Varsken, wenngleich kein Sklave, sondern Mann aus bestem Hause, schlug die Augen nieder, als der König ihm die Hand auf die Schulter legte, ein dankbares Lächeln um die Lippen. Kein Wort hätte mehr des Lobes beinhalten können als diese Geste, die Vertrauen verhieß. Als Osroes seine Hand wieder fortnahm, schlang Varsken das kleinere der angewärmten Tücher um dessen nasses Haar, das größere um den Leib, der in seinen Augen das ideal eines parthischen Mannes widerspiegelte. Ihn pflegen zu dürfen, war wie die Arbeit an einem kostbaren Kunstwerk.
"Natürlich werde ich über deinen Schlaf wachen. Wenn du gestattest, werde ich vorher noch meine Reisekleider ablegen und mich frisch machen, damit du nicht von einem Pferdestall träumst. Vor der Audienz muss ich mich gründlich waschen und rasieren, ehe du an der Reihe bist. Welche Farben wünschst du morgen zu tragen? Ich möchte die Sachen schon heraushängen und werde meine Kleider ebenfalls darauf abstimmen."
Vor dem Amtsantritt des Osroes waren er und Varsken bereits Freunde gewesen. Sie kannten sich, seit sie als Kinder ihre Holzrömer mit winzigen Kataphrakten niedergetrampelt hatten wie einst der Feldherr Surenas, dem seine Leistung von Orodes II. mit einer Hinrichtung vergolten worden war. Unter dem Gewand des Amtes hatte ihre Freundschaft gut behütet überdauert, um in geeigneten Momenten gepflegt zu werden, meist zu Feierabend, wenn Osroes zum Du überging und somit das Signal zur privaten Zeit gab.
Ohne zu rubbeln massierte Varsken das eingewickelte Haar von Osroes, bis es nicht mehr tropfte und er das Tuch beiseitelegen konnte. Da es Abend war und Osroes sich entspannen sollte, trocknete er den Körper mit langsamen, tupfenden Bewegungen ab, ließ jedoch einen dünnen Feuchtigkeitsfilm auf der Haut, da das Öl sich so besser verteilen würde. Er legte das Tuch zu dem anderen, anschließend band er Osroes´ Haar hoch und goss ihm angewärmtes Öl über die Schultern und den Nacken. Das Öl wurde einmassiert, beim Gesicht, Bart und Haar begonnen, und von oben nach unten umsichtig auf dem ganzen Körper verteilt, wobei Varsken zeitgleich Osroes´ Körper nach Krankheitsanzeichen oder Auffälligkeiten untersuchte. Es war ein sehr gutes Öl, das keinen schmierigen Fettfilm hinterließ, sondern die Haut seidig schimmern ließ und in nasenschmeichelnden Duft hüllte.
"Das Haar kämme ich dir morgen vor der Audienz, wenn es trocken ist, damit ich dir deine schönen Locken nicht auskämme", schloss Varsken und holte die weiche Kleidung, die er zum Schlafen herausgesucht hatte. Sie war für den König dazu geeignet, sich damit zeigen zu können, wie er es gewünscht hatte, jedoch bequem genug, auch im Bett getragen werden zu können.