Vetter, der Senator Gracchus wird ihr bestimmt helfen! Und wenn diese Hochzeit dann endlich vom Tisch ist, dann wirst du sehen, ist sie auch wieder leidlicher, als bisher.“ Natürlich hatte Candace sich davor gehütet, all ihr Wissen über das Verschwinden jenes Freundes mit Evridiki zu teilen. Dass der Claudius tatsächlich tot war, wusste nur sie in diesem Haus.
    „Aber bis es soweit ist, gibst du ihr besser keinen Anlass dafür, sich zu ärgern. Arbeite einfach sauber und ordentlich, dann kann eigentlich nichts passieren.“ Candace wusste eigentlich selbst, wie schwierig das war, denn wenn die Flavia einen Anlass finden wollte, dann fand sie auch stets einen.

    Die Neue hatte ihre Feuertaufe erfolgreich überstanden. So jedenfalls sah es Candace, die auch mit sich vollends zufrieden sein konnte. Rundum war dies ein gelungener Tag im Leben der Sklavin gewesen. Ihre Domina hatte einen zufriedenen Eindruck gemacht. Nun, da sie ihren beiden Sklavinnen etwas Freiraum gewährt hatte, hatte sich die Leibsklavin dazu berufen gefühlt, ihrer neuen Kollegin auch noch den übrigen Sklaventrakt zu zeigen.
    Schnell hatte sie für Evridiki in einem der Schlafräume der Sklavinnen einen adäquaten Platz gefunden, wo sie sich nach getaner Arbeit erholen konnte.


    Ebenso hatte sie die neue Sklavin mit einigen anderen Sklaven bekannt gemacht, die sie auf ihrem Weg durch die Eingeweide der Villa getroffen hatten.
    Schließlich war ihr ein unerwartetes Geräusch aufgefallen, welches von der neuen Sklavin ausgegangen war. Eine Art Knurren, welches zweifellos seinen Ursprung in deren Magen hatte. Natürlich! Wie hatte sie das vergessen können?! Das arme Mädchen! Sie musste schrecklichen Hunger haben! Nach ihrer Ankunft hatte Candace an alles gedacht, nur nicht an die Verpflegung für die neue Sklavin. Wahrscheinlich hatte auch der Sklavenhändler dies bei seiner Ware, die heute verkauft wurde, gespart.


    „Du bist hungrig, oder?“, fragte sie Evridiki, obwohl diese Frage ja eigentlich ziemlich überflüssig war. „Komm, wir sollten etwas Essen gehen!“ Die Leibsklavin schlug zielstrebig den Weg zum Speisesaal für die Sklaven ein. Dieser Raum unterschied sich von der Aufmachung kaum von den anderen im Sklaventrakt. Er war lediglich etwas größer und mit einfachen Tischen und Hockern versehen. Hier konnten die Sklaven ihre Mahlzeiten einnehmen. An der Essensausgabe hatte sich eine der Küchenhilfen postiert, um jeden, der kam, eine Portion des Tagesessens zu reichen. Hierbei handelte es sich meist um Puls, einem Getreidebrei aus Dinkel, Wasser, Salz, Fett. Meistens wurde noch Gemüse, seltener Fleisch oder Fisch zugefügt.
    Versorgt mit einer Schale Puls und einem Becher stark verdünntem Wein, suchten die beiden Frauen nach einem Platz. An einem leeren Tisch ließen sie sich nieder. Hier hatten sie die Gelegenheit, noch über offene Fragen und über sonstiges Dinge zu sprechen. „Lass es dir schmecken,“ meinte Candace zuversichtlich. Der Getreidebrei war zwar recht nahrhaft, von „schmackhaft“ aber war er meilenweit entfernt.

    Auch wenn sich ihre Domina noch nicht wirklich über Candaces gelungenen Kauf ausgelassen hatte, so spürte sie doch, dass Domitilla recht zufrieden mit ihrer neuen Sklavin war. Irgendwann würde sie die Früchte dieser Zufriedenheit ernten können, durch kleine Vergünstigungen etwa, die ihr ihre Domina gelegentlich gewährte. Vorerst jedoch verharrte Candace im Hintergrund und wartete auf Evridiki.
    Die junge Sklavin war ganz routiniert an ihre Aufgabe herangetreten. Auch wenn Domitilla an ihrer Arbeit etwas auszusetzen hatte, so hatte das nicht viel zu sagen. Die Flavia fand meistens etwas, woran sie herumnörgeln konnte. Das war eben ihre Natur.
    Als Evridiki fertig war, trat sie auf sie zu und nahm die Tabula, um sie zu versiegeln. Der Brief musste auf dem schnellsten Weg nach Ravenna. Umso mehr fand sie es erheiternd, als Evridiki ganz naiv fragte, ob sie nun auch den Brief zu überbringen hatte. „Nein, zum Glück nicht. Es ist ein weiter Weg nach Ravenna. Du wärst mehrere Tage unterwegs. Komm, wir übergeben den Brief einem Boten.“ Candace wartete darauf, bis die Neue ihr folgte. Später würden die beiden Sklavinnen wieder zu ihrer Domina zurückkehren.

