Iuppiter
Iuppiter | |
Alternative Namen | - |
Griechische Entsprechung | Zeus |
Funktion | Höchster Gott, Schwurgott |
Symbole / Attribute | Blitzbündel |
Typische Farbe der Opfertiere | weiß |
Iuppiter (grch. Zeus, dt. Jupiter, germ. Tiu) war der höchste römische Gott. Ursprünglich eine alte italische Gottheit des Lichts und der Himmelserscheinungen, wurde er später dem griechischen Zeus gleichgestellt.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
Iuppiter stand sowohl an der Spitze der alten römischen Göttertrias (Iuppiter, Mars, Quirinus), als auch an der neuen capitolinischen Triade (Iuppiter, Iuno, Minerva). Er war der größte und oberste Gott der Römer und König der Götter. Er war der Schirmherr von Recht, Treue und Wahrheit. Ebenso war er Schwurgott; auf Iuppiter zu schwören war die heiligste und schwerste Bekräftigung. Er war Lichtgott und Herr über die Natur, namentlich über den Blitz, den Donner oder den Regen. Er war der Gott der Höhen und des Himmels, die höchste Quelle aller Offenbarung durch seine himmlischen Zeichen, auch als die aller Ordnung auf Erden, alles Sieges, aller letzten Hilfe und alles Heils. Allen unter seinem Zeichen geborenen Kindern verlieh er Frohsinn. Durch seine überhöhte Position ist er in der Lage die Welt zu überblicken und alle Frevler zu bestrafen.
Attribute
Als Wettergott wurden Blitz und Donner zu seinem Symbol; der Adler sein geheiligtes Tier. Die Farbe Iuppiters war rot, dies deshalb da die ersten Statuen aus rötlichem Ton hergestellt worden waren. Dies hat sich auf den Gott übertragen. Während er in der rechten Hand die Blitze hält und schleudert, trägt er in der linken ein Zepter, sein Haar ist so gewaltig, dass er mit dem bloßen schütteln desselben Erde, Meer und Sternenhimmel erschüttert. Er wird meist mit Bart abgebildet und mit einer goldene Tunika gekleidet, die das Vorbild für die Tunika römischer Triumphatoren ist.
Das Kultbild im Tempel auf dem Capitol dürfte wie folgt ausgesehen haben: Iuppiter sitzt auf einem Thron und hält in der linken erhobenen Hand ein Zepter. Seine rechte Hand ruht auf dem Oberschenkel und umfasst die charakteristischen Blitze. Über seinen linken Schenkel fällt in weiten Wallungen das Ende seines Mantels. Vor bzw. unter seinem Thron sitzt ein Adler, der in Richtung Iuppiters blickt.
Kultus
Dem Iuppiter diente der Flamen Dialis, der höchste aller Flamen. Er war eine archaische Figur im römischen Gottesdienst. Zahlreiche Gebote und Verbote ruhten auf seiner Person. So war er beispielsweise unscheidbar mit seiner Frau verbunden und verlor sein Amt wenn sie starb. Viele dieser Vorschriften zeigen das Alter des Iuppiterkultes an. Das Haar des Priesters durfte beispielsweise nicht mit Eisen in Berührung kommen und er durfte auch kein aus Sauerteig hergestelltes Brot essen.
Die allumfassenden Funktionen des Iuppiter als höchsten aller Götter sind mit einer Vielzahl verschiedenster Kulthandlungen verbunden.
Iuppiter als Herrscher des Himmels
Mit Rekonstruktion von Adler, Zepter, Tuch und Victoria."
Iuppiter galt allgemein als Himmelsvater. So wurde er denn auch gern mit den Beinamen Lucetius oder Lucerius versehen, was in etwa mit Quelle des Lichtes umschrieben werden kann. Hier tut sich bereits die Verbindung mit der Iuno Lucina auf. Als Lichtgott ist Iuppiter nicht nur der Urheber der täglichen Helle des Tages (dies), sondern auch der Gott der lichten Erscheinungen des Himmels überhaupt, auch des leuchtenden Wetterstrahls sowie des nächtlichen Vollmondes, welcher die dem Iuppiter heiligen Idustage bringt, an denen die Tageshelle und die nächtliche Helle sich zu einer ununterbrochenen Lichtoffenbarung des himmlischen Vaters zusammenschloss, daher jeder Vollmondstag mit einem den Etruskern entlehnten Ausdruck Iovis fiducia genannt wurde, d.h. eine Bürgschaft des Iuppiter, ein immer wiederkehrendes Unterpfand seiner himmlischen Gegenwart und seines göttlichen Segens.
