Beiträge von Tiberia Maximilla

    << Interessiert schaute sie sich im Oecus um und kam nicht umhin zu bemerken, wie wunderbar er ausgestaltet war. Ja, hier konnte man sich durchaus aufhalten, auch wenn es ihr wieder den Verlust der Villa Tiberia schmerzvoll vor Augen führte. Wie gerne wäre sie bei ihrer eigenen Familie unter gekommen, doch das war nun nicht mehr möglich. Dieser Gedanke drückte auch arg auf ihre Laune. Mit einem verbitterten Gesichtsausdruck schritt sie auf eine der Klinen zu und setzte sich. Reisen war über die Maßen anstrengend, besonders dann, wenn es mit einem Schock endete. Gerne ließ sie sich von einem der Sklaven einen guten, süßen Saft servieren. Hoffentlich ließ Aurelius Lupus nicht zu lange auf sich warten, doch als ob er ihr den Aufenthalt versüßen wollte, trat Hymeas nun an ihre Seite und sie drückte ihm dankbar seine feingliedrige Hand. Ein Bad wäre nun angenehm, doch das würde noch einen Moment warten müssen. Zuerst wollte sie wissen, was in der Villa vorgefallen war und natürlich wollte sie ihre Nichte sehen.

    Offenbar wusste der Sklave nichts von Aurelius Corvinus, was für Maximilla soetwas wie eine Schande war. Dennoch nickte sie gnädig und erfuhr, wer denn nun der Hausherr war. Ein Haruspex Primus und zeitgleich ein Senator. Das klang nicht schlecht, auch wenn es bei der alten Dame nicht unbedingt Eindruck machte. “Also gut, dann warte ich auf ihn. Sag ihm, er soll sich eilen!“ Unter diesen Worten winkte sie ihre beiden Sklaven heran. “Sorg dafür, dass die Sänfte gut unterkommt und dass die Männer gut versorgt werden!“, verlangte sie dann noch und deutete auf ihre Bewacher und die Sänftenträger. “Die sind alle nur geliehen und ich will nicht, dass sie eingehen!“ Ohne den Ianator eines weiteren Blickes zu würdigen schritt sie schließich neben ihm her, um in besagten Räumlichkeiten des Hausherrn zu harren zu können.

    Es schaukelte noch einmal kurz, dann wurde die Sänfte auf dem Boden abgesetzt und Maximilla ließ ihre Blicke schweifen. Von diesem höchsten der sieben Hügel hatte man einen guten Blick über Rom und auch die Villa sah sehr gepflegt aus. Ein guter, römischer Baustil war es, was sie natürlich sofort bemerkte. Beinahe so, wie sie es in Erinnerung hatte. Der Quiriniustempel befand sich wohl in von hier aus gesehen in nördlicher Richtung und auch der Portikus konnte nicht weit sein. Sie rückte sich noch einmal zurecht, befühlte ihre Perrücke und schwang dann die Beine von der Sänfte. Die Vorhänge hatte sie bereits beiseite gerafft, denn immerhin hatte sie das Bild sehen wollen, welches sich ihr bot. Der alte Sklave hatte sich inzwischen auf gemacht, um an der Tür zu klopfen und diese wurde, zu ihrer Überraschung, auch sogleich aufgetan. Offenbar war Vater Ianus ihnen gnädig. Doch was war das? Ihre Augen weiteten sich flüchtig. Ein Hüne als Ianator? Maximilla erhob sich schnell, wobei sie kaum zur Kenntnis nahm, dass ihr Hymeas ihr eine unterstützende Hand reichen wollte. Schnell richtete sie ihre Garderobe und nahm den direkten Weg, ebenfalls zur Tür. Obwohl, oder vielleicht gerade weil ihr der Schock noch in den Gliedern steckte, hatte sie schon zur alten Form zurück gefunden. Gerade hatte sie noch gehört, dass der fremde Sklave den Namen ihrer Nichte in den Mund genommen hatte, als sie selbst auch schon die Stimme erhob. “Mir ist es gleich, wer meiner Nichte von meinem Eintreffen berichtet, nur tut es schnell! Und ich möchte mit dem Hausherren sprechen,“ forderte sie. Unmittelbar vor der Tür warf sie noch einen Blick auf den großen Sklaven für sie undefinierbaerer Herkunft, ehe sie direkt eintreten wollte. “Der Hausherr ist doch noch immer Aurelius Corvinus?“ Damals war er es zumindest gewesen. “Oder wen auch immer. Hol ihn her und richte ihm aus, dass Tiberia Maximilla eingetroffen ist!“ Sie schaute dem Sklaven fest entgegen.

