Beiträge von Zmertorix

    Zmertorix hatte sich weigern wollen, unmittelbar nach der Ankunft in eine Taberna einzukehren, doch Cimber hatte es sich nicht ausreden lassen. In der Konsequenz saß diesem nun eine bis auf die Augen verhüllte Gestalt gegenüber. Zmertorix müffelte, sah unter dem Kopftuch aus wie ein explodierter Besen und hatte einen Bart. Er schämte sich dermaßen, dass er es nicht ertrug, seine momentane Abscheulichkeit unverhüllt der Öffentlichkeit zu zeigen. Selbst die Finger steckten in Handschuhen.


    "Danke für die Einladung", sprach er mit einer vornehmen Stimme, die seine gegenwärtige Erscheinung Lügen strafte. "Seeleute müssen ein merkwürdiges Volk sein. Freiwillig oder gar mit Freuden ein solches Dasein auf sich zu nehmen, setzt eigenwillige Charakterzüge voraus."


    Er griff nach dem Becher, dessen Wärme er durch die Handschuhe spürte, und fädelte ihn zum Trinken unter dem Gesichtsschleier hindurch. Wenigstens war der Wein gut.


    "Dich scheint die lange Reise nicht gestört zu haben? Ich für meinen Teil würde es vorziehen, schnellstmöglich eine Therme aufzusuchen und mich umzukleiden."

    Das war sehr pragmatisch gedachte. Etwas unkonventionell, doch warum nicht?


    "Man freut sich stets zwei mal über Gäste: Wenn sie kommen und wenn sie gehen. Ich denke, unsere Gastgeber werden es uns nicht verübeln, wenn wir ihre Gastfreundschaft nicht über die Maßen strapazieren. Einverstanden, ich werde dich begleiten. Wann gedenkst du, aufzubrechen?"

    Auch Zmertorix bedankte sich höflich bei den Gastgebern, ehe er Cimber begleitete. Sie begaben sich außer Hörweite.


    "Was liegt dir auf dem Herzen?" Er nahm an, dass eine Sorge den Cimber plagte. Sie beide kannten sich kaum, eigentlich nur über Stilo, weshalb Zmertorix den Wunsch nach lediglich einem persönlichen Gespräch ausschloss.

    Zmertorix war niemand, der sich aufdrängte, wenngleich er viel zu erzählen hatte. Böse Zungen behaupteten, er ließe sich gern betteln. Er selbst fand, dass er seine Ansichten nicht an desinteressierte Gesprächspartner zu vergeuden brauchte. Er brachte seine Worte daher nur an das Ohr, was auch bereit war, zu hören - und dies auch ausgiebig bekundet hatte.


    "Die herrschende Kaste von Cappadocia war und ist die Priesteraristokratie", sprach er nun, da Interesse bekundet worden war und sich alle Augen gespannt auf ihn richteten. "Das wird besonders deutlich, wenn man weiß, dass der Oberste Priester der zweite Mann neben dem König war und dem gleichen Geschlecht wie er entstammte. Dass Rom den unglückseligen letzten König Archelaos vor etwa 110 Jahren unter fadenscheinigen Gründen entfernte und das Amt des Königs gleich dazu, hat nichts an der Macht der Priesterfürsten geändert. Denn diese beließ man als lokale Elite in ihren Ämtern.


    Dass über ihnen seither ein Kaiser anstatt eines Königs steht, kümmert sie wenig. Warum sollte es, wenn Rom ihnen doch alle Freiheiten lässt, die sie vorher ebenso hatten und ihnen obendrein noch Straßen baut und Kundschaft für die Märkte ins Land bringt? Sie wären Narren, Rom zu bekämpfen, wie die einfältigen Germanen und Nordlandkelten es tun."


    Diese Unterscheidung der Kelten war ihm wichtig, da auch er selbst einem in Asia sesshaften keltischen Stamm entspross, den er freilich höher wertete als die Primitivlinge des Nordens. Mit diesen wollte er nicht in einen Topf geworfen werden.


    "Ihre mangelnde Einsicht lässt diese Stämme in finsteren Wäldern hausen und Jahr um Jahr einen aussichtslosen Krieg führen. Alles, was sie haben, fließt in den Krieg: ihre Erzeugnisse, ihre Kunstfertigkeit, ihre Söhne. Ein trauriges und hoffnungsloses Dasein, das jedwedes Wachstum ausschließt. Den Priesterfürsten von Cappadocia aber geht es hervorragend unter Rom, ihre Heiligtümer gedeihen wie eh und je. Und siehe: Auch heute noch sind sie die eigentlichen Machthaber der Provinz."


    Zmertorix lächelte.


