Beiträge von Caius Heius Vibulanus

    Der Gardepräfekt hatte mit einer Miene wie aus Stein gemeißelt die bisherige Diskussion verfolgt, nun erklärte er mit schnarrender Stimme:

    "Papperlapapp. Das Gesindel zu alimentieren macht es nur noch frecher. Die Christen sind ein Ärgernis, aber nur ein verrückter Verein von vielen. Denken wir an die Isisanhänger, was die früher für einen Aufstand gemacht haben, mittlerweile sind sie ein ganz gewöhnlicher öffentlicher Kult.
    Nein. Das wahre Problem ist folgendes: unsere Stadt wächst und wächst und quillt schon längst über. Dabei kommt der größte Zustrom aus den östlichen Provinzen, orientalische Griechlein, Syrer, ehemalige Sklaven, mit allen Wassern gewaschen, inflationär freigelassen, man kennt das ja, windige Subjekte."

    Iuvenal zitierend fuhr er fort:

    "Schon längst fließt der Orontes in den Tiber' Mehr Bewohner gleich mehr Verbrechen. Jeder Art. Dem gegenüber stehen wir Stadteinheiten mit einer Anzahl von Kohorten, die seit Jahrzehnten nicht mehr erhöht wurde."

    Zuletzt hatte Kaiser Vespasian die Anzahl der Stadtkohorten erhöht, die der Prätorianergarde jedoch verringert.

    "Befindlichkeiten noch aus Republik-Zeiten schränken Bewaffnung und Wehr ein. Die Vigilen stehen nachts mit Knüppeln gegen waffenstarrende Verbrecherbanden!
    Es ist eine einfache Rechnung. Wir brauchen schlicht mehr Prätorianer, mehr Stadtsoldaten, mehr Vigilen und mehr Befugnisse hart durchzugreifen. Zudem müssen alle...."
    - Der Präfekt visierte mit stechendem Blick unverhohlen direkt den Urbanertribun an - "...ausnahmslos alle Stadteinheiten straffe Disziplin wahren, und jeglichen Schlendrian in der Truppe hart sanktionieren."





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    "Ausflüchte interessieren mich nicht, Tribun, nur Fakten." urteilte der Präfekt kalt. Er war kein Anhänger der Christianerhysterie und noch weniger von eigenmächtigen Untergebenen.
    "Ohne meine Freigabe hast du kein Bürgerhaus zu erstürmen, und bevor du nicht allen deinen Leuten den Urlaub gestrichen hast, keine Urbaner in unsere Angelegenheiten zu involvieren. Ist das klar?"

    "Du hast das Haus eines römischen Bürgers erstürmen lassen? Du hast mit den Cohortes Urbanae kooperiert? Ohne mich hinzu zu ziehen?"
    Kalt stellte der Präfekt dies fest, legte die Finger aneinander, musterte den Tribun, der einmal auf seinem Platz gesessen hatte und vergessen zu haben schien, dass dies nicht mehr der Fall war.
    "Tribun Decimus, eine solche Eigenmächtigkeit steht deinem Rang schlecht zu Gesicht."




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    O-beinig stolzierte der alte Gardepräfekt durch den Palast und fand sich in der kaiserlichen Amtsstube zum Treffen mit dem Imperator ein.
    "Salve mein Kaiser!" schnarrte er, wie stets militärisch grüßend.
    "Eine Rede an den Senat also. Was ist der Anlass? Dein junger Quaestor war ganz aufgeregt. - Ich habe dir jedenfalls das ein oder andere vorbereitet."




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    "Verstanden." antwortete der Präfekt kühl. Das mehrfache "dringend" erschien ihm recht dramatisch für eine geplante Senatsrede, er führte es auf die jugendliche Unerfahrenheit des Annaeus zurück.
    "Du kannst wegtreten, Quaestor."


    Heius Vibulanus ließ seine Tribune antreten und delegierte: den Norden und Westen des Imperiums an Laetilius, den Süden an Appuleius, den Osten an Decimus, den letzten Schliff an seinen tüchtigen Cornicularius. Er selbst war nämlich eher ein Mann der Tat als des Wortes. (Außerdem musste er gleich los, er war als Ehrengast zur Cena seines Veteranenvereins eingeladen.) So kam es, dass die Tribune eine arbeitsame Nacht, der Präfekt hingegen einen schönen Abend hatte. Am nächsten Tag begab er sich auf den Palatin.



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    Der Quaestor Principis mit einer Nachricht des Kaisers


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    Natürlich oblag es den Prätorianern und nicht den Urbanern, Besuch für den Prätorianerpräfekten in Empfang zu nehmen, und so hatte der Quaestor sein Begehr am Tor der Castra noch einmal vorbringen müssen. Doch da der Fall klar war, wurde er umgehend zur Principa geleitet, wo der Gardekommandant ihn in seinen Amtsräumen empfing.
    "Was führt dich zu mir, Annaeus?" kam der hagere alte Haudegen nach einer knappen Begrüßung gleich zur Sache.




