Decimus Livianus

  • Livianus räumte sein Officium großteils aus und verstaute alles in einer großen Kiste, die er nach Germanien mitnehmen würde. Viele alte Erinnerungsstücke vielen ihm dabei in die Hände, sodass er immer wieder zwischendurch Pausen einlegte. Nach fast zwei Stunden jedoch war die Arbeit getan. Zwei Sklaven brachten die schwere Kiste nach draußen und Livianus verschloss die Türe zu seinem Officium.

  • Gedankenversunken saß Livianus in seinem alten Officium. Die Sklaven hatten es wieder in Schuss gebracht und in den kommenden Monaten würde es ihm als Ausgangspunkt für die Planung seiner Rückkehr auf die politische und öffentliche Bühne Roms dienen. Bereits jetzt hatte der Senator gemerkt, dass er mit einigen Widerstand rechnen musste und es nicht leicht war, die geplanten Wege immer gradlinig einzuhalten. Den ersten Rückschlag hatte er bei der Kandidatur zum Prätorenamt erlebt. Die Germanicer hatten in dort ordentlich in die Mangel genommen und vor allem die Geschichte mit Sedulus war äußerst unangenehm gewesen. Wie sehr sich das auf die Wahl auswirkte, konnte er noch nicht bemessen. Doch diese Sache lag ihm seitdem im Magen und er konnte und wollte dies nicht einfach so hinnehmen.


    Livianus rief einen Sklaven herbei und ließ ihm nach Mattiacus und Serapio suchen. Sie sollten schnellstmöglich in sein Officium gebracht werden. Es gab einiges zu besprechen.

  • "Mattiacus. Danke das du so schnell kommen konntest. Bitte setz dich."


    Auch wenn Livianus die Sache vielleicht zwei Mal erklären musste, so war sie zu wichtig, als sich nun lange mit dem üblichen Geplaudere aufzuhalten, bis Serapio eintraf. Er begann daher ohne Umschweife und mit deutlich zu hörenden Ernst in seiner Stimme.


    "Wie dir vielleicht schon zu Ohren gekommen ist, gab es bei meiner Kandidatursrede im Senat einen Eklat mit Senator Germanicus Sedulus. Er hat einige Vorwürfe geäußert, meine Ehre in Frage gestellt und mich schließlich bedroht. Das alles vor den Augen des versammelten Senats.


    Ich habe mich nun entschlossen ein Gerichtsverfahren gegen diesen Senator anzustreben und heute die nötigen Unterlagen an den Praetor übermitteln lassen. Mir wäre dein rechtlicher Beistand in dieser Angelegenheit mehr als wichtig."

  • Mattiacus dachte einen Moment nach.


    "Ich habe davon am Rande mitbekommen. Seit meiner Rückkehr habe ich mich kaum in der Öffentlichkeit blicken lassen. Ich wollte erst noch dem Princeps Bericht erstatten.


    Aber egal..... natürlich kannst du auf mich zählen."

  • "Sehr gut Mattiacus. Ich danke dir."


    LIvianus hatte zwar mit keiner anderen Antwort gerechnet, er konnte schließlich tatsächlich immer auf seine Brüder zählen, doch tat es trotzdem mehr als gut, es immer wieder bewiesen zu bekommen. Er nickte daher dankend und sprach weiter.


    "Ich habe mir mit der Anzeige bis heute Zeit gelassen um die Wahlen nicht zu beeinflussen. Eine Anzeige gegen einen Senator, noch dazu mit diesen Vorwürfen, darf nicht unüberlegt eingereicht werden. Hätte es sich bereits vor den Wahlen herumgesprochen, hätten sich einige der unentschlossenen Senatoren vielleicht letztendlich doch gegen mich entschieden. Doch nun steht dem ganzen nichts mehr im Wege. Da ich zwar gewählt wurde, aber noch nicht im Amt bin, hat sich noch der alte Praetor mit dem Fall zu befassen. Mir ist dabei mehr als wichtig, dass ich mich nicht selbst vertreten muss, sondern das du als mein Anwalt fungierst."

