Beiträge von Publius Octavius Casca

    Während Malleus sich händereibend die gastronomischen Empfehlungen der Wachsoldaten anhörte, suchte Casca nach seiner entschwundenen guten Laune. Ohne Erfolg. Schon wahr, er hatte eine Menge von Malleus gelernt, nur, ob ihm das hier etwas nützen würde? Die Übungen im Ringkampf vielleicht schon, die Theorie vermutlich auch, aber die Waffen- und Kampflektionen? Wohl eher nicht. Er war im Umgang mit Hasta und Spatha geschult, im Kampf vom Pferderücken aus, in der Durchführung von Attacken, Finten und Wendemanövern, eben den Fähigkeiten eines in der Wolle gefärbten alten Eques, damit war bei den Kohorten sicher nicht besonders viel anzufangen. So langsam wurde es Casca nun doch etwas flau im Magen. Da würde so einiges auf ihn zukommen in nächster Zeit, genauer gesagt, im Lauf der läppischen nächsten fünfundzwanzig Jahre. Bei Libertas, er konnte nicht ganz bei Trost sein.


    Ein erneuter launiger Prankenhieb des aufgekratzten Veteranen riss ihn aus den trüben Gedanken. „Klingt doch alles ganz famos, oder? Was meinst du, Junge, Wald oder Wildsau?“
    Casca blies unschlüssig die Backen auf. Nichts hätte ihm gleichgültiger sein können. Durst hatte er zwar, aber der Appetit war ihm vergangen. Wenn es ihn überhaupt nach etwas gelüstete, dann nach einer ruhigen Therme, wo er sich des Straßenstaubes entledigen und seine Gedanken sortieren konnte. Malleus aber, das wusste er nur all zu gut, war was die Körperpflege betraf, nicht übertrieben pingelig. „Überlass ich dir.“, entgegnete Casca achselzuckend, „Ich möchte mich nur vorher waschen, wenns möglich wäre.“
    Und nochmal knallte die wuchtige Pfote auf seine Schulter. Jetzt wars aber mal gut mit den euphorischen Hieben, noch so ein Ding, und Malleus fing sich eine. „Aber ja doch, ja! Kannst du bei meinem Bruder machen. Wir stellen die Pferde unter und verkrümeln uns dann wieder. Ihm wird’s recht sein, spart sich der alte Geizkragen schon ein Gastmahl.“ Dann wandte sich der strahlende Veteran wieder den Wachsoldaten zu. „Vielen Dank für den Rat, Kameraden. Wir schauen uns mal in der Silva Nigra um. Den Eberkopf nehm ich mir morgen Abend vor. Wir laufen uns sicher wieder über den Weg, dann wird sich der alte Malleus bei euch erkenntlich zeigen, mein Wort darauf.“ Morgen Abend, dachte Casca beklommen, da würde er wohl schon Rekrut sein und klebrigen Puls mümmeln.
    „Nun gut, Männer ..“, plapperte Malleus nach einem prüfenden Blick in den Abendhimmel enthusiastisch weiter, „ .. es dämmert schon, ihr wollt hier sicher demnächst dicht machen. Dann bringt euren Dienst noch gut zu Ende, und merkt euch mein Gesicht. Ich bin nicht kleinlich, Kameraden gegenüber. Na los, komm Kleiner!“
    Kleiner. Auch das noch. So gnadenlos und unerträglich Malleus als Zuchtmeister auch sein konnte, gut gelaunt war er fast noch schlimmer. Aber eben nur fast. Leise vor sich hin grummelnd griff Casca nach den Zügeln und führte Procella aufs Tor zu. „Danke, Milites. Auch wir werden uns wohl wiedersehen. Einstweilen viel Glück euch beiden.“