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    Punktgenau setzten die Cornuae und Tubae ein, untermalten den Auftritt des Kaisers mit majestätischen Klängen. Aaah! und Ooooh! wurde auf den Tribünen gestaunt, gejubelt und gewinkt:
    "VIVAT! VIVAT IMPERATOR!"
    Die Soldaten führten die Faust zur Brust und erwiderten militärisch des Gruß ihres Oberbefehlshabers, die Worte aus unzähligen Kehlen vereinten sich zu einem dröhnenden:
    "AVE IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS!"




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    Der Prätorianerpräfekt Heius Vibulanus ritt die Formation ab. Die Musik verstummte. Durchdringend schweifte sein Adlerblick über die im Circus Maximus angetretenen Einheiten (und Abordnungen von Einheiten).
    "Milites!" Seine schnarrende Kommandostimme hallte gebieterisch durch das Oval. "In Erwartung unseres Imperators Caesar Augustus Tiberius Aquilius Severus! State! Oculos ad prosam! Bereit zum Salut!!"
    Und auch die anderen Kommandeure, ihre Centuriones und Optiones ließen ihre Männer stramm stehen. Hier noch das Klimpern eines Cingulums, dort noch das Scharren beschlagener Sohlen, dann kehrte Stille ein über der zur Entsühnung angetretenen gewaltigen Streitmacht.
    Alles verharrte - in Erwartung des Imperators.
    Hälse reckten sich. Alles spähte zur Tribüne auf der palatinischen Seite. Die Cornicen und Tubaspieler hielten ihre Instrumente an den Lippen, in höchster Konzentration, bereit den Einzug des Kaisers mit triumphalem Geschmetter zu untermalen.




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    Das Armilustrium





    Und so versammelten sich auch dieses Jahr die Soldaten am heiligen Hain auf dem Aventin: Prätorianer, Urbaner, Vigilen, Abgesandte der Legio Prima und der Classis von Misenum und Ravenna.
    Es war ein klarer, etwas windiger Herbsttag. Nach einigem Warten und Sortieren der Einheiten in Marschformation, gab der hagere Prätorianerpräfekt Heius Vibulanus, kerzengerade auf seinem grauen Schlachtross, mit schnarrender Stimme den Befehl zum Aufbruch.
    "Milites! Scuta sursum! Aequatis passibus! Pergite!"
    Der Zug setzte sich in Bewegung, unter Tubageschmetter und Hörnerschall. Dieses Jahr marschierten vorneweg die Prätorianer, wie immer mit ungeheuer Präzision und dabei prachtvoll und düster zugleich anzusehen, in ihren archaischen schwarzen Paraderüstungen, wogenden Helmbüschen, ovale Schilde mit dem Zeichen des Skorpions tragend. Die Feldzeichen ragten hoch auf über die Köpfe der Soldaten, die der Garde waren neben den Imagines der kaiserlichen Familie (Augustus, Augusta und Caesar) geziert von Skorpionen, Kronen, Adlern und Torques, Kohorten-Abzeichen und Sieges-Emblemen. Die Signiferi und die Cornicen der Garde trugen stolz die Felle wilder Raubtiere.
    Auch eine Abteilung der Equites Singulares paradierte schneidig hoch zu Roß. Zudem hatte die Garde Geschützmannschaften aufgeboten, die einige Carroballisten und mobile Onager mit sich führten – auch dies Waffen, die der Entsühnung bedurften.
    Die Opfertiere wurden inmitten des Zuges geführt, Stier, Widder und Eber, prächtig geschmückt mit vergoldeten Hörnern oder Hauern.


    Die Parade wand sich den Aventin hinunter. Nun stießen die Salier zu ihnen und führten die Prozession, das uralte Kriegslied singend, im Takt ihres Waffentanzes in Richtung des Forum Boarium. Von dort würde der Zug, gesäumt von den Massen der Schaulustigen, über das Forum Romanum den Weg zum Circus maximus nehmen. Die Fama der Stadt sagte, dass der Kaiser selbst dort als Opferherr der großen Entsühnung seiner Soldaten vorstehen würde.



    *simoff: Gut geklaut ist halb gewonnen.


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    Vibulanus nickte knapp. Das Fest fand jedes Jahr statt und war Routine für die Stadteinheiten. Zwar war es das erste Mal, dass ihm auf dem Posten des Präfekten die Ausrichtung oblag, doch er war ein Mann, der das Bewährte schätzte und hatte nicht etwa vor, sich durch extravagante Neuerungen hervorzutun.
    "Alles bestens, Princeps. Die Männer sind heiß darauf, sich von ihrer besten Seite zu zeigen." Nebenbei und wie selbstverständlich erwähnte er: "Und hoffen natürlich auf ein Donativum."
    Denn es gab ja eine gewisse Tradition, die Garde mit großzügigen Zuwendungen bei Laune zu halten – und wie gesagt, Vibulanus war ein Mann der Tradition, ganz besonders wenn sie ihm zupass kam. Er hatte gerade ein Auge auf einige neue Ländereien geworfen – fruchtbares Ackerland, stets die beste Investition, aber die Preise heutzutage!


