hortus et peristylium

  • Es war schwer den Kampf ihrer Gefühle zu ertragen, Kummer kämpfte gegen Hass und Zorn, Trauer gegen Einsamkeit und irgendwo in ihrem Herzen versteckte sich auch noch Verzweiflung die an ihr nagte, gepaart mit Bitterkeit. Sie hatte es selbst kaum geglaubt dass sie so zu viele unterschiedlichen Gefühlen in der Lage war und dass dann auch noch gleichzeitig. Es war nicht einfach sich diesen Gefühlen zu stellen und dem Schmerz zu zulassen. Aber sie wusste auch, dass wenn sie wieder ein unbeschwertes Leben führen wollte, es sein musste, denn ansonsten würde sie wohl den Verstand verlieren und auch nie wieder glücklich sein.


    Wieder einmal seufzte sie und merkte von daher nicht, dass noch jemand anderes einen ort der Stille suchte um auch den Kummer zu vergessen. Erst als sie angesprochen wurde hob sie den Kopf und blickte in die braunen Augen von Serrana, Verus Tochter. Zwar waren sah man die Verwandtschaft, aber die Augen waren völlig andere. Augen, die sie voller Abscheu und auch Wut betrachteten.
    Calvena runzelte die Stirn, womit hatte sie solch eine Feindseeligkeit verdient. Sie kannte Serrana überhaupt nicht….


    Sie strafte die Schultern und brachte ein schwaches Lächeln zustande. Sie versuchte ihrem gegenüber ohne Vorurteile zu begegnen.
    „Natürlich darfst du dich setzen!“ sie rutschte etwas beiseite und machte Serrana platz. „Bitte!“ fügte sie hinzu. Ein wenig wollte sie sie beschwichtigen, ahnte sie jedoch nicht, was in der anderen jungen Frau vorging und wusste sie auch nicht, woher der Groll stammte, welcher in Serrana schwelte.


    Etwas verlegen sah sie zu Serrana auf, sie wusste nicht was sie ihr sagen sollte und ob sie überhaupt etwas sagen sollte. Sie beide waren sich schließlich völlig Fremd.

  • Diese Frau war die letzte Person, die Serrana treffen wollte. Prinzipiell hatte sie ja nichts gegen sie, außer dass sie es mit Bravour geschafft hatte ihren Vater um den Finger zu wickeln, der ihr nun wie ein sabbernder Hund zu Füßen lag. Kaum zu glauben, dass dies der gleiche Mann war, der nun vor fast achtzehn Jahren ihre Mutter mit zwei kleinen Kindern m Stich gelassen hatte. Schon wieder spürte sie, wie der Ärger in ihr aufstieg.
    Diese Frau brachte ihr ein gewisses Maß an Freundlichkeit entgegen. Sie bat Serrana einen Platz neben sich an und wirkte dabei sehr verlegen. Mit einem Hindernis, wie es Serrana darstellte hatte sie nicht gerechnet. Die junge Decima, die einer marmornen Statue gleich da stand, wirkte nun gleichermaßen unbeholfen, denn nun war es an ihr, sich zu äußern. Serranas Mutter hatte ihre Tochter so erzogen, dass sie ihren Mitmenschen freundlich und aufgeschlossen aber mit einem Fünkchen Zurückhaltung begegnete. Daher konnte sie nun nur schwerlich die Bitte der Frau ablehnen. Auch sie hat eine Chance verdient, hätte in diesem Fall ihre liebe Mutter gemeint.
    "Äh, ja danke sehr!" Endlich trat sie an die Bank heran und nahm Platz. Sie war darum bemüht, dass ein gehöriger Abstand zwischen den beiden jungen Frauen entstand, der genau auch dem gleich kam, der zwischen den beiden im zwischenmenschlichen bestand.
    "Geht es dir schon besser?", erkundigte sich Serrana und wollte damit nur herausfinden, wie lange die Fremde noch in der Casa blieb. Wie sehr diese Frau mittlerweile ihrem Vater etwas bedeutete, davon hatte sie keine Ahnung. Sie war der festen Überzeugung, dass sie es war, die ihnen Vater in den Liebestaumel getrieben hatte, in dem er sich nun befand.

