[Templum] Mercurius

  • Ich fragte mich, warum er mich stets 'Kind' nannte, denn ich war schon mehrfache Mutter und auch wenn er älter war, so war ich doch dem Kindesalter schon lange entwachsen. Zudem empfand ich es als ein wenig respektlos so mit der Pontifex zu sprechen, doch ich sagte nichts.


    "Ist gut. Ich habe nur eine Frage: Soll ich für dich das Gebet aussprechen oder bemötigst du nur eine kurze Anweisung und bringst das Opfer selber dar?"

  • Ehrfürchtig trat Arria in den Tempel und sah die beinahe schon allmächtig wirkende Statue des Mercurius. Sie trat auf diese zu, verneigte sich leicht vor ihr und küsste sie schließlich, so, wie sie es bei Imperiosus gesehen hatte.


    Natürlich hatte sie auch einige Opfergaben - etwas Gemüse und ein wenig Weihrauch - mit dabei. Sie ging zu dem Kohlebecken und opferte dem Gott die Gaben, ehe sie sich vor die Statue kniete und den Zipfel ihrer Tunika über ihren Kopf zog, so dass sie ungestört beten konnte.


    "Mercurius, du wachst über die Reisenden und gewährst ihnen deinen Schutz. Ich danke dir zutiefst für den Schutz, den du meinem künftigen Ehemann und deinem treuen Diener, Titus Iulius Imperiosus, hast zukommen lassen, so dass er sicher und gesund in Roma ankam. Ich bitte dich, behüte meinen Vater ebenso, auf dass er bald gesund wieder nach Tarraco kommt."


    Eine ganze Weile blieb Arria noch stehen und weilte stumm bei dem Gott ebenso wie bei ihrem reisenden Vater und ihrem Geliebten, der irgendwo weit fort von ihr in Rom war. Und sie konnte nicht zu ihm, obwohl ihr Vater und ihre Lehrerin nach Rom reisten, da sie hier ihre Aufgaben hatte. Fast war sie dazu verleitet, zu seufzen, doch dann zierte ein Lächeln ihre Lippen und sie blickte zur Statue auf.


    "Ich danke dir, Mercurius, Schutzgott der Reisenden", schloss sie ihr Gebet samt einem Blick nach rechts und küsste die Statue noch einmal, ehe sie langsam auf den Ausgang zuschritt. Sie hoffte inständig, dass Ceres ihr nicht böse war, da sie zu einem anderen Gott gebetet hatte, aber da die beiden Götter ja doch in einer gewissen Beziehung standen, hoffte Arria inständig, Ceres würde auch weiterhin ihre Schritte lenken.


    Auf dem Vorplatz blieb sie stehen und blinzelte in die Windersonne, ehe sie den Umhang enger um sich zog, die Temperaturen waren durchaus frostig zu nennne. Langsam ging sie die Treppe hinunter und machte sich auf den Nachhauseweg.

  • Ein schöner Tag. Sonnig, recht warm, blauer Himmel. Und vor allem, keine anstehenden Arbeiten für den jungen Redivivus. Evander hatte, entgegen seiner Gewohnheit, ausgeschlafen. Normalerweise war er noch vor Sonnenaufgang, noch vor der Morgendämmerung wach und begann seinen Tag mit den ersten Sonnenstrahlen. Heute war er erst einige Stunden nach dem die Sonne aufgegangen war, aus seinem Schlafgemach erschienen, hatte gut und reichlich gefrühstückt und begab sich in die Stadt.


    Sein Ziel war der Tempel des Mercurius, des Gottes des Handelns. Evander hatte vor kurzem erst ein eigenes Gewerbe, um zusätzlich zu seinem bescheidenen Einkommen dazuzuverdienen. Ein respektables Geschäft, in dem er mit gutem Brot und Gebäck, mit frischen Fisch und verschiedenen Gewürzen handelte. Ein Geschäft nicht ohne Risiko, würde doch erst die Zeit zeigen, ob er Erfolg haben könnte. Drum war er hier, um die Gunst des Gottes des Handelns zu erbitten. Evander war sogar bereit, ein kleines blutiges Opfer vollziehen zu lassen, so sehr vertraute er auf den Götterboten.