    Leidlich erfrischt gab sie den Weinschlauch zurück und widerstand dem Blick zurück zu schauen. Wenn sie eines im Leben gelernt hatte, so war es, dass man niemals zurück blickte, sondern immer nur nach vorn, auch wenn das seit den letzten Geburtstagen auch keine sonderliche Freude mehr bereitete. Die Sänfte schwankte über die Straße und die Träger schritten kräfitg aus, damit es nicht mehr allzu lange dauerte, bis sie die Villa der Aurelia erreicht hatten. Lange war sie nicht mehr in Rom gewesen und sie kannte sich auch nicht mehr so gut aus. In all den Jahren hatte die ewige Stat nun doch ein wenig ihr Gesicht verändert und so oft war sie damals, vor unendlich langer Zeit auch nicht mehr bei den Aureliern gewesen. Dennoch stieß die Antwort des Sklaven ihr übel auf, denn sie bedeutete, dass deren Villa gerade mal so einen Steinwurf weit entfernt war und sie quasi schon direkt darauf schauen konnte. Maximilla blähte ihre Nasenflügel. “WERD NICHT FRECH!“, herrschte sie dann den alten Sklaven an und überlegte einen Moment, ob sie Offensichtlichkeit ihres Nichtwissens, auf welches er geantwortet hatte, mit einem Schlag auf den Hinterkopf vergelten sollte. Doch letzten Endes entschied sie sich dagegen. Es war der Mühe nicht wert. Sie setzte einen stolzen Gesichtsausdurck auf und wartete den Moment ab, in welchem die Träger die vor der Türe absetzen würden.

    Maximilla nickte. Corvina. Damals in Tarraco, als sie sie besucht hatten, war sie noch ein kleines Mädchen gewesen. Doch sollte sie nun spekulieren wie alt sie inzwischen war? Das musste Jahre her sein und Maximilla hatte sich abgewöhnt in Jahren zu denken. Dennoch wäre es sicherlich erbaulich, sie wieder zu sehen, obwohl, oder gerade weil das Schicksal der Familie gerade so übel mitspielte. Immerhin war dieser Gedanke flüchtig dazu angetan, von der Ruine, die sie im Begriff waren zu verlassen, doch dann folgte eine Aufklärung über die Vorgänge. Aufständische Sklaven. Das hatte sie schon am Stadttor gehört, doch was danach kam, ließ sie einen spitzen Schrei ausstoßen. “Gekreuzigt? Einen Tiberius?“ Abrupt richtete sie sich auf ihre Liege auf und funkelte den Slaven böse an. Vielleicht mochte er keiner der Aufständischen sein, doch er war ein Sklave, der sich Rom aufgehalten hatte. Allein das sollte ihn in ihren Augen schon verdächtig machen. Überhaupt hatte Maximilla etwas gegen die Unfreien und am liebsten war es ihr, wenn diese in ihrer Gegenwart schwiegen oder wahlweise mit der Wand verschmolzen. Nur Gesindel, welches besser arbeiten sollte. Nein, sie war gewiss nicht zimperlich mit diesem Volk und inständig hoffte sie, dass die Verantwortlichen der Stadt auch nicht sein würden. Sie alle sollten brennen oder gekreuzigt werden. Am besten beides zusammen, obwohl der Tod für diesen Bodensatz noch viel zu schade wäre. Steinbrüche, mit einem Joch im Nacken, schuften unter der Peitsche, bis sie zugrunde gingen.


    Unter ihrem Gedankenstrom bekam sie gar nicht mit, was der Sklave sagte. Sie verstand nur, dass die Aurelier sie aufnehmen würden. Eine ehrenwerte Familie durchaus, doch kaum ein Ersatz für die Villa Tiberia mit ihren Annehmlichkeiten. “Wie nett von ihnen,“ sagte sie nur kurz angebunden. “Du darfst Tiberia Maximilla ankündigen. Sie ist gerade eben erst von ihrer Reise nach Macedonien zurück gekehrt.“ Sie ließ sich wieder sinken und seufzte. All die schönen Kissen konnten nicht darüber hinweg täuschen, dass sie wohl kaum Ruhe finden würde. Und das wollte sie auch gar nicht. Sie wollte nicht ruhen, bis die Aufständischen ihre gerechte Strafe erhalten hatten. Auf diesen inneren Schwur brauchte sie noch einen Schluck aus dem Wasserschlauch und sie streckte die Hand aus, um Proximos zu animieren, ihr diesen zu reichen. “Wie weit ist es bis zu den Aureliern?“, wollte sie wissen, ehe sie den Schlauch an ihre Lippen setzte.

