Beiträge von Decima Valeria

    "Äh..hm..." mache Valeria erschrocken und gewahrte Livianus. Ihr Herzschlag verlangsamte sich wieder. Aber nur ein bisschen. Den Göttern sei Dank war der Raum erfüllt von dichten Nebelschwaden. Sie überlegte, ob sie schnell fliehen oder sich einfach zu Livianus gesellen sollte. Das war eine schwere Entscheidung, denn die Wärme, die von dem Wasser ausging, war schon sehr verlockend. Andererseits würde Livianus nackt sein und sie auch. Und das stellte für sie gerade ein minderschweres Problem dar. Endlich antwortete sie, wenn auch unsicher, auf seine Frage.


    "Hm...ja, Marcus."

    Es regnete in Stömen. Seitdem sie zusammen mit Fabia dem Apoll geopfert hatte, wollte es auch nicht mehr aufhören damit. So kam es, dass sie auf dem kurzen Weg vom Capitolinium bis hierher patschnass geworden war. Obwohl sie gerannt war und ihr Atem nun schnell ging, war ihr entsetzlich kalt. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch den Passierschein im Tempel vergessen, sodass sie den Wachen am Tor zigmal versichern musste, dass sie auch wirklich Decima Valeria war und niemand sonst. Natürlich hatten sie ihr nicht geglaubt oder nicht glauben dürfen und erst einen ranghöheren Offizier geholt, der sie schließlich bis auf die Haut durchnässt eingelassen hatte.


    Nun begab sie sich ohne Umschweife und zitternd wie Espenlaub sofort ins Bad. Da sie niemanden darin vermutete, öffnete sie einfach die Tür und trat ein. Wie durch ein Wunder wartete heißes, dampfendes Wasser auf sie, was Valeria freute. Und weil sie auch noch auf den Boden sah und Livianus' Kopf zudem von einer bauchigen Amphore verdeckt wurde, bemerkte sie nicht, dass da schon jemand entspannt badete, und zog sich die Tunika über den Kopf, nachdem sie die quatschnasse Palla in eine Ecke geworfen hatte. Sie wandte sich um und machte einige Schritte zum Bad, als sie plötzlich einen Körper im Wasser so und erschrocken erstarrte.

    Valeria umarmte Livianus und drückte sich an ihn heran.
    "Danke"; flüsterte sie. Dann griff sie nach seiner Hand, drückte sie leicht und ging mit ihm die restlichen Stufen herunter und fort aus dem Tempelbezirk.

    Valeria lächelte mit einer Mischung aus Freude und Unsicherheit und ging mit Livianus hinaus. Auf den Stufen vor dem Tempel blieb sie aber stehen und ließ Livianus weitergehen, sodass er erst zwei Stufen unter ihr zum Stehen kam. Valeria sah ihn an und war durch die Treppe ein winziges Stück größer als er.
    "Ich bin sicher, dass die Göttin dich erhört hat, Marcus. Deine Worte waren so....lieb.."
    Sie senkte den Blick und sah auf ihre Füße.
    "Ich wünsche mir so sehr, wieder glücklich zu sein. Aber das alles...sitzt noch so tief..."

    Valeria sah auf und lächelte ihn an. Sie machte einige Schritte auf ihn zu und griff zaghaft nach seiner Hand.
    "Nein, wir können gehen, wenn du fertig bist. Die anderen werden sich um den Kuchen und das Obst kümmern und hier etwas aufräumen", erklärte sie.


    Da kam auch schon ein Tempeldiener angewuselt, der gesehen hatte, dass die beiden fertig waren mit dem Opfer. Es war selten, dass jemand seine eigene Sacerdos mitbrachte und keinen Bediensteten wünschte. So hatte er die beiden genau im Auge behalten und war nun zur Stelle. Er nickte der Sacerdos zu, zum Zeichen, dass er sich um alles kümmern würde. Außerdem sah der Kuchen lecker aus. :D

    Valeria bekam eine leichte Gänsehaut, als Livianus sie in sein Gebet miteinschloss. Sie schluckte und tat den restlichen Weihrauch ins Feuer des Foculus'; dann stand sie stumm am Rande des Altars und hielt den Blick gesenkt. Es war sein Opfer, nicht ihres. Sie würde später wohl Iuno opfern und wieder einmal ihren Rat erflehen.

    Valeria brachte während Livianus' Gebet den Opferkuchen dar, legte bedächtig die Früchte auf den Ara und warf immer wieder Weihrauch nach. Wein wurde in eine flache Schale gegossen und Opferkekse danebengelegt. Livianus' Worte berührten Valeria tief und machten sie traurig. Er trauerte so sehr um seine Frau. Woher nahm sie sich das Recht, sich nun wie Aemilia in seine starken Arme zu flüchten? Während sie nachdachte und sich schlecht fühlte, erklang ein Zischen aus dem Foculus. Valeria war zu lange in Gedanken gewesen. Hastig legte sie Weihrauch nach und versuchte, ein unbekümmertes Gesicht zu machen, was ihr aber nicht gelang. Sie schluckte und brachte die restlichen Gaben dar.

    Valeria nickte und wandte sich dem Altar zu. Zuerst nahm sie einen beiligenden kleinen Schwamm und reinigte beinahe liebevoll das kleine Abbild der Diana, das als Statue auf dem Ara thronte. Schließlich legte sie den Schwamm fort und nahm ein Fläschchen Öl, mit dem sie den weißen Marmor einrieb. Zuletzt folgten einige mitgebrachte Blumen, mit denen sie die Diana schmückte. Sie lächelte Livianus kurz zu und griff dann nach dem Weihrauch, um ihn im Foculus zu verbrennen. Leise knisternd tat er das auch. In Kürze benebelte der Duft die Sinne. Valeria nickte Livianus zu, er konnte nun sein Gebet sprechen oder denken, während sie der Göttin die Opfer darbieten würde.

