III - Grenzen der Fantasie

  • Warum "Grenzen der Fantasie"?


    Das IR ist ein textbasiertes Rollenspiel, bei dem fast alles der Fantasie der Spieler entspringt. Es gibt keine von einem Designer vorab modellierte Spielwelt (von ein paar Stadtplänen im Tabularium mal abgesehen), in der sich die Charaktere bewegen, sondern nur Szenen, die einzelne Spieler oder die Spielleitung beginnen und die von anderen Spielern durch ihre Handlungen weiterentwickelt werden. Manchmal gibt es ein paar unumstößliche historische Fakten, die einer Handlung einen Rahmen geben, aber trotzdem bleiben die meisten Details frei und entspringen somit der Fantasie der Spieler.


    Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder schreiben kann, was er mag. Der Fantasie sind gleich mehrere Grenzen gesetzt. Eine davon ist die Glaubwürdigkeit. Das IR ist ein historisches Rollenspiel, kein Fantasy-Rollenspiel. Alles, was passiert, sollte nach bestem Wissen und Gewissen der Spieler im antiken Rom zumindest realistisch möglich gewesen sein. Eine weitere Grenze setzen die Spielregeln: Jeder Spieler entscheidet nur über seine IDs und seine NSCs, nicht über die der anderen Spieler. Was auch immer du schreibst, um eine Szene weiterzuentwickeln, darf nicht die Handlungen einer anderen ID oder eines anderen NSCs vorwegnehmen. Die dritte Grenze der Fantasie ist am schwierigsten zu fassen, aber sie ist der zweiten sehr ähnlich: Es wird von den meisten Spielern als unkooperativ empfunden, wenn du durch deine Beiträge anderen Spielern Handlungsmöglichkeit wegnimmst oder aufzwingst, auch wenn du damit nicht direkt in ihre IDs eingreifst. Weil man dies manchmal auf den ersten Blick gar nicht bemerkt, gibt es im Folgenden ein paar Beispiele, was in Ordnung ist und wo es kritisch wird.



    Eine Beispielszene


    Zur Veranschaulichung nehmen wir eine völlig harmlose und belanglose Szene an. Stell dir vor, ein Mitspieler hat folgende Szene entworfen:


    Zitat

    Der Laufbursche von Senator X hatte einen langen Weg durch die halbe Stadt hinter sich, um im Auftrag seines Herrn eine Nachricht an der Villa Y abzugeben. Nun stand er vor der Tür, klopfte an und wartete darauf, dass ihm geöffnet wurde.


    Schauen wir uns nun ein paar Sätze an, mit denen du deine ID in diese Szene einbringen, die Szene weiterentwickeln oder sie kommentieren könntest - und welche Beiträge dazu weniger oder gar nicht geeignet sind.


