“Ich habe mich bereits ein wenig über diesen Tempel kundig gemacht. Auch wenn man seinen Anblick schon seit Kindertagen kennt, gehört dieses Bauwerk schließlich nicht gerade zu denen, deren Geschichte und Bedeutung ein gewöhnlicher Römer frei aufsagen könnte, anders als etwa beim Templum Iovis Capitolini oder dem Vestatempel.“
Er grinste viel sagend, als er eine Wachstafel mit einigen Notizen zur Hand nahm.
“Diesen Tempel hat Gaius Iulius Caesar errichten lassen. Er ist im Jahre DCCVII vollendet worden, also rund 150 Jahre alt. Man hat ihn der Venus Genetrix geweiht, die keine alte italische Gottheit ist, sondern ursprünglich griechisch. Sie gilt als Stammesmutter des Aeneas und damit all jener Geschlechter, die sich wiederum von ihm ableiten.“
Er blickte von seiner Tafel auf.
“Nun, uns eingefleischten Plebejern mag diese sehr patrizische Inbrunst, die eigene Ahnenreihe auf ein göttliches Wesen zurückführen zu wollen, albern erscheinen, aber es wäre wohl unklug, diese Familien gegen sich aufzubringen. Allen voran sind es natürlich die Iulier, und darum hat Gaius Iulius diesen Tempel damals wohl auch erbauen lassen. Es gibt da zwar auch diese Geschichte eines Gelöbnisses, das er vor der Schlacht von Pharsalos abgelegt haben soll, wo er für den Fall eines Sieges über Pompejus gelobt habe, diesen Tempel zu errichten. Aber machen wir uns nichts vor, der Mann hat immer und zu jeder Zeit politisch gedacht. Dieser Tempel war ein Mittel, sich und seine Allmacht als göttliche Vorherbestimmung aussehen zu lassen.“
Er legte die Tafel weg.
“Außerdem hat er dieser ägyptischen Schlampe im Inneren eine Statue aufstellen lassen, so als sei auch sie Teil des göttlichen Plans.
Alles in Allem ein recht egomanisches Bauwerk, wenn du mich fragst. Aber, wie gesagt, viele Familien verehren Aeneas. Außerdem steht in der Apsis eine wirklich schöne Venusstatue, die von Akresilaos stammen soll und es gibt ein paar nur wenig verblichene Malereien des Timomachus von Byzanz. Wir kommen also nicht umhin der Venus Genetrix eine angemessene, neue Behausung zu bauen. Der Standort…“
Er blickte auf.
“NAKHTI! Bring mir mal die Pläne!“
Wieder zu Avarus gewandt: “Einen Moment bitte.“