Beiträge von Ein Praetorianer

    Der Tribun blickte zufrieden, als die Sklaven zahlreiche Behälter mit Dokumenten anschleppten. Das sah nach einer guten Ausbeute aus, ohne dass die Soldaten dafür hatten suche müssen. "Sehr schön, dann können wir aufbrechen. Nach dir, Senator" erklärte er höflich, denn er wollte sich nichr vorwerfen lassen, den Senator nicht wie einen solchen zu behandeln.


    Als der Senator dann noch Anweisungen gab, mischte sich der Tribun jedoch sofort wieder ein. "Aufräumen gerne, aber nur innerhalb des jeweiligen Raumes. Es werden keine Dokumente oder persönlichen Gegenstände entfernt. Ich lasse zwei Männer da." Andere ließ er später auch noch draußen vor den Türen zurück, damit auch wirklich nichts aus der Villa herausgeschafft werden konnte. Dann rückte er mit den anderen Soldaten und dem Senator ab zur Castra Praetoria.

    Der Tribun, der die Durchsuchung der Villa Vinicia geleitet hatte, lieferte den dort aufgegriffenen Senator gleich im Büro des Praefectus Praetorio ab, um ihm das weitere Vorgehen zu überlassen. "Praefectus, der Senator Vinicius Lucianus, wie befohlen. Zu dir, zum Praefectus Urbi oder andere Anweisungen?"

    Die Frage der Herkunft der Anschuldigungen war schnell erklärt. "Der Praefectus Urbi in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des Imperator Caesar Augustus, da dieser diese Aufgabe selber betrüblicherweise nicht mehr wahrnehmen kann, da er - wie dir zweifellos bekannt ist - ermordet wurde. Aber vielleicht weißt du darüber ja sogar mehr als andere" spekulierte der Tribun, während er darauf wartete, dass man den Soldaten beim Zusammentragen der Dokumente half.

    "Oh, Senator, welche freudige Überraschung. Man sagte mir, man erwartet dich erst gegen Abend zurück" erwiderte der Tribun die Begrüßung. "Du kannst uns mit Informationen und Kooperation dienlich sein. Gegen dich wird ermittelt im Zusammenhang mit Hochverrat, Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, Verunglimpfung des Imperator Caesar Augustus, Staatsfeindlicher Verunglimpfung von Reichsorganen, Mord, Beleidigung, Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Volksverhetzung. Ich bin daher beauftragt, dich sowie Abschriften seiner letzten Reden und deine Korrespondenz des letzten Jahres in die Castra Praetoria zu bringen."

    "Gegen Abend? Das ist aber lang" antwortete der Tribun gespielt enttäuscht, während er sich im Stillen sicher war, dass seine Soldaten nicht einmal bis Mittag brauchen würden, um den Senator in der Stadt ausfindig zu machen. Dann schaute er den Sklaven zum ersten Mal richtig an. "Weißt du, dein Herr hat im Senat einige sehr unschöne Dinge gesagt" erklärte er ihm im Plauderton. "Deshalb bin ich jetzt hier, damit dein Herr zeigen kann, dass er es nicht so gemeint hat. Aber wenn er erst heute Abend kommt, muss ich die Zeit wohl schon mal nutzen. Bringst du mir die Abschriften seiner letzten Senatsreden und seine Briefe der letzten Zeit in sein Arbeitszimmer?"

    Der Offizier zuckte nur kurz mit den Schultern,


    Dann muss es wohl so sein Senator, verhungern wird hier niemand keine Sorge.


    Dass sowohl die Märkte als auch alle anderen Geschäfte geschlossen hatten, ließ er jetzt mal dahingestellt. Die Köchin würde sicherlich etwas essbares auftreiben können.


    Sie soll sich an der Torwache melden wenn sie aufbricht, ein Miles wird sie begleiten, damit sie nicht von einer Patroullie aufgegriffen wird und in Haft kommt. Wäre das dann alles?


    Fragte er noch beiläufig zum Schluss. Wenn bei den feinen Herren nun für Speis und Trank gesorgt wäre, dürfte es ja nichts mehr zu beanstanden geben. Bis auf die Ausgangssperre eben.

    Die Soldaten standen stumm neben der Reisegesellschaft, als die Herren dann ihre Sänften verließen, wiederholte der Centurio nochmals seine vorherige Ansprache..