    Ein alternder Priester, in weiße Gewänder gekleidet, begrüßte ihn, als er in den Tempel schritt. Der alte Mann trat auf Evander zu, hob die Hand zum Gruße, ohne sie ihm jedoch zu reichen.
    "Sei gegrüßt, Sohn"
    Sohn? Eine seltsame Anrede.
    "Sei auch du gegrüßt, sacerdos"
    entgegnete Evander.
    "Ich bin Marcus Pollio, ein Diener hier im Tempel des Mercurius. Du bist einer der beiden magistrati, richtig? Nur welcher, vermag ich nicht zu sagen. Das Gedächtnis lässt in meinem Alter sehr stark nach, Sohn"
    Nun, als Beamter in der Stadtverwaltung genoß man schließlich einen gewissen Grad an Bekanntheit inder Stadt und Evander würde lügen, wenn er behaupten würde, dass es ihm nicht schmeichelte, wenn er erkannt wurde. Solange dabei niemand über ihn herfiel, störte es ihn nicht.
    "Ja, ich bin Redivivus Evander"
    "Aaah, ja. Redivivus Evander. Romanus' Sohn. Ich kannte deinen Vater. Er war duumvir dieser Stadt. Ein guter Mann. Du bist also in seine Fußstapfn getreten, was? Wie läuft es?"
    Evander zuckte mit den Schultern. Die Gesprächigkeit des Priesters überraschte ihn etwas.
    "Ich kann nicht klagen. Die Aufgaben sind vielfältig und interessant, man sammelt eine Menge Erfahrung. Nur die Bezahlung könnte besser sein. Aber das ist etwas, was wohl jeder von seiner Bezahlung früher oder später behauptet"
    Der alte Priester lachte.
    "Nein, nicht unbedingt. Sieh mich an, Evander... ich darf doch Evander sagen?"
    Evander nickte.
    "Natürlich"
    "Ich bin zufrieden mit dem, was ich bin und dem, was ich verdiene. Einzig das mangelnde Interesse der Bevölkerung an der Religion in letzter Zeit macht mir Sorgen?"
    "Mangelndes Interesse?"
    unterbrach ihn Evander.
    "Ja doch"
    bekräftige der Priester.
    "Die Tempel sind leer in letzter Zeit, selten kommen Besucher, um zu beten oder zu opfern. Selten wird den Göttern Respekt gezollt..."


    Evander zog eine Augenbraue hoch. Wenn er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass er selbst kein oft gesehener Besucher in den Tempeln der Stadt war.
    "Was glaubst du, Marcus Pollio, woran liegt es. Fürchten die Menschen die Götter nicht mehr? Glauben sie nicht mehr an sie oder haben das Vertrauen verloren?"
    "Schwer zu sagen, Sohn. Aber die Folgen sind nicht zu übersehen. In Rom sind wichtige Persönlichkeiten gestorben. Consuln werden ermordet, sogar die Virgo Vestalis Maxima ist einer Klinge zum Opfer gefallen. Und im Krieg, der fernab von uns hier im fernen Parthien tobt, wurde sogar der Kaiser durch einen Pfeil der Parther verwundet. Deutliches Zeichen für den Unmut der Götter über den mangelnden Respekt der letzten Zeit, wenn du mich fragst, Sohn"
    Evander senkte den Blick. Das hörte sich aber gar nicht gut an. Klar, Rom traf es immer zuerst, wenn die Götter unzufrieden waren. Aber wenn es Rom schlecht ging, würde es sich früher oder später auch auf die Provinz, auf seine Stadt und nicht zuletzt auf ihn auswirken.
    "Aber ich denke, du bist nicht hier, um dir das anzuhören"
    sagte der Priester, der bemerkte, dass Evander etwas nachdenklich wurde.
    "Was also, kann ich für dich tun, Sohn?"

