Schlacht an der Allia
Die Schlacht an der Allia fand im Jahre 387 oder 390 v. Chr. statt. Im Rahmen des Einmarsches der Gallier in Mittelitalien erlitten die Römer eine vernichtende Niederlage. Dieser Tag hatte ein traumatische Wirkung und ging als Unglückstag (dies ater) in die Geschichte Roms ein. Als Datum gilt der 18. Juli. Um diese Schlacht ranken sich vielerlei Legenden, weshalb eine wirkliche Rekonstruktion nur schwer möglich ist.
Die Schlacht
Der Auszug der Gallier gegen Rom geschah in recht schnellem Tempo, so dass die Römer, die darüber hinaus erst sehr spät vom Anrücken der Feinde erfuhren, kaum im Stande waren die nötigen Maßnahmen für die Gegenwehr zu treffen. Überstürzt wurde das Heer zusammengestellt und ins Feld geführt. In der Annahme, der Feind würde am rechten Tiberufer angezogen kommen, rückten die Römer ihm in dieser Richtung entgegen. Sie schlugen wohl bei Veij an der flaminischen Straße ein Lager und erwarteten dort die Gallier zur Schlacht. Die Gallier rückten jedoch vom linken Tiberufer an. Als die Römer dies erfuhren, marschierten auch sie auf die andere Seite des Flusses. Sie zogen den Tiber aufwärts bis zur Allia, einem kleinen Nebenfluss des Tiber, wo sie dem feindlichen Heer überraschend noch auf dem Marsch begegneten. Die Römer hatten demzufolge kein Lager und keine Verschanzungen anlegen oder andere Vorkehrungen treffen können.
Der linke Flügel und Kern des Heeres, etwa 24.000 Mann, war in langer Linie zwischen den Crustuminischen Gebirge und dem Tiber aufgeteilt. Der rechte Flügel, der aus dem ungeübten Teil des Heeres bestand, war auf jenen Anhöhen positioniert, die weiter landeinwärts lagen und an welchen der linke Flügel sich anlehnte. Insgesamt war das Römische Heer 40.000 Mann stark. Die Gallier, deren Zahl mit 70.000 genannt wird und unter der Führung des Brennus stand, griffen mit dem Kern des Heeres diesen rechten Flügel an, der auf den Anhöhen stand und drängte diesen in die Ebene hinab. Der geschlagene und zersprengte Heeresteil warf sich in wilder Flucht auf die übrige Linie, die in der Ebene stand und brachte auch in diese Unordnung. Die Gallier setzten entschieden nach. Bald von Furcht ergriffen, sollen sich die Soldaten bald in eine panische Flucht begeben haben. Da die Gallier statt eines Frontalangriffs, weiter oben über die Allia gegangen waren, den rechten Flügel von der Flanke angriffen, so musste das ganze römische Heer in Richtung des Tibers flüchten, wo es Stück für Stück aufgerollt wurde.
Die Schlacht soll, trotz der vollständigen Niederlage, nicht allzu blutig verlaufen sein. Dies erklärt sich aus dem geringen Widerstand, den das römische Heer leistete. Der linke Flügel kam, wie es scheint, kaum ins Gefecht. Größeren Menschenverlust erlitten die Römer dagegen auf der Flucht. Im dichten Gewühl der Fliehenden wurde der Eine vom Anderen niedergetreten. Die Nachdrängenden hieben gar auf ihre Vordermänner, die ihnen beim Fliehen hinderlich waren, ein. Nur wenigen gelang es das andere Ufer zu erreichen. Viele, die durch ihre Rüstung beschwert waren, verschlang der Strom des Wassers, andere wurden das Opfer der Wurfspeere der Gallier. Die Entronnen sammelten sich in Veii, wo sie sich nach Kräften verschanzten.
Bewertung
Die Schlacht an der Allia steht beispiellos in der Römischen Geschichte. Nie haben die Römer eine in dieser Kombination so vollständige, so entscheidende und so unheilvolle Niederlage erlitten. Ein Schlachtfeld, an dessen Roms Dasein hing, wurde völlig unrühmlich und fast ohne Widerstand verlassen. Den meisten römischen Geschichtsschreiben ist die Schlacht an der Allia ein völliges Rätsel gewesen. Livius neigt sich dahin, in der großen Katastrophe ein höheres, durch menschliche Verblendung herbeigeführtes Verhängnis zu sehen, Die natürlichen Ursachen der Niederlage finden sich teils in der überraschenden Schnelligkeit des feindlichen Einbruchs, teils in der Sorglosigkeit und Unfähigkeit der römischen Heerführer. Die Gallier seien so schnell in der Nähe Roms aufgetaucht, dass diesen nur ein mit größter Mühe und wohl auch zahlenmäßig kaum gewachsenes Heer gegenübergestellt werden konnte. Die römischen Heerführer hatten darüber hinaus jegliche Vorsichtsmaßnamen vernachlässigt und nicht einmal um den Ratschluss der Götter gefragt. Weder Auspizien noch ein Opfer wurde dargebracht, so Livius. Andere Quellen berichten jedoch, dass die Rituale abgehalten wurden, sie allerdings schlechte Vorzeichen brachten.
