Beiträge von Kalypso

    Das die Dunkelhaarige so schnell war, lag mitunter daran das sie sich mittlerweile in der Casa Octavia auskannte und die anderen Bediensteten nicht mehr mit Argwohn in ihre Richtung blickten. Auch wenn es natürlich unter der Dienerschaft den einen und anderen Sklaven gab, der sie skeptisch musterte. Eine Barbarin als Leibwächterin des Praefectus Urbis. Eigentlich unerhört. Schweigend verharrte Kalypso inmitten des cubiculums und hielt ihren Blick gesenkt. Jedoch waren ihre Sinne höchst wachsam. Und so beobachtete sie den jungen Mann aus dem Augenwinkel, wie er seine Leibesertüchtigung einfach fortsetzte, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Unter der Sklavenschaft wurde gemunkelt das einige Octavier die Sklaven lediglich als lebende und atmende Möbelstücke betrachteten. Ob es bei diesem jungen Octavier hier genauso war?


    Das Wasser in der Schüssel hatte offensichtlich die richtige Temperatur. Denn sonst hätte er sie mit Sicherheit für den Fehler gescholten. Jegliche scharfe Worte diesbezüglich blieben jedoch aus. Und so konnte Kalypso beobachten, wie sich die feinen Muskeln seines Oberkörpers bewegten, als er sich reckte und schließlich mit dem angefeuchteten Tuch über seinen Oberkörper rieb. Normalerweise wäre dies eine Aufgabe die sie übernehmen könnte, doch da nichts dergleichen an ihr Gehör gedrungen war, blieb die junge Sklavin stumm.


    Als dann jedoch ein weiterer Octavier das cubiculum betrat, spannte sich der Körper der jungen Frau unwillkürlich an. Während sie den Centurio der Cohortes Urbanae kurzzeitig fokussierte. Bevor ihr Blick gen Boden sank. Als dann die Anweisung des jungen Octaviers an ihr Gehör drang, setzte sie sich mit geschmeidigen Schritten in Bewrgung und positionierte sich an der Stelle, an der sie der junge Octacier sehen wollte. Ihre Arme hielt sie in einer lockeren Verschränkung vor ihrem Oberkörper, während ihr Blick nun direkt auf dem Jüngeren ruhte. Oder blickte sie durch ihn hindurch?

    Das Gemurmel der Menge schwoll zu einem ohrenbetäubenden Lärm an. Sodass Kalypso einen skeptischen Blick in sämtliche Himmelsrichtungen entsandte. Bevor sie ihr Hauptaugenmerk auf ihrem Dominus ruhen ließ. Denn direkt hinter dem sitzenden Gaius Octavius Victor hatte sich die Keltin postiert. Ihre Arme hielt sie dabei locker vor ihrem Oberkörper verschränkt. Während ihr Blick höchsr wachsam anmutete und die Thrakerin mit gespannten Sinnen den Aufmarsch der unterschiedlichsten Truppen verfolgte.


    Als sich dann jedoch ein junger Römer direkt neben ihren Dominus setzte. Ließ Kalypso ihre ermahnende Stimme erklingen.


    “Diese Plätze sind res...“


    Jedoch verstummte die Thrakerin augenblicklich als ihr bewusst wurde wer sich dort neben ihrem Dominus niedergelassen hatte. Kein geringerer als Gaius Octavius Victors Sohn war es. Und so senkte die Sklavin ihren Blick und presste ihre verschränkten Arme nun doch fester gegen ihren Oberkörper.


    Solch' ein Fehler durfte ihr nicht noch einmal passieren.


    Als die Stimme des fremden Octaviers mit diesem herrischen Timbre an Kalypsos Gehör drang, straffte sie unwillkürlich ihre Schultern und hob nun doch ihren Blick an. Dabei striff sie über den nackten Oberkörper des ihr fremden Mannes.


