Beiträge von Alwin

    Alwin beobachtete von seinem versteck im Dickicht des nahen Waldes aus die Ereignisse. Es zehrte ihn auf, daß sie seinen Bruder gefasst hatten. Das Ganze war im Grunde ein guter Plan gewesen und hätte auch geklappt, aber sie hatten die Rechnung wieder einmal ohne die Ala gemacht und ohne diesen Offizier, der sie damals beim Gehöft schon empfindlich getroffen hatte.

    Mit Mühe und Not waren sie der Ala damals entkommen. Heute, als diese Teufel so plötzlich auftauchten war es nur ihm gelungen.

    Verfluchte Ala, selbst der Fluss war nun kaum noch passierbar, wenn keine Patrouille der Ala an den Ufern der gängigen Furten stand, zogen diese schnellen Schiffe der Römer ihre Bahn. Es war frustrierend. Sie rissen Balko auf die Füße und der Offizier redete ruhig mit ihm. Der andere war wesentlich aggressiver, aber berechenbarer. Dieser Offizier. Man musste herausbekommen wer er war, man musste ihn gefangen nehmen oder besser noch ,...töten.

    Der Kerl tauchte jedes Mal auf, er schien zu ahnen wo sie waren oder zuschlagen wollten. Ihnen gingen langsam die Leute aus. Die Stammesführer und Häuptlinge waren schon vor ihrem Feldzug skeptisch, doch inzwischen gingen die Verluste in die Hundert.

    Alwin verzweifelte fast,...jetzt hatten sie auch noch seinen Bruder, oh, Donar,...was kann ich denn jetzt noch tun? Ich allein gegen diese verfluchten Römer? Wie kann ich mein Volk denn noch rächen? Seine Faust ballte sich knirschend bis die Fingernägel schmerzhaft in sein eigenes Fleisch schnitten.

    Da hörte er ein Geräusch hinter sich und wandte sich um. Vielleicht ein Tier? Etwas schlug gegen sein Gesicht und seine Welt zerbarst in tausend funkelnden Punkten.

    Alwin glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Da kam eine Alen Patrouille mit Hilda, Gerhild und den Knaben auf einem Wagen. Da wo der Hof stehen musste stieg schwarzer Rauch auf. Wie konnten diese verdammten Römer, und es waren noch nicht mal alles Römer, viele von diesen Reitern waren Germanen. Bitterkeit stieg in ihm auf. Da sah er Balko zu den Wagen starren. Verdammt, dachte er, dieser Idiot! Da einer von diesen Kerlen starrte sie schon an. Sie mussten weg, jetzt, schnell. Sie trieben ihre Pferde an und ein Blick zurück bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Sie folgten ihnen! Angst schlich in ihm hoch. Nirgendwo ein Ausweg, wohin nur? Wohin? Die Pferde preschten dahin.

    Ein Gehöft, etwa 8 römische Meilen von Mogontiacum entfernt…


    Alwin und Balko ritten auf ihren Schindmähren auf den matschigen Vorhof des kleinen Gehöfts. Hühner stoben gackernd auseinander und Gänse senkten zischend ihre Köpfe um die Angreifer abzuwehren.


    Balko glitt vom Pferd und verpasste einem allzu vorwitzigen Gänserich einem Tritt wonach dieser kreischend durch die Luft flog und nach einer unsanften Landung das Weite suchte. Balko grinste ob seiner Heldentat, erntete von Alwin jedoch nur Kopfschütteln.


    Aus dem Stall trat der Bauer, ein vierschrötiger, mittelalter Mann mit schlecht geschnittenem blonden Haar und blutiger Schürze. In seiner Hand ein Schlachtmesser.


    Was gibt es? Fragte er. Doch Alwin, ein wenig beeindruckt von dessen martialischem Äußeren winkte ab.


    Wir sind aufgeflogen,…das heißt unser Waffenversteck ist aufgeflogen! Wütend verschränkte er die Arme und versuchte in seinen Achseln seine unterkühlten Hände zu wärmen.


    Balko trat zu ihnen und meinte, zögerlich, als habe er allzu großen Respekt vor dem Bauern,


    Wer hätte schon ahnen können, daß diese Scheiß Classis zurückkommt, es hieß das Versteck sei ideal! Sprachs und senkte seinen Blick in der Erwartung einer Bestrafung. Doch nichts geschah.


    Aus dem schäbigen Haupthaus trat eine Frau und rund um sie herum tauchten drei Kinderköpfe auf. Ein Blick des Bauern reichte um sie sofort wieder ins Haus zu schicken.