    "Die Priesterfürsten sind keineswegs weltfremde Fanatiker, sondern tun alles, was erforderlich ist, um ihre Macht zu erhalten - und vielleicht nebenbei noch dem Rivalen von nebenan eins reinzuwürgen. Es sind nicht nur religiöse Würdenträger, sondern berechnende Staatsmänner und mit allen Wassern gewaschen. Wenn man Cappadocia regieren will, muss man diese Dinge wissen und ein Gespür für das sensible innenpolitische Geflecht entwickeln. Und ich fürchte, genau an diesem Verständnis scheitert unser momentaner Legatus Augusti pro praetore. Die wahre Gefahr sind nicht die parthischen Nachbarn - sie sitzt in einigen der Tempel.


    Ich könnte noch ewig erzählen ... aber ich fürchte, dann zerstöre ich den entspannten Geist dieser Runde."

    Zmertorix ließ die Musterung mit niedergeschlagenen Augen über sich ergehen. Einer intensiven Betrachtung wurde er oft unterzogen, doch normalerweise nicht aus so unverschämter Nähe. Die offene Ansprache von Lurco im Anschluss ließ jedoch den unangenehmen Beigeschmack verschwinden und Zmertorix lehnte sich entspannt im Stuhl zurück.


    "Freundschaft ist es, was mich an die Seite von Stilo verschlug. Ich war auf einer Pilgerreise und während der Megalesia lernten wir uns kennen. Dort fand ich auch eine Antwort auf die Frage, wie ich mein Leben künftig gestalten möchte - ganz im Dienst an der Magna Mater. Du verstehst nun mein Erscheinungsbild, wenngleich eine professionelle Beschreitung dieses Weges noch aussteht. Stilo und ich kamen während der Dies sanguinis ins Gespräch und da ich kein festes Ziel hatte, sprach nichts dagegen, ihn ein Stück auf seinem Weg zu begleiten."

    Zmertorix schüttelte kaum merklich den Kopf, ohne sein Lächeln einzustellen. "Für mich im Moment nicht, danke."


    Vielleicht würde er später essen, um des Gemeinschaftsgeistes willen. Er nahm an, dass der Vater einer der Herren von Charislaus´ Mutter gewesen war, denn andernfalls hätte Charislaus einen Mitsklaven als Vater benennen können. Er fand, dass der junge Mann mit seiner dunklen Haut eine edle Ausstrahlung hatte. Dass Charislaus rasch das Gespräch von sich selbst auf den Pfau gelenkt hatte, war Zmertorix nicht entgangen, doch er sah keinen Grund, nachzuhaken, sondern folgte dem Blick von Charislaus in Richtung des prachtvoll gefiederten Vogels, der auf dem Dach ruhte und mit einem schwarzen Auge seitlich auf die Fremden hinunter äugte.


    "Ein schönes Tier", bestätigte er. "Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich versucht, eine Henne als Gastgeschenk aufzutreiben."

    Wobei ihm nicht bekannt war, in welchem Preissegment sich Pfaue bewegten.

    "Danke."


    Zmertorix strich das Kleid hinter den Oberschenkeln glatt, bevor er sich auf einem Gartenstuhl niederließ. Schön war der Garten, mit sehr viel Grün und einer bewussten leichten Verwilderung, die jedoch nicht mit Ungepflegtheit verwechselt werden durfte. Falls er je nach Galatia zurückkehren würde, wäre das Einzige, was er von Italia vermissen würde - neben den Megalesia - das viele Grün.


    Freundlich musterte er die beiden Sklaven, die ihre Sache hervorragend machten. Der Wert guter Sklaven war kaum in Geld zu bemessen. Es waren Menschen, denen man unter anderem die Ausbildung der eigenen Kinder anvertraute und die Sicherheit der Familie. So war es für Zmertorix selbstverständlich, sie entsprechend zu behandeln; auch zu den Sklaven seiner eigenen Familie war man stets gut gewesen. Jene Sklaven, die das nicht verdienten, waren nicht in der Familie verblieben, so dass keine andere Behandlung notwendig war. Und dass Terpander die beiden jungen Männer unterrichtet hatte, die Stilo zu adoptieren gedachte, war ihm bekannt, so musste dies ein ganz besonderer Sklave sein. Er nahm einen Schluck von dem köstlichen Getränk, ehe er die Zitronenscheibe in den Mund nahm, um sie genüsslich auszusaugen. Die dunkle Hautfarbe des jüngeren Sklaven erweckte derweil seine Aufmerksamkeit.


    "Woher stammst du, Charislaus?", fragte er leise genug, um die übrigen Gespräche nicht zu stören.

    "Horch, Carbo ruft."