    “Sofort Dominus.“


    Beeilte sich die Thrakerin und ließ ihren Blick durch das cubiculum des jungen Mannes gleiten. Wo befanden sich nur seine Sandalen? Dort, unter dem Bett entdeckte die Sklavin die erste und fischte diese unter dem Bett hervor. Dabei musste sie auf die Knie gehen und linste sogleich unter den Schrank. Doch dort war es nur staubig. Von der zweiten Sandale fehlte jedoch jede Spur. Hmpf. Wo sollte sie denn noch suchen? Nun ja. Zumindest die eine Hälfte des Sandalenpaars konnte sie ihm zumindest schon einmal reichen. Vielleicht stolperte sie über die zweite Sandale, wenn sie sein cubiculum verließ, um die Schüssel mit Wasser zu organisieren.


    Zielstrebig näherte sich die Thrakerin der culina und instruierte die Köchin über den Wunsch des jungen Mannes. Von dem sie im übrigen noch nicht wusste wie er hieß und was er in der Casa Octavia verloren hatte. Die Schüssel mit dem flüssigen Inhalt balancierte Kalypso vorsichtig zurück in das cubiculum und entdeckte auf dem Weg dorthin, tatsächlich die zweite Sandale. Diese würde sie später einsammeln. Jetzt würde sie erst einmal die Wasserschale zurück in das cubiculum bringen.


    Leise stellte sie die Schale auf einem kleinen Tischchen ab. Und schlich lautlos auf den Gang. Um die Sandale einzusammeln. Zurück im cubiculum schloss Kalypso die Türe hinter sich und verharrte schweigend. Auf weitere Anweisungen wartend. Das nun wieder zusammen gefundene Sandalenpärchen stellte sie in Sichtweite des Octaviers nebeneinander.

    Man hörte es munkeln und flüstern. Ein Octavier hatte Einzug in der Casa gehalten. Wer war dieser mysteriöse Octavier? Als sich die Thrakerin beim Maiordomus danach erkundigte, erntete Kalypso lediglich ein Kopfschütteln. Dies alleine verwunderte die Dunkelhaarige sichtlich. Und dennoch versuchte sie sich ihre Gedanken nicht allzu offensichtlich anmerken zu lassen, als sie durch die Gänge der Casa Octavia ging. Ihr Dominus hatte sich wieder einmal in seiner Tätigkeit als Praefectus Urbis vergraben und die Sklavin in der Casa zurück gelassen.


    Dann jedoch schallte diese fremde Stimme durch die Casa und Kalypso hielt augenblicklich in ihrer Schrittfolge inne. Lauschend neigte die Sklavin ihren Kopf auf die Seite. Jedoch waren keine weiteren Schritte zu hören. Und so betrat schließlich Kalypso das cubiculum des unbekannten Octaviers.


    “Dominus. Du hast gerufen.“


    Ließ die Sklavin ihre ruhige Stimme erklingen und verharrte mit gesenkten Kopf auf weitere Anweisungen des unbekannten Octaviers.

    Am liebsten hätte Kalypso ihre Hände ausgestreckt und ihre Finger an Diocles Wangen geschmiegt. Dann hätte sie zärtlich über seine Wange gestreichelt und zugleich tief in die Augen des Dunkelhaarigen geblickt.


    Dies jedoch war nicht möglich. Da jeden Augenblick der Furier und seine Entourage herübersehen oder was noch viel schlimmer wäre, zu ihnen herüber kommen könnten. So blieb der Thrakerin nichts anderes übrig, als ihren Blick ein weiteres mal zärtlich über das Gesicht des jungen Mannes gleiten zu lassen.


    “Nachdem ich jetzt weiß wer dein Dominis ist. Wird es nicht so schwer sein, seinen vollständigen Namen herauszubekommen. Und dann werde ich dein neues zu Hause ebenso leicht ermitteln können Diocles.“


    Der junge Mann brauchte sich wirklich keine Gedanken und Sorgen machen.


    “Ich werde aus der Ferne über dich wachen.“


    Bei der Nennung seines Zitates schüttelte die Thrakerin kaum merklich ihren Kopf. Konnte jedoch nicht verhindern das ihre Lippen von einem feinen Lächeln umspielt wurden.

