Salii

Aus Theoria Romana
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Die Salier (salii) waren eine Gruppe von insgesamt 24 Personen, die sich in zwei sodales (Bünde) gleicher Größe gliederten, und bei einigen Festen militärischen Charakters zum Einsatz kamen. So beim Quinquatrus am 19. März (Beginn der kriegerischen Jahreszeit), dem Armilustrium am 19. Oktober (Reinigungsfest am Ende der kriegerischen Jahreszeit) und am Agonium des 17. März. Der Name soll sich nach antiker Auffassung vom Wort salire (tanzen, springen) ableiten. Damit bezog man sich auf die Tänze zu Ehren der Kriegsgötter. Die Gründung der Sodales Palatini wurde Numa Pompilius und die der Sodales Collini dem König Tullus Hostilius zugeschrieben. Beide Bünde dienten ausschließlich kriegerischen Göttern. Erstere verehrten den Mars Gradivus (= der dem Heer voranschreitende Mars), die anderen mit Quirinus den vergöttlichten Romulus. Die Collini kamen vor allem bei Agonium-Fest zum Einsatz. Die Auftritte der Salier waren an eine acta (Festprotokoll) gebunden.

Aussehen

Die Amtstracht der Salier war mit der tunica picta eine kurze rote Tunika, eine breiten ehernen Leibbinde. Dazu gehörten noch mit dem aeneum tegumen ein eiserner Brustschutz und die trabea genannte purpurne Toga, die durch eine Agraffe (einer Spange) an der Schulter zusammengebunden war. Auch wurde ein Feldherren- bzw. Soldatenmantel (paludamentum) getragen. Der Mantel war im Grundton am ehesten weiß und hatte rote Querbalken mit einem roten Saum. Als Kopfbedeckung diente ein eiserner pileus (Helm), der oben in eine apex (Spitze) mündete. Zur sakralen Ausrüstung zählte in ältester Zeit eine hasta (Lanze), später mit dem enis ein einschneidiges langes Hiebschwert. Der Historiker Alföldi deutete die trabea eindeutig als Kriegstracht, die sich aus der Königsherrschaft herleiten würde und nicht zu trennen wäre vom patrizischen Reitermantel. Die Salier waren danach patrizischer Reiteradel und wurden aufgrund der Erscheinungsmerkmale ihrer Tracht mit den sogenannten Reiterheiligen, den Dioskuren, verglichen.

Mit am wichtigsten war wohl aber der ovale, in der Form einer acht gefertige, heilige Schild (ancile). Um diese Schilde rankten sich viele verschiedene Sagen. Der ausführlichste Mythos geht davon aus, dass nur ein einziger Schild unter der Regierung des König Numas während einer Pestepedimie vom Himmel gefallen sei. Entsprechend bezeichnet sie der Historiker Livius als himmlische Waffen. Man erblickte darin ein göttliches Zeichen, das den von der Seuche bedrohten Römern als Unterpfand der Herrschaft (pignus imperii) gesandt worden war. Zugleich soll eine Stimme erschollen sein, dass der von Numa geschaffene Staat so lange blühen werde und alle übrigen an Macht übertreffe, wie er diesen Schild bewahren werde. Um einen Raub des Schildes zu erschweren, ließ Numas elf weitere Schilde vom Waffenschmied Mamurius Veturius nacharbeiten. Diese zwölf ancilia wurden zusammen mit der heiligen Lanze des Kriegsgottes Mars in der Regia aufbewahrt und der Obhut des dafür geschaffenen Priesterkollegiums der Salier übergeben. Nach einem anderen Beleg des Dichters Ennius erhielt König Numa die ancilia von seiner Beraterin oder Geliebten, der Quellnymphe Egeria.

Organisation

Die curiae (Versammlungshäuser) waren getrennt und befanden sich für die Palatini auf dem Palatin und für die Collini auf dem Quirinal. Dies weist auf die alte Gemeinschaft von latinischen und sabinischen Siedlern am Tiber hin. Im Kriegsfall dürfte jede Gruppe ihr eigenes Heer aufgestellt haben. In der Curiae der Palatini soll angeblich lituus (gekrümmter oder spiralförmig endender Stab) von Romulus aufbewahrt worden sein, womit er die einzelnen Regionen der Stadt Rom festlegte.

