Beiträge von Decima Valeria

    Als man sie hereinbat, trat Valeria ein und schloss die Tür hinter sich.
    "Salve, ich bin Decima Valeria. Wir kennen uns schon, aber ich wollte mich doch noch einmal persönlich vorstellen. Ich leite die Schola in Tarraco", stellte sie sich vor.

    "Hm", machte Valeria nur. Dazu kannte sie Arrias Vater einfach zu wenig.
    "Ich kenne deinen Vater bisher nur aus dem Officium. Und selbst da habe ich nur wenige Worte mit ihm gewechselt. Aber das wird sich ja nachher dann noch ändern."
    Sie sah Arria breit grinsend an.
    "Ich hoffe nur, er frisst mich nicht auf..."

    "Dann musst du die Wahrheit so verpacken, dass er es nicht merkt", sagte Valeria und zuckte mit den Schultern.
    "Du kannst zum Beispiel sagen, dass du alles zu seiner Zufriedenheit tun wirst, was Alessa angeht. Dann hat er doch keinen Grund mehr, dir sauer zu sein. Er kann ja nicht wissen, dass du mit Alessa vielleicht etwas ganz anderes ausgemacht hast, was die Beziehung zwischen ihr und dir angeht."
    Valeria streckte sich kurz und gähnte.
    "Es ist aber seltsam, dass der Vater meiner Freundin mit meiner Verwandten...anbändelt. Ich würde gern wissen, was Alessa dazu sagt - oder weißt du das vielleicht schon? Wie hat sie sich gegeben?"

    Valeria schlüpfte aus den Schuhen und zog die Beine zjm Schneidersitz. So saß sie nun auf Arrias Bett und hörte ihr zu. Was sie sagte, war verständlich und durchaus nachvollziehen.
    "Wie ich Alessa kenne, wäre ihr selbst es sowieso lieber, wenn du sie als Freundin ansiehst und nicht als Ersatzmutter. Ich könnte das auch nicht...."


    Arria griff zum Wein und Valeria runzelte die Stirn. Heißen Wein sollte sie trinken...aber sie sagte nichts. Dann nickte sie nachdenklich.
    "Weißt du...ich kann da nicht wirklich mitreden, denn ich bin ohne den Vater aufgewachsen, den du Zeit deines Lebens gehabt hast. Aber ich könnte mir vorstellen, dass er sich nicht über Dinge aufregt, die so zu sein scheinen, wie er sich das denkt - auch, wenn sie in Wirklichkeit ganz anders sind..."
    Valeria hatte langsam und nachdenklich gesprochen und sah Arria nun verschwörerisch an.

    Valeria überlegte. Die spitzen Worte über Phokas hatte sie geflissentlich überhört. Scheinbar beruhte die Missstimmung zwischen Medicus und Sklave auf gegenseitigkeit...
    "Hmmm....wie meinst du wirksamer? Meinst du mit einer Art kleinem Fest? ich finde, wir sollten auf jeden Fall Werbung aushängen, damit jeder es auch mitbekommt. Da gäbe es zwei Möglichkeiten - entweder, wir hängen etwas auf dem Forum aus, oder aber, wir machen es persönlicher und schicken eine nette kleine Information an jede größere Casa. Was meinst du?"
    Sie sah sich kurz um und fügte dann hinzu:
    "Aber wenn wir das machen, sollten wir erst auf Ciceros Antwort warten. Wo ist er denn eigentlich?"

    "Für solch nette Menschen opfere ich gern ein wenig Zeit", sagte Valeria höflich und lächelte.
    "Wenn du noch Fragen oder Wünsche hast, bist du jederzeit willkommen. Wenn nicht, natürlich auch. Wer weiß, vielleicht möchtest du selbst sogar mal einen Cursus abhalten..."

    Valeria sah Arria aus großen Augen an. Sie merkte sehr wohl, dass sie scheinbar unter ihrem Vater litt, aber was sollte sie dagegen tun? Sie konnte sich nicht einfach in Dinge einmischen, die sie nichts angingen.


    "Er ist nicht tot, zumindest hoffen wir das. Er ist in Rom entführt worden und nun verlangen die Entführer eine entsetzliche Summe im Tausch für sein Leben. Niemand kann sie zahlen; ich glaube, nicht einmal der Augustus selbst. Das muss schlimmer sein, als den Liebsten tot zu wissen", sagte Valeria mitfühlend.
    "Was....deinen Vater angeht, so will ich mich nicht einmischen, dazu kenne ich ihn zu schlecht. Aber es hört sich nicht gerade so an, als lebtet ihr in einer guten Beziehung. Bist du wütend auf ihn, weil er sich für Alessa interessiert? Ich frage mich nur, was sie dazu sagt... Spinnen wir das ganze mal etwas weiter; dann ist sie deine Stiefmutter. Alessa ist zwanzig. Das heißt, dass ihre Stieftochter ein Jahr älter ist. Ganz zu schweigen von ihren Gefühlen für deinen Vater..."


    Arria schien wohl wieder zu weinen oder an Imperiosus zu denken. Valeria seufzte und schüttelte dann den Kopf.
    "Nein, ich möchte nichts, danke."

    Valeria schmunzelte. Sie fragte sich, wie sie das wissen dürfte, immerhin war sie noch nicht einmal zwanzig... Aber trotzdem konnte sie Ravus nur beipflichten. So also nickte sie und sah den Alten gutmütig an.
    "Ich bin sicher, dass du den Kurs bestehen wirst. Und viele andere Kurse sind ja Fernstudienkurse, der Architekturkurs beispielsweise. Und wenn es dir doch einmal langweilig werden sollte, so kannst du gern die neue Bibliothek aufsuchen und in den Pergamenten stöbern."

