Beiträge von Osroes I.

    Osroes suchte sich eine bequeme Liegeposition und schloss die Augen. Die sanfte Massage genoss er, sie machte schön schläfrig.


    "Meine scharfe Zunge soll er zu spüren bekommen Varsken, ich gebe mein Bestes. Wir müssen ihn nicht leben lassen. Er wird fallen, nicht durch unsere Hand aber durch unseren Willen. Das ist der kleine aber feine Unterschied. Du wirst sehen...", antwortete Osroes seinem Freund leise. Einige Augenblicke später war er bereits eingeschlafen. Ein größeres Kompliment konnte es für niemanden geben, als das Osroes in seiner Gegenwart schlief. Es gab kein tieferes Vertrauen.

    Osroes legt sich ebenfalls auf die Seite, so dass sie sich in die Augen schauten. Der Blick von Osroes nahm einen schelmischen Ausdruck an. Sanft faltete er die Hände und schob sie unter seine Wange, um bequemer zu liegen.


    "Geschähe ihm hier etwas auf seinem Boden durch meine Hand, dann würden wir einen Märtyrer schaffen. Seine Anhänger würden mehr den je zu ihm aufschauen. Jenen Mann verehren, der für seine moderenen Überzeugungen gestorben ist. Damit wäre Vologases auf ein Podest gehoben worden, es wäre ihm eine Statue errichtet worden die niemand mehr einreißen kann denn sie wäre geistiger Natur. Aber was geschähe, wenn dieser Mann gar nicht in meine Gewalt fallen würde? Was wäre, wenn dieser Mann überhaupt in keine Hand fällt? Weder Freund noch Feind? Nicht einmal die Römer haben sich von ihm abgewandt und ihn geholt.


    Nein Varsken, was würde geschehen, sollte Vologases erneut seiner verräterischen Natur unterliegen? So wie er eine Heimat verraten hat, so würde er auch die Römer und seine treuen Anhänger verraten. Schon bald würde die Kunde sich verbreiten, dass Vologases nichts weiter als ein Verräter und Lügner gewesen ist. Er würde in Schande stehen, sein Name wäre unaussprechlich und niemand würde ihn gekannt haben wollen. Den Verräter, den Lügner mit den tausend Zungen, der jeden verkauft hat, einschließlich sich selbst.


    Bereichert hat er sich an jenen die ihm folgten, verdorben bis aufs Blut schlich er sich davon und kehrte allen den Rücken. Dieser Mann wird in niemandes Hand fallen, denn nur so fällt er Varsken", lächelte Osroses verschmitzt.

    Osroes erwiderte die freundschaftliche Geste von Varsken und wartete geduldig ab, bis sein Freund und Leibdiener aus dem Bad zurückkehrte. Varsken war so umsichtig, dass Bett erneut zu überprüfen. Hier war alles möglich, die Schlange hätte ihm eine Schwester ins Bett legen können oder ein anderes Gifttier. Ebenso war eine versteckte Giftnadel in der Matratze möglich, die erst durch Gewicht zustechen würde, um den Schlafenden in den ewigen Schlaf zu schicken. So einem Mann wie Vologases war nicht zu trauen. Die einzige, absolut sichere Methode zu schlafen war wohl in diesen Gemäuern es wie ein Pferd zu halten und im Stehen zu schlafen. Zudem wäre dies ein Zugeständnis an Vologases, dass er diesen römerliebenden Mann fürchtete. Vorsicht war keine Feigheit und Dummheit kein Mut, zudem vertraute er Varsken, so legte sich Osroes in das fremde Bett das im Grunde doch seines war.


    "Dieses Bett bereitet mir mehr Kopfzerbrechen als es ein Bett sollte Varsken. Geselle Dich zu mir Varsken, ich wünsche mir schlicht ein Gespräch und Dich als meinen Freund an der Seite. Ich hoffe sie gehen mit Rethati anständig um.


