Beiträge von Eirene

    "Das wird Iustus und Deandra sicher freuen. Auch mein Herr wird glücklich sein, wenn er erfährt, dass du wieder in Italia bist. Wohin wird dich dein weiterer Weg führen?"

    Eirene hörte ein lautes Rufen auf der Straße und öffnete die Pforte der Villa. Überrascht sah sie Scipio, den Sohn ihres alten Herren. Sie verneigte sich ungewöhnlich tief und bat ihn herein.


    "Bitte, Scipio, mache es dir bequem. Deandra und Iustus kehren sicher bald zurück. Es ist wohl eine wichtige Ladung aus dem fernen Ägypten eingetroffen, doch davon soll sie besser selbst berichten."


    Eirene nahm Scipios Reisegepäck, bot ihm einen Platz im Speisezimmer an und schenkte dem lange der Heimat fern gebliebenen Barrius einen Becher des besten Falernerweines ein.


    "Bleibst du länger? Soll ich ein Zimmer für dich herrichten?"

    "Er ist oben im Gästezimmer, Herrin..."
    Mehr konnte Eirene der vorbeieilenden Deandra nicht sagen und beschloss, deren Reisegepäck in die Villa zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit grüßte sie Cadior, der sich gerade um die edlen Pferde kümmerte. Deandra war früher als erwartet eingetroffen und so richtete Eirene mit einigen anderen Haussklaven eilig ein warmes Essen her.

    "Ja, Herr. Mögen dir die Götter einen ruhigen und erholsamen Schlaf schenken."


    Nachdem Iustus die große Treppe emporgestiegen war, brach Eirene wie gewohnt zum allabendlichen Rundgang auf, warf einen letzten Blick auf Anwesen und Garten, ordnete die eingegangene Post, verriegelte alle Türen des Hauses und wies einige Sklaven an, noch etwas zu heizen um der heraufziehenden Nachteskälte zu trotzen, bevor auch sie im bescheidenen Quartier der Sklaven zu Bette ging.

    "Gewiss, Herr. Diese Villa ist ein kleiner Landsitz der Aurelier in Ostia. Einige Jahre stand sie leer bis eure Schwester hier einzog und ein Gestüt gründete. Der eigentliche Stammsitz der Familie befindet sich in Rom, der großen Villa Aurelia, die euch gewiss Heimstätte sein wird - solltet ihr dies wünschen. Die Stadtvilla ist bis auf eine Reihe von Haussklaven, die das weitläufige Anwesen pflegen, momentan unbewohnt, da mein Herr in Mantua weilt.
    Deandra jedoch wird sicher bald nach Ostia zurückkehren. Sie ist in aller Eile nach Mantua aufgebrochen, den Grund aber kann ich euch nicht benennen."

    "Seid willkommen in der Villa Pellacia, Bruder Deandras! Ich werde meinem Herren sogleich über eure Ankunft schreiben und euch ein Zimmer herrichten lassen. Setzt euch, Herr."


    Eirene rief einige andere Sklaven herbei, die wenig später dem lange verschwundenen Iustus ein reiches Mahl auftischten.
    Eirene hatte nie Fragen gestellt und so nahm sie das Reisegepäck des Marius und richtete ihm ein Zimmer in der kleinen Landvilla ein.

    Eirene betrat die Räumlichkeiten des Gestüts und überreichte Deandra eine Papyrusrolle.




    Deandra!


    Mitunter liegen Lob und Tadel eng beieinander.
    Löblich, gut und wahrhaft ruhmreich sind deine Aufbauarbeiten am Gestüt, welches den Namen meiner Ahnen trägt.
    So werde ich für alle Speisen sorgen, die du für die beschriebene Einweihungsfeier benötigst. Ich habe Eirene bereits entsprechende Anweisungen gegeben, da mich der ehrenvolle Dienst am Vaterland in Mantua bindet.


    Andererseits ist mir zu Ohren gekommen, du seist zum Zankapfel der jungen Männer Roms geworden.
    Noch besteht für mich kein Anlass, dich hart zu bestrafen, noch warne ich dich. Viele Winter haben wir uns nicht gesehen, viele Tagesreisen leben wir voneinander entfernt und doch sollst du nicht im Glauben verweilen, den Namen der Familie, die dich einst aufnahm, mit ruchlosen Geschäften zu beschmutzen.


    Ich habe Augen und Ohren in Rom wie Ostia und keinerlei Skrupel, mit eiserner Faust in einer drohenden Sache wie dieser durchzugreifen.


