Am Fischmarkt

  • Es war mitten in der Nacht, die Stände hatten geschlossen und ausser einigen Bediensteten, die alles für den Markt am nächsten Morgen vorbereiteten, war nicht viel los. Süßwasserfisch wurde angeliefert - am gestrigen Tage gefangen - und auch einige Fischer vom Meer lieferten Waren an, da am Tage in den engen Gassen an ein Durchkommen mit den bauchigen Wagen nicht zu denken war.


    Man hatte die Leiche neben einem Stand gefunden. Ein Sklave hatte Fässer vorbeigeschleppt und dabei entdeckt, dass aus einem der Holzverschläge ein starker Essiggeruch drang. Als er nachsah, erblickte er zwei Beine, welche sich senkrecht aus einem der Fässer nach oben in den Himmel erstreckten.


    Die wenig später eintreffenden Stadtwachen nahmen den Sklaven vorläufig fest, sperrten den Markt ab und begannen mit dem Verhör der anwesenden Personen. Der Centurio schickte nach dem Regionarius und hoffte, dass jener schnell eintreffen möge...

  • Apollonius, der gerade auf Erkundungstour durch die "zivilisierten" Tavernen war, kommt am Markt vorbei. Neugierig tritt er an die Absperrung heran. Sein Blick geht über die Menge und die Stadtwache.


    "Salve!" meint er zu einem der Wächter. "Ich bin Medicus! Braucht ihr vielleicht meine Hilfe?"

  • Der Wächter blickte den Mann etwas mürrisch an. Er hatte nicht wirklich Lust mitten in der Nacht Dienst zu schieben und er war froh, über jede Nacht, in der es nicht allzuviel zu tun gab.


    "Ich glaube nicht, dass dem noch einer helfen kann. Der ist schon ganz blau im Gesicht. Vermutlich steckt der schon seit zwei Stunden in dem Fass, mit dem Kopf voraus, mitten in Essig..."


    Er zuckte mit der Schulter.


    "Hast Du was gesehen? Etwas beobachten können?"


    Er hob die Lampe etwas höher, um das Gesicht des Mannes zu erkennen und sich die Züge einzuprägen...

  • Etwas abwehrend hebt Apollonius die Hand als er geblendet wird. "Nein, ich bin auch gerade erst gekommen!"


    Er sieht an dem Wächter vorbei mit Neugierde in den Augen. "Nun, ich kann jedoch mal sehen, woran er denn gestorben ist. Dein Vorgesetzter wäre sicherlich an einer genauen Todesursache interessiert, oder meinst Du nicht?"

  • "Mit Sicherheit bin ich daran interessiert die genaue Todesursache festzustellen."


    Ich trat von hinten hinzu und gab den beiden Männern, welche mich begleitet hatten ein Handzeichen, dass sie abtreten konnten.


    "Wie sieht es aus? Was für ein Fall liegt vor?"


    wandte ich mich an den Centurio, welcher angelaufen kam und nachdem ich mich auf den neusten Stand der Dinge hatte bringen lassen, winkte ich den Fremden zu mir.


    "Ich bin Regionarius Flavius Prudentius Balbus. Und Du?
    Woher kommst Du und was machst Du hier?"

  • Der "Fremde" tritt an Balbus heran. "Mein Name ist Apollonius von Samothrake. Ich bin Medicus und entstamme der schönen Stadt Alexandria, bin aber jetzt hier in Hispania ansäßig. Ich war auf dem Weg nach Hause!"


    Er deutet auf die Leiche. "Nun, ich bin, wie schon gesagt, Medicus. Vielleicht kann ich Dir mit der Todesursache behilflich sein. Da er schon ein Weilchen im Essig gelegen hat, wird es bestimmt nicht allzuleicht sein, dass mit Laienaugen zu erkennen."

  • Der Grieche hatte sicher Recht. Ich blickte ebenfalls in die Richtung des Tatorts und erblickte die zwei Beine, welche immer noch senkrecht aus dem Fass in den Himmel ragten.


    "Einverstanden. Doch zuerst schau ich mir das ganze selber an, bevor auch nur ein anderer auch nur irgendetwas anfasst."


    Ich wandte mich wieder an den Centurio.


    "Apollonius wird hier warten. Wenn ich drinnen fertig bin kann er nachkommen. Wer hat die Leiche gefunden? Wer war als erster vor Ort? Ihr habt nichts angerührt?"


    Der Angesprochene gab kurz Bericht. Ich nickte verstehend mit dem Kopf und blickte dann wieder zu dem Griechen.


    "Gut, ich bin kurz dort drin, ich werde Dich dann rufen..."