  • Einige Zeitlang herrschte eisiges Schweigen zwischen ihnen, während Serrana noch überlegte, wie sie ihr gegenüber auftreten sollte. Nur zu gern hätte sie gewusst, wie und warum die junge Decima sie nicht ausstehen konnte, welchen Fehler hatte sie begangen, der nun zwischen ihnen stand. Hätte sie geahnt, dass das Ganze nur ein ungeheures Missverständnis war, geparrt miT Wut, Enttäuchung und Einsamkeit, hätte Calvena wohl eine verwandte Seele in ihrem eigenem Kummer gefunden.
    Als sich Serrana dann endlich dazu herabließ, einen anderen Eindruck konnte Calvena in diesem Augenblick nicht in dieser ablehnenden Haltung sehen, spürte sie ihr Herz schmerzhaft gegen die Rippen pochen. Sie konnte zwar mit Ablehnung umgehen, doch da ihre Seele noch immer Wund war, war solch eine Ablehnung schmerzhafter denn je.


    "Ich werd es überleben.... der Rest wird sich noch zeigen!" antwortete sie erst einmal zurückhaltend, nicht wissend, was Verus seiner Tochter erzählt hatte. Wieder kam dieses unangenehme Schweigen auf und sie suchte nach einem Thema was weder verfänglich war, noch für weiteren Hass oder Ablehnung sorgen würde. Doch es war nicht so einfach, sie Beide waren auf ihre Art befangen und unsicher.

  • Serrana spürte in den Worten der Frau die gleiche Eiseskälte, die auch sie ihr entgegengebracht hatte. "Dann wirst du ja nicht mehr allzu lange bleiben.", wollte sie ihr schon entgegenbringen, doch sie ließ davon ab. Diese Art von Kaltschnäuzigkeit stand ihr nicht und es war auch nicht das, was ihre Mutter ihr beigebracht hatte. Das dieses ungewollte Aufeinanderprallen im Garten in alles andere, als in einer lockeren, freudegeladenen Plauderei ausarten würde, war ihr klar. Eigentlich wollte sie ja auch gar nicht mit dieser Person sprechen. Allein der Gedanke widerstrebte Serrana. Dafür wäre Serrana im Augenblick auch viel zu verskrampft gewesen. Es war ihr höchst unangenehm, in diese Situation geraten zu sein. Am liebsten wäre sie wieder fortgerannt. Aber sie war kein kleines Kind mehr. Sie war eine erwachsene junge Frau, von der man erwartete, dass sie sich auch so benahm.
    "Was gedenkst du jetzt zu tun?", fragte sie sie schließlich, denn sie musste irgendetwas sagen, bevor das Schweigen zwischen ihnen noch unerträglicher wurde.

  • Anscheinend standen eine Menge unausgesprochener Dinge zwischen ihnen. Welches Dinge es aber waren, konnte sie beim besten Willen nicht sagen, sie kannte Serrana schließlich nicht und es war schwer, das Eis zu brechen, wenn sein Gegenüber einem mit Vorbehalten und auch Vorurteilen begegnete.
    "Ich weiß es nicht...!" gab sie ehrlich zu, als sie gefragt wurde, was nun tun würde. "Zu meinen Verwandten gehen.... " fügte sie hinzu, denn das war die einzige Möglichkeit die sie wohl hatte. Eine Möglichkeit umzudrehen und zurück zu gehen, hatte sie ja schließlich nicht.
    Immer noch fühlte sie sich befangen und wusste nicht wie sie ihre eigenen verwirrenden Gefühle in Worte fassen sollte.
    "Es wird nicht einfach werden!" sagte sie und legte den Kopf in den Nacken um den Himmel zu betrachten. Irgendwo in ihr lauerten Tränen und Schmerz und Einsamkeit, aber irgendwie wollte und konnte sie sich diesen Gefühlen nicht stehen. Im Augenblick war sie wie gelähmt und der Schmerz stumpf und weit von ihr entfernt. Sie fürchtete den Augenblick, wo er sie überwältigen würde und sie sich allein ihm stellen musste.


    "Hat Verus dir erzählt, was passiert ist?" fragte sie shcließlich. Vielleicht war dies der Grund warum Serrana so abweisend war, vielelicht wusste sie nicht was geschehen war und sah in ihr eine Bedrohung? Aber für was eine Bedrohung? Verus war trotz allem für sie eine völlig fremde Person.

