• Auch Paetus hob seinen Becher und prostete den Anderen zu.
    “Auf euer Wohl und den Segen der Götter für all eure Vorhaben, vor allem jene, deren Schatten uns schon fast berühren.“
    Damit spielte er auf die bevorstehenden Wahlen an, denn dieses Thema fand am interessantesten. Schließlich würde er eines Tages dem Beispiel seines Vaters folgen und für den Cursus Honorum kandidieren, so wie die beiden Decimer es jetzt taten.

  • Auch Aquila schloss sich den anderen an, vergoss einen Teil des Becherinhalts für die Götter und hob ihn dann an, um sich an dem Trinkspruch zu beteiligen. Am liebsten hätte er ja nur gesagt: darauf trink ich, aber das wäre wohl nicht so gut gekommen, weder bei dem Consular, noch bei seinem Onkel. Vielleicht hätte der junge Aelier darüber grinsen können, wer wusste das schon, aber alte Menschen fanden es selten gut, wenn junge zu locker waren... also riss Aquila sich selbstredend zusammen. „Auf unser aller Wohl, dann“, konnte er sich aber dann doch nicht verkneifen, das gegenseitige Wohl-zutrinken etwas salopp mit einem leichten Schmunzeln abzurunden. „Den Segen der Götter können wir durchaus gebrauchen, Aelius“, erwiderte er anschließend in Richtung des jüngeren Aeliers, der ja quasi eine Steilvorlage geliefert hatte, bevor er zu Livianus sah. Viel weiter vorgreifen wollte er seinem Onkel nicht, es war ja eigentlich an dem Älteren, das Gespräch zu führen... auch wenn Aquila es in solchen Momenten manchmal schwer fiel, erst mal die Klappe zu halten. Aber Zurückhaltung war eine Tugend, und Respekt vor den Älteren war... angebracht.

  • "Bitte greift zu" forderte Livianus seine Gäste höflich dazu auf mit dem Essen zu beginnen. Natürlich war auch ihm nicht die Anspielung des jungen Aeliers entgangen und verriet ihm, dass es sich wohl auch schon bis zu ihnen herumgesprochen hatte, dass die beiden Gastgeber bei den kommenden Wahlen kandidierten.


    Livianus wollte dennoch nicht gleich mit der Türe ins Haus fallen und seinem Patron damit fälschlicher Weise vermitteln, dass dies der einzige Grund für seine Einladung war. Stattdessen erkundigte er sich nach der restlichen Gens seines Gegenübers. Es gab nach dieser langen Zeit so viel Aufzuarbeiten, was Livianus ebenso wichtig erschien wie die Unterstützung seines Patrons für die kommenden Wahlen.


    "Nun, dass du dein Sohn den Bürgerkrieg unbeschadet überstanden habt ist eine wahrliche Erleichterung. Doch wie sieht es mit deiner restlichen Familie aus? Ich habe gehört einer deiner jüngeren Verwandten hat sich vor dem Krieg vom tarpejischen Felsen gestürzt? Entspricht das tatsächlich der Wahrheit?


    In Hispania hat mich auch die schreckliche Nachricht über den plötzlichen Tod meines guten Freundes Prudentius Balbus erreicht. Es hat mich tief erschüttert. Sein Bruder Flavius war mein Ausbilder in der IX Legio und Tiberius hat dann unter mir seinen Dienst angetreten. So lange habe ich ihn schon gekannt. Er war doch mit deiner Nichte verheiratet nicht wahr? Vespa, genau! Wie geht es ihr? Ich hoffe sie hat die Kriegswirren ebenso wohlbehalten überstanden."

  • Es hob nicht gerade Quartos Stimmung, als Livianus begann, die Todesfälle unter seinen Verwandten aufzuzählen.