    Ich sehe die dunklen Wolken des Krieges am Horizont aufziehen Varsken, alles durch einen Mann der seine Heimat im Herzen den Rücken kehrte und sich anderen zugewandt hat. Seine Heimat hat ihn nie betrogen, er ist der Betrüger und dennoch müssen wir mit diesem Mann verhandeln. Tief im Innersten weiß ich, dass ihn nichts und niemand retten kann. Er möchte nicht gerettet werden, er sieht sich im Recht. Seiner Auffassung nach bedarf es der Heilung für die restliche Welt. Aber ich kenne den Hintergrund dieser Ansicht mein Freund. Es ist Feigheit die sich in sein Herz gekrochen ist, wie eine Schlange die er ist. Er fürchtet die Römer derart, dass er sich ihnen angebiedert hat. Als ob sie ihn verschonen würden, nur weil er ihnen vorher hündisch diente. Nun morgen werden wir sehen, wir weit sein Verfall fortgeschritten ist.


    Möchtest Du über etwas sprechen Varsken? Dann bitte, nur zu. Sprich offen über alles was Dir auf dem Herzen liegt", bat Osroes.

    Osroes genoss die Behandlung von Varsken, er fühlte sich sicher und gut aufgehoben in den Händen seines Leibdieners der ebenso Freund und Vertrauter war. Ja er fühlte sich bei Varsken geborgen und dies war ein Umstand, den ein Mann in seiner Position nicht oft erlebte. Umso wertvoller war ihr Verhältnis, was das Leben generell anging und den Besuch bei Vologases im Besonderen.


    "Selbstverständlich gestatte ich dies Varsken. Nimm Dir die Zeit, die Du benötigst. Ich würde gerne etwas dunkelblaues tragen, meiner Würde entsprechend. Oder wie wäre es mit einem dunklen Grün? Wir beide waren so lange unterwegs, was macht das bisschen Zeit mehr aus? Zwar schreite ich dort als König in die Hallen von Vologases, aber wir beide sind eine unzertrennliche Einheit. Wir beide tragen gemeinsam die Bürde meines Amtes. Ich trage sie offen und zur Schau, Du trägst sie leise und einen Schritt hinter mir.


    Du teilst Dein Leben mit mir, opferst alles, hast kein eigenes Leben und lebst in meinem Schatten. Du trägst von uns beiden die stille, ungesehene Bürde. Also Du der alles von mir weißt, der alles von mir kennt und schon alles von mir gesehen hat, sollte sich nicht scheuen eine Bitte auszusprechen. Unsere Freundschaft erdet mich.


    Die ganze Zeit bin ich König, bin ich das Land. Das alles da draußen gehört "uns" - wir sind das Land, unsere Person ist das Recht und der Alleinherrscher in diesem Land. Vom niedersten bis zum höchsten Bewohner, sie sind die unseren Varksen. Wir sprechen Recht, denn wir sind die Oberste Ordnung. Was Recht und Unrecht ist, liegt in unserer Hand. Wir handeln und verhandeln im Namen eines Volkes, wir entscheiden über das Schicksal tausender. Wir entscheiden über Leben und Tod, all das tun wir.


    Wir tragen nicht nur diesen Titel Varsken wir tragen ein reich behangenen und schweren Mantel aus Verantwortung, Zwängen, Zeremonien und Etiketten.

    Dies ist unsere Aufgabe, dies ist unser Schicksal, manchmal unser Glück, manchmal unsere Bürde - das sind wir. Aber ab und an Varsken, möchte ich für einen winzigen Moment einfach nur ich selbst sein.


    Kurzum ich muss mich auf mich selbst besinnen, mich erden. Mich vergewissern, dass es mich selbst noch gibt, hinter all dem. Und genau das tust Du, indem Du mir ein Freund bist und es schon immer warst. Mein ewiger Wegbegleiter und Gefährte. Ich denke dass Du all dies weißt, aber vor dem morgigen Tag, sollst Du es aus meinem Munde hören. Nicht aus dem Munde Osroes dem I., sondern aus dem Munde Deines Freundes. Was ich damit schlicht sagen möchte ist - Danke",
    antwortete Osroes Varsken.