  • Serrana riskierte einen kurzen Seitenblick. Zu ihren Verwandten wollte sie gehen. Natürlich, das war das wahrscheinlichste. Sie hatte ja das Gleiche getan, nachdem sie in Italia angekommen war. Aber das war noch lange keine Grund, um diese Frau sympathisch zu finden. Ganz im Gegenteil! Wenn sie ehrlich war, dann war es eigentlich ihr Vater, über den sie sich ärgerte. Es hatte sie so gekränkt, als sie glaubte, hinter seine Absichten gekommen zu sein. Diese Fremde würde niemals ein angemessener Ersatz für Serranas Mutter sein.
    Aber was war das? In ihren Augenwinkeln entdeckte sie, wie die Frau neben ihr, mit den Tränen kämpfte. Was war nur los mit ihr? Sie war doch nicht so zartbesaitet und weinte deshalb fast, weil Serrana ihr mit einer ordentlichen Portion Kälte begegnete! Da musste noch mehr dahinter stecken. Das allein, konnte es nicht sein. Serrana war schon drauf und dran, sich ein schlechtes Gewissen einzureden. Eigentlich war sie nicht so – so grausam und gefühlskalt.


    Doch die Fremde begann ihr zuzusetzen, ohne, dass sie davon wohl geahnt hatte. Die Frage nach ihrem Vater hatte sie getroffen. "Mein Vater?", fragte sie überrascht. Ihr Vater hatte lediglich ihr Schweigen erkauft. Erzählt hatte er nicht viel. Was hätte er auch erzählen sollen? Wie er eine Wildfremde irgendwo aufgegabelt hatte, die verletzt war, weshalb auch immer, und in die er sich, quasi über Nacht verliebt hatte. Nein, eigentlich wollte sie das gar nicht wissen. Es ekelte sie an.
    "Nein, er hat nichts erzählt." antwortete sie schließlich belanglos, nicht wirklich darauf erpicht, näheres zu erfahren.

  • Für einen kurzen Augenblick erschien ihr Serrana nicht mehr ganz so abweisend, sondern etwas besorgt, ihr gegenüber, doch dies verschwand schnell, nachdem Calvena den Namen von Serranas Vater ausgesprochen hatte. Dabei hatte sie diesen nicht einmal besonders betont, oder mit viel Zuneigung ausgesprochen. Sie blinzelte und blickte die andere junge Frau etwas verblüfft an.
    Was hatte sie falsch gemacht, dass Serrana so abweisend war. Hätte sie gehant, dass die junge Frau Eifersüchtig war, dann hätte sie bitter aufgelacht, aber so, ohne jedes Wort, suchte sie die Schuld bei sich selbst und fragte sich, ob sie sich schon einmal begegnet waren und dass sie damals Srrana vielleicht tödlich beleidigt hatten.


    Einen Moment kämpfte sie mit sich selbst. Serrana schien nicht darauf erpicht zu sein, zu hören, was geschehen war und deswegen wusste Calvena nicht, was sie sagen sollte. Nervös verschränkte sie immer wieder ihre Finger miteinandern.


    "Warum bist du so wütend auf mich?" platzte es schließlich aus ihr heraus. Es war auch ein wenig ihr eigener Angestauter Frust der sich nun meldete und ein Ventil suchte. Wahrscheinlich bei der falschen Person, aber Serrana, war ja nicht wirklcih wesentlich freundlciher zu ihr, obwohl sie sich alle Mühe gab.
    "Was hab ich dir getan?"

  • Es hätte keinen besseren Moment geben können, den Garten und somit auch Calvena zu verlassen, als diesen jetzt. Die andere schwieg und gab ihre Geschichte nicht preis. Etwas anderes hatte Serrana auch nicht mit ihrer Antwort bezweckt. Dummerweise hatte sie aber diese wunderbare Gelegenheit verstreichen lassen. Nur die Götter wussten, warum. Vielleicht war sie einmal wieder das Opfer ihrer Erziehung geworden. Ihrer Mutter zufolge war es unhöflich, sich einfach während eines Gesprächs zu entfernen. Dabei hatte sie doch gar nicht das Gespräch gesucht. Es hatte sich aus einer Verlegenheit heraus ergeben, mehr nicht.
    In ihrem Gegenüber hatte sich auch so einiges angestaut, was nun unverzüglich an die Oberfläche quellen wollte. Selbst Serrana hätte ihr das nicht verübeln können, wenn sie es hätte zugeben müssen.
    "Das fragst du noch, du Unschuldslämmchen?", konterte Serrana, als hätte sie darauf gewartet, dass es endlich zu einem offenen Streitgespräch kam. Dabei war sie über sich selbst erstaunt. Sie hatte nicht geahnt, welche Kräfte in ihr ruhten. "Das hast du wirklich fein hinbekommen! Meinen Vater hast du um den Finger gewickelt. Aber bei mir wirst du kein Glück haben! Meine Mutter ist tot und ich brauche keine neue mehr! Schon gar nicht eine, die kaum älter ist, als ich selbst." Endlich war es ausgesprochen. Serrana fühlte sich auch tatsächlich für kurze Zeit wohler. Aber dieses Gefühl legte sich ganz schnell wieder.