    Senatoren, wie ich bereits sagte ist eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt worden, irgendetwas ist bereits schiefgelaufen, und ich wundere mich welche Patrouille euch hat unbehelligt durch die Stadt marschieren lassen, aber ich werde die Sperre durchsetzen, bis wir neue Anweisungen erhalten.


    Er stellte zwei Miles neben die Porta ab, das machte man natürlich nicht bei jedem Haus der Stadt, aber nur am Tor des Palastkomplexes hatte man eben nicht alles im Auge.

    Fast hätte sich der Tribun dazu hinreißen lassen, sich für die nun erfolgende prompte Bedienung zu bedanken. Aber nur fast. "Eins nach dem anderen. Da ihr euch ja sicher seid, dass euer Herr nicht mehr im Bett ist, können wir uns das Schlafzimmer für später aufheben" beantwortete er die Frage, ohne den neuen Sklaven wirklich anzuschauen. Stattdessen wies er zwei Soldaten an, an einer Ecke zu warten, wo sie gleich zwei Flure im Blick behalten konnten. "Das Arbeitszimmer ist sicher ein unterhaltsamerer Ort, um auf ihn zu warten. Wann erwartet ihr ihn aus der Stadt zurück? Und er bewahrt im Arbeitszimmer doch sicher seine Korrespondenz und die Abschriften seiner Senatsreden auf, nicht wahr?"

    "Ah, genau den suchen wir ja" bemerkte der Tribun, als der Name Lucianus fiel. Dass er angeblich nicht im Haus war, störte ihn wenig. Immerhin war sein Auftrag etwas umfassender ausgelegt oder zumindest interpretierte er ihn so. Also spazierte er weiter gemütlich voran und bedeutete den Soldaten, ihm in den Flügel der Villa zu folgen. Ob der Sklave ihnen ebenfalls folgte, war ihm egal. Falls nicht, würden sie sich auch ohne ihn zu helfen wissen.

    Zitat

    Original von Gnaeus Postumius Rufus
    Nun, vermutlich wollte der Sklave des jungen Claudius heimlich oder auch weniger heimlich einen Brief zur Beförderung abgeben. Doch solange die Ausgangssperre verhängt war und alle Bewohner zuhause zu bleiben hatten, war selbstverständlich auch in der Administration des Cursus Publicus wortwörtlich Funkstille. Kein Mitarbeiter war da, der den Brief hätte entgegennehmen können, geschweige denn einer, der ihn hätte transportieren können.
    Der Claudier würde sich also wohl gedulden müssen, bis die Ausgangssperre aufgehoben werden würde, denn solange würden die Türen dieser Einrichtung hier verschlossen bleiben. Sofern er nicht zuvor von den Cohortes Urbanae noch aufgegriffen wurde, weil er sich den Anordnungen des Staates widersetzt und sein Heim verlassen hatte.


    genau genommen waren es die Prätorianer die den Sklaven verhafteten, denn immerhin waren die Büros der kaiserlichen Post der kaiserlichen Garde unterstellt und somit waren es auch sie, die den Sklaven festnahmen samt Habseligkeiten um ihn in die Zellen der Garde hier in der Kaserne in Rom zu bringen.

    Unter dem wütenden Mob waren natürlich auch "schwarze Schafe", sie sahen aus wie einfach Peregrinii, Bauern oder Handwerker, doch es waren Speculatorii, welche ihre Augen und Ohren offen hielten.
    Einen möglichen Aufstand konnten sie gewiss nicht verhindern, und sie waren ja auch nur verdeckt in der Masse unterwegs, doch für die Prätorianer waren alle Informationen wertvoll, und so wandelten ein paar Männer dieser Elite innerhalb der Garde durch die Reihen der aufgewühlten Bevölkerung, man wusste ja nie welche Gerüchte oder Geschehnisse man später noch verwerten konnte, und es war wichtig zu sehen wo die Bevölkerung aufbegehrte..

    "Geschmackvoll" stellte der Tribun fest und spazierte mit hinter dem Rücken verschränkten Armen durch das Atrium, als wäre er bei einer Hausbesichtigung. Wahllos deutete er auf einen der Korridore, der tiefer in die Villa hinein führte. "Zu den Zimmern der Herren geht es dort entlang?" Der Centurio sortierte derweil seine Männer, von denen zwei an der Haustür blieben und die anderen auf weitere Befehle warteten.