    "Was würde ich nur ohne Dich tun Varsken? Mag die Gastfreundschaft hier noch so nobel sein, sie ist genauso falsch. Wir beide wissen, woran Vologases wirklich gelegen ist. Er möchte uns mit seinem römischen Gedankengut verseuchen und auf seine Seite ziehen. Aber dazu werden wir ihm keine Gelgenheit geben. Er soll sich an sein Blut und seine Wurzeln erinnern. Stattdessen macht er sich zum Sklaven der Römer und unser Land zum Gespött. In einer Schlangengrube muss man stets damit rechnen, auch in den eigenen Gemächern eine Schlange vorzufinden. Sei es nun ein Vertrauter von Vologases oder eine wirkliche Natter. Wer von beiden giftiger ist, wissen wir Vrasken", antwortete Osroes und zog sich an dem angebotenen Arm, dankbar aus der Wanne.


    "Einige Stunden Schlaf benötige ich, in der Zeit wünsche ich niemanden zu sehen. Du bist der Einzige, dem es erlaubt ist, mir beizuwohnen wie üblich. Wecke mich zeitig, damit ich mich vorbereiten kann. Du wirst ebenso Deine Zeit benötigen mein alter Freund", sagte Osroes freundlich und legte Varsken dankbar eine Hand auf die Schulter.

    Osroes stieg ins Wasser und Varsken hielt ihn fest, der Mann war mit Herz und Seele Leibdiener. Mehr noch, er war ihm ein jahrelanger Begleiter und Freund. Der König schloss die Augen und ließ sich von Varsken Waschen und den Kopf massieren. So hätte er stundenlang im Wasser sitzen können, nur sah er dann wohlmöglich noch Tage später aus wie verschrumpeltes Dörrobst. Eine Genugtuung, die er Vologases nicht gönnen würde. Würdevoll und königlich, dass war seine Erscheinung und daran würde auch der Römerfreund nichts ändern. Er hatte es versucht, dieser kleine Seitenhieb mit den griechischen Ölen würde Osroes nicht vergessen. Allerdings waren solche Geplänkel zu verschmerzen, konnte man sich im großen Zwist einigen. Wie weit dies überhaupt noch möglich war oder wie weit Vologases sich bereits von seiner Heimat gedanklich entfernt hatte, konnte Osroes noch nicht abschätzen.


    "Danke Varsken, ich bin rundum zufrieden mein Freund. Du hast Recht, für die Verhandlung muss ich ausgeruht sein. Wir werden sehen, mit was uns Vologases konfrontiert. Ob der Geist dieses Mannes überhaupt noch in alten heimatlichen Bahnen denkt oder ob er schon an die Römer verloren wurde. Weder Hoffnung noch Befürchtung kann mir da Gewissheit verschaffen. Alles was ich wissen muss, werde ich morgen erfahren Varsken. Leider kannst Du mir während dieses Amtsbesuches nicht den Kopf massieren, obwohl ich dies gewiss nötig haben werde.


    Sei so gut und wache über meinen Schlaf. Ich vertraue unserem Gastgeber nicht. Er empfing mich mit aller Würde, er versorgte meinen Anhang und er ließ es sich nicht nehmen uns gut unterzubringen. Aber all dies bedeutet noch lange nichts. Wer weiß ob eine Giftschlange in meinem Bett wartet oder ob ich von einer morgen empfangen werde. Wie sagte mal ein weiser Mann? Normale Giftschlangen zischen Xsss Xsss, manche hingegen zischen Willkommen wie geht es Euch?", antwortete Osroses seinem Leibdiener mit einem Schmunzeln.

    Osroes schnupperte an der geöffneten Flasche und schloss genüsslich die Augen. Ja so musste ein Mann von königlichem Geblüt aus ihrem Lande duften.


    "Wie immer weise und vorausschauend Vrasken, so kenne ich Dich. Diese Hallen sollten fremd für Vologases sein, nicht für uns. Mit dem Mann stimmt etwas nicht, biedert sich den Römern förmlich an und dann benutzt er scheinbar auch noch griechische Duftöle. Hasst er seine Heimat derart, dass er versucht in eine andere Haut zu schlüpfen? Es wird ihm nicht gelingen Vrasken. Jeder ist was er ist. Scheiße bleibt Scheiße, auch wenn man sie mit griechischen Duftölen überschüttet. Und wir tun das sicher nicht", antwortete Osroes und nun war er auch bereit in das Badewasser zu steigen, mit dem passenden Duft.