    Den Falerner nahm er dankend an.
    "Auf deine Gesundheit und deine Herrschaft über den Erdenkreis! Möge beides unangefochten sein." trank er dem Kaiser zu.
    "Ist denn auch der Caesar zu erwarten?" erkundigte er sich daraufhin. Gerüchte über eine Entfremdung zwischen Vater und Sohn kursierten. Vor kurzem erst hatte Vibulanus eine Bewegung innerhalb der Garde zerschlagen müssen, die gewisse Schritte hatten unternehmen wollen, um dem Zweitgeborenen des Kaisers und Erstgeborenen seiner populären Gattin, dem purpurgeborenen Tiberius Aquilius Iulianus die Thronfolge zu sichern.

    Der Praefectus Praetorio grüßte den Imperator beim Eintreten militärisch korrekt aber nicht übermäßig förmlich. Sie sahen sich häufig und kannten sich schon lange, seit der Zeit der Dakerkriege.
    Der Devise des Aquilius, das Pomerium zu achten , Respekt zollend, trug der Präfekt eine Toga – wobei die zackig-aufrechte Haltung und die Generalsposen des alten Haudegen jedweden zivilen Eindruck daran unweigerlich zunichte machten.
    "Salve mein Kaiser!" schnarrte der Präfekt, und ging nach der ersten Begrüßung gleich in medias res:
    "Wir haben Eber, Widder und Stier vom Feinsten besorgt. Du erweist uns doch die Ehre?"
    Es war nur zur Hälfte eine Frage.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    GNAEUS IULIUS LABEO


    MIT WIRKUNG VOM
    KAL OCT DCCCLXX A.U.C.
    (1.10.2020/117 n.Chr.)
    .


    ZUM
    OPTIO - COHORTES PRAETORIAE


    Caius Heius Vibulanus

    Der Prätorianerpräfekt Caius Heius Vibulanus stand am Fenster, wie immer sehr aufrecht, die Arme hinter dem Rücken zusammengenommen. Seine Amtsräume lagen im Obergeschoss der Principa, die Castra wiederum lag auf dem Viminal, somit konnte der Blick des alten Haudegen weit über die Stadt schweifen. Was hinter seiner hohen Stirn vorging konnte niemand erahnen, die einen hätten wohl vermutet, dass er wieder einmal plante, den Drill zu verschärfen, andere, dass er Pläne schmiedete, um der neuesten Verschwörung gegen den Kaiser den Garaus zu machen, andere (böse Zungen?) dass er nur darauf lauerte, dass sich eine günstige Gelegenheit bot, um selbst Kaiser an Stelle des Kaisers zu werden.


    Doch wie es sich herausstellte, beschäftigte den Präfekten heute eine eher kultische Frage.
    "Zum Armilustrium." wies er den Beneficiarius an, der ihm als Adjutant diente, "Schreib folgendes."
    Vibulanus begann im Zimmer umherzugehen, während er diktierte, knapp und mit schnarrender Stimme. Vibulanus war ein Präfekt ex caligae. Sein deutlich O-beiniger Gang war ein Überbleibsel der langen Zeit, in der er selbst als Eques der Garde gedient hatte, bevor er zudem ein Eques des Reiches wurde und sich als Alakommandant unter Aquilius Severus in den Dakerkriegen so sehr hervorgetan hatte, dass er nun die höchste Reichpräfektur innehatte.


    "An dem Imperator Caesar Augustus et Pontifex maximus et Sodalis Salii palatinii etc. Grüße etc. Dieses Jahr fällt meiner Einheit die Ehre zu, das Armilustrium auszurichten."
    Alle Jahre kehrte diese rituelle Entsühnung wieder, wobei die Aufgabe, sie auszurichten (und die Ehre, vorneweg zu marschieren) jährlich zwischen den Stadteinheiten wechselte.
    "Die Parade beginnt zur hora quarta am heiligen Hain, verläuft dieses Jahr über Forum Boarium und Forum Romanum, und wird eine Stunde später am Circus maximus eintreffen. Würdige Opfertiere werden bereit stehen. Im Namen der Garde lade ich dich als Opferherren ein. Auf dass das unverbrüchliche Band zwischen dir und den Getreuesten deiner Getreuen ein weiteres Mal öffentlich bekräftigt werde. Vale, Dein Praefectus Praetorio etc."
    Vibulanus unterzeichnete, siegelte und sandte einen Kurier damit los, dann ließ er den Adjutanten selbstständig die Einladungsschreiben an Urbaner und Vigiles, Legio Prima und Classis, Pontifices und Salierbruderschaft fertigen.


    Währenddessen begann der Prätorianerpräfekt an seinem Schreibtisch den Stapel Vorschläge durchzusehen, die ihn in der letzten Zeit von seinen Augen und Ohren im Exercitus bezüglich potentieller neuer Mitglieder der Garde erreicht hatten.





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