Beide Bünde waren gleichartig organisiert mit eigenen Protokollen und Ritualbüchern. Die Mitgliedschaft war nur Patriziern zugänglich, die aus einer confarreatischen Ehe (höchste Form der Eheschliessung in Rom) stammten. Sie wurden auf Lebenszeit bestellt und ergänzten sich gleich den Arvalbrüdern durch Kooptation (Hinzuwahl neuer Mitglieder durch die alten Mitglieder). Weitere Aufnahmebedingungen waren: körperliche Ausgewogenheit, Unbescholtenheit der Person, freie Geburt, Bürgerrecht, beide Eltern mussten noch leben, keine Bekleidung eines anderen hohen priesterlichen Amtes. Es ist jedoch bekannt, dass Mitglieder freiwillig ausschieden, um andere Ämter annehmen zu können. Die Wahl zu einer Magistratur gibt dem Salier das Recht zum Austritt, was häufig in Anspruch genommen wurde, er wird jedoch nicht gezwungen. Dass die Pflichten des Saliers jedoch mit denen des öffentlichen Amtes in bedenklicher Weise in Kollision geraten konnten, zeigt das Beispiel des älteren Africanicus, der als Legat seines Bruders 190 v. Chr. zu 30tägiger Untätigkeit verurteilt war, weil er während der Festzeit seiner Priesterschaft den Aufenthalt nicht wechseln durfte. Anders verhielt es sich mit einem höheren Priesteramt. Die Stellung des Saliers war mit der Bekleidung eines anderen Priestertums unverträglich. Es schied aus dem Collegium aus, wer Pontifex, Flamen oder Augur wurde und dies galt wohl auch für alle anderen Priestertümer. Der Austritt erfolgte also nicht fakultativ, wie bei den Magistraten, sondern notwendig.

Jeder der beiden Sodalitäten hatte einen magister als Vorstand, der als praesul (Vortänzer) und vates (Vorsänger) die Feste leitete. Die Treffen der Salier waren den Planungen der Feierlichkeiten gewidmet und dem Unterricht der Älteren Mitglieder für die Jüngeren, die in den religiösen Obliegenheiten, Gesängen und Formeln unterrichtet wurden. Interessant sind die Ehrenrechte, die mit der Mitgliedschaft in den beiden Sodalitäten verbunden waren. Die Salier waren vom Militärdienst befreit und vom Staatsdienst freigestellt. Überhaupt waren die Mitglieder hoch angesehen. Am Jahresende wurde ihnen mit der cena Saliares ein feierliches Essen bereitet, von dem lediglich bekannt ist, dass es infolge seiner Üppigkeit alle anderen Gastmähler übertraf.

Die Selbständigkeit des Gremiums wurde nie angetastet, sodass sie bis zum Ende der römischen Religion ihre eigenen Akten und Mitgliederlisten führten. Bei der Mitgliederwahl gab es kaum Beschränkungen. Die Kaiser griffen - indem sie Empfehlungen aussprachen - nur selten in die Angelegenheiten des Kultvereins ein.