    Nachdem sich ihr Dominus auf die für ihn erwählte Sitzgelegenheit niedergelassen hatte. Platzierte sich die Thrakerin direkt hinter ihm und ließ ihren Blick höchst aufmerksam von links nach rechts gleiten. Schließlich waren solche Festivitäten doch wie geschaffen für gedungene Meuchelmörder oder Attentäter jeglicher Art. Denn die geneigte römische Bevölkerung konzentrierte sich einzig und alleine auf den Prunk und Pomp der Soldaten. Und achtete nicht mehr auf seinen Nebenmann oder seine Nebenfrau.

    Dominus, wo steckst du nur?


    Nachdem Kalypso einige male tief durchgeatmet hatte, begab sie sich nun doch in Richtung der Castra Praetoria. Genauer gesagt vor die Porta Praetoria. Vielleicht könnte sie hier in Erfahrung bringen, wo sich ihr Dominus gegenwärtig befand. Denn das der Praefectus Urbis nicht zugegen war, erkannte wohl auch ein Blinder mit Krückstock.


    In der Casa Octavia hatte man Kalypso einige Pergamente in die Hände gedrückt. Diese sollte sie zu ihrem Dominus bringen. Dann hätte sie zumindest einen plausiblen Grund und die Wachen konnten sie nicht so leicht verscheuchen.


    Unwillkürlich presste die octavische Sklavin in ihrer orientalischen Tracht, die Pergamente fester gegen ihre Brust. Und erreichte schließlich die Porta Praetoria. Dort angekommen reihte sie sich in den Strom derjenigen ein, die Einlass begehrten.


    Dann war die Sklavin auch schon an der Reihe und ließ ihre samtene Stimme erklingen.


    Salve. Mein Dominus der Praefectus Urbis Gaius Octavius Victor wünscht das ich ihm diese Pergamente bringe.“


    Artig hielt sie ihren Blick gesenkt und wartete darauf das die Wachsoldaten auf ihr Begehr reagierten.

    Einem Wasserfall nicht unähnlich sprudelten die Worte über die Lippen der jungen Römerin. Sodass Kalypso tatsächlich verwirrt inne hielt und die Valeria fragend anblickte. Hm. Was genau wollte die Römerin auf ihre Worte hören? Oder sollte die Thrakerin einfach mit den Schultern zucken? Aber wäre dies nicht furchtbar gleichgültig?


    Noch immer dröhnte Kalypsos Kopf und sie ließ ihren Blick sichtlich verwundert auf der jungen Valeria ruhen.


    “Als Sklavin ist es mir nicht gestattet einen eigenen Namen zu führen. Ich werde so genannt wie es meinem Dominus gefällt.“


    Auch wenn dies bedeutete das sie weiterhin auf -Thrakerin- hören würde.


    Mit leisem Bedauern im Blick beobachtete Kalypso, wie das Katerchen vorsichtig in das Körbchen gebettet wurde. Und die junge Römerin eine Münze in ihre Richtung hielt.


    “Ich.. ähm. Nein Domina das kann ich nicht annehmen. Wirklich nicht.“


    Energisch schüttelte die Sklavin auch schon ihren Kopf und senkte errötend ihren Kopf.


    “Du würdest mir eine Freude machen Domina, wenn du mir über das Katerchen berichten würdest. Oder vielleicht besuchst du uns in der Casa Octavia. Die Casa ist so groß und so leer.“

    “Einen schlauen Spruch auf Lager? Oh nein Diocles. Aber wenn du tagein und tagaus immer wieder diesen Spruch hörst, dann merkst du ihn dir irgendwann.“


    Schmunzelte die Thrakerin und neigte ihren Kopf kaum merklich auf die Seite. Dabei schielte sie aus dem Augenwinkel in Richtung des Römers und dem gelockten Maiordomus. Doch die beiden schienen noch immer in das Gespräch mit dem anderen Kerl vertieft zu sein. So konnte sich die octavische Sklavin weiterhin in ungezwungener Manier mit Diocles unterhalten.