  • Mattiacus dachte nochmal nach.


    "Mhm...Derart öffentlich Äußerungen berühren das Interesse aller. Eine Senator kann und darf sich nicht so äußern. Ich glaube, es wäre besser, wenn ich von Amts wegen einen Prozess anstrenge. So entgehe ich auch dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Parteilichkeit, wenn ich dich vertrete. Was meinst du?"

  • "Das sind die Anklagepunkte."


    Livianus überreichte seinem Bruder eine Abschrift des Briefes, den er kurz zuvor in die Basilica Ulpia bringen hatte lassen.



    An den Praetor Urbanus
    Basilica Ulpia
    Roma




    Geschätzter Praetor!


    Hiermit erstatte ich, Senator Marcus Decimus Livianus, gemäß Cod Iur § 24 Strafanzeige gegen


    Senator Quintus Germanicus Sedulus


    Die Vorwürfe lauten auf


    § 81 Nötigung und Bedrohung
    (2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe von 1 bis 3 Monaten oder mit Geldstrafe von 200 bis 600 Sz. bestraft.


    § 84 Üble Nachrede
    (1) Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe von 1 bis 3 Monaten oder mit Geldstrafe von 200 bis 800 Sz. bestraft.
    (2) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften eine üble Nachrede aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Monaten oder Geldstrafe von 400 bis 1.600 Sesterzen.


    geschehen während der Senatssitzung zur Kandidatur meiner Person um das Amt des Praetors.


    Ich bitte um Prüfung des Sachverhalts und Aufnahme eines Verfahrens.



    Marcus Decimus Livianus
    Senator




    "Ich überlasse solche Entscheidungen liebend gerne dir. Schließlich bist du der Procurator in unserer Familie. Aber könnten diese Anklagepunkte auch bei einer Anzeige von Amtswegen übernommen werden oder würde sich das dann nur auf § 84 (2) beschränken?"

  • Mattiacus lass sich das Schreiben durch.


    "Mhm, ja...mhm ja.." murmelte er.


    "Ja, das sieht so schon mal gut aus, um ein Verfahren einzuleiten. Ein Verfahren würde sich nicht nur auf 84 II beschränken. Dies ist eine Qualifikation, macht also das ganze noch Schlimmer.


    Ich überlege gerade, wer in unserer Familie noch als Advocatus fungieren kann, um dich vor Gericht zu vertreten. Dann könnte ich nämlich im Hintergrund bleiben und von dort die Strippen ziehen. Dann müsste ich mich nicht eventuellen unangenehmen Nachfragen aussetzen. Ich kann dir nämlich jetzt schon sagen, dass unsere Gegner das Verfahren anzweifeln werden, weil ich dein Bruder bin. Was meinst du?"

  • Livianus wog die Einwürfe seines Bruders kurz ab und traf dann seine Entscheidung.


    "Nein. Wenn ich ehrlich bin, dann wäre mir wohler, wenn du meine Vertretung übernehmen könntest. Ich denke nicht, dass uns unsere Gegner einen Strick daraus drehen könnten. Du bist zwar mein Bruder und der Procurator a cognitionibus, aber wir bleiben wohl besser dabei, dass es eine private Anzeige bleibt. Dann sollten wir keinerlei Probleme in diese Richtung bekommen. Du bist Anwalt und hast einen privaten Klienten. Das Gericht wird da bestimmt keine Einwände haben."


    Er sah kurz zur Türe. Wo Serapio blos so lange blieb? Dann wandte er sich wieder Mattiacus zu und wartete auf eine Bestätigung seiner Annahmen.