  • RUMS .... Es war als hätte Calvena einen mächtigen Balken vor den Kopf bekommen, als ihr so langsam dämmerte, warum Serrana wütend auf sie war. Anscheinend hatte die junge Frau die Dinge falsch verstanden und wohl auch falsch interpretiert, zumal wohl verus durch sein schweigen, eine Menge dazu beigetragen hatte.
    Die Situation war so Irrsinnig, dass sie nicht wusste, ob sie lachen oder weinen sollte oder aber ob weglaufen sollte. Sprachlos starrte sie Serrana einen moment an, ehe sie sich bewusst wurde, dass sie wohl verdammt albenr aussehen musste.
    Langsam schüttelte sie den Kopf, zum einen um selbigen wieder klar zu bekommen und um auch Serrana zu widersprechen.


    "Ich weiß nicht wie du auf den Gedanken kommst, dass ich und Verus....!" sie lachte kurz bitter auf. Musste denn zu all ihrem Unglück jetzt auch noch eine eifersüchtige Tochter dazu kommen.


    "Ich kenne deinen Vater kaum und ich hab andere Dinge im Kopf, als mich einem Mann an den Hals zu werfen..." sagte sie und suchte Serranas Blick. Sie sollte sehen, dass sie nicht log und dass sie die andere junge Frau aufklären wollte.


    "Dein Vater hat mir geholfen, als ..." sie brach kurz ab, als sie wieder die Bilder des Überfalls sah, den toten Blick ihrer Herzensschwester und den Todeskampf ihrer Freunde. Plötzlich brach der Damm und die Tränen, welche sie zurück gehalten hatte, strömten ihr über die Wange. Es wra eine Mischung aus Angst, Verzweiflung und Einsamkeit die über sie zusammenbrach.

  • Calvena bestritt natürlich alles. Sie lachte sogar kurz auf. Doch in ihren Augen konnte man es sehen, sie flunkerte nicht. Es war ihr ernst damit, was sie sagte. Auch wenn es für Serrana schwierig war, so begriff sie doch langsam, dass sie einem Irrtum aufgesessen war. Dass sich durch das Verhalten ihres Vaters die Dinge anders dargestellt hatten, wie sie tatsächlich waren.
    "Dann hat du also nicht versucht, ihn für dich zu gewinnen? Aber er hat doch.." Sie brach den Satz ab und begann noch einmal alles Revue passieren zu lassen. Jede Einzelheit, Stück für Stück. Je länger und intensiver sie das tat, umso mehr kam sie zu der Überzeugung, wie einfältig sie doch gewesen war. Ihre Wut und ihre Eifersucht, hatten sie blind gemacht für das Wesentliche. sie kam sich jetzt so beschämt vor. Was sollte Calvena jetzt nur von ihr denken?
    "Dann…, dann bleibt mir nur eines übrig. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Weißt du, ich habe meinen Vater selbst erst vor einigen Wochen kennengelernt. All die Jahre habe ich davon geträumt, ihn zu finden. Nun hatte ich ihn gefunden und dann kamst du."
    Serrana fand ihr Lächeln wieder und streckte Calvena ihre Hand zur Versöhnung entgegen. Nach alldem, was vorgefallen war, hätte Serrana Verständnis dafür gehabt, hätte ihr Gegenüber ihr Freundschaftsangebot abgelehnt. Doch sie hoffte darauf, es wieder gut machen zu können.

  • Während sie versuchte ihren Tränen einhalt zu gebieten, dämmerte es Serrana langsam, welchem Irrtum sie erlegen war und welche falschen Schlüsse sie gezogen hatte. Ob sie wohl auch so ähnlich gedacht hätte, wenn sie in Serranas Lage gewesen wäre? Sie wusste es nicht, denn sie waren Beide völlig andere Menschen und sie hatte in jeder Frau, die sich mit ihren Freunden einließ, eine weitere Freundin gesehen. Es lag wohl auch in der Eruiehung, wie offen man auf andere Menschen zu ging, aber einen Vorwurf würde sie Serrana nicht machen, denn im Grunde ihres Herzen waren sie beide auch nur junge Frauen, die verunsichert waren und sich den Dingen stellen musste, die ihnen das Schicksal bereit hielt.
    Kurz wischte sie sich über das Gesicht und schüttelte den Kopf. Nein, sie hatte bisher nicht mal einen Gedanken daran verschwendet Verus für sich zu gewinnen. Zwar war ihr aufgefallen, dass er völlig vernarrt in sie war, aber sie hielt das für eine Schwärmerei, denn er kannte nicht die Person, die sich hinter der Muse Aoide verbarg, er kannte nicht die verängstigte Frau, die sich hinter einer Maske versteckte.