    Immer wieder hatte sie zu den Ruinen geschaut und sie konnte es nicht fassen. Die Villa, sie sollte einfach nicht mehr da sein und sie konnte bis jetzt nur vermuten, was mit ihrer Familie und mit den Sklaven geschehen ist. Es war einfach empörend, unfassar und ungeheuerlich. Unter diesen Emotionen schnaubte sie und schnaufte, wobei sie sich des öfteren ans Herz griff, welches so fürchterlich hart in ihrer Brust pochte. Sie hasste dieses Gefühl, welches sich allerdings noch verstärkte, wenn sie auf die Mauer schaute, auf der dieses wirklich infame Kaufangebot stand. Claudia Sisenna. Den Namen würde sie sich merken und sie würde diese Frau derartig quer durch Rom jagen, dass diese ihre Sandalen verlieren würde.

    https://abload.de/img/proximos0juvg.jpg “Proximos!“, schnappte sie dann und deutete auf das Geschmiere. “Wisch das ab oder mache es unkennlich! Wer immer auch diese Schmeißfliege ist, die das da dran gemalt hat, aber ich werde sie finden.“ Niemand würde die Schmach der Tiberia ausnutzen. Niemand würde ihre Leichen gehen, um an ihren Grund und Boden zu kommen. Es war erschütternd. Proximos machte sich ans Werk. “Hymeas, mein Herz… komm herbei!“ Sie streckte ihre Hand aus, welche der schweigsame, scheue Sklave sodann ergriff und sie ein wenig drückte. “Ich brauche ein wenig Halt.“

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    Dann allerdings näherte sich eine Person und die gedungenen Leibwächter sammelten sich, um einem etwaigen Feind entgegen treten zu können, doch es war nur ein alter Mann, der offenbar entsand worden war, um verstreute Familienmitglieder einzusammeln. “NATÜRLICH BIN ICH EINE TIBERIA!“, schnauzte sie in seine Richtung. “Sehe ich etwa aus wie ein Klageweib, welches man bezahlt, um verkohlte Steine zu betrauern?“ Sie entließ mit einer wegwerfenden Bewegung die Hand ihres Sklaven und legte sich auf der Liege zurecht. Dann klatschte sie in die Hände, um die Träger zu animieren, wieder ihrer Aufgabe nachzukommen. “Erzähle mir wie das hier geschehen ist!“, verlangte sie von dem alternden Sklaven. Die Sänfte ruckte nach oben. Es konnte also losgehen. “Und wer von meiner Familie hält sich bei den Aureliern auf?“ Die Träger setzten sich in Bewegung. Ebenso die Wächter und Hymeas und Proximos. Der fremde Sklave könnte auch auf dem Weg erklären. Maximilla wollte keine Zeit verlieren und sie wollte sich auch nicht länger neben diesem deprimierenden Anblick der Villa aufhalten. Sie hatte genug gesehen. Nun galt es sich aufklären zu lassen und zu handeln.