    Kurze Zeit später kam Valeria auch schon zurück. Den Korb hatte sie bei Livianus gelassen. In einer kleinen Nische war inzwischen alles vorbereitet für ein kleines Opfer an Diana; der Popa nickte Valeria noch einmal zu und ließ sie dann mit Livianus allein.
    "Bist du bereit?" fragte sie ihn leise.

    Am Tag vor den Ambarvalia kümmerte sich Valeria um die Beschaffung der Opfertiere, die zu Ehren der Götter dargebracht werden sollten. Ein Schaf, ein Bulle und eine Sau sollten es sein. Valeria wies einige Popae an, dieses und jenes zu beschaffen und vorzubereiten, legte selbst hier und da Hand an. Gegen Ende des Tages, als die Sonne sich gegen den Horizont neigte, befanden sich ein stattlicher Bulle, ein Schaf und eine trächtige Sau im Verschlag des Tempels. Sie waren gereinigt worden und würden diese Prozedur noch einmal über sich ergehen lassen, wenn die Ambarvalia schließlich stattfanden. Valeria verließ den Tempel und hoffte, dass viele Bürger erscheinen würden.

    Valeria und Marcus hatten Hand in Hand die verschiedensten Dingen besorgt. Blumen, ein Opferkuchen, Weihrauch... Auch Quitten waren darunter; die Früchte, die in Dianas heiligem Hain wuchsen. So kamen sie also mit einem gut gefüllten Weidenkorb bei den Tempeln an. Valeria wandte sich an Marcus.
    "Ich werde schnell alles vorbereiten. Du kannst dir inzwischen schon überlegen, was du der Diana mitteilen möchtest."


    Sie lächelte ihn an, ließ seine Hand los und verschwand nach einem kurzen Küsschen auf seine Wange, um einen Popa zu organisieren.

    Sogleich erhob sich Valeria und griff inm Vorbeigehen nach einem hellen Umhang, der zu ihrer Tunika passte.
    "Ja", sagte sie und zog die Tür vollends auf, um zu Marcus herauszutreten. An ihren Ohren baumelten längliche Ohrringe und das Haar hatte Fannia kunstvoll hochgesteckt.

    Valeria betrat ihr Cubiculum. Obwohl nichts mehr auf die Totgeburt hindeutete, war es ihr doch so, als sei das erst vor wenigen Minuten passiert. Sie hatte einen Kloß im Hals und bekam ihn selbst durch schlucken nicht fort. So schloss sie kurz die Augen und atmete tief durch. Schließlich ging sie zum Schrank und suchte sich eine Tunika, die in einem dunklen Rot gehalten und mit einem fein ziselierten, silbernen Garn in Blätterform bestickt war. Sie legte sich eine passende Palla um und kämmte ihr Haar. Fannia half ihr, es hochzustecken und sich zu schminken, dann wartete Valeria auf Marcus, der sie abholen wollte.

    Valeria nickte und erhob sich, beugte sich dann aber noch einmal zurück und gab Marcus einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Sie ging zur Tür, überlegte es sich dann aber anders und kehrte noch einmal zu Marcus zurück, um ihn richtig zu küssen.
    "Schlimm", murmelte sie verschmitzt, als sie endlich von ihm abließ und nun wirklich ging - Richtung ihres Cubiculums. :D

    Valeria ließ ihn gewähren, strich ihm beim Nachdenken sanft durchs Haar. Schließlich brach er das Schweigen und Valeria schüttelte den Kopf.
    "Nein, ich möchte nichts mehr, danke. Ich bin schon froh, dass ich das bisher gegessene drinbehalte", gestand sie.
    "Lass uns lieber gehen."

    Valeria sah Marcus verstehend an. So ging es ihr mit Maximian. Sie verstand ihn. So griff sie nach seinen Schultern und zog ihn in ihre Arme. Dann legte sie ihren Kopf auf den seinen und seufzte tief.
    "Weißt du...das zwischen Maximian und mir ist genauso. Er hat mich zutiefst enttäuscht, aber andererseits muss ich noch an ihn denken. Wenn er nun vor mir stünde... Ich weiß, wir würden uns ganz gewiss streiten. Ich würde ihm all das an den Kopf werfen, was ich von ihm halte. Ich würde sicher weinen, weil er mir weh getan hat... Aber ich wüsste nicht, ob ich mich danach abwenden und gehen könnte. Verstehst du? Es ist so...unwirklich, was zwischen dir und mir ist. Und doch ist es schön. Nur wir beide sind uns unsicher. Und gerade deshalb sollten wir alles langsam angehen lassen und noch nicht von Liebe sprechen, so gern es jeder von uns beiden hören möchte. Es wäre falsch."

    Valeria schmunzelte und erkannte sich selbst nicht wieder, denn sie ließ die Hand oben, mit der sie die Traube gehalten hatte, und strich Marcus damit über die Lippen, fasziniert ihr Tun beobachtend. Schließlich zog sie ihn leicht zu sich und küsste ihn innig.
    "Du bist seltsam, weißt du das?" flüsterte sie, als der Kuss vorbei war. Sie fuhr ihm durchs Haar und musterte sein Gesicht.
    "Mir ist, als würde ich dich schon ewig kennen. Und als hätten die Parzen unsere Schicksalsfäden miteinander verwebt."