    “Ja, es ist schlimm...“, brummte er, “Ein alter Mann wie ich sollte nicht erleben müssen, dass so viele Jüngere vor ihm gehen. Caius Aelius Archias war nur ein entfernter Vetter. Doch er lebte in meinem Haus und war mir ans Herz gewachsen. Das er sich selbst den Göttern überantwortete... ach... man kann es nur seinem überreich gesegneten aber auch zu dunklen Gedanken neigenden Geist zuschreiben...“
    Er nahm noch einen Schluck.
    “Marcus Vinicius Lucianus, der Ehemann meiner Base Aelia Paulina: vom Thronräuber hingerichtet. Mein Adoptivsohn Lucius Aelius Claudianus Marcellus, was hätte er noch alles erreichen können, ist ebenso sinnlos von mir gegangen wie seine liebliche Tochter, meine angenommene Enkelin Aelia Claudiana Dolabella. Meine Brüder: beide ermordet... Der jüngere, unser Imperator, mit Gift, seine Ehefrau, meine Schwägerin, ebenso wie mein Neffe, auf den ich so viele Hoffnungen gesetzt hatte... ach, Maioranus...“
    Ein weiterer Schluck Wein folgte.
    “Und wie du es sagst, auch der Ehemann meiner Nichte Vespa ist gestorben, Tiberius Prudentius Balbus, der Sohn meines alten Freundes und Klienten Gaius Prudentius Commodus, der auch schon nicht mehr lebt. Vespa, sie allein ist mir geblieben, sie und mein Sohn natürlich, Gaius. Sie sind mein Trost und die Gefäße meiner Hoffnung, sie und natürlich Vespas Sohn Gaius Prudentius, für den gut zu sorgen mir die Götter aufgetragen haben... die Götter, denen es gefallen hat, mir so viel Kummer zu bereiten...“
    Er seufzte vernehmlich.


    “Es ist wahrlich genug Tod um mich gewesen. Möge es mir gestattet sein, keinen anderen mehr ertragen zu müssen, als meinen eigenen.“

  • Livianus seufzte leise. Dieser arme Mann hatte wahrlich viel ertragen müssen. Genug für ein ganzes Leben doch eindeutig zu viel für die wenige Jahre, in denen all diese Vorfälle passierten. Man könnte gar meinen die Götter hätten die Aelier ebenso verlassen wie sie in den letzten Jahren Rom verlassen hatten. Auf den letzten Satz des Consulars konnte er nicht eingehen. Er hätte wohl nicht die passenden Worte gefunden. Stattdessen wollte er bei nächster Gelegenheit die Götter darum bitten, dass sie Quarto noch ein langes Leben bescherten und er seinen Lebensabend möglichst unbeschwert und frei von weiterer Sorge verbringen konnte. Der Decimer griff ein anderes Thema auf, dass ihn sehr überraschte und das vermutlich auch die bedrückte Stimmung seines Patrons wieder ein wenig aufhellte. Livianus konnte man die freudige Überraschung wohl an seinem Gesicht ablesen.


    "Vespas Sohn? Ich wusste nicht….. Es ist…. Er ist wohl bereits nach meiner Abreise aus Rom zur Welt gekommen. Leider hatte ich danach keinen Kontakt mehr zu Tiberius und hab den Wunsch ihm einen Brief zu schreiben immer verschoben bis mich irgendwann die Nachricht über seinen Tod erreichte.


    Aber das ist wirklich eine wunderbare Nachricht. Ich freue mich für Tiberius, dass er noch erleben konnte, wie sein Sohn zur Welt gekommen ist. Vor allem aber das es den beiden gut geht und sie den Krieg ebenfalls unbeschadet überstanden haben. Sie sind nun in deiner Obhut? Hier in Rom? Oder hat Vespa erneut geheiratet?"


    Als er die letzte Frage ausgesprochen hatte, bedauerte er es auch schon wieder so unüberlegt gefragt zu haben. Für eine Witwe mit Kind war es bestimmt nicht einfach einen neuen Mann aus gutem Hause zu finden und dann auch noch während eines Bürgerkriegs, auf der Flucht, untergetaucht vor den Häschern die das Leben der ganzen Gens bedrohten. Livianus hoffte, dass Quarto ihm diesen verbalen Fehltritt nicht übel nahm.