    Zmertorix verband mit dem anderen Priester noch keine nähere Bekanntschaft, doch wenn sie die lange Reise überstanden hatten, würden sie hoffentlich Zeit finden, sich ihn vertiefenden Gesprächen einander intellektuell anzunähern. Das war etwas, worauf er sich freute. Auch Stilo rief nun und verkündete schneller als erwartet, dass die Zeit des Aufbruchs gekommen war. Nicht einmal auf seinen alten Freund Sabaco beabsichtigte er noch zu warten. Zmertorix legte besorgt die Stirn in Falten.


    "Die Geister jagen ihn oder der Schmerz. Vermutlich hast du Recht, Cimber, und ich denke zu vergeistigt", sinnierte Zmertorix mit Blick in den grauen Himmel. "Was Stilo nun braucht, ist kein Priester, sondern ein Freund."


    Nach einem kurzen Blick in Richtung des Hauses zog Cimber den Gallus auf die Beine. Sonst wagte es niemand, einen Priester zu verfrachten, aber ein wenig zu viel Überschwang war sicher in dieser bedrückenden Situation besser als die vornehme Reserviertheit des Priesters, dem es indes nicht an Herzenswärme mangelte, der jedoch seine eigenen Gründe hatte, Zurückhaltung walten zu lassen.


    "Gehen wir", sprach er freundlich.

    Zmertorix hatte in all dem Unkraut das Rascheln von nahenden Schritten gehört, blickte aber erst jetzt von den Brennnesseln auf, wo er Fraßspuren von Raupen und Schmetterlingspuppen entdeckt hatte. Was nur sollte er Stilo sagen? Er war der Meinung, dass Seia Sanga ein Recht darauf gehabt hatte, ihrem Leben eigenhändig ein Ende zu bereiten. Doch solche Dinge sagte man keinem Hinterbliebenen und der Priester, der sonst als Seelsorger durchaus gefragt war, fühlte sich überfordert.


    "Salve, Cimber. Setzen wir uns einen Moment? Ich möchte da noch nicht reingehen."


    Er wies auf eine steinerne Bank, die vom Moos grün angelaufen war. Mit der Hand fegte er das Laub hinunter und nahm Platz, ungeachtet dessen, dass sein Kleid hinterher beschmutzt sein würde. Dass auch Stilo auf Cimber wartete, den er Bruder nannte, war ihm bewusst, aber ein paar Augenblicke würde er sich noch gedulden können.


    "Ruinen sind verblassende Erinnerung und Mahnmale für die Lebenden in einem. Carpe diem, sagen sie. Die Zeit schreitet unaufhaltsam voran und je älter wir werden, umso schneller scheint sie das zu tun. Wer seinen Weg gefunden hat, freut sich auf jeden neuen Tag, auch im Alter, und Ruinen bergen für ihn keine Schauerlichkeit. Mir gefallen sie. Das Problem an dieser Ruine ist, dass sie die Vergänglichkeit von Stilos Familie vor Augen führt. Und ich glaube nicht, dass Stilo eine positive Sicht dazu hören möchte. Sonst gelingt mir es mir meist leicht, die passenden Worte zu finden, um Zuspruch zu spenden, aber in dem Fall ... "


    Zmertorix, der die Verstorbene gut verstand, hatte seine eigenen Ansichten dazu. Da er nicht lügen oder heucheln wollte, stand er nun vor dem Problem, aus pietätsgründen sinnleeres Gewäsch von sich geben zu müssen, wie viele Priester es taten, die keine Antwort wussten, was aber nicht seine Art war. Würde Stilo ihm mehr Zeit gegeben haben, sich vorzubereiten, und ihn nicht schon in der Carruca mit seinen Sorgen bedrängt haben, wäre es einfacher.


    "Was sagst du dazu, Cimber? Vielleicht solltest besser du die Rede halten. Oder ein Priester, der Stilo nicht so gut kennt. Was ist mit Carbo?"

    Mit lautem Federrascheln zog der Schwarm seine Kreise. Die schwarzen Tauben hätte Zmertorix fast mit einer Schar Krähen verwechselt. Er hob sein dunkelgrünes Kleid über den Knien an, als er den Weg hinauf stapfte, damit es sich nicht im Unkraut verfing. Dies betraf zwar nicht seine Familie und er war auch nicht als offizieller Priester hier, dennoch hielt er es für ein Zeichen von Anstand, gedeckte Farben zu tragen und hatte sich entsprechend gewandet. Auch einen Großteil seines Schmuckes hatte er abgelegt und das lange Haar in eine schwarze Palla gehüllt. Obwohl die Tür offen stand, betrat er das Haus noch nicht, um Stilo, der vorangegangen war, die Zeit zu geben, die er brauchte. Stattdessen vertrat Zmertorix sich auf dem verwilderten Anwesen die Füße und schaute, ob es sich hier noch lohnen würde, irgendetwas zu retten. Die Vergänglichkeit war greifbar auf diesem Grund und Boden. Die letzten Verluste dieses Zweigs der Gens Iunia waren tragisch und verfrüht. Erst Iunius Priscus, dann seine Frau ... und keiner von beiden war eines natürlichen Todes gestorben.