    Sein Leibdiener dachte an alles, vor allem dachte er wie er. Etwas dass die aufgewühlten Gedanken des Königs beruhigte.

    Osroes stand still und ließ sich von Varsken entkleiden. Wo es nötig war, ging er ihm mit entsprechenden Bewegungen zur Hand. Gemeinsam betraten sie das Badezimmer des Quartiers. Die Luft die sie empfing war warm und duftgeschwängert. Rose, Blütenblätter, Kirschduft und Blütenranken. Sogar das Streckglas war in einem rosa Ton gehalten. Die Farbe und der Duft ließen Osroes die Stirn runzeln. Eine Geste, zu der sich der König nur in Gegenwart seines Vertrautren Varsken herab ließ.


    Der Kommentar von Vrasken ließ Osroses seinen Leibdiener einen amüsierten Blick zuwerfen.


    "Mein lieber Vrasken, dass glaubst Du doch wohl selbst nicht. Wer immer neben mir dieses Quartier bezieht ist nicht von Bedeutung, ich bin der König mit dem Volores zu sprechen wünscht. Folglich sollte er sich nach mir richten. Und genau dass hat Volores getan, er möchte mir damit durch die "Blume" sagten, dass er mich für einen Schwächling hält. Für jemanden den man in einem Frauengemach unterbringt. Jemanden der Duftöle und rosa Stuck dem Schwert vorzieht. Er sollte sich vorsehen, denn so manches Pflänzchen ist tödlicher als das schärfste Schwert.


    Ich werde dieser römischen Ratte Voloroes jedenfalls nicht die Genugtuung gönnen, nach diesem Weiberölen zu stinken. Mein Freund, eile und besorge ein Duftöl, dass seinen Namen verdient. Markant, holzig und warm, so hat ein Regent zu duften und nicht wie ein Süßgebäck. Wir wollen sehen, wer hier zuletzt duftet", antwortete Osroes mit grimmigem Lächeln.

    Osroes wartete ab bis er mit seinem Leibdiener allein war und hörte diesem aufmerksam zu.


    "Wie immer an alles gedacht, bevor ich überhaupt meine Wünsche geäußert habe Varsken. Was würde ich nur ohne Dich und Deinen Beistand tun? Ein Sklave? Der Leibdiener von Vologases ist tatsächlich ein Sklave? Wie erbärmlich dieser Mann doch ist und wie tief hinabgesunken in den römischen Dung. Moderne Sitten, beileibe nicht Vrasken. Das sind überhaupt keine Sitten. Es ist einfach nur widerwärtig.


    Aber möglicherweise spielt genau dieser Hochmut und seine Römerliebe uns in die Hände. Vrasken, kannst Du einem Manne Dein Leben anvertrauen, dessen eigenes Du geknechtet hast? Das Messer der Rasur liegt täglich an der Kehle von Vologases. Es mag der Tag kommen, wo dieser arme verwirrte Leibdiener sich ein Herz fasst und das Leben seines Sklavenhalters beendet. Und ich könnte es ihm nicht verdenken.


    Nein keine Ruhekleidung Vrasken, ich werde passend gewandet ruhen. Sollte einer der Verblendeten nach meiner Aufmerksamkeit verlangen, werden sie sehen, dass der wahre König zu jeder Stunde seinem Volke dient. Wir sind nicht nur hier um zu verhandeln, sondern auch um zu überzeugen. Suche mir bitte etwas passendes heraus", antwortete Osroes und schaute sich neugierig im Gemach um.


    "Nichts zu beanstanden, schade eigentlich", lachte er leise.

    Wie es sich gehörte antwortete der Palastaufseher Osroes unverzüglich. Dieser Mann war noch nicht verloren, dass erkannte der König. Eine gute Seele, die man mit flaschen Verlockungen verblendet hatte.


    "Wir danken Dir für Deinen bis jetzt vorzüglichen Dienst. Sei unbesorgt, wir sind vollauf zufrieden und benötigen keinen größeren Zeitrahmen zur Entspannung. Mitnichten. Allerdings wäre ein erfrischendes Bad um sich den Staub der Reise vom Körper zu waschen wünschenswert. All jene deren Leben und Wohlergehen in unseren Händen liegt, erwarten von uns eine baldige Zusammenkunft um drohendes Unheil abzuhalten.