    • "Ich sah einen Mann vor der Villa Y stehen, der dort geklopft hatte. Ich stellte mich auf die andere Straßenseite und wartete ab, was passiert."
      Das ist ein prima Einstieg. Du nimmst nur auf das Bezug, was explizit beschrieben wurde und ergänzt die Szene um die Beschreibung der Handlung deiner ID. Das schränkt niemanden ein, liefert aber neue Anknüpfungspunkte für andere.
    • "An der Straßenecke fiel mir ein Mann auf, der in die Straße in Richtung Villa Y abbog. Ich folgte ihm in einigem Abstand."
      Es hat zwar niemand beschrieben, dass der Laufbursche eine Straßenecke passiert hat und abgebogen ist, aber da er laut Einstiegsposting "einen langen Weg durch die halbe Stadt" zurückgelegt hatte, kann es praktisch gar nicht anders gewesen sein. Daher ist auch ein solches Aufgreifen der Szene völlig in Ordnung.
    • "Der Mann machte auf mich einen gepflegten Eindruck."
      Ein solcher Beitrag ist strenggenommen kritisch, in der Praxis aber meist unproblematisch. Sicher ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Laufbursche eines Senators gepflegt aussieht, wenn er im Auftrag seines Herrn unterwegs ist und definitiv liegt es im Ermessen deiner ID, welches Auftreten sie als gepflegt einstuft. Trotzdem nimmst du deinem Mitspieler damit die Möglichkeit, in einem späteren Beitrag markante Details in der Erscheinung des Laufburschen zu ergänzen. Im Falle eines belanglosen Laufburschen wird es meistens niemanden stören, diese Möglichkeiten nicht mehr zu haben, aber in anderen Szenen kann das ganz anders aussehen. Wenn dich dann jemand darauf anspricht, solltest du deinen Beitrag ggf. entsprechend editieren. Noch besser ist es, solche Beiträge noch etwas vorsichtiger zu formulieren oder vorher einfach beim Mitspieler nachzufragen.
    • "Auf der Baustelle nebenan wurde so laut gehämmert, dass ich gespannt war, ob jemand das Klopfen gehört hatte."
      Hier ist eindeutig die Grenze der kooperativen Fantasie überschritten, auch wenn die Spielregeln den Satz nicht verbieten. Wenn die Baustelle so laut ist, dass sie das Klopfen übertönt, hätte der Laufbursche sie zweifellos bemerkt und vielleicht anders gehandelt, aber diese Möglichkeit hast du ihm indirekt genommen. Außerdem "gehört" die Baustelle nun dir und du hast die Hohheit darüber, was dort passiert. Damit könntest du natürlich beliebigen weiteren Lärm entstehen lassen, der in das Spiel anderer Spieler eingreift. Entkommen können andere Spieler dem nur, indem sie die Szene verlassen und woanders eine neue beginnen. Das ist nicht der Sinn eines kooperativen Zusammenspiels und spätestens in Fällen, in denen dadurch ein Konflikt zwischen IDs entschieden wird, äußerst ungerne gesehen. Es könnte sein, dass dann sogar die Spielleitung eingreift.
    • "Es schien niemand zu öffnen und ich erfreute mich am ungeduldig werdenderen Gesichtsausdruck des wartenden Mannes."
      Ein solcher Satz verstößt gegen die Spielregeln. Der erste Teil ("Es schien niemand zu öffnen") kann gerade noch in Ordnung sein, auch wenn es alleine den Hausherrn der Villa Y obliegt zu entscheiden, ob die Tür sofort oder erst nach längerer Wartezeit geöffnet wird. Dem wartenden Laufburschen einen veränderten Gesichtsausdruck anzudichten ist jedoch auf jeden Fall ein unzulässiger Eingriff in eine fremde ID.



    Einige Empfehlungen


    Empfehlung

    Wenn du dir unsicher bist oder nicht weißt, wie du mit einer Situation am besten umgehen sollst, schreib deinem Mitspieler einfach eine PN und frage ihn.


    Dies ist wahrscheinlich der wichtigste Rat überhaupt. Er gilt sowohl, wenn du beim Einstieg in eine Szene nichts falsch machen willst, als auch, wenn du das Gefühl hast, ein Mitspieler hat sich in einer Szene ungeschickt verhalten und unfair in dein Spiel eingegriffen. Auch wenn es eine tolle rollenspielerische Herausforderung sein kann, eine komplexe Szene durch fantasievolles Spiel zu lösen und selbst wenn die Regeln zu konsequentem Spiel auch in nachteiligen Situationen auffordern, so ist es doch nicht jedes Missverständnis zwischen zwei Spielern wert, gnadenlos zu Ende gespielt zu werden. Manchmal ist es schlicht einfacher, sich kurz abzusprechen, ein gemeinsames Verständnis der Szene und ihres Ergebnisses zu erreichen und sie dann in diesem Sinne gemeinschaftlich zu Ende zu bringen.


    Aber auch, wenn du dir absolut sicher bist und genau weißt, was du tust, kann es nicht schaden, das eigene Handeln zu reflektieren und deine Mitspieler gelegentlich zu fragen, was sie von den Produkten deiner Fantasie halten. Was der eine für eine besonders pfiffige Idee oder eine besonders toll inszenierte Wendung hält, kommt beim anderen vielleicht eher als mieser Trick oder unlogischer Stimmungskiller an. Für spannende Geschichten, die alle Mitspieler und Mitleser unterhalten, kommt es also auf den Mittelweg an: Nicht alles absprechen, aber auch nicht alles schreiben, was die Fantasie gerade ausspuckt. Stattdessen immer schauen, was man selber kreatives beisteuern kann, so dass auch die Mitspieler weiter kreativ sein können.