Der Marmorboden unter meinen nackten Füßen fühlte sich kalt an, obwohl die Nachmittagssonne durch die bunten Glasmosaike der Fenster fiel. Lautlos schlich ich über den Korridor, den Saum meiner Tunika gerafft, damit er nicht raschelte. Vor Ildruns Tür blieb ich stehen.
Drinnen, kein Laut.
Ich neigte den Kopf, presste mein Ohr an das kunstvoll geschnitzte Holz. War das ein Flüstern? Oder nur das Geräusch von Pergament, das umgeblättert wurde? Mein Herz klopfte plötzlich viel zu laut, wie ein aufgescheuchter Vogel in einem Käfig. Meine Finger krallten sich in die Wandvertäfelung, suchten Halt, wo keiner war. Ein Schatten bewegte sich unter der Tür. Ich hielt den Atem an. Schritte. Leicht, aber bestimmt wie jemand, der sich seiner Macht vollkommen sicher ist. Ich wich zurück, langsam, beinahe tanzend, auf Zehenspitzen, bis ich mit dem Rücken gegen die kühle Steinwand des Flurs stieß. Die Kälte durchdrang den dünnen Stoff meiner Tunika, jagte mir einen Schauder über die Wirbelsäule.
Die Tür öffnete sich einen Spalt, gerade genug, um hindurchzusehen, wenn man es wagen wollte. Ich wagte es nicht. Mein Blick war wie festgenagelt auf das winzige Stück Dunkelheit hinter dem Türrahmen. Meine Knie fühlten sich weich an, als hätten sie vergessen, wie man steht. Ich wollte fliehen, und doch hielt mich etwas fest, etwa die Angst? Die Neugier? Oder das leise, brennende Etwas, das sich seit Tagen in meiner Brust regte?