Kulthandlung

An den Feiertagen des März und Oktober war die wichtigste Funktion des Kollegiums ein feierlicher Umzug durch Rom. In Gegenwart der ganzen Priesterschaft und unter dem Schalle der Kriegshörner traten sie zusammen. Auf einem leider nicht überlieferten Weg zogen die Salier durch Rom, kamen dabei am Capitol, Comitium und am Forum Romanum vorbei. An in den Traditionen festgeschriebenen Punkten der Stadt wurde dann in einem umgrenzten Bereich der Waffenreigen vollzogen. Den Höhepunkt stellten die in Reigenform abgehaltenen Tänze dar (tripudium, amtruare), die durch einen alten formelhaften Gesang, der carmen saliare, begleitet wurde. Die Abläufe dieses Tanzes waren genau vorgeschrieben. Der Tanz bestand wohl aus Umgängen um die Altäre der Götter und aus allerlei verschlungenen Figuren, bei dennen alle zusammen, bald verschiedene Abteilungen wechselnd auftraten. Der Rhythmus war der des herkönnlichen dreimaligen Auftretens (tripudium), zu welchem eine Flöte den Takt angab. Die kultischen Waffenaufzüge der salii erfolgten zu Pferde. Dabei spielten zweifellos die ancilia eine herausragende Rolle. Sie wurden anlässlich der Festtage aus der Regia geholt und von den zwöf Saliern in einer Prozession durch die Stadt geführt. Nach Plutarch schlugen die Priester mit ihren Waffen im Takt auf die Schilde. Nach einer weiteren Überlieferung von Dionysios von Halikarnassos wurden die ancilia von Dienern auf Gerüsten durch die Stadt getragen und zur Schau gestellt. Die Aussagen müssen sich nicht wiedersprechen, sondern könnten sich nur auf unterschiedliche Teile der Prozession beziehen. Am Ende der Zeremonie wurden die ancilia feierlich in die Regia zurückgebracht und dort niederleget. Teil des Aktes war auch eine Reinigung (lustratio) der heiligen Schilde.

Die Umzüge sollen mit den Begriffen ancilia movere (Hervorholen der Schilde) gestartet und mit ancilia condere (Aufbewahren der Schilde) beendet worden sein. Da die beiden Termine der Prozession im März und Oktober wohl allerdings gleichsam Beginn und Ende der fruchtbaren Jahreszeit sowie den Beginn und Anfang der für Feldzüge günstigen Zeit darstellten, könnten die Begriffe allerdings auch jeweils unterschiedliche Zeremonien bezeichnen. Ancilia movere markiert demnach durch das hervorholen der Waffen im März symbolisch den Beginn der Monate der Feldzüge, während durch das aufbewahren der Schilde im Oktober die Waffenruhe symbolisiert wird.

Während der Umzüge wurden die ancilia an verschiedenen Stellen aufbewahrt, wie sie sich z.B. am Vorabende des Idus des März, an welchem Caesar ermordet wurde, bei diesem als Pontifex Maximus befanden, zu anderen Zeiten wurden sie in eigens zu diesem Zwecke gestifteten Mansiones Saliorum, d.h. Einkehrhäuser der Salier und der ancilia für die Nacht und die Zeit der Mahlzeiten, welche immer sehr prächtig und üppig ausfielen.

Die Tage dieser Zeremonien galten als dies religiosi, was bedeutet, dass es Tage waren, die mit einem religiösen Bann belegt wurden, der beispielsweise verbot, einen Feldzug zu beginnen, eine Ehe zu schließen oder bestimmte Geschäfte zu tätigen. Die Gemahlin des Flamen Dialis musste während der ganzen Dauer dieser Umzüge ihr Haar ungekämmt lassen.

Der Gesang der Salier, die carmen saliare, bestand aus altertümlichen Versen; er war dem Saturn geweiht, enthielt aber auch Anrufungen anderer altrömischer Staatsgötter, wie des Ianus, der Iuno und der Minerva, schließlich auch des Mars und Quirinus. Heute ist die Carmen Saliare nur noch in Fragmenten erhalten und in seinem archaischem Latein nur schwer zu übersetzen. Während des Prinzipats soll jedoch auf Beschluss des Senats der Name Augustus in das Lied integriert worden sein.

Festtage

Bekannt ist, dass die Salier zumindest in älterer Zeit während der ganzen Dauer des März durch religiöse Verpflichtungen in Anspruch genommen wurden. Der Monat März, in dem die Kriegszeit beginnt, ist dem Mars speziell heilig und ganz von seinen Festtagen ausgefüllt. Die Feste des Frühjahrs gelten inbesondere der Weihung der Rosse (Equirria am 27. Februar und 14. März), der Waffen (Quinquatrus am 19. März) und der Schlachthörner (Tubilustrium am 23. März). An allen diesen Tagen sowie an den Marsfesten des 1. und des 17. März (agonium Martiale) halte die Salier in kriegerischer Tracht ihre Umzüge ab. In derselben Weise treten sie wieder am 19. Oktober mit einer Waffenweihe und Waffensühnung (Armilustrium) in Erscheinung.