  • Evander überlegte. Er wollte dem Priester genau erklären, warum er hergekommen war, aber zu sehr ins Detail wollte er dann doch nicht gehen. War vermutlich das Beste.
    "Nun, ich hoffe auf deine Unterstützung, Marcus Pollio"
    antwortete er.
    "Meine Unterstützung? Ich nehme an, dass du Mercurius ein Opfer darbringen willst? Ist es so?"
    Evander nickte.
    "Ganz richtig. Ich habe kürzlich erst einige Betriebe eröffnet. Nichts großartiges, Brot, Gebäck, Fisch, Gewürze. Alles zu fairen Preisen"
    Da... und schon wieder konnte er sich nicht beherrschen und hatte etwas Werbung für seine Waren miteinfließen lassen. Aber was sollte es. Nirgends war sie schließlich angebrachter, als hier im Tempel des Gottes des Handels. Das Lächeln auf Marcus Pollios Gesicht, das erschien, als er für seine Waren warb, antging ihm nicht und machte ihn dennoch etwas verlegen.
    "Und ich möchte Mercurius ein Opfer darbringen, auf das mein Geschäft erfolgreich gehen und ich viel Geld verdienen möge"
    Der Priester kratzte sich langsam das Kinn, während er eine Antwort überlegte, doch ehe er sprach, fuhr Evander fort.
    "Ich denke, er als Gott des Handels ist doch der richtige in diesem meinen Fall?"
    Der Alte nickte lächelnd.
    "Da bist du hier genau richtig, Sohn. Wenn du allerdings für ein erfolgreiches Geschäft beten und opfern möchtest, kannst du dich auch an Abundantia als Göttin des Reichtums und Erfolgs und Eventus Bonus als Gott des geschäftlichen Erfolgs wenden"
    "Das wären ja drei Opfer. Ich bezweifle, dass ich mir das alles auf einmal leisten kann"
    äußerte Evander seine Bedenken, doch damit brachte er den alten Priester zum Lachen.
    "Nein, nicht doch, Sohn. Bete zu diesen drei hier im Innern des Tempels beim Voropfer und bringe ihnen Gaben dar. Anschließend vollziehst du ein blutiges Opfer an Mercurius. Das müsste reichen"
    "Gut. Das erspart mir eine Menge Lauferei"
    sagte Evander erleichtert. Letzten Endes hätte er die aber auf sich genommen.
    "Willst du die Opferung selbst vollziehen oder brauchst du meine Hilfe?"
    Evander überlegte nicht lange.
    "Ich mach das selbst. Dich jedoch, Marcus Pollio, möchte ich bitten, mir beim Organisieren zu helfen. Ich brauche gute Helfer, gute Musiker und vor allem einen erfahrenen victimarius. Ich würde nur ungern eine Wiederholung vornehmen müssen"
    "Das ist verständlich, Sohn. Komm morgen wieder, um die dritte Tagesstunde. Bringe Gaben für die Götter..."
    "Du meinst Wein, Blumen und so?"
    Der Alte nickte.
    "Ja, das meine ich. Aber bitte unterbrich mich nicht, Sohn"
    gab der Priester zurück und fuhr fort.
    "Wie ich schon sagte. Bring Gaben für die Götter. Du kannst ausserdem deine Familie mitbringen oder Freunde, wenn du willst. Komm festlich gekleidet. Alles andere werde ich organisieren, die Musiker, die Opferhelfer, das Tier"
    Langsam dämmerte es Evander, worauf der Priester hinaus wollte.
    "Ich nehme an, du brauchst etwas Geld, um da alles bis morgen organisieren zu können"
    Der Alte blickte Evander lächelnd an.
    "Nun, wenn man es streng nimmt, Sohn, brauchst du es. Ich helfe dir nur dabei. Und mit etwas Geld kann ich dir bei der Organisation besser helfen"
    Der Priester hatte gar nicht so ungeschickt geantwortet. Er hätte wohl besser Politiker oder Anwalt werden sollen.
    "Also gut, sacerdos..."
    Evander griff in seinen Geldbeutel
    "... das dürfte reichen, damit ich... mit deiner Hilfe alles organisieren kann"
    sagte er, leicht grinsend. Der Priester nahm das Geld dankend entgegen.
    "Gut, Sohn. Morgen um die dritte Stunde. Sei bitte pünktlich"
    "Ja, das werde ich. Vale bene, sacerdos"
    verabschiedete sich Evander.
    "Vale bene, Sohn"
    verabschiedete sich auch der alte Priester und Evander verließ das Tempel.