    Nun, dann ist das nicht mehr zu ändern…ich habe den Häuptlingen Beute versprochen, keine Waffen. Er fuhr sich mit der blutigen Hand durch den Bart. Sein Gesichtsausdruck war hart, voller Hass und einschüchternd. Alwin und Balko starrten auf das Messer in seiner Hand, das vor kurzem schon einmal mindestens ein Leben genommen hatte. Geradezu unterwürfig sahen sie den Bauern an. Ihr werdet Brände legen! Zuerst die Lager im Hafen…sie sollen Hunger bekommen! In seinen Augen schien die zehrende Flamme zu leuchten. Ihr werdet einzelne oder in überschaubaren Gruppen laufende Legionäre töten,…macht ihnen Angst! Schneidet die Köpfe ab, hackt die Füße ab. Und legt immer wieder Feuer. Die Hand mit dem Messer erhob sich und an der gewaltigen Pranke leuchteten die blassen Knöchel vom gewaltigen Druck auf den Messerknauf auf.


    Laßt es zunächst Nachts brennen! Jede Nacht an einer anderen Ecke der Stadt! Tötet den Decurio, tötet Schreiber, Laufburschen, tötet jeden Germanen der ihnen hörig ist! Der Furor soll sie alle überkommen!


    Er sog die kalte Winterluft ein und sah sie dann ruhig und entspannt an. Ich treffe mich beim nächsten Vollmond mit den Häuptlingen, bis dahin will ich, daß sie ihre waidwunde Stadt zu retten suchen, ich will Mißtrauen, Angst und Hunger in der Stadt…und wenn die Schiffe an den Hindernissen flussaufwärts und flussabwärts zerschellen und brennen, dann werden wir über sie kommen wie sie dereinst über uns gekommen sind.


    Er hob kurz das Kinn und sah sie nur mit abgrundtiefem Hass an. Keine Fehler mehr!


    Die beiden machten sich auf der Stelle zu ihren Pferden auf um kurz darauf vom Hof zu preschen während der Bauer wieder zurück in den Stall ging um sein blutiges Werk zu vollenden.


    Der Benefizianer, den seine Knechte heute morgen hier angeschleppt hatten, starrte ihn mit riesigen Augen an und musste mit ansehen wie seinem Kameraden der Kopf abgetrennt wurde.

    Wo war dieser Balko? Unzuverlässiger Trollfurz! Ärgerte sich Alwin. Ihr ganzer Plan ging den Bach herunter. Sie wollten an die Unzufriedenen Waffen ausgeben um Mogontiacum in einen Hexenkessel zu verwandeln. Es sollte brennen! Egal wer dabei drauf´ging.

    Zornig sah er sich um, sah die Wachen vor dem Castellum der Classis, sah seinen Unwillen. Er musste an sich halten um den Krämer der ihn aufforderte auf Seite zu gehen auf der Stelle seine Klinge in den Wanst zu rammen.

    Trotzig wich er dem Ochsenkarren. Seine Klinge wäre eh zu kurz gewesen um bei dem Fettwanst Schaden anzurichten.

    Die schönen Waffen, es hätte gereicht um einen Aufstand zu veranstalten. Er mochte kaum daran denken was ihn in der Taberna gleich erwartete. Man würde ihn bestenfalls auslachen, schlimmstenfalls umlegen.

    Wo war dieser Balko?

    Alwin lungerte in einer düsteren Ecke der Taberna herum und sog die Umgebung mit seinen Augen und Ohren auf. Es herrschte ein buntes Gemisch aus germanischen Dialekten und Latein in Reinform und Germanisiert. Der Met war nicht vergleichbar mit dem Original, das Fleisch war seltsam von Geschmack und Konsistenz.

    Er wartete hier auf seinen Bruder um sich mit ihm auszutauschen und Gerüchte zu hören.

    Die beiden Marser trieb ein unstillbarer unseliger Geist. Der Geist der Vergeltung und sein buckliger Bruder die Rache. Sie wollten die Römer bluten lassen für das was sie ihrem Volk angetan hatten. Wären sie zum Zeitpunkt des Angriffs nicht im Ungehorsam zu ihren Eltern in ihrem Versteck im Wald gewesen hätten sie das Schicksal ihres Stammes geteilt. Gerade wurde er Zeuge einer Schlägerei die ihresgleichen suchte. Zwei Männer, offensichtlich Römer gerieten mit einer Gruppe schwarzgewandeter Männer, wohl auch Römer aneinander und während einer von ihnen an einem Schwarzen verzweifelte, schlug der Andere mit sparsamen aber höchst effektiven Schlägen eine Schneise in die Angreifer und mähte sie nieder wie Gras.

    Fasziniert betrachtete er den Kampfstil des Mannes, dessen Gürtel erkennen ließ daß er dem Militär angehörte. Er war nicht klar auszumachen. Seine Attacken folgten keinem System, er schien nur auf seinen Gegner zu reagieren und nutzte deren Schwachstellen gnadenlos aus.

    Alwin nahm einen Schluck aus dem Humpen und wischte sich danach den Bart. Er hoffte daß dieser Mann eine Ausnahme war, denn wenn auch nur jeder 10. Römer so kämpfte hatte er berechtigte Zweifel am Erfolg ihres Vorhabens.