    "Ich bin dir nicht Böse... hätte Verus offen mit dir geredet, hättest du nicht die falschen Schlüsse gezogen... Schweigen kann ein Fehler sein, vorallem wenn man damit diejenigen verletzte, die man liebt!" sagte sie und ging somit auf Serranas Entschuldigung mit einem nachsichtigen Lächeln ein.


    "Es ist so viel passiert..... das uns diese Dinge ein wenig vorsichtig werden lassen. Ich hatte nie vor, mich zwischen dich und deinen Vater zu stellen. Zumal ich ja selbst erst einmal zu meinen Verwandten gehe... aber es wäre schön, eine Freundin zu haben. Rom ist für mich eine völlig fremde Stadt und nach allem was passiert ist.... wäre es schön jemanden zu haben, mit dem ich reden kann!" mit diesen Worten schaffte sie alles aus der Welt was zwischen ihnen gestanden hatte. Irgendwie konnte sie auch Serrana nicht wirklich wütend sein.


    "Wir sollten von vorn anfangen!" schlug sie mit einem schiefen Lächeln vor. "Ich bin Calvena...."

  • Womöglich lag es einfach daran, weil sie ihren Vater noch nicht richtig kennengelernt hatte. Die Zeit, in der eine Bindung hätte entstehen können, war viel zu kurz gewesen. Genau besehen, war er fast noch ein Fremder für sie. Alleine die Tatsache, dass er sie und ihren Bruder als seine Kinder anerkannt hatte, konnte nicht über die Jahre ohne ihn hinweg täuschen. Natürlich hatte auch eine ordentliche Portion Verbitterung eine Rolle gespielt, für ihr Verhalten und ihre Ablehnung. Verbitterung wegen einer Kindheit ohne Vater. Verbitterung wegen der Mutter, die ihre beiden Kinder ohne Vater aufziehen musste. Auch dawurde ihr bewusst, wie wenig sie über ihren Vater bereits wusste und seine genauen Beweggründe.
    Wenigstens war Calvena nicht nachtragend gewesen. Sie verzieh ihr und hatte einen glänzenden Vorschlag zu machen: neu anzufangen. Gerne wollte Serrana diese zweite Chance nutzen.
    "Danke, dass du das so siehst. Ich könnte auch gut eine Freundin gebrauchen, denn auch ich kenne in Rom fast noch niemanden. Ich bin Serrana! Ich freue mich, dich kennen zu lernen!" Eine große Last fiel von Serranas Schultern. All ihre Anspannung war wie verflogen.
    "Aber jetzt musst du mir unbedingt erzählen, was dir zugestoßen ist!", forderte sie sie neugierig auf. Denn nur so war sie in der Lage, Calvena ihre Hilfe anzubieten.

  • Nach nur wenigen Worten der Aufklärung und der Offenheit hatte sich aller Zwist und jeglicher Groll zwischen den beiden jungen Faruen gelegt. Serrana wirkte nun nicht mehr kalt und abweisend und war anscheinend auch sehr froh, dass Calvena ihr dies nicht nachtrug. Zu Missverständnissen kam es ständig und nur wenn man sich dann auch bemühte diese aus der Welt zu schaffen, konnte Freundschaft entstehen. Zumal sie beide beschlossen hatten, einen neuanfang zu starten, ohne Vorurteile, ohne Groll und mit der Aussicht auf eine Freundschaft, schließlich waren sie gleichaltrig und brauchten Beide eine gute Freundin, der sie sich anvertrauen konnten.
    "Ich freue mich, dass du nun nicht mehr böse auf mich bist!" meinte sie abschließend versöhnlich. Mehr musste zu diesem Thema nicht mehr gesagt werden.


    Nachdem sie sich nun ausgesöhnt hatten, schien Serrana doch noch interesse daran zu haben, was ihr wiederfahren war. Doch es war nicht leicht für sie, darüber zu reden, die Wunden waren noch zu frisch und der Kummer zu nah.
    Um sich zu sammeln starrte sie einen Moment mit leerem Blick in den Himmel. Ein Vogelschwarm zog an ihnen vorrüber und kündigte nun endgültig den Frühling an.
    "Ich weiß nicht wo ich anfangen soll... " sagte sie leise. "Es ist nicht einfach für mich...." gestand sie sich selbst ein.