    Nichts Geringeres sollte im Interesse eines wahren Königs liegen. Selbstverständlich sind wir bereit uns schnellstmöglich mit Vologases zu treffen Mittler. Dies könnt Ihr gerne Vologases ausrichten. Nun würden wir gerne ein Bad nehmen und uns vorbereiten", antwortete Osroes.

    Der Leibdiener des Königs stieg als erstes vom Pferd und reichte seinem König die Hand. Osroes stieg von seinem Pferd Rethati, während er die Hand von Varsken nahm. Nötig hatte er dies nicht, aber die Ehrbezeugung gehörte ebenso zum Hofprotokoll wie viele andere Kleinigkeiten die das Leben des Königs ausmachten. Osroes neigte minimal das Haupt, um dem Palastaufseher sein Wohlwollen zu demonstrieren. Auch so ein armer verirrter Mann, den es zu retten galt.


    "Unsere Anreise war wie das Wetter, durchwachsen", antwortete Osroes und folgte dem Palastaufseher mit gemessenem Schritt. Einen Schritt hinter ihm, folgte umgehend Varsken.


    Vologases bezeugte Ehre, indem er seine Garde hatte Aufstellung beziehen lassen. Höflichkeit, Respekt und Machtdemonstration in einem. Selbstverständlich war der Gastgeber für die Sicherheit seines Gastes verantwortlich. Die Männer an denen er nun vorbeischritt dienten seiner Sicherheit ebenso wie sie sein Tod sein konnten. Mit der Garde war schon so mancher Herrscher aufgestiegen und gefallen. Meist jedoch mit der eigenen und nicht durch die Ehrengarde, während man an dieser vorbeischritt. Eine schändlichere und ehrlosere Art des Hinterhalts konnte es kaum geben.


    Als sie an der Garde vorbeigeschritten waren, betraten sie gemeinsam den königlichen Palast von Vologases. Ein Gebäude dass den Namen redlich verdiente. Kunst in Vollendung, welche einem das Herz höher schlagen ließ. Der Palast zeigte eine Kultur, die Vologases bereit war aufzugeben. Was würde von ihnen bleiben, würde dieser Romverliebte Pseudokönig sich durchsetzen? Würden sie vergeben wie die letzten Herbstpflanzen im eisigen Winterwind? Oder wäre es ihm vergönnt sie alle zu retten, so dass sein Volk auf ewig bestand, so wie die ewigen Flammen die der Boden Cappadocias selbst hervorbrachte, ebenso wie ihr Glauben? Welchen Göttern huldigte Vologases bereits? Hatte er sich völlig von seinem Volk abgewandt? Osroes würde es bald erfahren.


    Der König stellte mit Genugtuung fest, dass sein gesamter Hofstaat gastlich behandelt wurde. Die Tiere wurden versorgt, dem Hofstaat Erfrischungen gereicht. Er selbst wurde vom Palastaufseher in sein Gemach geführt. Varsken betrat vor seinem König das Gemach, schaute sich um und hielt ihm dann die Tür auf. Osroes betrat es ohne zu zögern. Sein Blick streifte kurz durch die Räumlichkeiten, ehe er sich zum Palastaufseher umdrehte.


    "Für wann hat Vologases mit unserer Person ein Treffen geplant?", hakte er höflich nach.

    Osroes Delegation erreichte Ktesiphon. Der Parther König ritt nicht an der Spitze seines Hofstaats, sondern folgte einem Teil seiner Leibwächter die ihn abschirmten. Mit mächtigen Schritten betraten die ersten Pferde das städtische Kleinod in der Hand Vologases. Der erste schwere Huf der Leibgarde versank in Rosenblättern und es folgten noch etliche, so als wäre ein Damm gebrochen. Weithin sogar weit über Cappadocia hinaus waren diese Pferde wie ihre Reiter bekannt, berühmt und gefürchtet.