    Die Leibsklavin fixierte die junge Frau. Doch als es sich herausstellte, dass vorerst keine Unklarheiten bestanden, nickte sie nur bedächtig. „Na gut!“ Noch ein letzter prüfender Blick auf das Äußere der Sklavin. Alles schien perfekt zu sein. Mal abgesehen von den wundgeriebenen Stellen an Evridikis Handgelenken. Die Neue rieb sie sich und empfand gewiss Schmerzen dabei. Auch wenn sie dies geschickt verbergen wollte. „Darum kümmern wir uns später. Geh nachher zu Kosmas, den Medicus. Er kann dir eine Salbe geben.“ Der flavische Medicus wirkte zwar auf jeden, der mit ihm zu tun hatte, sehr abweisend, doch seine Arzneien wirkten meistens.


    „Dann komm jetzt! Wir wollen die Domina nicht warten lassen.“ Candace ging voraus. Die Gänge des Gesindetrakts wirkten trist und grau, Lediglich ein mit der Zeit nachgedunkelter Verputz sollte das Gemäuer schützen. Auf weitere künstlerische Verzierungen hatte man hier selbstverständlich verzichtet, da wohl kaum ein Mitglied der herrschaftlichen Familia einen Fuß hierhin setzen würde. Mit Ausnahme der Saturnalia versteht sich.
    Doch einige Schritte weiter änderte sich das bisherige Erscheinungsbild der Gänge grundsätzlich. Eine Deckschicht mit leuchtend warmen Farben bedeckten die Wände, die durch aufwendig gestaltete Bordüren noch ergänzt worden waren. Schwere Türen aus Eichenholz mit kunstvollen eisernen Beschlägen führten in die einzelnen Räume. Vor einer dieser Türen blieb Candace schließlich stehen. Bevor sie klopfte, lenkte sie ihren Blick noch einmal zu der Neuen. Dann klopfte sie dezent.

    Evridiki, Athen. Kommentarlos registrierte sie die Antworten der neuen Sklavin. Später, wenn sie beide vor der Flavia standen, waren dies wichtige Informationen, die sie an ihre Herrin weitergeben konnte.
    Zufrieden konnte sie nun auch feststellen, welche „Früchte“ das kurze aber höchst effektive Bad mit sich gebracht hatte. Endlich war aller Schmutz, der an der Neuen gehaftet hatte, weggespült. Selbst ihr Haar schien, für den Anfang zumindest, gebändigt. Und als die junge Frau nun die zugewiesene wollweiße Tunika anlegte, vervollständigte sich ihr Bild zusehends. Die Tunika, zwar recht einfach geschnitten, dafür aber von recht hoher Qualität, passte der Neuen wie angegossen. Wenn nun die Haare noch hochgesteckt waren, dann war sie perfekt und konnte Domitilla unter die Augen treten.
    „Lass mich dir helfen!“ Candace trat auf sie zu und kümmerte sich um ihre Frisur. Bei dieser Gelegenheit konnte sie der Neuen vielleicht noch ein paar gutgemeinte Tipps mit auf den Weg geben.
    „Bevor du nun unserer Domina vorgestellt wirst, solltest du dir noch einige Dinge gut einprägen,“ begann sie, während sie das Haar der Anderen mit einem beinernen Kamm durchkämmte.
    „Unsere Domina… nun ja, gelegentlich kann sie recht launisch sein. Gerade an solchen Tagen solltest du sie tunlichst mit keinem Wort oder gar einer Tat reizen. Verhalte dich am besten unauffällig und sprich nur, wenn du gefragt wirst. Momentan macht sie eine schwierige Zeit durch.“ Das sollte fürs Erste genügen. Die Neue würde noch schnell genug mitbekommen, was die Domina derzeit bewegte. Mal ganz abgesehen von dem Tratsch der anderen Sklaven, der im Servitriciuum kursierte.


    Die geschickten Finger der Leibsklavin hatten bald eine einfache aber dafür recht ansehnliche Frisur geschaffen. Das Haar der neuen Sklavin war nun ordentlich nach oben gesteckt und wurde von einem Haarband gehalten. Candace befand, dass sie gut aussah. Die Neue jedoch musste wohl oder übel auf das Urteil der Standesgenossin vertrauen, da kein Spiegel vorhanden war.
    „Wenn du noch Fragen hast, dann stelle sie jetzt!“, meinte Candace noch zum Schluss. Die Flavia wartete bereits.