    Sie schwieg einen Moment, ehe sie sich überlegt hatte, wie sie am besten erzählen konnte, was alles passiert war, warum sie hier her gekommen war.
    "Deinen Vater hab ich vor einigen Tage erst recht flüchtig kennen gelernt... ich hab zu einer Gauklertruppe gehört und wir hatten eine Auffürhung auf dem Mercatus Urbis!" begann sie. Es kam ihr vor, als sei dieser Teil schon eine halbe Ewigkeit vorbei, doch waren es in der Tat nur wenige Tage. So viel hatte sie ereignet, so viel hatte sich verändert....
    "Ich muss wohl deinen Vater wirklich mitgerissen haben... er hat mich auf einen Wein anschließend eingeladen... aber mehr als drei Worte haben wir bis dahin nicht geredet!" berichtete sie weiter. Hoffentlich würde Serrana nicht wieder ein falsches Bild von ihr bekommen.

  • Serrana ahnte bereits, wie schlimm das Schicksal Calvena mitgespielt haben musste. Sie tat sich sehr schwer, die richtigen Worte zu finden. Es schien, eine richtige Tortur für sie zu sein, doch dann begann sie und Serrana hörte einfach zu.
    Einer Gauklertruppe hatte sie angehört. Das empfand Serrana als sehr ungewöhnlich. Was hatte ihr Vater nur mit einer Gauklertruppe zu schaffen? Aber Serrana wollte sie nicht vorverurteilen. Wahrscheinlich gab es Gründe, weswegen es so war.
    Mitgerissen hatte sie ihren Vater? Wobei nur? Serranas Blick wurde etwas skeptisch, als Calvena dann auch noch meinte, sie hätten höchstens nur drei Worte miteinander gewechselt. Das war höchst seltsam! Ihr Vater war wirklich blind vor Liebe gewesen. Sonst konnte sie sich sein Verhalten nicht erklären. Die arme Calvena, sie war damit wahrscheinlich selbst damit überfordert gewesen, plötzlich auch noch von einem liebestollen Centurio umworben zu werden.
    "Darf ich fragen, womit du ihn mitgerissen hast? Ich meine, wie wurde er auf dich aufmerksam? Und was geschah dann?" All das interessierte Serrana brennend und sie musste erneut erkennen, wie wenig sie ihren Vater doch kannte. Aber nur so konnte sie noch mehr über ihn erfahren, was ihr ansonsten verborgen geblieben wäre.

  • Achso, ja, Serrana konnte ja nicht wissen, dass sie als Sängerin Aoide viele Jahre lang ihren Lebensunterhalt verdient hatte. So oft waren sie nicht in Rom gewesen und vermutlich war Serrana nicht auf dem Mercatus gewesen, als sie ihren Auftritt gehabt hatte. Also musste sie wohl die Zusammenhänge etwas genauer erklären....


    "Ich bin... war Sängerin..... schon mein ganzes Leben lang!" antwortete sie auf die erste Frage von ihrer neuen Freundin. "Ich hab das von meiner Mutter geerbt!" fügte sie erklärend hinzu. "Und als Gaukler und Schausteller sind wir ständig durchs Land gezogen, haben unsere Kunststücke vorgeführt und ich hab gesungen.... Dabei muss mich dein Vater beobachtet haben!" berichtete sie nun vollständig.


    Doch das was sich anch dem Auftritt alles abgespielt hatte, ließ sich nur schwer in Worte fassen, denn der Kummer drückte sie nieder und der Schemrz war noch zu frisch, als das sie gern an dieser offenen Wunde gerührt hätte. Aber es musste sein, sie musste sich jemanden anvertrauen und Serrana würde sicher niemanden von dem erzählen, was sie hörte.


    "Was danach geschah......" begann sie leise und Tränen schwangen in ihrer Stimme mit. "Eigentlich hatten wir Rom verlassen, wollten weiterziehen, erst nach Ostia und dann nach Misenium... das tun was wir immer taten. Wir waren halt wanderndes Volk, mal hier mal da und immer glücklich...." ihre Stimme evrsagte ihr, denn die Bilder des Überfalls trieben aus ihrer Erinerung empor und drohten sie zu überwältigen. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe um den Schmerz zu verdrängen, damit sie weiter reden konnte. Es gelang ihr, aber ihre Stimme war tonlos und klang wie aus weiter Ferne.


