Livianus nickte traurig. Er hatte auch einiges worüber er nachdenken musste. Er griff nach ihrer Hand.
"Mach das...."
Livianus nickte traurig. Er hatte auch einiges worüber er nachdenken musste. Er griff nach ihrer Hand.
"Mach das...."
Zögerlich, aber bestimmt, entzieht Aemilia ihm wieder ihre Hand. Sie spürt, wie ihr nun endgültig die Tränen in die Augen schießen, der Schmerz scheint unerträglich zu werden. Sie hätte nie gedacht, dass es eines Tages so weit kommen würde. Wortlos wendet sie sich von Livianus ab und eilt rasch in die Casa hinein, damit er ihre Tränen nicht sieht.
Livianus hatte einen der Haussklaven losgeschickt um Aemilia zu holen. In der Zwischenzeit sah er sich in der Laube um. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie er die Laube damals als Verlobungsgeschenk für Aemilia bauen lies. Nachdenklich schritt er auf und ab.
Es dauert seine Zeit, bis der Haussklave Aemilia gefunden hat. Weitere Zeit dauert es, bis Aemilia sich überwinden kann ihm zu folgen. Widerstrebend geht sie dem Sklaven nun nach und kommt im Garten an. Livianus steht noch mit dem Rücken zu ihr und der Sklave lässt das Ehepaar allein. Aemilia bleibt ein paar Schritt entfernt von ihrem Mann stehen und sieht ihn etwas unsicher an.
"Du hast mich rufen lassen?"
Ihre Stimme klingt leise und unsicher. Sie überlegt, was er wohl von ihr will.
Livianus drehte sich um als er Aemilia hörte. Er wirkte ernst und nachdenklich.
"Ja Aemilia! Ich möchte etwas mit dir besprechen. Setzen wir uns doch."
Er deutete mit der Hand auf die Bank.
Aemilia setzt sich in sicherer Entfernung gehorsam hin und sieht fragend zu Livianus auf. Nun macht sie sich allmählich ernsthafte Sorgen. Ob er sie wegen ihrem Verhalten rügen will? Sie kaut besorgt auf ihrer Unterlippe herum. Wie Gedankenblitze kommen ihr die Bilder ihrer vergangene Ehe in den Sinn und sie verspürt einen Anflug von Angst. Nein, soetwas würde er ihr niemals antun. Doch trotz dieses besseren Wissens klammert sie sich hilfesuchend an der Bank unter ihr fest.
"Ist schon wieder etwas passiert?"
"Nein... nicht direkt!"
Livianus seufzte und setzte sich neben Aemilia.
"Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich das ganze Leben hier in Rom satt. Die Dekadenz mancher Senatoren, die Art wie man hier in Rom mit den Menschen umgeht, diese ganze Bürokratie des Machtapparates und dieser ständige Machtkampf der einen immer wieder zwischen die Fronten drängt.“
Er schüttelte den Kopf.
„Ich kann dir nicht sagen wie Leid ich das alles bin. Als Praefectus Urbi werde ich jeden Tag mit Dingen konfrontiert die ich am liebsten nie hätte sehen wollen, Erfahrungen die ich nie hätte machen wollen und Menschen, denen ich besser aus dem Weg gegangen wäre.“
Er machte eine kurze Pause und sah zu Boden.
„Und nun auch noch das mit Vater….. Wir haben noch immer keine Spur zu den Tätern, aber einen ist jetzt schon sicher. Es war kein Raubmord Aemilia! Es war ein gezielter Anschlag auf meinen Vater….. er hat nie jemanden etwas getan! Also warum?“
In seiner Stimme klang Verzweiflung und Trauer.
„Magnus ist in Germanien, Martinus war jetzt lange Zeit im Cursus Honorum und Mattiacus arbeitet am Kaiserhof…. Alle drei haben sich nichts zu Schulden kommen lassen….. aber ich Aemilia….. ich bin der Praefectus Urbi….. ich wurde vom Kaiser eingesetzt um den Abschaum aus Roms Straßen zu fegen. Was glaubst du wie viele Feinde ich mir dadurch gemacht habe.“
Er sah wieder auf und man konnte deutlich erkennen das Tränen in seinen Augen standen.
„Er musst wegen mir Sterben…. Ich bin schuld an seinem Tod!“
Als er sich neben sie setzt, zuckt Aemilia unwillkürlich zusammen. Sie bemüht sich jedoch sehr um Beherrschung und bleibt einigermaßen verkrampft auf ihrem Platz sitzen. Verwundert hört sie Livianus zu und versteht garnicht so recht, worauf er nun hinaus will. Skeptisch runzelt die kleine Sacerdos ihre Stirn und mustert ihren Mann mit misstrauischer Miene, während sie grübelt auf was er hinaus will. Am Ende des Gesagten ist ihr Gesicht endgültig ein einziges Fragezeichen. Dadurch vergisst sie für den Moment ganz ihre eigenen Ängste und schaut Livianus einfach nur verwirrt an.