    Rethati der mächtige Braune trug seinen Herrn sicheren Schrittes in das Nest des Feindes. Das leise Klirren seiner Panzerung wurde von der Musik verschluckt. Nichts war hier dem Zufall überlassen worden. Die Stadt war bis auf den letzten Stein herausgeputzt, eine Augenweide und eine Machtdemonstration gleichermaßen. Osroes hätte über dieses Kompliment gerne geschmunzelt, aber seine Würde verbot es ihm. Dies was er hier sah was nichts anderes als das was ihm zustand. Er wusste dies und Vologases wusste es ebenso.


    Der Tross bestehend aus Leibwächtern, König Osroes höchstpersönlich, sowie einem Großteil seines Hofstaates schritt durch die Prunkstraße. Pferdehufe, weiche Kamelfüße, Karren und Fußgänger sie alle wälzten sich in huldvoller Langsamkeit dem Palast entgegen. Begrüßt wurden sie vom Adel der in festlicher Kleidung seinen König willkommen hieß. Die Menschen jubelten und Osroes ließ es sich nicht nehmen, dem einen oder anderen einen persönlichen Blick zu schenken.


    Volksverbundenheit hieß genau dass, als König hatte man sein Volk wahrzunehmen, es zu schützen und zu führen. Das Allgemeinwohl im Auge zu behalten, aber auch nicht den Einzelnen zu vernachlässigen. Sie die Parther blickten auf eine stolze Tradition zurück. Sie waren sich niemals zu schade dafür gewesen, Gutes anzunehmen und Schlechtes von sich zu weisen. Rom war nichts was ein Parther benötigte. Vologases kroch vor einem Feind, der ihnen nichts entgegen zu setzen hatte.


    Sein Tross erwiderte freundlich den Jubel, winkte mit freundlichen Gesichtern, während die Soldaten und Leibwächter versuchten die Augen überall zu haben. Rethati trug nicht umsonst Panzer. Ein Pfeil aus der Menge, ein Dolch, auch ein hervorragend geschultes Schlachtross warf seinen Reiter ab, wenn es schwer verletzt oder gar tödlich getroffen zu Boden ging. Und so garantierte Rethati wie so oft die Sicherheit seines Herrn.


    Der Wind frischte auf, eine kühle Brise jagte durch die Straßen und Gassen und warf die Rosenblätter in die Luft, die mit kleinen Schneeflocken langsam und sachte zu Boden fielen. Atemwolken von Mensch und Tier stiegen auf, die Körper der Pferde und Kamele dampften in der Kälte. Der Jubel war echt, weder verhalten noch gespielt. Dennoch schwang etwas Schwermütiges darin. Angst vor der Zukunft und die Hoffnung auf den heutigen Tag. Alle Zuschauer am Straßenrand hatten diesen besonderen Blick in den Augen und Osroes musste sich nicht umdrehen um zu erfahren, dass seine Leute ganz ähnlich dreinblickten.


    Schnee und Kälte, dennoch Blumen und Schmuck. Welches Zeichen sollte er als Vorbote deuten? Osroes beschloss diesen Tag als eine Chance zu nutzen. Denn auch wenn man es bei einem vermeintlichen Konkurrenten oder Feind leicht vergaß, auch Vologases war ein Parther und verdiente Rettung vor dem römischen Irrglauben. Möglicherweise würde er zurück zu seinen Wurzeln finden, anstatt sich in dem Fremden zu verlieren.


    Wem würde das Schicksal gewogen sein? Die Parther waren dafür bekannt, zur Not mit aller größten Härte und eben solcher Gerissenheit zu kämpfen. Heute musste das Wort sein Schwert sein und seine Zunge schärfer als jeder Dolch. Die Delegation kam vor dem Palast zum Stehen. Vologases geizte nicht mit seinem Prunk. Parther waren auch geschickte Händler und Osroes sah es mit Genugtuung, dass Vologases seinen Reichtum in Schönheit, Erhalt und Blütenblätter investierte und nicht in blanken Stahl. Er war sicher, auch diese Rose hatte Dornen, aber wie viele mochten es noch sein?


    Rethati schnaubte und stampfte im einem seiner schweren Hufe auf, ganz so als wollte er persönlich seinen Herrn ankündigen. Osroes blieb aufrecht auf seinem edlen Tier sitzen und schaute mit erhobenem Haupte dem Palast entgegen. Ein Herrscher der heimkam.