    "Das werde ich dann wohl sicher auch", seufzte Valeria ergeben. Wenn sie schon daran dachte, dass sie bald allein in Tarraco war, wurde ihr ganz anders. Zumal Maximian ebenfalls fort sein würde. Arrias weitere Worte drangen erst viel später an ihr Ohr. Und sie verblüfften sie vollkommen.
    "Dein Vater? Alessa? Aber...äh...also....Alessas Verlobter ist doch verschollen und...äh...sie ist genauso alt wie wir!" sagte sie fassungslos.

    Valeria runzelte verblüfft die Stirn. Was meinte Arria denn damit?
    "Äh?" machte sie nur.
    Dann schüttelte sie hastig den Kopf.
    "Nein, nein...ich meinte nur, meine Casa ist dann leer bis auf ein paar Sklaven. Das heißt, sofern sie nicht alle mitnehmen. Aber sag, was meinst du mit 'länger als ich denke'?"

    Valeria stand auf und schenkte Ravus selbst das Wasser ein, das er haben wollte.
    "Hier, bitte", sagte sie freundlich, den alten Mann beobachtend.
    "Ich finde es sehr gut, dass du dich nicht zum alten Eisen legen willst, Ravus", sagte sie impulsiv.

    Valeria nickte.
    "Ich will auch gar nicht daran denken, dass Maximian bald in Germanien weilt. Dann bin ich ganz allein. Seine Mutter und er gehen in den Norden, zu Meridius. Einzig Alessa ist hier, eine entfernte Verwandte, weißt du. Aber wie lange sie bleibt, weiß ich nicht. Sie ist zur Erholung in Spanien", erklärte Valeria, die ja keine Ahnung hatte, dass Arria Alessa schon kannte...

    "So?" machte Valeria. Das wollte sie sich nicht vorstellen. Andererseits...vielleicht war sie ja anders, wenn man sie länger kannte.
    "Sie hat mit mir gesprochen, als rede sie mit mir über einen Dritten. So "Was will sie?' und so. Sehr komisch. Aber naja."

    Valeria grinste und schob Arria dann zielstrebig zurück ins Bett und deckte sie zu, während sie antwortete.
    "Rom...naja, wie immer. Nur war ich froh, diesmal nicht so lang bleiben zu müssen. Ich hatte einiges zu tun... Ich war in der Schola, in der Regia des CD und beim Orakel. Sag, wie findest du die Flaminca? Hat sie mit dir auch so seltsam geredet?"

    Valeria sah sich im Cubiculum um, während Arria den Brief las. Dass sie weinte, bemerkte sie erst gar nicht. Erst, als sie den Kopf drehte, weil sie Arrias Worte vernahm, bemerkte sie die salzige Flüssigkeit auf Arrias Wangen. Sie schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Die Geste war genug und besagte, dass es Valeria nicht schlimm fand, wenn Arria deswegen weinte. Immerhin sah sie sich selbst auch so, wenn Maximian einst aus Germania schreiben würde. Aufmerksam betrachtete sie Arria, als diese den Brief fertig gelesen hatte.

    "Also abgemacht?" versicherte sich Valeria grinsend und gab Arria den Brief erst, als sie ihr noch einmal versichert haben würde, dass sie im Bett blieb und tat, wie Valeria ihr gehießen.



    Geliebte Arria,


    Die Tage und Nächte sind kühl. Nicht die Kühle des Wetters macht mir zu schaffen, sondern die Kühle in mir.


    Deine Wärme spürte ich schon lange nicht mehr.
    Mein Herz sehnt sich danach,
    ich muss darauf achten, sonst liegt es brach.
    Dies ist die Sehnsucht in mir,
    das Verlangen nach dir.
    Mein Atem wird langsam und schwer,
    denke ich nur an meinen Begehr.
    Der Begehr bist du,
    und er gibt mir die ganzen Tage keine Ruh.


    Sieh Arria was die Einsammkeit aus einem Manne wie mir macht. Einen Philosophen. :D
    Ich hoffe, dass dein bezauberndes Lächeln noch immer so ist wie ich es in meiner Erinnerung halte. Wie geht es in deiner Ausbildung voran, wie steht es um unsere Sponsalia? Mein Unwissen, die Ferne zu dir, bereitet mir schlaflose Nächte.
    Gib auf dich acht.


    In Liebe,
    dein Imperiosus.




    "Ich musste doch den Ius Iurandum noch ablegen. Er bat mich ins Heiligtum der Ops, damit ich mit der Flaminca sprechen konnte. Er sagte mir, dass er dich sehr vermisst..."

    Valeria fragte sich, wie jemand, der im gleichen Haus mit einem lebte, nicht mitbekommen konnte, dass jemand krank war. Zumal sie ja hier von Arrias Vater sprachen. Aber sie hütete sich, etwas dergleichen zu sagen. Da kam ihr allerdings eine Idee.
    "Sag....wärst du dann mit einem Tauschgeschäft zufrieden? Du bleibst im Bett und kurierst dich aus - und ich spreche mit deinem Vater und gebe dir...." - sie kramte in der mitgebrachten Umhängetasche und zog Imperiosus' Brief an Arria hervor, gab ihn ihr jedoch nicht - "....das hier. Abgemacht?"
    Nun grinste sie breit, konnte Arria das Pergament doch nicht erreichen, sondern lediglich Arrias Namen auf dem versiegelten Schriftstück in Imperiosus' Handschrift lesen.