    “Hm. Ein Streber? Nur weil er dich mit Zitaten beeindruckt hatte? Bist du wirklich so leicht zu beeindrucken Diocles?“


    Schmunzelte die Thrakerin. Beugte sich unwillkürlich näher und knuffte Diocles ungesehen in die Seite. Hoffentlich hatte dies nun wirklich niemand bemerkt.


    “Wir werden uns nicht aus den Augen verlieren. Versprochen. Ich werde meinen Dominus fragen ob er mir etwas über deinen Dominus berichten kann. Und vielleicht, sehen wir uns bei einer gemeinsamen Cena unserer domini.“


    Schmunzelte die Thrakerin in Diocles Richtung.

    “Saturninus sagtest du Diocles? Weißt du welcher Gens dein Dominus entstammt?“


    Erkundigte sich die Thrakerin mit einem fragenden Klang in ihrer Stimme und ließ ihren Blick mit einem warmen Löcheln auf Diocles ruhen.


    “Ich hätte nie gedacht das wir uns ausgerechnet in der Urbs Aeterna wieder begegnen. Wir dürfen uns nicht mehr aus den Augen verlieren. Wollen wir uns das versprechen Diocles?“


    Bei diesen Worten wurde Kalypsos Gesichtsausdruck ernst. Während ihr Herz bis zum Hals pochte. Ob er wusste wie es in ihrem innersten aussah? Das sie ihn vermisst hatte.


    “Du darfst deinen Dominus einfach nicht verärgern Diocles.“


    Schmunzelte Kalypso an den jungen Mann gewandt und ertappte sich dabei wie ihr Blick gar liebkosend über sein Gesicht glitt.


    “Hm. Ein Zitat? Ist dieser Tiberios etwa ein Gelehrter oder ein Paedagogus?“


    Entschlüpfte es neugierig den Lippen der octavischen Sklavin. Bevor sie ihre Stirn in Falten legte und nachzudenken schien.


    “In den Unterkünften wurde immer folgendes lamentiert - Praesis ut prosis, non ut imperes. Dies bedeutet 'Steh an der Spitze um zu dienen, nicht um zu herrschen'.“


    Dabei lächelte die Dunkelhaarige mit einem wehmütigen Glanz in ihren Augen. Und schüttelte ihren Kopf, als ihr der Apfel entgegen gestreckt wurde.

    Als sich die junge Römerin mit dem merkwürdigen Namen ihres Katerchens zu plagen begann, huschte tatsächlich ein feines Schmunzeln über Kalypsos Lippen. Vielleicht sollte sie die Valeria auch einfach erlösen und den thrakischen Namen in lateinischer Zunge aussprechen. Hm. Aber dann würde dieser Name seinen wohligen Klang und Glanz verlieren. Also durfte sich die junge Römerin ruhig noch etwas plagen, befand die octavische Sklavin für sich im Stillen.


    “Du wolltest einen thrakischen Namen für dein Katerchen Domina.“


    Erinnerte die octavische Sklavin und neigte ihren Kopf kaum merklich auf die Seite.


    “Es ist deine alleinige Entscheidung welchen Namen du deinem Katerchen gibst Domina.“


    Kaum merklich zuckte Kalypso bei diesen Worten mit den Schultern.


    “Kersas.“


    Wiederholte Kalypso den neuen Namen des Fellknäuels und bemerkte aus dem Augenwinkel wie die junge Valeria auf einmal zu strahlen begann.


    “Ähm. Du brauchst dich bei mir nicht zu bedanken Domina. Auf diesen Namen bist du ganz alleine gekommen.“


    Als ihr das Tierchen dann doch in die Arme gedrückt wurde, intensivierte sich das Schmunzeln auf den Lippen der Thrakerin. Vorsichtig streckte sie ihre schlanken Finger dem getigerten Fellknäuel entgegen. Bevor dann jedoch ein Schatten über ihr Gesicht huschte.


    “Mein Name gehört meiner Vergangenheit an. Eine Vergangenheit die ich vergessen möchte. Ich höre auf jeden Namen den du mir gibst Domina.“


    Schließlich war auch noch nicht sicher ob ihr Dominus sich an den Namen Kalypso gewöhnen würde oder sie weiterhin einfach nur -Thrakerin- rief.