Gleich am 1. März sollen sie ihre Opfer und feierlichen Umzüge mit den ancilia begonnen haben. Einige Kalender nennen den ersten März auch ausdrücklich als Geburts- und Stiftungstag des Mars und den Tag, wo das ancile vom Himmel gefallen sein. Am 7. März fand wieder eine Feier des Mars statt, diesmal in Verbindung mit Iuppiter und Veiovis, doch bleibt der nähere Zusammenhang unkar. Einen Aufschwung nahm die Feier mit den Idus, dem alten Festtage des Iuppiter, . Am 15. März folgte Feriae Annae Perennae und ein feierliches Opfer für Iuppiter (zu dessen Verherrlichung die Salier nicht weniger als zu der des Mars und Quirinus bestimmt waren) auf dem Capitole unter der Oberaufsicht des Pontifex Maximus und der Virgo Maxima, bei welchem für das Heil des Staates geopfert und um den Segen für das neue Jahr gebeten wurde und dies unter der Beteiligung der Salier. Am 17. März folgten neben den Liberalia auch die Agonalia, welche speziell den Mars und die Salier angingen, namentlich die Agonalischen Salier des Quirinals. Am Tage des Quinquatrus am 19. März schließlich war wohl das Comitium das Hauptziel des Umzuges. Die Salier tanzten, während die Pontifices vermutlich dort opferten. Weiter folgte am 23. März, dem Tage des Tubilustrium, ein neuer Umzug der Salier und eine gemeinschaftliche Feier des Mars und der Nerio während das Tubilustrium selbst ein Reinigungsfest der beim Gottesdienst gebrauchten Tuben und anderes heiliges Gerätes war, welches in dem sogenannte Schusterhofe (Atrium Sutorium) auf dem Palatin begangen wurde. Letztlich waren die Salier auch bei einer zweiten Feier auf dem Comitium, einem Sühneopfer, welches am 24. März unter der Leitung des Rex Sacrorum vollzogen wurde, beteiligt.

Weitere Herkunftsmythen

Es existieren eine Reihe von Überlieferungen, wonach der priesterliche Waffentanz der Salii als von auswärts eingeführt gilt. Mythologische Überlieferungen weisen auf Samothrake als Ursprungsland hin. Dardanos, ein Sohn des Zeus, der als Stammvater der Trojaner gilt, habe die Verehrung der dii penates (Penaten), die Schutzgötter der Vorräte, aus seiner Heimat nach Troja übertragen, von dort nahm sie Aeneas auf der Flucht mit nach Italien. Die Anführer dieses Penatenkults hießen Sai und wurden später in Salii umbenannt. Auf Samothrake soll es auch eine Zeremonie namens Saier gegeben haben, welche mit orgiastischen Tänzen begangen wurde.

Nach Plutarch gehörte die Erfindung des Kriegstanzes mit geschwenktem Schilde zu einem Begleiter des Aeneas, dem Arkader Salius, der zusammen mit Aeneas nach Italien kam und diesen Tanz dort lehrte. Nach einer anderen Version seien die Salier etruskischer Abkunft. Ihre Kulteinrichtung sollte von Morrius, König von Veji, gegründet worden sein.


Literatur
Heinzel, Elma: Über den Ursprung der Salier, in: Blakolmer, Fritz; Krinzinger, Karl R. u.a.: Fremde Zeiten - Festschrift für Jürgen Borchhardt, Wien 1996, Bd. II, S. 197-212.
Jerzy Linderski: Salii [2]. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Stuttgart 2001, Sp. 1249–1251.
Preller, Ludwig: Römische Mythologie, Berlin 1858.
Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, München 1971.