Es vergehen einige Sekunden des Schweigens, bis in Aemilia eine innere und vor allem sehr vorwurfsvolle Stimme wieder laut wird. Plötzlich schämt sie sich für ihre kleinlichen Probleme. Auch wenn ihr eigenes Herz in Fetzen liegt, so kann sie es doch nicht zulassen und mit ansehen, dass ihr trotz allem geliebter Livianus noch ebenso leidet. Mit leicht schuldbewusstem Blick rückt sie nun doch etwas näher an ihn heran, legt ihm ihren Arm um die Schultern und streichelt ihn tröstend.
"Ach, Marcus... Sag doch nicht soetwas. Du weißt, dass das nicht stimmt. Die Zeit deines Vaters war einfach gekommen. Wenn er nicht ermordet worden wäre, dann wäre ihm etwas anderes zugestoßen. Erinnere dich doch an die Parzen. Eine von ihnen spinnt den Schicksalsfaden der Menschen. Die zweite von ihnen trennt ihn auf und die dritte schneidet ihn endgültig ab. Sie waren es, die gesehen haben, dass der Zeitpunkt seines Todes gekommen war... Also gib nicht dir die Schuld. Du hättest es nicht verhindern können..."
Ihre Stimme ist inzwischen weitaus sicherer und wärmer geworden und sie spricht mit einem beruhigenden Unterton.
Livianus sieht Aemilia in die Augen.
"Ich möchte weg hier Aemila! Weg von Rom! Weg von all dem, dass ich zu hassen gelernt habe. Lass uns fortgehen! Ich werde mein Amt niederlegen und den Kaiser um ein neues Kommado bitten.... er soll entscheiden und egal wohin uns diese Entscheidung führen mag, dort werden wir neu beginnen."
Sein Blick verriet Entschlossenheit. Dann kam ihm wieder die Aufregung der letzten Tage in den Sinn und er fügte hinzu
"Nur wir beide und unsere Sklaven."
"Hier weg?"
Die kleine Sacerdos reißt erschrocken die Augen auf und sie spürt, wie ihr Herz wieder vor Angst zu schlagen beginnt.
"Aber... Aber..."
Panisch kaut sie wieder auf ihrer Unterlippe. Sie erinnert sich noch gut an Anacrites und den Tag, an dem er sie regelrecht nach Ägypten verschleppt hat. Abgesehen von dieser unerfreulichen Reise hat Aemilia noch nie längere Zeit außerhalb von Rom gelebt.
"Ich will nicht nach Ägypten!" entfährt es ihr als versehentlich, doch sofort schämt sie sich wieder dafür. Die Sache hat nichts mit dem hier zu tun. Aemilia atmet einmal tief durch, um sich wieder zu fassen.
"Möchtest du wirklich schon dein Amt niederlegen? Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen, dass du ganz Rom inklusive mir mit deinen Männern beschützen wolltest. Außerdem hast du doch deine ganzen Brüder, Cousins und..." Sie stockt kurz. "...deine... unsere... Tochter... hier..."
Ein totales Gefühlschaos scheint allmählich über sie hereinzubrechen.
"Äh... Bist du dir denn wirklich sicher?"
Was das Ganze für sie selbst bedeuten würde, kommt ihr noch garnicht in den Sinn.
Livianus hatte mit einer so ablehnenden Haltung nicht gerechnet.
"Warum denn nicht? Nur wir beide Aemilia!"
"Aber... Aber..."
Sie seufzt und sieht dann wieder fragend zu ihm auf.
"Ich habe bis jetzt doch immer nur in Rom gewohnt... Außerdem..."
Wieder knabbert sie fieberhaft an ihrer Unterlippe. Innerlich kämpfen ihre großen Ängste gegen die momentan etwas geschwächte Liebe zu Livianus.
"Ich meine... Wie... Wie wird das werden? Was soll ich arbeiten? Was wirst du tun? Was ist mit deiner... unserer... Tochter? Sie ist doch jetzt dein Kind..."
"Ich habe Angst..." flüstert Aemilia verlegen und senkt beschämt den Blick.
Livianus strich ihr zärtlich durchs Haar.
"Aemilia! Du bist das wichtigste für mich! Wenn du bei mir bist, dann ist mir egal wohin mich der Kaiser schickt. Vielleicht übergibt er mir das Kommando über eine Legion, vielleicht etwas anderes. Ich kann es dir erst sagen, nachdem ich mit ihm gesprochen habe.... und ich werde erst mit ihm sprechen, wenn du mit dieser Entscheidung einverstanden bist. Vergiss die anderen... vergiss Violentilla. Sie ist ein fremdes Mädchen, dass ich auf Wunsch meines Vater adoptiert habe.... es wird ihr hier bei meiner Familie an nichts fehlen. Es geht hier nur um dich und mich!"