    "Wir hatten unser Lager für die Nacht aufgeschlagen, eigentlcih etwas völlig alltägliches für uns..... und doch wurde alles zum Alptraum.... wir wurden überfallen und der Tod kam schneller, als der heraufziehende Morgen..." Ihre Stimme war nur noch ein heisere Flüstern, denn Kummer und Einsamkeit brachen über sie ein zusammen. Tränen verschleierten Calvena den Blick und hinterließen glänzende Spuren auf ihrer Wange.....

  • Calvena begann wieder zu erzählen und Serrana hörte aufmerksam zu. Ein Leben, wie es die junge Frau bisher geführt hatte, konnte sich die Decima nicht vorstellen, immer unterwegs zu sein und kein richtiges Zuhause zu haben. Aber auf eine besondere Weise fand Serrana das, was sie hörte, sehr aufregend. Das Leben unter Gauklern und Schaustellern war mit Abstand bestimmt schwieriger als ihr eigenes, aber vielleicht auch viel interessanter.
    "Dann bist du viel herum gekommen und hast viele Städte geshen." Ein wenig Sehnsucht konnte man aus ihrer Stimme entnehmen. Insgeheim träumte Serrana auch davon, einmal auf Reisen zu gehen, ferne Länder zu sehen und andere Städte kennen zu lernen.


    Aber dann bemerkte Serrana, wie sehr sich die junge Frau schwer tat, weiter zu erzählen, von dem, was nach ihrem Auftritt geschehen war. Intuitiv griff Serrana nach ihrer Hand, als wolle sie ihr damit ein wenig Halt geben. Eine kleine Geste, die von Herzen kam.


    Jetzt erfuhr Serrana, wie die Kehrseite eines freieren Lebens beim fahrenden Volk, aussah. Diese Menschen waren denen, die ihnen böses wollten, schutzlos ausgeliefert und hatten dabei mit dem Leben bezahlt.
    Serrana nahm Calvena in den Arm, um sie zu trösten. Sie sollte ihren Tränen freien Lauf lassen können. Diese Erinnerungen waren schmerzvoller und tiefer als jede Wunde. Manchmal heilten sie nie.
    "Weine ruhig…!"
    Serrana sah betrübt auf die junge Frau. Sie schämte sich. Es war ihr schleierhaft, weshalb sie so kindisch gewesen war! Aber auch sie hatte ihre Gründe gehabt, misstrauisch zu sein. Die Angst, ihren Vater ein weiteres Mal zu verlieren, hatte dabei eine große Rolle gespielt. Auch in ihrem Leben war das Schicksal seltsame Wege gegangen war.

  • Calvena nickte, als Serrana anmerkte, dass sie viele Städte gesehen hatte und auch schon wesentlich mehr von der Welt gesehen hatte, als viele andere junge Frauen, die nur den behüteten Schoß der Familie kannten. Aber sie hatte auch eine Familie gehabt, eine Familie von der sie geliebt worden war, eine Familie, die ihr alles gegeben hatte…. Und nun war sie allein. In einer völlig fremden Stadt, umgeben von Menschen, die nichts von ihrem Kummer ahnten….
    Der Schmerz war überwältigend und zerriss ihr das Herz und war Serrana da, hielt sie in den Armen und versuchte sie zu trösten. Kurz wurde sie von einem Gefühl der Geborgenheit überwältigt und glaubte sich von ihrer Herzensschwester getröstet, doch dann stieg in ihr der leere Blick von Mneme auf, ein Pfeil hatte sie getötet und das junge Leben genommen….. Verzweiflung, Angst und Einsamkeit spülten sie fort und nahmen ihr ein wenig den Mut zum Leben und doch lebte sie, hatte Glück gehabt und war dem Tode selbst nur knapp entkommen, anscheinend wollten die Götter noch etwas von ihr.


    Tränen nahmen ihr die Sicht und die Welt verschwamm hinter einem Schleier aus salzigem Kummer. Sie konnte nur noch weinen und somit dem Schmerz einen Weg geben. Schluchzend verbarg sie ihr Gesicht in den Händen und wünschte sich, es wäre noch alles so wie früher, als sie glücklich war und unbeschwert. Als ihre Freunde noch lebten und sie die Nächte nicht allein verbringen musste…..


    Es dauerte eine ganze Weile bis die Tränen versiegten und der Schmerz nur noch leise pochte, verborgen in ihrem Herzen, verdrängt durch Erschöpfung und Angst. Denn ihre Zukunft war noch ungewiss und ob ihre Verwandten sie aufnehmen würden, konnte sie nicht wissen…. Mit zitternden Fingern wischte sie sich über das tränennasse Gesicht, fort die feuchten glitzernden Spuren des Kummers, fort mit dem Schmerz und doch würde sie ihre Zeit brauchen, ehe sie genesen würde. Calvena hob den Kopf und blickte in die mitfühlenden Augen Serranas. Anscheinend hatte sie zumindest eine Freundin gefunden und es hat ihr ein wenig gut getan, über den Kummer zu reden, welcher ihr Herz bewegt hatte.