  • “Ja, ja, den beiden geht es gut. Sie sind bei mir, im Haus der Germanii, wo wir bis auf weiteres untergekommen sind. Und meine Nichte lebt seit dem Tod ihres Gatten das Leben einer sittsamen und ehrbaren Witwe. Sie hat nicht erneut geheiratet. Obwohl sich jeder Mann glücklich schätzen könnte, so wie ich glücklich bin, dass sie sich jetzt um das Wohlergehen ihres alten Onkels kümmert.“


    Quarto war eigennützig genug, seine Nichte nicht unter allen Umständen wieder hergeben zu wollen.

  • "Natürlich."


    Der Decimer nickte zustimmend, während seine Gedanken bereits weitere Kreise um dieses Thema zogen. Auch er war nach wie vor Witwer, nachdem er seine Frau in so jungen Jahren verloren hatte. Wie hatte er sie geliebt seine Aemilia. Nach ihrem Tod viel es ihm schwer eine neue Frau in sein Leben zu lassen und irgendwann entschied er überhaupt, einer neuen Verbindung keine Chance mehr zu geben und das Thema völlig abzutun. Er lebte weiter sein Leben als Soldat voller Pflichten und Entbehrungen, zurückgezogen und immer nur zum Wohle des römischen Reiches. Für Privatleben oder gar eine zwischenmenschliche Beziehung war ohnehin kaum Platz. Doch nun, in den letzten Jahren und vor allem in seinem selbstgewählten Exil in Hispania hatte er so etwas wie Einsamkeit erfahren. Er war fernab seiner Soldaten, fernab jegliches Kommandos das ihn Tag ein Tag aus beschäftigte, befreit von allen Aufgaben und Verpflichtungen. Er hatte natürlich Familie um sich, aber auch er musste schlussendlich erkennen, dass Familie keinen Partner ersetzte. Wie es Quartos Nichte dabei gehen musste?


    Gleichzeitig schweiften seine Gedanken auch wieder auf die kommenden Wahlen ab, obwohl er sich fest vorgenommen hatte, zuerst rein privates zu besprechen und die Politik hintenanzustellen. Er wollte für das Konsulat kandidieren. Ein Amt das seinem Kandidaten traditionell gewissen Voraussetzungen abverlangte. Eine davon war es verheiratet zu sein. Er war Witwer, wer konnte es ihm verübeln nach dem Tod seiner Frau keine neue Ehe eingegangen zu sein? Doch so wie Livianus einige Senatoren kannte, würde man es bestimmt zum Thema machen.


    Vielleicht war es vermessen. Er wusste es in diesem Moment nicht. Doch einerseits war da das plötzliche Gefühl einer Verpflichtung gegenüber seines alten Freundes Balbus, dessen Verbundenheit und Freundschaft schon auf ihre Väter zurückreichte, der Wunsch nach einer vertrauten und führsorglichen Person in seinem Leben, den er seit einiger Zeit wieder stärker verspürte und natürlich die der Gedanke an das Konsulat, dass er anzustreben versuchte. Er räusperte sich und nahm nun ebenfalls einen kräftigen Schluck aus seinem Becher. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass Livianus, der sich noch ex caligae bis zum Legaten hochgearbeitet, in zwei Kriegen gekämpft, in parthischer Gefangenschaft gesessen hatte und nun als Consul kandidieren wollte, bei diesem Thema flau im Magen wurde. Es trug auch nicht gerade positiv dazu bei, dass die beiden jungen Männer hier am selben Tisch saßen und den gealterten Feldherrn nach Worten ringen sahen. Dennoch begann Livianus etwas holprig aber ehrlich.