  • Am nächsten Morgen, pünktlich zur dritten Tagesstunde näherte sich Evander dem Tempel, eine Sklavin - Iocasta - im Schlepptau. Viele Freunde und Verwandte hat er nicht hergebracht, denn all zu bewandert war Evander nicht in diesen Sachen und betrachtete daher dieses Opfer, welches er eigenständig leiten und sich nur im Notfall auf die Hilfe des alten Priesters Marcus Pollio verlassen wollte, als eine Art Feuertaufe. Die Worte des Priesters haben ihn sehr beschäftigt, den ganzen gestrigen Tag und er hatte weiter recherschiert. Nicht nur, dass die 'braven Bürger' der Stadt seltener in die Tempel gingen, der Priester hatte ihm ein weit aus größeres Problem, mit dem der Cultus Deorum zu kämpfen hatte, verschwiegen. Priester waren selten geworden. Evander hatte überlegt, was man dagegen tun könnte, wie man den Dienst an den Göttern für die Menschen attraktiver machen konnte. Eigentlich konnte er es gar nicht fassen, dass jemand lieber ein stinkender Fischer oder schwer schuftender Glasbläser sein wollte, statt Priester.


    Aber so schien es. Er selbst hatte ein Amt, eine Verpflichtung. Er würde jedoch mit Hilfe seines Patrons bald Duumvir und damit Decurio werden und in die Ränge des Provinzkollegiums aufsteigen können. Die Voraussetzungen waren natürlich enorm. Man musste das Duumvirat in einer Stadt bekleidet sowie zwei besondere - gewiss nicht einfache - Prüfungen absolviert haben. Aber die Vorteile schienen zu überwiegen. Man genoss großes Ansehen in der Provinz, konnte sich über ein stolzes Gehalt freuen und das Leben in dieser schönen Provinz genießen, während man durch seinen Dienst an den Göttern dafür sorgte, dass es ihr weiterhin gut erging.


    Sicher war sich Evander freilich nicht. Religion war etwas, das er als heißes Pflaster betrachtete. Aber er war sich auch klar, dass es offenbar vielen so ging. Dass viele sich gar nicht trauten. Nun, er war Caius Redivivus Evander. Weder war er schlauer, als andere, noch viel gebildeter. Und er fürchtete sich genau so davor, Fehler zu machen, wie jeder andere. Aber er beschloss, sich von dieser Angst nicht lähmen zu lassen. Wenn er es nicht tat, der Magistratus, derjenige, der sich um diese Provinz kümmern und für ihren Wohlstand sorgen wollte... wer dann? Aber bis dahin war es noch ein recht weiter Weg und ersteinmal musste er das Duumvirat anstreben. Wenn er dann immer noch so dachte wie heute, würde er wissen, dass es kein Schnellschuss, keine voreilige Entscheidung war. Und da er bisher mit niemandem darüber geredet hatte, musste er sich auch jetzt noch nicht endgültig entscheiden.


    Diese Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum, während der Tempel immer näher kam. Auf den Stufen zum Eingang erkannte er bereits den alten Priester.
    "Salve, Sohn. Ich sehe, du hälst dein Wort und bsit pünktlich. Und wer ist dieses bezaubernde Geschöpf?"
    fragte er, den Blick zu Iocasta gerichtet, die die Gaben für Mercurius, Abundantia und Eventus Bonus trug. Etwas Wein, Blumen und kleine Fuguren als Votivgaben.
    "Salve, sacerdos"
    grüßte Evander zurück
    "Ja, ich stehe zu meinem Wort. Das?"
    er war etwas überrascht, dass sich der Priester für seine Sklavin interessierte.
    "Das ist Iocasta, eine Unfreie. Ich habe die Gaben an die Götter mitgebracht. Ist sonst alles bereit?"
    antwortete er.
    "Gewiss, Sohn. Auch ich halte mein Wort. Als Tier wird uns ein Hahn dienen. Ein geeignetes Tier für Mercurius. Ich habe dieses hier ausgesucht, ein weiteres haben wir auch für den Fall der Fälle"
    Der Priester nickte zu einem Opferhelfer, der Evander den Hahn präsentierte. Ein, von aussen zumindest, prächtiges Tier mit farbenreichen Gefieder.
    "Gut. Hoffen wir, dass alles gut geht"
    sagte Evander.
    "In der Tat. Bist du bereit. Wenn ja, beginnen wir"
    Evander atmete tief ein.
    "Ja, ja beginnen wir"

  • Das Voropfer...