    „Danke….“ hauchte sie. "Ich bin froh, das wir Freunde geworden sind!"

  • Serrana ließ der jungen Frau alle Zeit, die sie brauchte. Manchmal waren Tränen einfach heilender, als die beste Medizin. Sanft strich sie ihr über ihr Haar. Nach einer Weile, als ihre Tränen nachließen, hob Calvena ihren Kopf und blickte sie mit ihrem verheulten Gesicht an. Serrana erwiderte dies mit einem sanftmütigen und warmherzigen Lächeln. "Ja, das sind wir jetzt!"
    Sie hielt noch eine Weile diesem Blick stand, während ihr einige Fragen durch den Kopf schossen. "Hast du denn gar niemand mehr? Keine Verwandten? Keine Familie, die dich wieder in ihre Arme schließen könnte?" Insgeheim kannte Serrana dieses Gefühl, niemanden mehr zu haben. Nach dem Tod ihrer Mutter und dem ungewissen Verbleib ihres Vaters hatte sie auch dieses Gefühl gehabt. Wenigstens hatte sie aber noch ihren Bruder, doch als der nach Rom abreiste, stand sie auch erst einmal alleine da.
    "Wenn nicht, dann bleib doch einfach bei uns!", meinte sie schließlich, um sie wieder aufzumuntern. Ihr Vater hatte sicher am wenigsten etwas dagegen und den Gedanken, sie könne jemals ihre Stiefmutter werden, schob sie ganz weit von sich. So schnell heiratete es sich ja nun auch wieder nicht und wenn sie Calvena richtig eingeschätzt hatte, dann würde sie dies so überstürzt auch nicht tun wollen.
    "Dann könnten wir viele schöne Dinge unternehmen! Wir könnten zusammen in die Stadt gehen, um sie gemeinsam zu erkunden. Alleine macht das doch überhaupt keinen Spaß!" Voller Erwartung, was Calvena zu ihrem Vorschlag meinte, sah sie sie an. "Na, was meinst du?"

  • Es war tröstlich, jemanden gefunden zu haben, dem sie ihre Gefühle und ihren Kummer anvertrauen konnte. Es war eine Erleichterung für Herz und Seele den Tränen freien Lauf zu lassen und sich einer Zeitlang dem Selbstmitleid hinzugeben, ehe sie wieder aufblicken musste um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Die Angst vor der Zukunft beherrschte sie noch immer und die Einsamkeit lauerte im Schatten ihrer Seele.


    „Ich habe noch Verwandte hier in Rom… aber ich kenne sie nicht und sie mich nicht..“ sagte sie leise und Zweifel klangen in ihrer Stimme mit. Sie war eine uneheliche Tochter und somit würde man ihr mit Misstrauen begegnen. „Dein Vater will mich ihnen schon bald vorstellen….“ sagte sie leise und wischte sich noch einmal übers Gesicht. Zwar waren die Tränen versiegt, aber dennoch waren die Spuren noch immer auf den Wangen zu spüren. Sie war nicht wirklich überzeugt davon, Verwandten zu begegnen die sie nicht kannte. Es würde verdammt schwer werden, und davor fürchtete sie sich.


    „Dein Vorschlag ehrt dich…. aber ich möchte niemanden zur Last fallen!“ das Angebot freute sie wirklich, aber wie lange würde das gut gehen. „Das dein Vater nichts dagegen hat, ist mir schon klar….. aber ich glaube er flüchtet sich in Vorstellungen, die nicht der Realität entsprechen. Ich weiß nicht, was er in mir sieht, aber ich bin der Meinung, er sollte sich mehr seiner Tochter widmen, als einer Fremden!“


    „Gern würde ich mit dir Rom erkunden!“ meinte sie begeistert.

  • ... auf einer marmornen Bank ließ sich Mattiacus mit seinen Aufzeichnungen der Reise nieder. Er hatte jeden Abend darüber geschrieben, was Meridius und er gemeinsam in Ägypten erlebt hatten und was ihn bewegte. Er ordnete nun die ganzen Papyrusrollen, Wachstäfelchen und andere Schnipsel.


    "Das wird eine Heidenarbeit. Puh!" sagte er laut hörbar mit einem Schnaufen.

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