    "Ähm…… Es mag vielleicht ein wenig plötzlich und überraschend für dich kommen und ich weiß auch nicht so Recht wie ich meine Gedanken in Worte fassen soll, aber…… *räusper*


    Ich selbst habe meine Aemilia ja in sehr jungen Jahren verloren und lebe seitdem ebenfalls das Leben eines Witwers. Es ist sehr lange her und ich bin gewiss nicht mehr der Jüngste…. vermutlich wird sich Vespa auch nicht wirklich an mich erinnern, aber du weißt um meine Verbundenheit zu Tiberius und natürlich auch zu seiner Familie. Du bist mein Patron.


    Also… Es wäre mir eine…. eine Freude und auch eine Ehre mich… wie soll ich sagen…. seiner Familie anzunehmen. Sie in meinem Hause aufzunehmen und seinen Sohn in Gedenken und Hochachtung vor seinem Vater nach dessen Vorbild zu erziehen. Also wenn du dir vorstellen könntest…. Ich meine, wenn Vespa damit einverstanden wäre. Wie du schon sagtest. Jeder Mann könnte sich Glücklich schätzen und ich wäre einer dieser Männer der…. Also…. Wie denkst du über eine mögliche Eheschließung zwischen deiner Nichte und mir?"


    Etwas verkrampft sah Livianus kurz zu dem jungen Aquila, der eben seine nicht gerade rhetorische Höchstleistung miterlebt hatte. Was er sich wohl denken musste von seinem bisherigen Vorbild. Dann zu Quartos Sohn und dann wieder zu Quarto selbst, dessen Antwort er nervös erwartete.

  • Recht bedrohlich runzelte Quarto bei Livianus' Worten die Stirn. Seine Lippen presste er fest zusammen, so dass sein Gesicht ein recht widerwilligen Ausdruck annahm.


    “Ich habe mich an ihre Anwesenheit gewöhnt. Ich gebe sie nicht gerne her.“, sagte er, was keine direkte Antwort war, dazu recht egoistisch und einsilbig, aber zweifellos ehrlich.

  • Das Gespräch nahm einen für Paetus sehr unerwarteten Verlauf. Er hatte angenommen, dass man über Politik sprechen würde. Stattdessen drehte es sich plötzlich um seine Base und um ihre Witwenschaft, sowie, wer hätte das erwartet, um die ihres Gastgebers. Hatte er das eben richtig verstanden? Hielt Livianus um ihre Hand an?
    Natürlich, das ging ihm im nächsten Moment auf, war das letztlich auch Politik – Heiratspolitik. Das gehörte zu ihrem Dasein, als Angehörige der Führungsschicht Roms. Er selbst würde eines Tages gewiss auch nicht, oder zumindest nicht nur der Liebe wegen heiraten und ganz bestimmt nicht die Tochter eines einfachen pistor oder caupo, eines Bäckers oder Schankwirts.
    In der Vergangenheit waren die Aelier über geschickt eingefädelte Hochzeiten recht gut vernetzt gewesen. Paulina hatte einen Vinicier geheiratet, Leontia einen Matinier und auch Vespas Ehe mit dem Prudentius, dem Sohn eines Consuls, war standesgemäß gewesen und festigte ein politisches Bündnis. Die Ehe seiner eigenen Eltern war die Grundlage ihrer engen Beziehungen zu den Germanii, und das seine Mutter eine geborene Cornelia war, hatte seinen Vater bestimmt nicht abgeschreckt. Als Witwe, so dachte sich Paetus, verschenkte Vespa ihre Möglichkeiten.