    Bete zu den Göttern, dass dieser Tag niemals kommt.


    gez.
    Flavius Aurelius Sophus.

    Nachdem Deandra die kleine Villa verlassen hatte, kontrollierte Eirene - wie sie es von der eigentlichen Villa in Rom gewohnt war - die Amphorenbestände im Weinkeller und stellte fest, dass die berüchtigten Orgien des alten Pecallius nicht viel übrig gelassen hatten.


    Da sie den Geschmack dieser jungen Leute nicht kannte, orientierte sie sich an ihrem neuen Herren, der nie andere Tropfen als dunklen Falernerwein zu sich zu nehmen pflegte.
    Eirene bestellte auf dem Markt einige Flaschen und lies den schweren Karren von einem Botenjungen in die Räumlichkeiten der Villa bringen.
    Dass Cadior mit Deandra gegangen war, beruhigte sie nur wenig. Immerhin wimmelte es in Ostia von windigen, ja zwilichtigen Gestalten.
    Die Sklavin setzte sich unter einen knorrigen Olivenbaum im Garten und wartete auf die Ankunft Deandras.

    Eirene tat wie befohlen und begann damit, die Bette der kleinen Villa zu überziehen und die Sachen Deandras in Wandschränken zu verstauen. Zudem musterte sie die Küche und schickte sogleich einen Boten aus, um zu solch fortgeschrittener Tageszeit noch etwas Essbares in Ostia zu ergattern.
    Zu Abend bereitete sie nach getaner Arbeit ein für Patrizier einfaches, aber dennoch feines Abendmahl zu und deckte den Esstisch.

    Kurze Zeit, nachdem Deandra die Villa verlassen hatte, trat die Haussklavin Eirene ins Licht der Sonne. Verächtlich musterte sie einen Mann, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Was hatte dieser Plebejer am Grundstück der Villa zu suchen?


    "Deandra, mein Herr erfuhr von deinen Plänen, nach Ostia zu reisen und befahl mir, all deinen Wünschen nachzukommen. Gleichzeitig legte er dir nahe, meine Dienste in Ostia weiterhin zu beanspruchen. Aber, was trägst du all dein schweres Gepäck?"


    Eirene nahm Deandra einige Taschen ab und lächelte ihr freundlich zu.

    Eirene hatte während der Testamentsverlesung schweigend in einer dunklen Ecke des Raumes gestanden und das regungslose Gesicht ihres neuen Herren betrachtet.
    Später, als die ersten Gäste verabschiedet wurden, trat sie an ihn heran.


    "Alles ist für die Beisetzung bereit, Herr."

    "Ich verstehe. Ich werde sie umgehend holen. Einen Moment."


    Die Haussklavin setzte sich in Bewegung und suchte die Tochter des Crassus. Schließlich fand sie sie.


    "Herrin, ein Abgesandter des Senators Anton steht vor der Tür, der wünscht, Euch zu sprechen."

    "Ich werde nachsehen, ob sie anwesend ist. Wartet bitte hier."


    Eirene wollte gerade los gehen, um Crassus' Tochter ausfindig zu machen, als ihr noch etwas einfiel.


    "Verzeiht, wenn ich frage, aber in welcher Angelegenheit will der Senator sie sprechen?"

    Eirene kam zu Crassus ins Arbeitszimmer. Der Magister memoriae trug seine Toga. Offenbar wollte er bald ausgehen.


    "Herr, ein junger Legionär wünscht, zu euch vorgelassen zu werden. Er behauptet, er wäre Euer Sohn."

    "Gewiss, Proconsul."


    Eirene tat wie ihr befohlen und brachte Crassus sein Schreibzeug. Wenig später stand das Essen auf dem Tisch und sie schenkte ihm ein Glas Garum ein.


    "Verzeiht, Herr, aber was gedenkt Ihr zu tun?"

    In der Regia hatte Eirene bereits das Mahl für die beiden hergerichtet.


    "Ah, mein Gebieter. Ich habe mir die Freiheit genommen, Euch ein wenig Met zu servieren. Ich hoffe, Ihr werdet mit dem Mahl zufrieden sein."


    Sie verneigte sich kurz und auf eine Handbewegung des Proconsuls verschwand sie.

    ... die junge griechische Sklavin, die ihm in letzter Zeit beinahe ein paar Problemchen eingehandelt hätte.


    Eirene steht nur da, lächelt schüchtern, und sieht gut aus.