Alle Luftveränderungen, Regen und Gewitter, Blitz und Donner waren dem Iuppiter unterworfen. Als befruchtender Regengott wird er Imbricitor und Pluvius genannt und wirkt als solcher nährend für die Weide und den Acker. Namentlich unterliegen auch die Winde und Stürme seiner Herrschaft. Von allen übrigen Lufterscheinungen aber waren es Blitz und Donner, in welchem man die Gewalt des höchsten Gottes im Himmel erkannte. Eine ganze Reihe von Namen bezieht sich auf diese Gewalt, so Fulgurator oder Fulgur für die leuchtenden Strahlen, daneben auch Fulminaris oder Fulminator, wo der niederfahrende Donnerkeil (fulmen) zu den aufleuchtenden Blitzen (fulgur) hinzutritt. Dann wurde er auch als Tonans oder Tonitrualis bezeichnet, ein seit Augustus beliebter Cultus, wo der erschütternde Donner zur Hauptsache geworden ist.
In Rom galten diejenigen Blitze immer als die bedenklichsten, welche geheiligte oder für das öffentlich Leben wichtige Stätten trafen, wie die alten Haine der Götter oder ihre Tempel, die geweihten Denkmäler des bürgerlichen Lebens der Stadt oder wohl auch das Capitol und den eigenen Tempel Iuppiters.
Es gab eine eigene ars fulguritorum, eine technische Anweisung zur Weihe der vom Blitz getroffenen Stätten und Gegenstände, welche für eine Eingebung der etruskischen Nymphe Begoe gehalten und seit Augustus mit anderen Schriften im Tempel des Palatinischen Apollon aufbewahrt wurde. Die vom Blitz getroffenen Objekte galten als heilig, weil Iuppiter von ihnen Besitz ergriffen hatte. Schlug ein Blitz in das Erdreich ein, so wurde die vom himmlischen Feuer berührte Erde zuerst sorgfältig gesammelt und eingescharrt, dann die Stätte durch das Opfer eines Lamms geweiht und endlich in Form einer Brunnenmündung (puteal) bedeckt und ummauert. Solche "Blitzgräber" scheinen in Rom und Italien etwas sehr gewöhnliches gewesen zu sein.
Waren die Bäume eines Hains getroffen, so wurden sie nach sorgfältigen Sühnungen entfernt und mich gleicher Sorgfalt neu gepflanzt. Auch der vom Blitz erschlagene Mensch galt nach einem Gesetze Numas für geweiht, nach welchem man die Leiche nicht wegtragen oder bestatten durfte, sondern an Ort und Stelle liegen lassen und einscharren musste. Wurden aber Personen von hohem Stand vom Blitze nur berührt, ohne getötet zu werden, so durften sie dieses für ein sicheres Zeichen der höchsten Ehre für ihre Nachkommen halten.
Neben der Blitzbeschwörung kannten die Römer auch die Wolken- und Regenbeschwörung, welche man aquilicium nannte. Sie wurde bei großer Dürre angewendet, wo das Römische Volk, Männer und Frauen auch wohl mit bloßen Füßen, auf das Capitol eilten und die Beschwörung durch Gebete zu Iuppiter zu unterstützen flehten. Bei anhaltender Dürre opferte man wohl auch dem Iuppiter Pluvius. Südlich von Rom lag ausserhalb der Porta Capena ein lapis manalis genannter Stein, der bei anhaltender Trockenheit mittels einer Prozession durch die Stadt getragen wurde. Ähnliche Prozeduren, allerdings mit Kupferkesseln, kannte man schon in der Urnenfelderkultur um 1000 v. Chr. Am Ende stand immer die Erflehung des Regens von der Himmelsgottheit. Für die Wohltat des Regens heißt Iuppiter auch Almus und Frugiferus.