Andre behaupten wiederum, der wahre Grund für die Niederlage sei der panische Schrecken, der die Römer beim Anblick der wilden Barbaren mit ihrem Schlachtgeheul ergriffen hätte und noch mehr durch deren Kampfweise, die ihnen völlig neu war. Die Gallier sollchen sich mit ungeheuren Waffen und mit entsetzlicher Wut auf den Feind gestürtzt haben, wobei die hinteren die vorderen Männer immer weiter vorwärts trieben. Der erste Stoß auf die Flanke war dabei entscheidend. Als der Durchbruch gelang, war die Schlacht wohl schon entschieden.
Folgen der Schlacht
Am nächsten Tag erschienen die Gallier vor Rom. Da sie weder Bewaffnete auf den Zinnen noch andere Anstalten zur Gegenwehr sahen, verschoben sie, eine Kriegslist befürchtend, den Angriff und schlugen ein Lager zwischen der Stadt und dem Anio auf. In Rom selbst verbreitete Nachricht von der Niederlage Angst und Schrecken in den Straßen. Man hielt bereits alles für verloren und da an die Verteidigung der kompletten Stadt nicht zu denken war, so beschloss man nur Kapitol und Burg zu behaupten. Derer waren der Senat, die patrizische Jugend und diejenigen, die sich aus der Schlacht gerettet hatten, etwa 1000 Mann. Sie besetzten das Kapitol unter der Führung von Marcus Manlius, der später auch den Namen Capitolinus erhielt. Vorhandene Nahrungsmittel, Schätze und Kostbarkeiten wurden hinaufgeschafft. Man hoffte den steilen Felsenhügel für eine Zeit halten zu können.
Der größte Teil der Bevölkerung, die keinen Platz auf dem Kapitol erhalten konnten, verließen die Stadt. Die Junfgrauen der Vesta begaben sich, unter dem Geleit des Flamen Quirinalis, auf die Flucht. Sie nahmen, was sie tragen konnten, von den unter ihrer Hut stehenden Heiligtümern mit. Doch alle mizunehmen war nicht möglich, deshalb vergruben sie, in Gefäßen verpackt, vieles unter dem Boden. Die Stätte, wo dies geschah, war eine Kapelle bei der Wohnung des Flamen Quirinalis.
80 Greise, wahrscheinlich hochbetagte Patrizier, die den Untergang Roms nicht mit ansehen konnten, fassten den Beschluss de Opfertod zu sterben. Der Oberpontifex Marcus Fabius sprach ihnen die Formel vor, durch welche sie sich feierlich den unterirdischen Göttern weihten, zu des Vaterlandes Rettung und der Feinde verderben. Auf ihren curulischen Stühlen sitzend, angezogen mit ihren Feierkleidern, erwarteten sie, auf dem Comitium vereint, den Tod.
Am dritten Tage nach der Schlacht zogen die Gallier ohne auf Widerstand zu stoßen durch das collinische Tor und fingen an die Stadt zu plündern. Ein großes Feuer brannte weite Teile Roms in der Folge nieder. Die Erstürmung des Kapitols gelang den Galliern unterdessen nicht. Die Römer hielten den Angriffen stand und die Gallier traten die Belagerung an, der die Römer sieben Monate standhielten bis nach späteren Überlieferung zufolge dann Marcus Furius Camillus mit einem Heer herangerückt sei und die Gallier wieder vertrieben habe. Aber die Gallier sollen ebenso mit dem Klima, Krankheiten und Nahrungsmittelknappheit zu kämpfen gehabt haben, so dass eine freiwillige Aufgabe der Belagerung möglich scheint.
Gleich nach diesem gallischen Unglück wurde der Beschluss gefasst, dass der 18. Juli ein unglückbringender Tag sei und an diesem Tage kein gültiges Opfer dargebracht werden konnte.
Literatur
Schwegler, Albert: Römische Geschichte, Bd. 3, Tübingen 1858.