  • Ich ließ den Griechen stehen und ging langsam auf den Tatort zu. Dabei ließ ich meine Augen über die Umgebung schweifen. Es waren doch einige Leute anwesend und wenn wir Glück haben würden, hatte jemand etwas gesehen, was uns weiterhelfen würde. Wenn nicht, dann blieb uns nur die Leiche.


    Ich trat näher.


    Die Türe zu dem Laden war nicht aufgebrochen, was man daran erkennen konnte, dass das Holz in Ordnung und das Schloss unbeschädigt war. Sie ließ sich geräuschlos öffnen, kein Knarren oder Quitschen war zu hören, als ich sie bewegte.


    Die beiden Wachsoldaten traten zur Seite als ich näher kam. Der Mann in dem Fass war mittelgroß, soviel konnte ich schonmal erkennen, jedoch ragten nur die Beine heraus, und der bestialische Gestank nach Essig hatte wohl die meisten veranlasst ihn in dem Fass stecken zu lassen. Die Brühe war blugetränkt und ich konnte davon ausgehen, dass er nicht ertränkt worden war.


    "Zieht ihn raus. Vielleicht kann man noch erkennen, wer es war."


    Die beiden nickten mit dem Kopf, winkten noch zwei weitere Männer herbei und packten vorsichtig an. Wenig später lag der Tote vor mir auf dem Boden. Und wie ich vermutet hatte, klaffte in seinem Gesicht eine große Wunde. Die Nase fehlte gänzlich, die Augen waren verdreht, alles unkenntlich entstellt, Gehirnmasse quoll hervor und vermengte sich mit dem Blut und dem zu Brei geschlagenen Fleisch zu einer Masse. Es war ein ekelhafter Anblick.


    "Na, hervorragend.
    Offensichtlich wollte jemand nicht, dass wir wissen, wer das hier ist..."


    Ich wandte mich angewidert um und winkte den Medius herbei.

  • Apollonius geht an den Wachen vorbei auf Balbus zu. An seiner Seite bleibt er stehen und sieht auf die Leiche herunter ohne die Miene zu verziehen. Sein Blick gleitet über den Leichnahm hinweg.


    "Da hat jemand sich wirklich Mühe gegeben!" murmelt er leise. Schließlich kniet er neben den Toten nieder und mustert ihn eingehender.


    Er steht wieder auf. "Ich muss ihn mir bei Licht genauer ansehen. Vielleicht läßt sich dabei auch etwas über seine Herkunft entdecken!"


    Er verschränkt die Arme. "Gibt es nicht einige römische Reinigungsrituale ehe eine Leiche berührt werden darf? Und wo kann ich ihn genauer anschauen? Hier auf dem Platz ist nicht der geeignete Ort dafür..."

  • Ach herrje, er sprach von den Reinigungsritualen. Ich zuckte mit der Schulter. Ich hatte hier einen Mordfall und keine Zeit für sowas. Es war mitten in der Nacht und ich sollte eigentlich um die Uhrzeit schlafen.


    "Sicher gibt es sowas. Doch der hier braucht sie sicher nicht. Wir kennen nicht mal seinen Namen und ich glaube nicht, dass wir ihn je herausbekommen werden. Aber gut, ich werde ihn hier wegschaffen lassen."


    Ich winkte den Centurio her und gab ihm die Anweisung das Opfer in die Kaserne schaffen zu lassen. Dann blickte ich wieder zu dem Griechen.


    "Wenn Du morgen früh vorbeikommst hast Du genug Licht. Melde Dich einfach in der Kaserne. Ich werde da sein."

  • Apollonius nickt. "Gut! Weise Deine Leute an, an dem Körper nichts zu verändern. Also keine Waschung oder etwas in dieser Art!" Er blickt noch mal auf den toten Körper. "Wir sehen uns dann morgen früh! Vale und eine gute Nacht noch!"


    Mit den Worten dreht er sich um und geht von dem Platz davon.

  • Ich blickte dem Griechen noch nach, dann begab ich mich wieder an den Tatort zurück und gab den Stadtwachen die Anweisung was zu tun war. Sie sollten den Toten unverändert in die Kaserne bringen und dort auf einem Tisch aufbahren, des weiteren das Gebäude noch einmal gründlich untersuchen und die Personen auf dem Markt befragen, ob irgendjemand irgendetwas gesehen hatte. Dann übertrug ich dem Centurio wieder die Verantwortung, warf noch einmal schnell einen Blick auf das Hackfleischgesicht des Toten und machte mich auf den Weg nach Hause. Ich war hundemüde und wollte nur noch schlafen.

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