    Der Centurio war genervt, musste er jetzt wirklich die Befehlsstruktur der gegenwärtigen Situation erklären? Er Rang sich irgendwie dazu durch, auch wenn es in dieser Lage etwas seltsam erschien, schließlich standen sich gerade zwei bewaffnete Gruppen gegenüber...


    Natürlich unterstehen wir unserem Praefectus Praetorio Senator, in diesen Zeiten hat allerdings der Praefectus Urbi die Geschicke der Stadt zu lenken, welcher auch den Notstand ausgerufen hat, und weshalb wir hier jetzt stehen.


    Immernoch hatten die Miles ihre Hände griffbereit am Knauf ihrer Gladii, sicher ist sicher, aber man wollte natürlich auch keinen Ärger.


    Nun Senator, unser Angebot besteht weiterhin. sagte der Centurio humorlos und deutete ein wenig einladend den Weg hinauf..

    Als sich die Wachhunde des Senators in Stellung brachten, brachten sich, nur zur Sicherheit natürlich, auch die Männer der Garde in eine kampfbereite Position. Sie trugen Panzer, und auch Helme, und trugen ihre Waffen anders als in gewöhnlichen Zeiten offen mit sich herum, wer würde also ein Tänzchen mit ihnen wagen?


    Natürlich kannte der grimmige Centurio den Mann, allerdings herrschte momentan der Praefectus Urbi über die Stadt und er hatte seine Befehle,
    Ich unterstehe dem Befehl des Praefectus Urbi, wir haben klare Anordnungen...Senator., sagte er mit drohender Stimme und fuhr fort, Sag deinen Männern sie sollen sich zügeln, meine Männer werden dich und eine handvoll deiner Männer gerne zu deinem Heim eskortieren, die Ausgangssperre ist jedoch unumgänglich., gab der gediente Gardist dem hohen Senator zu verstehen, eine Eskalation wollte er nicht riskieren, aber eine Befehlsmissachtung war für den Mann ebenso wenig hinnehmbar.

    Nachdem wirklich eine Zeitlang absolut gar nichts passiert war, näherte sich eine große Kolonne dem Palatin. Die Männer begaben sich sofort auf ihre Positionen, und versperrten dem Tross den weg.


    Halt! Es ist eine Ausgangssperre verhängt worden, das Gebiet ist abgeriegelt, hier kommt ohne einen Sonderbefehl niemand rein oder raus.


    Demonstrativ stellten sich links und rechts zwei Miles neben den wachhabenden Centurio, ohne einen Befehl würde nicht mal eine Ratte vom Tiberufer hier durchkommen.

    Der Notstand war ausgerufen worden. Und während die Einheiten der Schwarzröcke in der ganzen Stadt 'Hausbesuche' abhielten, und die Urbaner durch die Straßen patroullierten, riegelten wieder andere Einheiten die besonders wichtigen Punkte der Stadt hermetisch ab.
    Ohne eindeutige Befehle war niemand befugt den Palast zu betreten, und wenn man so in die grimmigen Gesichter der Prätorianer blickte, hatte das freiwillig wohl auch niemand vor.


    Die abgestellte Wachcenturie hatte sicherlich nicht die spannendste Aufgabe in dieser stürmischen Zeit, aber irgendwer musste sie ja machen, und so taten die Männer ihr bestes, auch wenn diese Aufgabe momentan nur aus herumstehen und argwöhnischem gucken bestand.

    "In der Stadt?" wiederholte der Tribun spöttisch und ließ keinen Zweifel daran, dass er dem Mann seine Ahnungslosigkeit nicht abnahm. "Wenn dein Herr im Senat und so ist, hast du sicher nichts dagegen, wenn wir uns ins Atrium setzen um auf ihn zu warten und so" stellte er dann fest und spazierte ohne zu zögern durch die offen stehende Tür. Eines der Contubernia bekam den Befehl, ihm zu folgen, während sich das andere auf den Weg zum Senat machen sollte und um in der Castra Praetoria Bescheid zu geben, dass man Vinicius Hungaricus auf seinem Landgut in Misenum aufsuchen sollte. Nur für den Fall, dass man das dort nicht wusste.

    "Rituelle Opfer?" Der Tribun schüttelte angewidert den Kopf. "Ich geb's an meine Leute weiter und lasse dich informieren, wenn wir was haben. Aber der Hafen bleibt euer Revier, wir können euch da nicht direkt helfen."


    Dass sie nur wenige Tage später ohnehin ganz andere Sorgen haben würden, konnte er noch nicht wissen.