Als nährender Regengott wurden dem Iuppiter vom Landmann vor der Aussaat im Herbste oder im Frühjahre ein Mahl zubereitet und dazu Wein gespendet sowie zu Iuppiter Dapalis um Regen für die Felder und das Ackervieh gebetet. Auch vor der Ernte wurde zu ihm und Iuno gebetet, ehe der Ceres die herkömmliche Sau geschlachtet wurde. Hierher gehört auch der in Italien weit verbreitete Kult des Iuppiter Liber. Liber bedeutet so viel wie Fülle oder üppiger Segen.
Des Weiteren war die Beobachtung des Himmels für den Iuppiterkult von zentraler Bedeutung. Die Vögel galten als die Zwischenhändler des hohen Iuppiter, der damit auch den Beinamen Prodigialis führte, weil man ihn um die Abwendung schlimmer Zeichen anrief. Man nahm an, dass er die irdischen und menschlichen Angelegenheiten lenkte und das künftige voraussah. Darum pflegte man ihn auch bei jedem Beginn, sei es einer profanen oder einer heiligen Handlung, ihn samt dem Ianus, welcher dem Anfang gedeihen gab, zu begrüßen.
Iuppiter als höchster und mächtigster König
Der Fürst des Himmels, welcher die Waffe des Donners führt, ist unter den Göttern der höchste und in der Leitung menschlicher Angelegenheiten der gewaltigste. Daher heißt er der beste und höchste (Optimus Maximus) und ist ihm auf dem Burgberge (Capitolium) sein Tempel erbaut. Wie Zeus, so thront auch Iuppiter bevorzugt auf Bergen. Er ist der oberste Schirmherr der Stadt und des Landes. Darum mussten ihn alle Beamten und Volksvertreter anbeten, die Consuln beim Antritt ihres Amtes seinen Tempel aufsuchen, um dort ein Opfer zu verrichten.
Der Kult des Iuppiter Optimus Maxmimus galt als der angesehenste und ist in allen öffentlichen Angelegenheiten am meisten gefeiert worden. So waren auch seine Opfer, Opfermahlzeiten und Feste die stattlichsten für das römische Staatsleben, seine Erinnerungen und seine Auszeichnungen, die Bedeutungsvollsten, seine Spiele und Feste die Größte. Darunter gehören die ludi Romani, Magni, Plebeji und Capitolini.
Die Feldherrn feiern Iuppiter zu ehren ihre Triumphzüge und schlachteten für Iuppiter die Hekatomben. Denn Iuppiter führte ebenso die Namen Victor (Der Sieger), Invictus (DerUnbesiegte), Stator (Der die Flucht hemmende), Feretrius (Der Freinde Schlagende), Praedator (Der Beute Gewinnende), Triumphator (Der Triumphierende) und Urbis custos (Der die Stadt Beschützende).
Die Eigenschaften des Iuppiter als Kriegsgott traten in ältester Zeit am meisten hervor, so dass Iuppiter neben Mars als der eigentliche Entscheider der Schlachten und Gott des Sieges verehrt wurde. Die wichtigsten Kulte dieser kriegerischen Gottheit sind die des Stator, des Feretrius und des Victor. Iuppiter Feretrius soll speziell der Siegesgott der Spolia opima gewesen sein, d.h. solcher Spolien, welche von einem Anführer des römischen Heeres, einem feindlichen König oder Heerführer im Zweikampfe abgenonommen wurden. Der Name Feretrius ist von feretrum abzuleiten, das ist jenes aus Baumstämmen gezimmerte Gestell, auf welchem die Spolien, also die vom Feinde abgenommenen Stücke der Rüstung, getragen und aufgestellt zu werden pfelgten.
Als Iuppiter Latiaris oder Latialis ist Iuppiter das höchste Oberhaupt des latinischen Bundes in demselben Sinne wie der capitolinische Iuppiter das höchste Oberhaupt des römischen Staates und des Staatskultes darstellt. Sein Tempel befand sich auf dem Mons Albanus bei Alba Longa.