    << Lange hatte Maximilla nicht umherirren müssen. Proximos hatte auf sie gewartet und gemeinsam hatten sie den Weg zu einem Sänftenverleih gefunden. Innerlich hatte sich die Tiberia geärgert, denn sie trug ihre besten Schuhe und sie wollte nicht unbedingt den Schmutz der Straße an ihnen wissen. Doch im Nachhinein war dies alles unwichitg, denn es galt noch immer die Villa Tiberia so schnell es ging zu erreichen. In der Sänfte ging es erstaunlich schnell weiter und sie hatte dafür gesorgt, dass ihre Träger alles kräftige und überaus robuste Männer waren, die sie zur Not auch hätten verteidigen können. Immerhin hatte sie gutes Geld bezahlt. Nun thronte sie in den Kissen. Neben ihr kauerte Hymaes, noch immer mit dem Fächer bewaffnet, den er auch nun wieder einsetzte. Die sanfte Brise, die der Luftzug verbreitete tat recht gut und immer wieder fächelte sich Maximilla ob ihrer Aufregung auch selbst Luft mit der Hand zu. Dazu seufzte sie ein jedes Mal und befeuerte ihre Träger und Begleiter doch schneller zu gehen. Dank ihrer Überzeugungskraft gelang es auch schließlich und die Sänfte hubbelte ob des raschen Laufschritts auch mächtig auf und nieder, sodass die Tiberia reichlich hin und her geschüttelt wurde. Erst ales es auf den Westhang des Esquilin hinauf ging wurde der Schritt etwas ruhiger, dafür aber das Schnaufen der Männer noch lauter. Maximilla achtete gar nicht darauf, sondern spähte entschlossen umher, um möglichst schnell das wahre Ausmaß der Katastrophe zu entdecken. Und dann erreichten sie sie auch schon. “NEIN!“, entfuhr es ihr und ihre Augen weiteten sich entsetzt. Was ihr entgegen ragte war eine verkohlte Ruine, die in ihrer mächtigen Gesamtheit aussah wie ein verfaulter Zahn. Das musste nun ersteinmal sacken. Maximilla sank kurzfristig in sich zusammen und traute ihren Augen nicht, wobei sie einen seltenen Eindruck machte: Sie wirkte verloren. Der junge Schönling verstärkte seine Befächerungsversuche daraufhin, doch Maximilla schob ihn weg und setzte einen Fuß auf den Boden. Dann den anderen. Langsam schritt sie auf die Reste der Villa zu und hielt dann inne, während sie eine skurrile Inschrift las, die jemand an die Mauer geschmiert hatte. Ich möchte das Grundstück kaufen! Unterschrift Claudia Sisenna Maximilla runzelte die Stirn, ehe sie beide Hände zu den Wangen führte, um diese in Entsetzen zu umfassen. “Oh Iuno!“, krächzte sie kläglich. Dann ging sie wieder zu ihrer Sänfte zurück und ließ sich nieder sacken. Proximos eilte mit einem Wasserschlauch herbei, in dem sich ein verdünnter Weißwein befand. Den mochte sie immer am liebsten. Leicht süßlich, mit einem Hauch Frucht im Abgang. Maximilla setzte ihn an die Lippen und nahm einen kräftigen Zug. “Wer immer das gewesen ist!“, schimpfte sie dann. “Die Geier sollen ihre Gedärme fressen! Die Raben ihre Augen zerhacken und ihre Leiber sollen in der Gosse faulen!“ Es war nur ein Murmeln, welches sie letzten Endes noch hervor brachte, doch für ein lauteres Sprechen war sie einfach viel zu betroffen.

    “WAS?“, kreischte sie auf und starrte den Urbaner an. Hinter ihrer Stirn lösten sich aber bereits wieder die ersten Gedanken aus der Schockstarre. Sie mussten sofort aufbrechen. “Alles Gepäck dort hinüber!“, befahl sie ihrer Sklavenschaft. “Ihr wartet hier und bewacht es, bis ich euch holen lasse! Und ihr!“ Sie deutete auf die beiden ehemaligen Gladiatoren und die drei Veteranen, “Ihr folgt mir!“ Dann trat sie dem Wachhabenden direkt gegenüber und schaute ihm fest entgegen. “Du lässt mich passieren, ich muss zu meiner Familie!“ Auf ihre Garderobe, Schmuckstücke und alles andere was sie dabei hatte, konnte sie einen Moment lang verzichten. Hier ging es immerhin um die Tiberia. Schon war sie auf dem Weg an dem Urbaner vorbei, doch dann fiel noch etwas ein und sie fuhr herum. “HYMEAS!“, rief sie schneidend. “Schwing deinen Hintern hier her!“ Der Gerufene beeilte sich nun, dem Wagen zu entsteigen und eilte auf seine Domina zu. In der Hand hielt er noch immer den Fächer.
    “Wenn du mich nun entschuldigen würdest, Miles,“ sagte sie dann süßlich zu dem Urbaner und verschwand schnurstracks, mit eiligem Schritt und ihrem Gefolge in der Stadt.

