Ich setzte mich zu ihr, und sie beugte sich sofort näher. "Du hättest heute nicht hierherkommen sollen", murmelte sie. "Das sagst du immer", antwortete ich und versuchte zu lächeln. Es misslang. Mein Blick wanderte zu den Legionären. Der Offizier war inzwischen nähergekommen. Zu nah. "Was ist los?" flüsterte ich. "Sie suchen eine Frau. Eine Töpferin", sagte Livia leise. "Gestern auf dem Markt Streit mit einem Soldaten. Er liegt heute mit gebrochener Nase im Lager. Er sagt, du warst es." Mir wurde kalt. Gestern. Markt. Der betrunkene Soldat, der einen Krug nahm, ohne zu zahlen. Ich hatte ihm nur die Hand weggeschlagen. Mehr nicht.
Bevor ich antworten konnte, spürte ich den Blick des Offiziers im Rücken, als hätte er mir ein Gewicht zwischen die Schulterblätter gelegt. Für einen Herzschlag lang sah ich nur zwei Möglichkeiten... aufstehen oder etwas sehr Dummes, sehr Mutiges tun. Ich griff nach meinem Becher, als hätte ich es mir anders überlegt, stand halb auf, stolperte absichtlich ein wenig und wandte mich vom Tisch weg. "Ups...", murmelte ich laut genug, um gehört zu werden, "ich sehe schlecht im Halbdunkel." Dann ging ich nicht zur Tür, sondern machte zwei Schritte zur Seite, direkt zu der Frau mit dem dunklen Mantel und der aufrechten Haltung, die mir schon zuvor aufgefallen war. Sie wirkte fehl am Platz zwischen all dem Lärm, zu gesammelt, zu wachsam. Wenn jemand hier wusste, wie man sich in brenzligen Momenten benahm, dann sie.
Ich ließ mich neben ihr auf die Bank sinken, ohne zu fragen, und stellte meinen Becher auf den Tisch, als wäre ich mitten in einer längst begonnenen Unterhaltung. "Du bist spät dran", sagte ich leise, aber bestimmt, den Blick auf den Wein gerichtet. "Ich dachte schon, du kommst heute gar nicht mehr." Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Offizier innehielt. Unsicherheit. Nur ein Hauch davon, aber genug. Ich beugte mich näher zu der Frau und senkte die Stimme noch weiter. "Bitte spiel mit. Sie suchen mich." Lauter fügte ich hinzu, während ich mit dem Finger eine feuchte Spur im Holz nachzeichnete. "Wie fandest du gestern den gemeinsamen Ausflug?" Mein Herz hämmerte mir bis in die Schläfen. "Ich hoffe, es war erfreulich." Ich wagte es nun, sie anzusehen, nur kurz, flehend. Und hoffte, dass sie verstand, was hier gerade auf dem Spiel stand.