    Danke auch für diese Gedanken!


    Zwar ist ein Konto nicht notwendig, dennoch kann die Wi-Sim zusätzlichen Spaß bereiten in diesem Spiel. Da ich diese Option vielleicht in Anspruch genommen hätte, wäre sie denn vorhanden, war es für mich wichtig, diese Anregung zu kommunizieren.


    Wenn nicht ... bleibe ich eben weiterhin ein armer Schlucker.


    Edit: Rechtschreibung

    Ich bedanke mich für die fundierte Antwort!


    Es wird nicht am Gehalt scheitern. Dieses Leben ist eine Passion. Ich war lediglich erstaunt, dass meine Arbeit einer Freizeitbeschäftigung gleichgesetzt wird. So freut es mich, dass es eine historisch sinnige Möglichkeit zu geben scheint, den Kult der Magna Mater künftig als einen weiteren auch finanziell lohnenden Karriere-Anreiz zu gestalten, sofern eine entsprechende Ergänzung des Regelwerks erwünscht ist.


    Ein römischer Bürger bin ich mitnichten, ich bin Galater. Aber da die ursprünglichen Beschränkungen aufgehoben worden sind, ist das vermutlich ohnehin nicht relevant.


    Die Sim-off-Kurse bin ich gern bereit abzulegen, anderes Forum hin oder her. Für mein künftiges Geld, sofern ich es erhalte, werde ich arbeiten wie jeder andere, geschenkt bekommen muss ich nichts. Und falls ich kein Gehalt bekommen werde, so arbeite ich dennoch mit ganzem Herzen und nähre mich weiterhin vom Fleisch der Opfertiere und von Spenden.

    Abgesehen vom Archigallus sind alle Galloi Eunuchen. Wie kann man einer solchen Passion also nur als Freizeitvergnügen frönen? Berufe, die dem männlichen Teil der Bevölkerung vorbehalten sind, kann ich entsprechend wohl kaum wahrnehmen, zumal ich mich in Frauenkleider gewande, wie es auch korrekt ist.


    Bitte betrachtet dies nicht als Klage, sondern als Anregung.


    Natürlich werde ich mich den Gegebenheiten anpassen, es wird sich schon jemand finden, der mich versorgt. Jedoch finde ich diesen Eintrag im Tabularium, dass das Amt eines Gallus ein Ehrenamt sei, unsinnig und möchte eine Änderung anregen. Ein Ehrenamt ist es schlichtweg mitnichten.

    Ich bin jedoch Vollzeit-Gallus, wäre da nicht ein Gehalt angebracht? Es gibt nichts anderes für mich. So wie es für die vestalischen Jungfrauen ihr Leben ist, der Vesta zu dienen, so diene ich der Kybele. Nur, dass die Schwestern im Gegensatz zu mir keine Existenzängste durchleiden müssen.

    Ich bin Gallus, ein Priester der Magna Mater. Und ich sehe gerade, dass es meine Passion überhaupt nicht im Tabularium zu geben scheint. Ich fand lediglich dies:


    https://www.imperiumromanum.ne…ium.php?a=i&p=1462&p2=905
    https://www.imperiumromanum.net/tabularium.php?a=g&p=905


    Jedoch möchte ich nicht in Mogontiacum leben und benötige entsprechend einen neuen Rang im Tabularium, sofern ich nichts übersehen habe.


    Wie ich ohne Lohn für meine Arbeit überleben soll, weiß ich auch noch nicht. Warum erhält ein Gallus kein Gehalt? Die Brüder und Schwestern des Collegium Pontificum und der Virgines Vestales müssen im Gegensatz zu mir nicht am Hungertuch nagen.

    Ein Gruß in die Runde,


    ich schließe mich dem Reigen der Neuen an, welche die geheime Provinz bevölkern werden. Ich bin übrigens einer der beiden besagten Priester. Der werte Carbo wird sicher auch bald eintreffen, zumindest hoffe ich darauf. Er schuldet mir noch ein Gespräch.



    Name: Zmertorix
    Stand: Peregrinus
    Ort: noch geheim / Mantua*



    *Sollte ein Ort notwendig sein zu Zwecken der Registrierung, begleite ich vorerst Stilo und Ravilla nach Mantua. Aber eigentlich möchte ich dort nicht wohnen müssen.


    Mit freundlichen Grüßen,


    Zmertorix