    Bevor sein Vater die gute Möglichkeit also mit der Sturheit eines alten Mannes zunichte machte, mischte er sich lieber ein: “Allerdings ehrst du meine Base mit deinem Ansinnen und ebenso den Namen unseres Hauses. Und natürlich währst du ein mehr als standesgemäßer Bräutigam, als langjähriger Senator und demnächst, wie wir hoffen, als amtierender Consul.“
    Zu Quarto gewandt: “Nicht wahr, Vater, dass muss man schon sagen. Außerdem wäre es sehr selbstsüchtig, Vespa ein Leben in einer Familie zu verwehren, als geachtete Ehefrau eines ebenso geachteten Mannes. Nicht zuletzt ihr Sohn, der junge Gaius Prudentius, er braucht eine Familie und wir müssen an seine Zukunft denken.“

  • Als er die Reaktion seines Patrons beobachtete, konnte sich Livianus ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen und auch die Nervosität war mit einem Schlag weniger geworden. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl ein Kind vor sich zu haben das sein Holzpferd nicht mit ihm teilen wollte. Doch die Worte seines Sohnes klangen da schon weitaus vernünftiger und Livianus nickte ihm der unterstützenden Worte wegen dankend zu. Auch er ließ nicht so schnell locker und versuchte eine möglichst neutrale Formulierung seiner Gedanken darüber zu finden, die nicht auf Quartos Alter oder seinen selbst vorhin erwähnten eigenen Tod anspielten.


    "Ich kann dich gut verstehen mein Patron. Es ist schwer sich von seinen Lieben zu trennen, aber du solltest auf deinen Sohn hören und an Vespas Zukunft denken. Sie wäre bei mir in Sicherheit, hätte alle Annehmlichkeiten meines gesellschaftlichen Standes, vielleicht auch bald der Nobilitas und vor allem hätte sie für sich und ihren Sohn wieder ein Heim, dass sie ihr eigenen nennen kann. Ich kenne deine Pläne für die Zukunft noch nicht, aber ich selbst habe vor Rom so schnell nicht wieder zu verlassen. Sie wäre also nach wie vor in deiner Nähe und könnte dich oft besuchen. Und mein Haus steht dir als mein Patron ohnehin jederzeit offen."

  • “Mmmmh.“, machte Quarto und war scheinbar noch immer nicht recht zufrieden. Doch dann lenkte er ein, zwar widerwillig und nicht so, dass er den Zweien einfach Recht gab, zumindest nicht direkt, aber immerhin sagte er: “Wir sollten sie zunächst einmal fragen, was? Vielleicht will sie dich ja gar nicht. Aber wenn doch, na, dann werdet ihr zwei meinen Segen haben.“

  • "Ganz wie du es für richtig hältst. Ich danke dir dafür Patron. Wirst du mit ihr sprechen, oder wäre es dir lieber wenn ich das persönlich übernehme?" fragte Livianus sicherheitshalber nach.


    Eigentlich war es Sache des Familienoberhauptes diese Dinge abzuklären. In den meisten Fällen geschahen solche Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg. Da Quarto allerdings in Erwägung zog seiner Nichte die Entscheidung zu überlassen, was in der Heiratspolitik auf solch hohem Niveau eher unkonventionell war, konnte es auch sein das der Consular es lieber sah, wenn Livianus selbst mehr oder weniger bei Vespa um ihre Hand an hielt.

  • “Ich werde mit ihr reden und sie fragen, wie sie zu dazu steht, sich wieder neu zu verheiraten... mit dir. Wenn sie es gut aufnimmt, dann werde ich es dich wissen lassen und du kannst um ihre Hand anhalten. So ist es besser. Damit ersparen wir uns unnötige Komplikationen.“

  • "Da hast du bestimmt Recht. Ich werde ihre Entscheidung erwarten."


    Damit war ein unerwartetes aber durchaus bedeutungsvolles Thema abgeschlossen. Zufrieden nickte er seinem Patron zu. Erst jetzt viel Livianus auf, dass sich noch keiner der Anweisenden zugreifen getraut hatte, da die beiden Senatoren bisher in ein sehr spannendes Gespräch vertieft waren. Er forderte die Gäste daher erneut auf und nahm sich ebenfalls eine Kleinigkeit vom Tablett. Trotzdem war ihm gelegen das Gespräch weiter aufrecht zu erhalten und nachdem er einen Bissen zu sich genommen hatte, sah er wieder zu Quarto.