    Casca lauschte den Ausführungen der Milites mit einem einsichtigen Nicken. Man konnte eben nicht alles haben. Die Legio II Germanica Fidelis Constans war zweifellos eine stolze und ruhmreiche Einheit, und obgleich Malleus mit seinen Sticheleien nicht ganz unrecht hatte, war es nicht allein der private Schlamassel, der Casca hierher geführt hatte, sondern auch sein ehrlicher Wille, Kaiser, Senat und Volk zu dienen. Zudem passte der Eberkopf ganz gut zu seinem Dickschädel.
    „Das ist schon in Ordnung.“ lächelte er den Wachsoldaten zu. „Ihr habt recht, Milites. Die Kohorten sind das Rückgrat des Imperiums.“ Mit einem wehmütigen Blick auf seine treue Thrakerstute fügte er etwas weniger fröhlich hinzu. „Es ist nur .. ich hänge eben sehr an meinem Pferd.“ Wie zur Bestätigung stieß Procella ein wohliges Schnauben aus. Casca tätschelte ihr behutsam den Hals und riss sich dann räuspernd zusammen. „Blödsinnige Gefühlsduselei, ich weiß.“
    Malleus gewaltige Pratze schlug schwer auf Cascas Schulter ein. „Ach Publius, sie wird es bei mir gut haben. Das weißt du.“ Sicher wusste er das. Leichter wurde es deshalb aber auch nicht.
    „Ist kein schlechter Kerl, der junge Octavier ..“ erklärte Malleus den Wachen. „.. ich hab ihm eine Menge beigebracht, auch über den Militärdienst. Wenn er sich hier oben nicht gleich im ersten Winter die Klöten abfriert, wird sicher ein ganz manierlicher Legionarius aus ihm. Oder etwa nicht, Junge?“
    Casca hasste es wie die Pest, wenn andere für ihn redeten, aber angesichts der ausgelassenen Laune seines alten Lehrmeisters beschränkte er seinen Kommentar auf ein gutmütiges „Wenn du es sagst, Malleus.“
    „Eben. Aber mal was anderes, Kameraden ... früher haben sich die Ehemaligen immer beim lahmen Numicius getroffen, in der Schänke zum Schnürstiefel an der Ostmauer, bevors rausgeht zur Brücke. Den Laden gibts sicher längst nicht mehr. Was meint ihr .. wo kann man als Veteran hingehen, um sich mal wieder so richtig .. ihr wisst schon .. “

    „Was wir hier wollen?“ wiederholte Malleus gut gelaunt die Frage einer der beiden Torwachen. „Nun, natürlich erstmal meine Heimkehr begießen. Ich war lange fort, müsst ihr wissen. Fast zwanzig Jahre. Sicher hat sich hier eine Menge getan in der Zwischenzeit ..“
    Casca stand schmunzelnd neben seinem Pferd und konnte sich wieder einmal nur wundern. Eigentlich war Malleus ein knurriger Brummbär, in der Gesellschaft von Soldaten aber, ganz gleich ob es Veteranen oder Aktive waren, verwandelte er sich jedes mal in eine leutselige Plaudertasche. Einmal Soldat, immer Soldat. Reizende Aussichten.
    „.. aber das wollt ihr sicher gar nicht wissen. Also, ich gedenke in das Geschäft meines Bruders einzusteigen, er ist Coriarius, Sattelbezüge, Zaumzeug, Zeitplanen und solche Sachen .. und dieser junge Dickschädel hier hat unlängst seine Pflichten als wehrfähiger Römer erkannt, und .. “
    „Ja, sicher. So ist es.“ fiel Casca Malleus grinsend ins Wort. Genug der Quasselei. Bisher waren die Milites recht höflich, das sollte auch so bleiben. „Ich habe vor, mich zur Secunda zu melden. Morgen. Eine Kavallerieeinheit gibt es dort wohl nicht, oder?“

    Nach einem langen Tag im Sattel, etwa zur elften Stunde, hatten die beiden Reiter das Castellum der Auxiliareinheiten passiert und näherten sich in gemächlichem Tempo den Stadtmauern von Mogontiacum. Casca ließ seinen Blick erstaunt umherschweifen. Das Giebelwirrwarr hinter den Mauern, die Gräberfelder beiderseits der Via Seculprum, die Töpferwerkstätten, das Kenotaph des Drusus, all das war ihm im Verlauf ihrer Reise von Malleus so anschaulich beschrieben worden, dass ihn das seltsame Gefühl beschlich, etwas wieder zu erkennen, was er noch nie gesehen hatte. Das also war die Heimat von Cossus Malleus, dekorierter Veteran der Auxilia, Leibwächter, gescheiterter Cauponawirt, Weinhändler, Lohnarbeiter und schließlich unterbezahlter Ausbilder des halbwüchsigen Quälgeistes Publius Octavius Casca. Was für ein Leben. Der vernarbte alte Bulle konnte einem fast leid. Malleus selbst dagegen schien sich derlei Gedanken nicht zu machen. Er nahm alles wie es kam und versuchte lediglich, das Beste daraus zu machen. Casca hatte dem verwitterten Haudegen weit mehr zu verdanken als nur seine körperliche Ertüchtigung, und auch wenn er es nie zugegeben hätte, der Gedanke daran, sich bald von Malleus trennen zu müssen schmerzte ihn ebenso wie der anstehende Abschied von seiner Stute Procella, vielleicht sogar noch mehr.


    In Sichtweite des Tores brachte Malleus sein Pferd zum Stehen und drehte sich mit ernstem Gesicht zu Casca um. „Tja, mein Junge, da wären wir. Viele Gelegenheiten, es dir anders zu überlegen, bekommst du nicht mehr. Also?“ Casca stöhnte grinsend auf. Nun ging das wieder los. Seit der wohlverdienten Tracht Prügel in Vercellae war sein Entschluss zwischen den beiden kein Thema mehr gewesen. Das ganze jetzt noch einmal aufzukochen war, gelinde ausgedrückt, etwas über die Zeit. Sicher waren die in Genua aufgegebenen Briefe schon allesamt bei den Empfängern angekommen. Fides Publica Populi Romani war vorüber, das für diesen Tag anberaumte Verlöbnis somit geplatzt und Palfuria Stellas aufgebrachte Brüder konnten sich nun mit der Familie seines selbsternannten Schwiegervaters Paeonius Silo verbünden, um die Urbs Aeterna nach Casca abzusuchen. Nein, zu überlegen gab es da nicht mehr viel.