Iuppiter als Beschützer des Rechts und der Tugend
Der Herr des Himmels und höchste König ist gleichsam auch der Verwalter des Rechts und Beschützer der Gerechtigkeit und Tugend. Er wahrt die Heiligkeit des Eides, und nimmt alle Verhältnisse, die auf Treue und Glauben gegründet sind, in seine Obhut. Die Fetialen nahmen die bei der Beschwörung von Bündnissen nötigen Symbole aus seinem Heiligtum; darum wurden nach einem Gesetze der Zwölf Tafeln die Vaterlandsverräter und die, welche ein falsches Zeugnis gegeben hatten, vom Tarpeiischen Felsen hinabgestürzt.
Ein im Tempel des Iuppiter Feretrius aufbewahrter silex (Feuerstein), der zu einem Messer geschliffen worden war, stellt die Funktion des Iuppiter als obersten Schwurgott dar. Es war üblich "per Iovem lapidem" (bei Iuppiter dem Stein) zu schwören. Ein Opfer für den Eid wurde mit dem Steinmesser getötet und bei Bruch des Eides war man der Strafe Iuppiters ausgeliefert. Bis in die Spätantike blieb Iuppiter der oberste Eidgott, der Meineidige mit dem Blitz bestrafte. In dieser Gestalt (mit dem Blitz in der Linken) tritt er etwa in der Darstellung eines Vertrags zwischen Römern und Germanen auf. Überhaupt sollen am capitolinischen Tempel alle Urkunden und Verträge aufbewahrt worden sein.
Auf dem Capitol gab es noch einen zweiter mit Iuppiter verbundenen Stein, der terminus (Grenzstein) genannt wurde. Auch hier tritt der Gott als Hüter von rechtlichen Vereinbarungen auf. Auf dem Land gab es die Feldgeschworenen, die über die genaue Lage der Grenzsteine bescheid wussten. In Rom selbst wachte Iuppiter über die Grenzen, da der Legende nach das Land von ihm an die Menschen verteilt wurde. So gab es bei der Errichtung des capitolinischen Tempels diesen Grenzstein, der nicht verrückbar war. Man löste das Problem derart, dass der Stein belassen und im Gebäude ein Loch errichtet wurde, sodass der Grenzstein offiziell im Freien stehen konnte.
Mit seiner Gemahlin Iuno tritt er als Beschützer des Ehebundes auf. Die heiligste Art der Trauung wurde durch den Flamen Iuppiters in Gemeinschaft mit dem obersten Pontifex vollzogen. Jener schlachtete ein Schaf zum Opfer.
Weitere Bedeutungen
Iuppiter war auch Mehrer der Jugend, daher auch als Iuvenis, Iuventus und Adultus und in seinem Tempel der Göttin Iuventas als eigene Personifikation verehrt. Er wurde auch in vielen Häusern als Deus Penetralis, also als höchster Gott Glücks- und Segensgott der Familie sowie als Hospitalis als Gott der Gastfreundschaft verehrt. Er war der allgemeine Gott der Hilfe, des Segens, der gütige und gnädige Gott schlechthin. In diesem Sinne heißt er Opitulus und Opitulator, auch Praestes, d.h. der Gott der sicheren Erfüllung und als Obsequens, d.h. der Gott aller gnädigen Erhöhrung und Hilfe.
Andere Beinamen entsprechen meist dem griechischen Zeus, dessen Kultus zu Rom in den späteren Zeiten großen Anklang fand. So wurde Iuppiter in öffentlichen und privaten Angelegenheiten als Conservator und als Custos verehrt. Wenn es Verbrechen zu bestrafen galt, nannte man ihn Vindex und Ultor. Als Saluaris ist er der Gott des Heils und der Erlösung von leiblichen und geistigen Übeln, womit er in bedrängten Zeiten angerufen wurde. Als Iuppiter Valens wurde er allgemein neben anderen Heilgöttern gefeiert. Iuppiter Depulsor wird bei drohenden Zeichen und Prodigien angerufen.