    Es war recht kühl im Innern des Tempels, als Evander diesen betrat. Seine Augen erblickte einen Altar, so aufgebaut, dass er die Staue des Marcurius anblickte, wenn er vor diesem stand. Evander trat näher und bedeckte, während er langsam diese Schritte tat, seinen Kopf mit einer Falte seiner Toga. Sogleich entzündete Iocasta, die ihm ins Innere des Tempels gefolgt war, den Weihrauch und es dauerte nicht lange, bis sich der Rauch und der angenehme Duft im Raum ausbreitete.


    So richtig wusste Evander, ob er nicht vielleicht etwas falsch machte, vielleicht die falschen Worte benutzte oder falsche Bewegungen vollführte. Aber was soll's, er war hier, ganz allein und sprach mit dem Gott von Mann zu Mann. Iocasta reichte ihm die mitgebrachte Gaben und Evander, nachdem er sie demosntrativ feierlich entgegegenommen hatte, kniete nieder. Iocasta trat zurück in den Schatte, überließ den Sterblichen und den Gott dem Gebet, während Evander die Gaben auf den Altar legte.


    "Mercurius, Du Gott des Handels, erhöre mich. Auch Du, Abundantia, Göttin des Reichtums und des Erfolgs, höre meine Worte. Ebenso spreche ich auch zu Dir, Eventus Bonus, Du Gott des geschäftlichen Erfolgs. Zu Euch drei Göttern, die Ihr für den Erfolg eines Geschäftsmannes sorgt, für seinen Wohlstand, spreche ich. Ich bin Caius Redivivus Evander, Sohn des Appius Redivivus Romanus. Feierliche Formeln kenne ich nicht, darum verzeiht mir meine einfache Wortwahl bei diesem Gebet. Ich bringe Euch diese Gaben dar, diesen erlesenen Wein und die Blumen, diese Statuetten und die Geldmünzen, und hoffe, Ihr nehmt diese bescheidene Gabe von mir an"


    Eine kleine Pause schlich sich ein, während Evander die nächsten Worte überlegte.


    "Ich habe eine kleine Geschäftskette aufgemacht. Einige Betriebe, die Brot backen und Gebäck herstellen, eine Fischerei, hier in Tarraco. Dazu Ausserdem einen Gewürzhandel. Ausserdem plane ich, eine Glasmacherei zu übernehmen. Alles Waren von hoher Qualität zu fairen Preisen. Naja, Ihr wisst besser als ich, dass es nicht einfach ist, sich auf dem Markt zu behaupten. Die Konkurrenz ist groß und das Geschäft ist kein einfaches"


    Wieder eine Pause, wonach Evander langsam zum Schluss kam.


    "Daher bin ich heute hier, um Euch, ihr Götter des geschäftlichen Erfolgs, als Gegenzug für meine Gaben und mein Opfer, welches ich euch darbringen werde, um Eure Unterstützung zu bitten und Euer Wohlwollen, zumindest in der nächsten Zeit. Ihr wisst ja, dass die ersten Tage und Wochen die schwierigsten sein können. Sorgt dafür, dass viele bei mir kaufen, dass meine Betriebe erfolgreich sind und ich viel Geld damit verdiene... tja, das wäre alles, worum ich bitten wollte. Ich danke Euch"


    Evander erhob sich. Eine Wendung nach rechts folgte seinem Gebet, dann verließ er, Iocasta im Schlepptau, den Tempel und schritt nach außen, um das eigentliche Opfer zu vollziehen...

  • Die eigentliche Opferung...