    Die Thrakerin hatte genug gehört und noch viel mehr gesehen. Und so warf sie den Dreien noch einen bedeutungsschweren Blick entgegen. Diese Drei würden von nun an unter Kalypsos persönlicher Beobachtung stehen. Und vielleicht würde sie hiervon auch ihrem Domimus berichten. Doch alles zu seiner Zeit.


    So nickte die Dunkelhaarige knapp und drehte sich herum. Um mit gemessenen Schritten in der Gasse einzutauchen, aus der sie vor kurzem erschienen war.

    Als Kalypso tatsächlich von einem der Röckchenträger angesprochen wurde und dies auf äußerst spöttische Art- und Weise, zuckte die Thrakerin leicht zusammen. Und war tatsächlich für einen kurzen Augenblick außer Stande etwas zu erwiedern. Dieses Bürschlein hatte ekne durchaus flinke Zunge und wusste wie man konterte. Nun ja. In seinem Metier musste man wohl so schlagkräftig sein.


    Und dennoch wusste die Thrakerin das sie sich nicht so leicht verscheuchen ließ. Als dann auch noch die Stimme des Römers erklang, und seine Worte denen des bunt bemalten Kerlchens verdächtig ähnelten, verengten sich die Augen der Sklavin deutlich.


    “Ich beobachte euch schon eine Weile. Und das was ihr hier versucht gefällt mir nicht.“


    Ob Kalypso das Brüderpaar nur am heutigen Tag beobachtete oder dieses beobachten bereits einige Tage andauerte, ließ die Thrakerin offen. Denn auch sie ließ sich nicht in die Karten sehen. Und dennoch ruhte ihr Blick weiterhin auf diesem merkwürdigen Dreier-Gespann. Das ihr doch sehr verdächtig vorkam.


    “Vielleicht kann ich euch bei eurer Suche behilflich sein.“


    Bot Kalypso völlig uneigennützig an.

    Eben jene beide lieblichen Gestalten wurden von höchst wachsamen Augen gemustert. Und dies bereits seit einigen Tagen. Ohne das diese Persönchen mit ihren ultrakurzen Röckchen etwas von der Überwachung mitbekamen. Einfältige Narren. Diese Gedanken behielt Kalypso jedoch für sich. Während sie in einer dunklen Gasse verharrte und musternd die Szenerie betrachtete. Als sich dann auch noch ein Römer in die Szenerie mischte, wirkte die Thrakerin wahrlich erstaunt. Die Brandruine kannte die Dunkelhaarige vom hörensagen. Schließlich hatte ihr Dominus bereits allzu oft über den Brand des Lupanars und die Angriffe auf die Urbaner Station gesprochen. Und das sich besonders eifrige Miles hervor getan hatten.


    Die Worte des Römers blieben Kalypso nicht verborgen. So dass sie sich schließlich von der Wand abstieß und sich den Dreien näherte.


    “Mich würde interessieren was ihr hier macht.“


    Dunkel und samtig entwichen diese Worte den Lippen der octavischen Sklavin. Deren Blick zwischen den Dreien hin- und her glitt. Ihre Arme hatte sie dabei vor ihrem Oberkörper verschränkt.

    Das die junge Römerin die Schuld bei ihrem Wolfshund suchte faszinierte und irritierte die Thrakerin gleichermaßen. So dass Kalypso für einen Moment nicht wirklich wusste was sie darauf erwiedern sollte. Und so schwieg sie lieber. Nicht das ihr dann doch unbedachte Worte über die Lippen kamen, mit denen sie die junge Frau in ihrer Ehre verletzte.


    Als der Wolfshund die Wurst, die ihm der Sklave der jungen Domina entgegen hielt, geräuschvoll zerbiss. Nahm Kalypso dies zum Anlaß um sich aus ihrer am Boden kauernden Position zu erheben. Kaum stand die Thrakerin wieder aufgerichtet, vernahm sie erneut die Stimme der jungen Römerin und lauschte ihren Worten.