    “Ihr habt gehört, was er gesagt hat,“ sagte sie entschlossen. “Obwohl es eine Schande ist, dass eine Dame sich gerade bei einem Aufstand nicht verteidigen darf.“ Allein der Gedanke, dass es wohl Sklaven waren, die einen Aufruhr in Rom fabriziert hatten, sie schon rein gedanklich in Harnisch versetzte. “Was ist eigentlich hier los?“ wollte sie dann wissen. “Ich hörte von Unruhen in der Stadt. Anscheinend brennt es auch.“

    Maximilla erkannte sie sofort, selbst aus einem Spähwinkel heraus, diese aufgeblasenen Wichtigtuer. Offenbar hatte sie nun einen weiteren erwischt, der hier meinte sich unanahbar und unendlich wichtig zu geben. Nun gut, aber immerhin war in Rom einiges los und dafür hatte sie schon Verständnis. Proximos schritt auf den Urbaner zu und nickte ihm begrüßend entgegen. “Salve, Miles!“, grüßte er für seine Verhältnisse recht zackig und rückte auch sogleich mit seinem Begehr heraus. “Meine ehrenwerte Domina Tiberia Maximilla wünscht Einlass in die Stadt, um ihre angesehene Familie zu...“ Weiter kam er nicht, denn Maximilla zog nun den Vorhang, der die Sicht zu dem Geschehen noch halbwegs begrenzt hatte gänzlich zur Seite. “Proximos!“ rief sie vernehmlich und wie immer, wenn sie laut wurde, klang sie ein wenig schrill dabei. “Lass ihn das Gepäck durchsuchen und meinetwegen auch den Wagen. Sobald du kannst gehst du in die Stadt und besorgst kleine Karren für das Gepäck und eine Sänfte.“ Sie regte sich, rappelte sich auf und machte sich daran den Wagen zu verlassen. “Den Wagen lassen wir hier samt Kutscher. Wir werden ihn dann in der Nacht zu dem Anwesen der Tiberier schicken lassen.“ Wahrscheinlich würden sie auch noch einige Wachleute brauchen. Für ihr Alter recht behände entstieg sie nun dem Gefährt, raffte ihre Kleidung zurecht, strich sich noch einmal über die Perrücke und ging mit festen Schritten auf den Miles zu. “Hast du hier etwas zu sagen?“, wollte sie wissen. “Wenn ja, dann weise deine Männer an zu tun, was immer sie tun müssen...“ Sie schenkte den anderen beiden Milites einen auffordernden Blick. “Wir haben es eilig!“

    Es war ein heißer Tag. Die Sonne stach vom Himmel, nur dann und wann ein wenig von Schäfchenwolken umschwärmt und weit und breit war kein Regen in Sicht. Ein lauer Wind wehte aus östlicher Richtung und es roch nach Holz. Derselbe Geruch wie schon seit Tagen, in denen sich der schwerfällige Reisewagen mit auf dem Pfaster polternden Rädern in Richtung Roma bewegte. Ein Elend war es, jeden einzelnen, unsäglichen Stoß abzubekommen, der von den tückischen Unebenheiten der Straßen herrührte. Maximilla – so gerne sie auch reiste - war es allmählich leid. Schiffe waren ihr viel lieber, doch hier auf dem Lande war eine derartige Passage wohl nur schwer möglich. Vor Tagen noch hatte sie das schöne Macendonia verlassen, war einen kurzen Weg über die See gereist, um in Brundisium anzulegen. Die frische Seeluft hatte sie betört, ebenso wie der hübsche, langhaarige und feingliedrige Hymeas, welchen sie sie in der Hauptstadt der Provinz erworben hatte. In einer langen, reich bestickten schwarzen Robe und umhüllt von einer ihrer fülligen Figur schmeichelnden, safrangelben Stola aus Wildseide lag sie nun hindrappiert in die Kissen und betrachtete sich den schönen Jüngling, welcher neben ihr kauerte und ihr mit einem reich verzierten Fächer Luft entgegen wedelte. Hymeas war wirklich wunderbar in jeder Beziehung. Er schmeichelte vortrefflich dem Auge und auch für Herz und Leib hatte er etwas zu bieten. Zwar war er ein wenig schweigsam, doch ob seiner Jugend würder er sich gewiss hin zu einem rhetorischen Wunder formen lassen, der der alternden Tiberia die Reisen trefflich versüßen konnte. Ein wenig verliebt spielte sie mit den Strähnen ihrer schwarzen Perrücke, welche die altersbedingte Schütterheit ihres eigenen ergauten Haares verdeckte.