Kultstätten
Der Größte und wichtigste Tempel des Jupiter Optimus Maximus Capitolinus befand sich auf dem Capitol. Die antike Tradition führt die Erbauung des Tempels fast einstimmig auf die Dynastie der Tarquinier zurück. Tarquinius Priscus soll ihn in einem Kriege mit den Sabinern gelobt und bereits den geeigneten Platz für die Anlage geschaffen haben. Unter dem jüngeren Tarquinius wurde der Bau begonnen und vollendet. Die feierliche Dedikation fiel auf das Jahr 509 v. Chr. und wurde vom Konsul Marcus Horatius vollzogen. Die Dedikation des capitolinischen Tempels ist nach einhelliger Forschungsmeinung das erste chronologisch bestimmbare Faktum der römischen Geschichte, der feste Punkt der Datierung früherer und späterer Ereignisse. Von hier begann die Aufzeichnung der Consulnamen, eine Tatsache, die Veranlassung gab, das Jahr 509 v. Chr. als das Anfangsjahr der Republik zu bezeichnen. Der Tempel selbst brannte mehrmals ab und wurde jeweils prächtiger neu erbaut. Zuletzt wurde er 69 n. Chr. unter Kaiser Titus im Einklang mit den Weisungen der Götter wieder aufgebaut. Als Baumaterial verwendete man zuletzt seltenen attischen Marmor vom Pentelikon. Das Bauwerk erwies sich als so robust, dass es die Zeiten bis in die Spätantike überdauerte.
Als Iuppiter Stator hatte ihm Romulus den Tempel am Aufgange von der Via Sacra auf dem Palatin gewidmet, wo die Römer sich von neuem zum Kampfe mit den Sabinern gesammelte hatten. Später gelobte der Consul Marcus Atilius Regulus in einer großen Schlacht mit den Samnitern im Jahre 294 v. Chr. einen zweiten Tempel, welcher wahrscheinlich in der Gegend des Circus Flaminius erbaut wurde.
Iuppiter Victor scheint seinen ersten Tempel in Rom durch den berühmten Sieger der Samniterkriege Quintus Fabius Maximus Rullianus auf Veranlassung einer Schlacht vom Jahre 297 v. Chr. erhalten zu haben. Später gab es noch einieg andere Tempel des Victor. Einen, dessen Stiftungstag auf die Iden des April fiel und einen anderen welcher an den Iden des Juni dem Iuppiter Invictus gestiftet war. Einer von diesen Tempeln lag auf oder am Palatin, vermutlich in der Nähe des Iuppiter Stator, ein anderer auf dem Capitol, wo Iuppiter Victor zumindest in späterer Zeit einen eigenen Tempel hatte, in welchem ein Eichenkranz auf seinem Haupte lag und die Victoria zu seiner rechten stand.
Das Heiligtum des Iuppiter Feretrius war das älteste capitolinische und eines der ältesten auf römischen Boden überhaupt. Der Sage nach wurde es von Romulus gestiftet, als er gleich nach dem Raube der Sabinnerinnen im Kampfe mit den Latinern oder Sabinern von Caenina deren König Acron, einen Sohn des Hercules, erschlagen und die nahe bei Rom gelegene Stadt erobert hatte. Bei der Rückkehr mit dem siegreichen Heere habe er selbst die Spolien des feindlichen Königs auf dem dazu bereiteten Gestell getragen, sei mit denselben triumphierend aufs Capitol gestiegen und habe sie dort unter einer heiligen Eiche niedergelegt. Bei dieser Eiche soll Romulus jenes Heiligtum des Iuppiter Feretrius gegründet haben. Der alte, gewöhnlich verschlossene Tempel war mit der Zeit so verfallen, dass Augustus ihn wiederherstellen ließ.
Auf dem Capitol wurde von Domitian ein prächtiger Tempel unter dem Namen Iuppiter Conservator oder Custos gestiftet.
Festtage
Eine Gottheit von solcher Macht und Bedeutung konnten nicht nur an bestimmten feststagen angebetet werden, sondern seinem Dienste mussten mehrere Tage im Jahre und Monat geweiht sein. Dies waren fürs erste diejenigen Tage, welche die Mitte der Monate bildeten, die Idus. An diesen wurde dem Iuppiter von seinem Flamen ein Schafbock geopfert.