    “Mein Name ist Kalypso. Diesen Name hat mir mein letzter Dominus gegeben.“


    Dann schwieg die octavische Sklavin und ließ ihren Blick kurzzeitig auf dem Tierchen in dem Korb ruhen.


    “Darf ich ihn mir einmal ansehen Domina? Vielleicht fällt mir dann ein Name ein.“


    Sprach Kalypso vorsichtig und ließ ihren Blick nun doch neugierig auf dem Korb ruhen. Hm. Wie es aussah war das Katerchen gefleckt.


    “Ich würde ihm den Namen kéršageben. Dies bedeutet gefleckt in meiner Muttersprache. Aber es ist dein Katerchen Domina. Und du entscheidest.“

    Als sich Diocles Finger gegen seine Lippen presste, ließ die Thrakerin ihren Blick über das Gesicht des jungen Mannes gleiten. Und furchte kaum merklich ihre Stirn. Was genau wollte er ihr mit dieser Geste mitteilen? Das sie leise sein sollte? Dabei wollte die Thrakerin doch nur mit dem Neu-Sklave ein paar Worte wechseln und niemals das Gespräch des Römers und des jüngeren Mannes unterbrechen. Ob sie sich entschuldigen sollte? Aber dann würde man vermutlich direkt auf sie aufmerksam und würde ihr untersagen Kontakt zu dem Sklaven zu suchen.


    So biss sich Kalypso etwas unschlüssig auf die Unterlippe und knetete nervös ihre Hände. Bis sie das breite Lächeln auf Diocles sonnengebräuntem Gesicht entdeckte und ein Schmunzeln nicht länger verbergen konnte.


    “Mein Dominus ist Praefectus Urbis Gaius Octavius Victor.“


    Gab die Thrakerin den Namen ihres Dominus preis.


    “Mein Dominus ist ein viel beschäftigter Mann. Ich diene meinem Dominus als seine Leibwächterin.“


    Und dies bedeutete das sie meistens in seiner unmittelbaren Nähe verweilte. Außer er scheuchte sie davon. Wie am heutigen Tag.


    “Ich hoffe das wir uns nicht wieder aus den Augen verlieren Diocles.“


    Als er ihr den Apfel zeigte, lächelte Kalypso in Diocles Richtung.

    “Diocles.


    War abermals Kalypsos Stimme zu vernehmen. Als sie sich dann doch wieder hinter einem der Verkaufsstände duckte. Es wäre zu auffällig gewesen wenn sie sich einfach so dem Sklavenpodest genähert hätte.


    Und so würde die Thrakerin abwarten und vermutlich ihre Chance vertun, Diocles noch einmal zu sehen. Dabei war Kalypso alles andere als ein Hasenfuß. Mitnichten. Und so straffte sie schließlich ihre Schultern, erhob sich aus ihrer geduckten Position und näherte sich dann doch dem Sklavenpodest.


    Als wäre es gestern gewesen, sah Kalypso vor ihrem inneren Auge wie sie mit ihm das karge Brot teilte. Und dann verloren sie sich aus den Augen. Um sich ausgerechnet hier in der Urbs Arterna wieder zu begegnen.


    “Verzeiht domini. Aber ich kenne diesen Mann und...“


    Unschlüssig biss sich die octavische Sklavin auf die Unterlippe. Als sie mit gesenkten Kopf vor Diocles neuem Besitzer und dessen Entourage verharrte.

    Die Stimme des äußerst großen octavischen Ianitors ließ die Thrakerin neugierig werden. Denn ihr Dominus hatte sich entschieden Kalypso heute in der Casa Octavia zurück zu lassen. Etwas was der jungen Frau nicht gefiel. Und dennoch blieben ihre Lippen versiegelt, als sich ihr Dominus in seine Amtsräume begab. So trat die Sklavin neugierig näher und musterte den Römer und dessen Anhängsel vor der Porta. Den Mann umgab eine gar penetrante Duftwolke. Sodass sich Kalypsos Näschen unwillkürlich krauste. Je näher sie der Porta kam, desto regungsloser wirkten ihre Gesichtszüge. Und so trat sie neben den Ianitor, gar zwei Schritte an diesem vorüber, um sich dem Gast ihres Dominus gegenüber zu stellen, wenngleich nicht direkt und frontal. Etwas versetzt.