    Die anderen Sklaven, welche sie in ihrem Gefolge hatte und die für die Verpflegung, das Gepäck und für die anderen täglichen Bedürfnisse da waren, bildeten einen kleinen Treck von etwa zehn Personen hinter dem Reisewagen, der von vier stattlichen Maultieren gezogen wurde. Ihnen voraus waren fünf ehemalige Gladiatoren und Veteranen, welche für ein gutes Entgelt bereit gewesen waren, den Wagen und seinen Inhalt hinreichend auf dem Weg von Brundisium nach Rom zu beschützen. Maximilla seufzte, als ihr Sklave Proximos von draußen her ankündigte, dass er den letzten Meilenstein vor Rom entdeckt hatte. Nun würde es nicht mehr lange dauern. In Maximillas Gedanken stand bereits das warme Bad mit schmeichelnden Duftölen, ein herrliches Mahl und auch ein wenig erbaulicher Abendbeschäftigung mit ihren Verwandten in der ewigen Stadt. Nach einer weiteren halben Meile jedoch kamen traf der Wagen auf einige Männer, Frauen und Kinder, die sich auf freiem Feld aufhielten und wieder war es Proximos, der an den Wagen trat und von einem Aufstand und Rauchsäulen berichtete, die über der Stadt standen. Maximilla regte sich, stieß ihren lieben Hymeas rüde davon und streckte ihren Kopf aus dem Fenster, wobei sie halbdurchsichtigen Vorhänge beiseite raffte. “Iuno!, stieß sie aus. “Was ist denn nun dies?“ Der kräfitge Proximos deutete auf die Menschen, welche im Begriff waren, an dem Wagen vorbei zu ziehen. Offenbar hatten sie alles mögliche dabei, was sie für ein bis zwei Tage versorgen konnte. “Sie sagen in der Stadt herrscht ein Sklavenaufstand und dass einige Häuser brennen!“ Maximilla hob ihre Augenbrauen empor und schürzte ihre rot bemalten Lippen. “Vielleicht sollten wir besser nicht in die Stadt fahren, sondern in kleinem Gasthaus...“


    Weiter kam der Sklave nicht, denn Maximilla stieß einen spitzen und wenig amüsierten Ton aus. “SCHWEIG STILL!“, herrschte sie ihn dann an. “Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor ein paar Sklaven? Glaubst du etwa, ich würde mich verkreichen wie ein verdammter Wurm?“ Proxymos zuckte zusammen und schüttelte schnell den Kopf. “Nein, Domina, ich dachte nur...“ Stechende Blicke seitens Maximilla hielten ihn vom Weitersprechen ab. “NUN TREIB SCHON DIESE ELENDEN TIERE AN!“, herrschte sie zum Kutscher hinauf. “Wir haben jetzt erst recht keine Zeit mehr zu verlieren!“ Maximilla zog ihren Kopf zurück und strich sich eine derangierte Haarsträhne zurück in die elegante Frisur, dann bemerkte sie den furchtsamen Blick ihres attraktiven Gigolos, der sich verschreckt an den Fächer klammerte. Sofort erschien ein mildes Lächeln auf den Lippen der Tiberia. Schließlich streckte sie die Hand aus und streichelte ihm mit einem Finger über die Wange. “Mein Guter, du brauchst nicht zu erschrecken. Maximilla hat schon schlimmeres überlebt als einen Sklavenaufstand!“ In Hymeas Blicken spiegelte sich die Erkenntnis, dass er dies durchaus ein wenig bedauerte, doch zum seinem Glück fiel das der Tiberia nicht auf. Der Wagen ruckte, als die Maultiere in einen tockeligen Trab verfielen. Nun ging es schon wesentlich schneller und die gesamte Reisegruppe näherte sich so beinahe in doppelter Geschwindigkeit der Stadt. An den Toren der Stadt kam der Wagen und der Tross zu seinem Halt, während es wieder Proximos war, der vortrat, um der etwaigen Wache von ihrem Begehr zu künden. Den Wagen würden sie wohl zurücklassen müssen, denn immerhin war es noch am helllichten Tage, doch es würde sich gewiss irgendwo eine Sänfte mieten lassen. Wieder zog Maximilla ein wenig den Vorhang zurück, um einen besseren Blick auf das Geschehen außerhalb des Wagens zu haben.