    "Wie ich vorhin den Worten deines Sohnes entnehmen konnte weißt du ja bereits, dass ich vorhabe für das Consulat zu kandidieren. Ich nehme an, ich kann mit deiner Unterstützung rechnen?"


    Diese Frage war eigentlich überflüssig, da Quarto kaum seine Unterstützung verwehren würde, nachdem er Livianus gerade ein Heirat mit seiner Nichte in Aussicht gestellt hatte. Dennoch war es wichtig darüber zu reden. Vor allem da er so auch auf seinen jungen Verwandten aufmerksam machen konnte, der neben ihm saß und ebenfalls an den Wahlen teilnahm.

  • “Ja, natürlich, ich bin dein Patron. Ich unterstütze dich und werde für dich sprechen.“
    Quarto fuhr sich über den Bart.
    “Hast du noch andere, namenhafte Befürworter? Die politische Situation ist unübersichtlich. Ich wüsste momentan nicht zu sagen, welche politischen Lager es überhaupt gibt und wie sie sich voneinander abgrenzen.“

  • "Die beiden Germanicii Senatoren Sedulus und Avarus sind wohl ziemlich sicher auf meiner Seite. Wie gesagt hatte ich sie erst vor kurzem bei mir zu Gast und auch wenn vor allem der gute Avarus ein wenig skeptisch war, so denke ich doch, dass ich, wenn es darauf ankommt, auf ihn zählen kann. Consular Purgitius Macer wird sich meine Rede vor dem Senat anhören und dort entscheiden ob er sich für mich ausspricht, aber es sieht gut aus denke ich. Wir kennen uns schon sehr lange und auch wenn ich uns nicht als Freunde bezeichnen würde, so haben wir uns bisher doch immer gegenseitig geschätzt. Meine Nichte Seiana hat guten Kontakt zu Senator Flavius Gracchus, und wird sich für meine Kandidatur einsetzen. Meinen alten Wegbegleiter in der Legio Senator Menencrates habe ich eine Einladung zukommen lassen, doch bisher hat er sich nicht gemeldet. Keine Ahnung ob er derzeit überhaupt in Roma ist. Vor kurzem war auch ein junger Iulier hier der ebenfalls für das Vigintivirat kandidiert. Es hat sich herausgestellt, dass er ein Klient von Hungaricus ist. Ich habe ihm gebeten ein gutes Wort für mich einzulegen. Wenn er mich nicht unterstütz so wäre mir schon geholfen wenn er nicht gegen mich auftritt. Mit dir eingeschlossen habe ich so fast jeden Senator um Unterstützung gebeten oder zumindest auf meine Kandidatur aufmerksam gemacht, den ich zu den aktuellen Meinungsbildnern im Senat zähle.


    Nebenbei haben wir auch noch geplant am Forum Romanum ein wenig Wahlkampf mittels Brotspenden zu betreiben. Darum kümmert sich Aquila. Und ich habe eine Gruppe engagiert, von der es heißt, dass sie in Rom für gutes Straßentheater bekannt sind. Sie werden am Abend vor der Wahl ein wenig für zusätzliche Werbung sorgen."


    Nach diesen kurzen Aufzählungen seiner Wahlkampfvorbereitungen nahm Livianus einen kräftigen Schluck aus seinem Becher und steckte sich einen weiteren Happen in den Mund. Er überlegte, ob er etwas vergessen hatte. Dann sah er zu seinem jungen Verwandten.


    "Achja. Aquila wollte auch seinen Mentor Senator Duccius Vala ansprechen, bei dem er zuletzt das Tiro Fori abgeleistet hat. Weißt du schon was?"

  • “Mmh, ein paar namenhafte Fürsprecher sind dir also schon einmal sicher. Aber man wird abwarten müssen, wie immer. Wurden wir nicht häufig bei den Wahlen überrascht?“, meinte Quarto, bevor Livianus die Aufmerksamkeit der Runde auf den den jungen Decimus Aquila lenkte.