Dem Iuppiter Feretrius und Capitolinus, aber auch den drei capitolinischen Gottheiten zu Ehren, wurden die Tarpeiischen oder capitolinischen Spiele gefeiert, von denen man sagte, dass sie bereits Romulus angeordnet habe. Ihr gewöhnlicher Name war römische Spiele (Ludi Romani) oder große Spiele (Ludi Magni). Die plebejischen (Ludi Plebeii) waren entweder eben jene oder ein Teil derselben. An allen Tagen der Spiele fanden auf dem Capitol Speisungen statt, zu deren Besorgung besondere Priester, genannt epulones, bestellt waren.
Ein Fest von ähnlicher Art wurde dem Schirmherrn des Latinerbundes, Iuppiter Latialis oder Latiaris, auf dem Albanerberge gefeiert. Bei diesem Feste, welches unter dem Namen feria Latinae oder Latiar bekannt ist, mussten alle Obrigkeiten zugegen sein und der Consul selbst in Gemeinschaft mit den Abgeordneten der dreißig albanischen Völkerschaften, das Opfer, welches aus weißen Stieren bestand, verrichten. Das Fest wurde Willkürlich anberaumt und war von Tarquinius Superbus ursprünglich nur auf einen Tag angeordnet, späterhin aber allmählich auf vier ausgedehnt worden, während welcher kein Krieg begonnen und keine Schlacht geliefert werden durfte.
Zu den Iuppiterfesten gehören ferner die Poplifugia, die am 5. Juli begangen wurden. Nach unterschiedlichen Auffassungen sollen diese nach einer Niederlage der Römer durch die Fidenaten, Tuscer, Gallier oder nach dem Verschwinden des Romulus eingesetzt worden sein. Der wahre Ursprung ist jedoch nicht bekannt. Auch sonst ist nicht viel über dieses Fest in Erfahrung zu bringen, außer, dass eine Reihe von Lustrationsriten stattgefunden habe und in engerem Zusammenhang mit dem Fest der nonae Caprotinae der Iuno stand.
Iuppiter gehörten vor allem die Feiern der Weinlese, was dadurch erklärbar ist, dass es das edelste und von der Gunst des Himmels am meisten abhängige Produkt des Bodens war. Die Vinalia rustica am 19. August sind damit ebenfalls ein Festtag es Iuppiter. Man flehte in dieser Zeit, die über den Ausfall der Weinernte entschied, um das gedeihen der reifenden Trauben. Der Beginn der Weinlese selbst, von Witterungsverhältnissen abhängend, konnte natürlich nicht genau fixiert werden, man legte daher die einleitenden religiösen Zeremonien auf den Tag der Vinalien. Die Vornahme der Weihe lag in den Händen des Flamen Dialis. Einige Trauben abschneidend, forderte er dazu auf, mit der Weinlese zu beginnen. Es folgte das Opfer eines Lammes an Iuppiter, während dessen Zubereitung die auspicierende Handlung des Einsammelns der Trauben von ihm wiederholt wurde.
War die Ernte beendet und der Most fertig gestellt, so wurde an den Meditrinalien am 11. Oktober der neue, noch ungeklärte Wein gekostet und zum Vergleiche der alte Wein vom vergangenen Jahre dazu getrunken. Voraus ging eine Libation, ein Trankopfer, für Iuppiter.
Die Vinalia prior am 23. April des nächsten Frühjahres bildete den Abschluss der Feier; erst an diesem Tage durfte der ausgegorene Wein in die Stadt gefahren werden. Die Fässer wurden jetzt zum ersten Mal geöffnet. Bevor man den neuen Wein kostete, wurden dem Himmelsgotte eine Dankesspende für das Gedeihen der edelsten Frucht dargebracht.
Literatur:
Aust, Emil: Iuppiter. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 2,1, Leipzig 1894, Sp. 618–762.
Hartung, Johan Adam: Die Religion der Römer, Bd. 2, Erlangen 1836.
Preller, Ludwig: Römische Mythologie, Berlin 1858.
Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, München 1971.