Senat (Kaiserzeit)

Aus Theoria Romana
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Der Senat der Kaiserzeit büßte gegenüber der republikanischen Zeit zwar stark an Bedeutung ein, konnte aber sein großes soziales Ansehen weitgehend beibehalten, sodass die Kaiser des Prinzipats ihn immer wieder in Entscheidungen einbanden.

Rekrutierung

Nachdem der Senat in der Endphase der Republik relativ stark gewachsen war, reduzierte Octavian die Zahl der Senatoren seit 28 v. Chr. schrittweise auf 600 Mitglieder. Ebenso grenzte er den Ordo Senatorius nun explizit vom Ordo Equester ab, indem er einen Mindestcensus von einer Million Sesterzen für Senatoren festlegte und den Ordo durch schärfere Ehegesetze scharf nach unten hin abgrenzte.

Dennoch stieg die Fluktuation der senatorischen Familien in der Kaiserzeit deutlich an. Dies lag einerseits an der relativ geringen Geburtenrate innerhalb dieser Familien, andererseits an der großen finanziellen Belastung eines standesgemäßen Lebens, das viele den erforderlichen Census nicht mehr aufbringen ließ. Ein weiteres taten schließlich die zahlreichen Majestätsprozesse unter manchen Kaiser, die vor allem zu Todesurteilen und Vermögenskonfiskationen in den führenden Familien des Senates führten. Dies führte dazu, dass in die Zeit der Flavier kaum noch republikanische Senatorenfamilien ihre Mitglieder in den Senat entsandten, die Senatorenfamilien dieser Zeit wiederum kaum mehr in den Senatslisten der severischen Zeit auftauchten.

Um diese Verluste auszugleichen, bedienten sich die Kaiser daher vor allem dem Mittel der Standeserhebung: So wurden jüngeren Angehörigen von Familien, die den erforderlichen Census aufbringen konnten, der latus clavus verliehen, was das Recht beinhaltete, für Magistratswahlen zu kandidieren. Indem sie dabei selbstverständlich auf besonders loyale Familien zurückgriffen, sicherten sie sich indirekt auch ihren Einfluss im Senat selbst. Während Octavian sich hierbei noch hauptsächlich auf Familien aus dem ländlichen Italia beschränkte, ließ bereits Claudius auch Provinzialen diese Ehre zukommen. Insbesondere seit den Flaviern kamen diese dann auch häufig aus Nordafrika oder dem Osten des Imperiums rekrutiert.

Eine zweite Möglichkeit war schließlich die adlectio. Hierbei nahm der Kaiser langgediente Ritter, die dementsprechend meist bereits etwas älter waren, direkt in den Senat auf. Um ihnen dabei die Mühen der niederen Magistraturen zu ersparen, erhielten sie dabei häufig direkt den Rang ehemaliger Aedile (adlectus inter aedilicios) oder Praetoren (adlectus inter praetorios). Um ihnen dabei trotzdem die Insignien der nicht bekleideten Ämter zuzugestehen, erhielten viele zusätzlich die entsprechenden ornamenta, sodass etwa die Prätorianerpräfekten mit Ausscheiden aus ihrem Amt automatisch die ornamenta consularia erhielten und in den Senat aufgenommen wurden.

Aufgaben

Durch die Machtakkumulation des Kaisers wandelten sich die Aufgaben des Senates ebenfalls stark. Während er unter Augustus noch fast in allen Angelegenheiten gehört wurde, entschieden in späterer Zeit meist nur noch die kaiserlichen Amtsträger und das consilium principis. Stattdessen erhielt er andere Kompetenzen. Die wichtigste davon war wohl die Wahl der Magistrate, die ihm Tiberius übertrug. Nach diesem Kaiser ging auch ein Großteil der Gesetzgebungskompetenz auf ihn zurück. Auch die Kontrolle über das aerarium blieb dem ihm anfangs erhalten, wurde jedoch im Laufe der Kaiserzeit immer weiter beschränkt, sodass er schließlich nur noch Kontrolle über die städtischen Kassen Roms, die arca publica, verblieb. In diesem Zusammenhang reduzierte man sein Münzprägerecht schließlich ebenfalls auf Kupfermünzen.

Vor allem wuchs seine Bedeutung jedoch als Gerichtshof. So übernahm er einerseits Kriminalprozesse mit Beteiligung von Senatoren, sowie Hochverrats-, Repetunden- und Majestätsprozesse. Ebenso diente er als Appellationsinstanz für andere Gerichte, seit Hadrian sogar als höchste Instanz.

Schließlich bewahrte sich der Senat das Recht auf die Verleihung von Ehrungen. Dies beinhaltete vor allem auch eine Mitwirkung bei der Ausrufung des Kaisers, die durch die Verleihung der kaiserlichen Titel erfolgte. Dass diese aber eher eine Formalität war, zeigt sich darin, dass verschiedene Kaiser sich auch vor dieser offiziellen Verleihung als Augustus bezeichneten und ihr Vorrecht immer wieder durch das Militär streitig gemacht wurde. Dennoch verabschiedete er regelmäßig die Lex de imperio, die dem Kaiser seine Vollmachten verlieh.

Aus republikanischer Zeit verblieben dem Senat aber zumindest seine religiösen Kompetenzen (zu denen auch die Vergöttlichung der verstorbenen Kaiser und ihrer Familien gehörte) und die Kontrolle der senatorischen Provinzen (jedoch ebenfalls mit kaiserlicher Einmischung).

Verfahren

Obwohl die üblichen Verfahrensweisen weitgehend beibehalten wurden, traten auch einige Änderungen ein: Augustus etwa normierte die Einberufung des Senats durch regelmäßige Termine (Tagen jeweils an den Kalenden und Iden jedes Monats, Senatsferien im September und October). Dank seiner tribunicia potestas erhielt der Kaiser außerdem das Recht, den Senat in außerordentlichen Fällen einzuberufen und Anträge zu stellen. Dies erfolgte allerdings meist nicht in Anwesenheit des Kaisers, sondern durch Verlesung des kaiserlichen Antrags durch einen seiner Quaestoren. Wurden diese anfangs noch auf dem üblichen Wege abgestimmt, wandelte sich diese oratio principis aber immer stärker zur diskussionslosen Verlesung des Beschlusses und normierte Zustimmung des Senates per Akklamation.

Die geringere Macht des Senates führte allerdings auch dazu, dass die Zahl der teilnehmenden Senatoren an den Sitzungen stark abnahm (vor allem ab Aprilis, wenn die ersten Statthalter in ihre Provinzen gingen) und das Fernbleiben von Sitzungen kaiserlich sanktioniert werden musste (so musste bereits seit Augustus das Verlassen Italias durch den Kaiser gestattet werden).


Literatur:
Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.
Francois Jacques/John Scheid: Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit. 44 v. Chr.-260 n. Chr. Bd. 1: Die Struktur des Reiches, aus dem Französischen übers. v. Peter Riedlberger, Stuttgart u. Leipzig 1998.
Wilhelm Kierdorf: Art. Senatus, in: DNP.
Leonhard Schmitz: Art. Senatus, in: Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, London, 1875.