    “Salve Dominus. Mein edler Herr Dominus Gaius Octavius Victor befindet sich nicht zugegen. Du wirst meinen Dominus in der Castra Urbanae finden. Dort in den Amtsräumen des Praefectus Urbis. Wenn Dominus wünscht, führe ich dich dorthin.“


    Mit gesenkten Kopf und samtig, dunkler Stimme perlten diese Worte über Kalypsos Lippen und an das Gehör des Seius.

    Münzen wechselten den Besitzer. Dies konnte nur eines bedeuten. Diocles hatte einen neuen Besitzer gefunden. Einen Dominus der ihn wohlwollend behandelte? Ob dieser Gedanken furchte sich die Stirn der Thrakerin. Allzu gerne würde sie sich näher schleichen, um Diocles von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Um herauszufinden welcher Gentes sein neuer Dominus angehörte. Vielleicht kannte der Octavier den neuen Dominus des Thrakers? Sie würde ihren Dominus diesbezüglich befragen. Auch wenn sie sich noch keine Strategie zurecht gelegt hatte, wieso sie dies wissen wollte. Hm. Da würden ihr bestimmt später die passenden Worte einfallen.


    Und während sich Kalypso enger gegen eine der hölzernen Bretterwände presste, spürte sie wie ihr Herz lautstark in ihrer Brust pochte. Zum Glück herrschte mittlerweile viel zu viel Trubel, sodass man die octavische Sklavin keines weiteren Blickes würdigte. Während ihre Gedanken wie eine wilde Pferdeherde durch ihren Kopf galoppierten, als sie sich langsam von der Bretterwand löste und Diocles aus dem Augenwinkel einen raschen Blick entgegen warf.


    Dies war vielleicht ihre letzte Chance mit dem Thraker Kontakt aufzunehmen. Und so näherte sich die junge Frau dem thrakischen Sklaven und den Männern die sich in seiner unmittelbaren Nähe befanden. Wobei ihr Blick einzig dem Dunkelhaarigen galt.

    Tatsächlich schien sich der große Hund für sie zu interessieren. Oder wieso sonst sollte Wölfchen mit derartiger Begeisterung an der Thrakerin schnuppern?


    “Ich habe keine Angst vor großen Tieren Domina.“


    Ließ Kalypso ihre Stimme erklingen und streckte im nächsten Moment ihre Hand in Richtung des Wolfshundes aus. Der Wolfshund durfte gerne ihren Duft aufnehmen. Denn dann würde die Thrakerin dem Tier über den Kopf streicheln. Aber erst dann. Respekt und gegenseitige Achtung musste sein. Als dsnn jedoch das fiepen des Wolfshundes erklang, neigte sich Kalypsos Kopf kaum merklich auf die Seite.


    “Na was hast du denn mein Großer?“


    Unbewusst war die Sklavin in ihre Muttersprache gewechselt und hatte sich vor dem Wolfshund in die Hocke sinken lassen. Dabei strichen ihre Finger durch das Fell des Wolfshundes. Langsam wandte sich die Dunkelhaarige im nächsten Augenblick in Richtung der Römerin und senkte ihren Kopf. Während sie noch immer in dieser knieenden Position an der Seite Wölfchens kauerte.


    “Entschuldige Domina. Ich wollte deinen Hund nicht ungefragt berühren.“


    Murmelte die Thrakerin und zog ihre Finger zurück. Während sie sich nicht von der Stelle rührte.


    Doch offensichtlich war die junge Frau nicht missgelaunt. Im Gegenteil. Ihre Frage klang neugierig und so wagte es Kalypso ihren Kopf vorsichtig anzuheben.


    “Ich stamme aus Evros Domina. Das liegt in Westthrakien.“