  • Aquila hielt sich höflich zurück und ließ – ähnlich wie sein junges Gegenstück auf aelischer Seite – die Alten erst mal miteinander reden. Allgemeines Gerede erst mal, über die Familie, die die sie kannten oder, in den meisten Fällen, gekannt hatten, weil es hauptsächlich um die ging die schon tot waren. Aquila widmete sich, angesichts der Gesellschaft freilich in Maßen, seinem Becherinhalt und hörte mehr gelangweilt als wirklich interessiert zu. Hörte eigentlich gar nicht mehr wirklich zu, denn urplötzlich stand da das Wort Eheschließung im Raum. Wiebittewobittewas? Überrascht sah er auf, als dieses Wort es schaffte, seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf das Gespräch zu lenken. Im allerersten Moment glaubte er, es ginge um ihn, und wer in diesem Augenblick zu ihm sehen würde, würde ihm den Schreck wohl ansehen können... dann realisierte er, nicht zuletzt weil sein Onkel nicht gerade eine rhetorische Glanzleistung gerade abgeliefert hatte und selbst ziemlich angespannt aussah, dass es ihm wohl um sich selbst ging. Was sich bei Aquila erst mal in einem deutlich erleichterten Aufatmen zeigte. Im nächsten Moment fragte er sich, wie um alles in der Welt sie von den Toten plötzlich zu einer möglichen Verlobung gekommen waren, aber gut, so war das, wenn man nicht aufpasste...


    Aquila nahm sich vor, ab sofort zuzuhören, auch wenn es langweilig war, und es wurde ihm auch dankenswerterweise leichter gemacht, weil sich das Gespräch nun den bevorstehenden Wahlen zuwandte. „Im Moment ist er noch sehr eingebunden aufgrund seines Aedilats, ein gemeinsames Treffen noch vor den Wahlen sieht also eher schlecht aus“, antwortete er mit leichtem Bedauern in der Stimme. „Aber ich habe mit ihm über deine und meine Kandidatur gesprochen und ihn um Unterstützung gebeten.“

  • "Sehr gut, sehr gut." nickte der Decimer zufrieden. Dann wandte er sich wieder an seinen Patron.


    "Du siehst also, wir haben uns einigermaßen gut vorbereitet. Auch wenn die Zeit schon recht knapp geworden ist. Und wie du gerade gehört hast, so tritt auch mein junger Verwandter hier bei den kommenden Wahlen an. Er möchte für das Vigintivirat kandidieren."


    Livianus deutete dabei in Richtung Aquila und warf ihm einen auffordernden Blick zu. Das war nun seine Chance ein wenig Werbung für sich zu machen. Grundsätzlich stellte sich die Frage zwar nicht, ob Quarto auch den zweiten Decimer unterstützte, doch für seinen jungen Verwandten war es eine gute Möglichkeit sich darin zu üben, etwas Konversation mit einem so hochrangigen Mann zu betreiben und vor allem um seine Gunst zu buhlen. Sollte er aus irgendeinem Grund zu schüchtern sein, was Livianus nicht glaubte, so konnte der ältere Decimer in diesem Fall immer noch rasch für ihn einspringen.

  • “Sieh an! Das ist natürlich ein großer Schritt im Leben eines jungen Mannes. Und einer, bei dem man sich erstmals wirklich beweisen muss. Ein Wahlkampf in Rom kann ruppig werden. Selbst heute noch, wo es nicht mehr üblich ist, mit Knüppeln bewaffnete Schläger zu rekrutieren, damit sie die Anhänger der Kontrahenten verprügeln. Aber mit Worten wird gekämpft und man muss sich auf Angriffe gefasst machen, selbst wenn sie von unerwarteter Seite kommen. Oft dienen sie nur dazu, dem eigenen Mann einen Vorteil zu verschaffen. Man darf da nicht allzu empfindlich sein und schon gar nicht nachtragend.“

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