  • Ein Sklave hatte mir die Nachricht in die Castra überbracht, dass mein Onkel mich sprechen wollte, dringend. So machte ich mich so schnell wie möglich auf den Weg, und stand schliesslich vor der Türe zu seinem Arbeitszimmer. Dort verharrte ich und überprüfte, ob meine Erscheinung auch ordentlich war, zog das Focale zurecht und glättete mein Haar. Erst dann klopfte ich, und trat, nachdem ich eine Antwort darauf vernommen hatte, ein.
    “Salve Onkel Livianus. Salve Onkel Mattiacus.“ grüßte ich, sehr aufrecht stehend, meinte dann ein wenig schüchtern zu Livianus: “Du hast mich rufen lassen?“

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  • Noch bevor Livianus seinem Bruder antworten konnte, betrat Serapio den Raum. Auch wenn es ihm immer freute seinen jungen Neffen zu sehen, so blieb die freundliche Begrüßung heute aus und auch die ernste und besorgt wirkende Mine des Senators änderte sich nicht wirklich. Er deutete auf den zweiten freien Stuhl, der direkt neben dem von Mattiacus stand.


    "Ja Serapio. Bitte setz dich."


    Dann kam er ohne langes Zögern oder Worte der Begrüßung zum Grund der Zusammenkunft.


    "Ich habe mich gerade mit deinem Onkel über eine unschöne Geschichte unterhalten, die sich während meiner Kandidatursrede im Senat zugetragen hat. Vielleicht hast du ja bereits davon gehört.


    Senator Germanicus Sedulus hat die alte Geschichte ausgegraben, als du damals von der Cohortes Urbanae verhaftet wurdest und ich dich aus dem Gefängnis geholt habe. Er wollte mir nun einen Strick daraus drehen und hatte gehofft so meinen Leumund in Frage stellen zu können.


    Zum Glück hat es das Wahlergebnis nicht beeinflusst, aber dennoch habe ich mich nach langen Überlegen dazu entschlossen eine Klage gegen den Senator einzureichen."


    Livianus stoppte hier vorerst, um Serapios Reaktion abzuwarten.

  • Dass es hier bei diesem Treffen um etwas Ernstes ging, war nicht zu übersehen. Ich setzte mich, lauschte, schüttelte ganz leicht den Kopf – ich hatte zu dem Thema überhaupt nichts mitbekommen, bisher. Allein der Name, der dann fiel, jagte schon mir einen kalten Schauer über den Rücken, und die Nachricht die darauf folgte traf mich wie… wie eine ganze Phalanx von Kataphrakten! Ich erbleichte, riss zu Tode erschrocken die Augen auf, nahm gar nicht mehr richtig wahr was mein Onkel zuletzt noch sagte.
    “Im Senat?!“, widerholte ich fassungslos, “Er hat diese Sache dem Senat aufgetischt?! Per omnes deos. Oh nein…“
    Dem Senat. Meine Finger krampften sich in die Stuhllehne. Das war mein schlimmster Albtraum! Ich konnte es nicht fassen. Adios guter Ruf. Eine kalte Hand packte mich im Nacken, die alte Angst… Würde der Stadtpräfekt mich rauswerfen, wenn er erfuhr was früher mit mir losgewesen war? Adios ‚Held der CU‘.
    Ich schluckte trocken. Es war so lange her, aber die alten, längst gebüßten Verfehlungen strichen noch immer wie Lemuren um mich herum, bereit mit einem mal zuzuschlagen und alles zu zerstören.
    “Er hat mich vor aller Welt diskreditiert, um Dir zu schaden?! Das ist… das ist einfach… INFAM. - Verdammt. Verdammt…“
    Meine Schultern sanken herab, mein Blick sackte zu Boden, und düster stellte ich fest:
    “Dieser Mann hat keinen Anstand.“
    Was würden meine Soldaten denken, wenn sie erfuhren, dass ich mal kriminell gewesen war? Was die anderen Centurionen? Was würde in der nächsten Acta stehen? Die Horrorszenarien entfalteten sich rasend schnell vor meinem inneren Auge. Und zu allem Überfluss musste nun auch mein Onkel darunter leiden, dass er mich damals gerettet hatte.
    “Es tut mir leid! Es tut mir so leid, dass Du Dich wegen mir damals so, ähm, exponieren musstest, dass man Dir wegen mir jetzt noch Schwierigkeiten machen kann…“
    Ach verflucht. Ich fühlte mich nichtswürdiger denn je.

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