    Kopfschüttelnd lenkte Casca sein Pferd zu Malleus hinüber und blickte dem Gefährten treuherzig in die eisgrauen Augen. „Deine Sorge um mein Wohl erfüllt mein Herz mit dankbarem Beben, einziger Freund, du.“ Malleus runzelte die buschigen Brauen, versenkte sich tief in den Blick seines Schützlings und hauchte mit zuckenden Mundwinkeln.“ Ach, Publius .. du bist für mich der Sohn, den ich niemals hatte.“ Eine schweigende Ewigkeit starrten sich beide reglos an, dann brachen sie synchron in brüllendes Gelächter aus. „Der Sohn, den ich niemals hatte ..“ blökte Casca mit tränenden Augen. „.. du hast das halbe Latium geschwängert!“ Prustend knallte sich Malleus die Pranke auf den Oberschenkel. „Mindestens! Und du? Flüchtest wegen ein paar Glückstreffern durchs halbe Imperium! Einziger Freund, du!“
    Die Pferde, merklich irritiert vom albernen Gewieher ihrer Reiter, begannen auf der Stelle zu tänzeln und zuckelten schließlich von alleine weiter auf das Stadttor zu. Casca und Malleus ließen sie kichernd gewähren. „Ich flüchte nicht.“ ergänzte Casca schmunzelnd, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. „Ich bring mich bloß in Sicherheit.“ Malleus quittierte diese Aussage mit einem amüsierten Nicken. „Sicherheit. Bei den Adlern. Tolle Idee.“


    Am Tor angelangt zwangen sich die Reisenden wieder Ernst und Würde auf die Mienen und stiegen vom Pferd. Die Wachsoldaten wirkten nicht unbedingt feindselig, besonders vergnügt sahen sie aber auch nicht aus. „Salvete, Milites.“ trompetete Malleus freundlich. „Cossus Malleus und Octavius Casca. Wir möchten in die Stadt, wenns recht ist.“

    Ah ja, ich verstehe. Vielen Dank, Duccius Marsus. :dafuer:


    Das wäre dann die Classis in Alexandria, die Legio II bzw. die Auxilia in Mogontiacum und die
    Cohortes Urbanae bzw. (theoretisch) die Cohortes Vigiles in Rom. Ist ja alles dabei. :) Dankeschön.

    Genau. Dankesehr, Marcus Tiberius Magnus. :]


    Umfrage hab ich gemacht. Ansonsten alles klar. :dafuer:


    Vielleicht, wenn es gestattet ist, noch eine Frage ins weite Rund: Wenn ich das richtig gelesen habe, ist die Legio I in Mantua abgewickelt? Da heißt, es bleibt für einen Civis noch die Legion in Mogontiacum oder die Urbanercohorten in Rom? Wahr?

    gratias ago pater familias :dafuer:


    Das freut mich. Große Umstände will ich auch gar nicht machen. Wo du mich im Stammbaum reinstopfen möchtest, bleibt selbstverständlich dir überlassen. Mir solls recht sein. Wie gesagt, sollte es doch einmal Anlass zur Kritik geben, einfach melden.


    Nochmals: Vielen Dank, geschätzter Gaius Octavius Victor! :)

    Salve, Octavius Victor.


    Herzlichen Dank für die schnelle Antwort und deine prinzipielle Aufnahmebereitschaft.
    Ich bin eigentlich ganz guter Dinge, mich zur Not auch ohne Hilfe zurecht zu finden. Der eine oder andere Verwandte scheint sich ja noch rumzutreiben. :) Würde mich wirklich freuen, in deiner Gens unterzukommen. Sollte es etwas ganz elementares geben, worauf ich achten muss oder was dir wichtig ist, lass es mich einfach wissen. Ansonsten werde ich der Gens sicher keine Schande machen. Zumindest hege ich den festen Vorsatz. ;)

    "Vielen Dank .. wie lieb von diiieeeer .." Die Blumen mein ich. :star:


    Nun, gesetzt den Fall, Octavius Victor nimmt mich auf, wäre der Wohnort natürlich Rom.
    Wenn nicht, tja. Vielleicht braucht ja sonst jemand einen Neuzugang? Casca ist relativ pflegeleicht und bereits stubenrein. Eigentlich zieht es ihn zu den Truppen - momentan.


    So oder so vielen Dank für die zügige Antwort, Tiberius Magnus.:)