"Das Wichtigste?" echot Aemilia und kann es kaum fassen. Die Tränen steigen ihr plötzlich in die Augen und sie weiß kaum, ob sie jetzt vor Glück weinen oder lachen soll. Sie hat ein Gefühl, als fiele ihr der gesamte tarpeische Felsen vom Herzen, während sie seinen Worten zuhört. Anschließend fällt die kleine Sacerdos dem großen Praefectus stumm, jedoch umso inniger um den Hals und drückt ihn fest an sich. Sie weiß garnicht, wie sie das jetzt alles ausdrücken soll und drängt sich einfach nur wortlos in seine Arme.
Livianus, etwas überrascht von diesem stürmischen Überfall, schließt Aemilia fest in seine Arme.
"Aber was hast du denn?"
Vorsichtig löst Aemilia sich wieder von ihm und sieht Livianus mit Tränen in den Augen an.
"Ach... Ich bin nur so erleichtert. Du... Du meinst das, was du gerade gesagt hast, doch auch wirklich so. Oder nicht?"
Sie schmiegt sich schutzsuchend in seine Arme und will den ganzen großen Schmerz und die vielen Tränen der vergangenen Tage einfach nur wieder vergessen.
"Bitte sag, dass du es so meinst. Seit... Seit der Sache mit diesem... Mädchen habe ich nicht mehr gewusst, ob es noch so ist... ob es jemals so war... Warum hast du das getan? Du... Sie ist doch nicht... Sie ist doch eine anständige junge Frau, ja? Ich meine, sie ist keine..."
Flehend sieht sie zu ihm auf, dass er diesen schrecklichen Verdacht endlich ausräumen möge und wagt es selbst kaum auszusprechen.
Überrascht und gefühlvoll sieht Livianus seiner Frau in die Augen.
"Aber Aemilia! Natürlich meine ich das so. Ich liebe nur dich und ich würde dich nie so Verletzen wollen. Und wie gesagt habe ich sie adoptiert weil es der Wunsch meines Vaters war. Ich glaube sie ist ein nettes und anständiges Mädchen die eine Familie braucht. Die wird sie bei uns Decima finden. Aber sie ist alt genug um eigene Wege zu gehen. Sie braucht uns beide als Eltern nicht Aemilia. Wir beide werden erst Eltern, wenn wir eigene Kinder bekommen."
Er lächelte sie an.
"Wirklich? Aber sie ist doch trotzdem irgendwie unsere Tochter und wir müssen doch für sie sorgen..."
Die ganze Situation, plötzlich ein erwachsenes Kind zu haben, verwirrt sie noch immer.
"Und... Warum hast du nicht vorher mit mir darüber geredet? Ich hätte dir doch sicher meine Zustimmung gegeben. Sie hätte erst einmal als Gast hier wohnen können. Warum musstest du mich nur so vor vollendete Tatsachen stellen?"
Aemilia seufzt noch einmal aus tiefster Seele heraus, weigert sich jedoch die Geborgenheit seiner Arme zu verlassen. Zu groß ist ihr Bedürfnis nach Schutz und Wärme mittlerweile geworden. Sie legt den Kopf an Livianus Schulter und spürt, wie ihr die Tränen über die Wangen laufen, ohne den Grund dafür zu kennen.
"Weil es auch für mich selbst mehr eine Pflicht war, der ich nachkommen musste, als eine Entscheidung die hätte treffen können. Sie wird alles bekommen was sie braucht und solltest du sie als deine Tochter akzeptieren, dann wird ihr auch das zu Teil werden. Aber ich werde dich keines Falls dazu zwingen sie als solche anzuerkennen."
Livianus hob ihr Kinn ein wenig an und drehte ihren Kopf vorsichtig in seine Richtung, so dass er in ihre wunderschönen Augen schauen konnte.
"Es tut mir Leid Aemilia! Alles! Ich hoffe du kannst mir verzeihen."
Es fällt Aemilia weiß Diana nicht leicht, doch sie nickt schließlich tapfer. Sie spürt, dass es nicht einfach werden wird. Durch diesen unglücklichen Start hat die Fremde die meisten Chancen auf einen Platz in Aemilias Herzen ohne eigene Schuld wohl verspielt. Doch sie wird wenigstens so tun müssen, als ob...
"Ich werde es versuchen... Aber ob wir noch gute Freundinnen werden können, das weiß ich nicht..."
Nachdenklich zuckt sie mit den Schultern und erwidert Livianus Blick ernst. Dann nickt sie noch einmal zögerlich, jedoch mit dem Anflug eines verweinten Lächelns.
"Ja... Das werde ich... Aber sei noch etwas geduldig mit mir..."
Sie lächelt schief und klammert sich mit beiden Händen an seiner Hand fest.
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