    Evander trat hinaus, blieb ober auf den Stufen kurz stehen und schaute zum aufgebauten Altartisch, der eigens für diese Opferung aufgebaut wurde. Einige Bürger waren, während er im Innern des Tempels mit seinem Gebet an die Götter des Erfolgs beschäftigt war, auf die Zeremonie aufmerksam geworden. Nach außen hin ließ sich Evander natürlich nichts anmerken, zumindest fast nicht. Kurz zuckte sein Mundwinkel, hatte für einen Augenblick ein Lächeln auf sein Gesicht gezaubert. Es freute ihn natürlich, dass Menschen dies hier mitverfolgen konnten. Nicht viele zwar, aber immerhin. Denn wenn sie erfuhren, wozu das Ganze hier diente, hatte er womöglich einige Kunden mehr für sich gewonnen. Konnte es eine bessere Werbung für die eigenen Betriebe geben? Vielleicht schon, aber das hier war auch nicht schlecht.


    Evander schritt die Stufen herab, näherte sich dem Tisch, das Haupt nach wie vor mit einer Falte seiner Toga bedeckt, was ihm als Opferleiter gebührte. Die Stufen fühlten sich kalt an, denn er schritt barfuß, wie alle, die an der Prozession und der Opferung teilnahmen. Marcus Pollio begann, sobald Evander vor dem Tisch stand, die Anwesenden rituell zu reinigen, sie auf das Opfer vorzubereiten. Sein Gesichtsausdruck war streng, irgendwie gefühllos und damit ganz anders als gestern, als er und Evander sich unterhalten hatten. Er besprengte Evander, Iocasta und die wenigen Anwesenden mit Wasser, während ein Herold seine mächtige Stimme hören ließ.


    "favete linguis!"


    Anschließend brachte der alte Priester Evander eine mit Wasser gefühlte Schale, in der er sich die Hände wusch. Langsam, es eilte nicht, er hatte den ganzen Tag Zeit, tauchte Evander seine - zugegeben, ohne die harte Arbeit eines einfachen Mannes nicht sehr rauhen - Hände in die Schale, trocknete sie anschließend mit dem Malluium Latum. Die Flötenspieler sorgten währenddessen für Musik und entführten die Teilnehmer damit aus dem Alltag, brachten sie mit ihren Tönen der Welt der Götter einen kleinen Schritt näher.


    Evander blickte den Hahn an. Ein großes, stolzes Tier, farbenfrohes Gefieder, das sich schon in den Sonnenstrahlen spiegelte. Dazu etwas rituellen Schmuck. Evander weihte es mit Wein dem Gott, dem er hier opferte, Mercurius. Anschließend nahm er eine Klinge in die Hand, wartete kurz ab, bis die Opferhelfer den Schmuck abnahmen und das Tier damit für die Opferung bereit war. Einzig musste es noch symbolisch entkleidet werden, was Evander oblag. Er legte die Spitze der Klinge dem Hahn an den Kopf und führte sie langsam bis zu den Schwanzfedern. Das Tier schaute im ersten Augenblick neugierig und leicht verwirrt, sich unklar darüber, was für seltsames der große Zweibeiner dort vollführte und völlig arglos, unwissend, dass es gleich verbluten würde.


    "Mercurius, Du Gott des Handels. Ich bin Caius, genannt Evander von den Redivivern. Dir bringe ich heute diesen Wein und dieses Tier als Opfergaben dar, mit der Bitte es anzunehmen und mir Erfolg zu gönnen, bei dem Geschäft, das ich mir aufgebaut habe"


    Ein eigensinniges Gebet, aber schließlich war es nicht falsch, nach Geld und Wohlstand zu streben. Mehr noch, es war nicht nur nicht falsch, es war geradezu eine Pflich eines jeden ehrlichen Römers. Nachdem er diese Worte gesprochen hatte, brachte Evander Mercurius den Wein als Trankopfer dar.


    "agone?"
    hörte Evander den alten Priester fragen. Er nickte.
    "age"


    Marcus Pollio nickte und gab demVictimarius ein Zeichen, woraufhin dieser mit fachmännischer Präzision dem Hahn das Messer an den Hals legte. Eine kurze, sauber ausgeführte Bewegung und der Hals war durchgeschnitten, Blut floss. Evander schaute mit ausdrucklosem Gesicht zu, wie das Blut aus dem - zunächst sich etwas wehrenden, was jedoch mit dem zunehmenden Blutverlust abebbte - Tier floß und in einer Schale aufgefangen wurde. Marcus Pollio kam hinzu, nachdem das Blut versiegt war. Er öffnete das Tier und warf einen Blick auf die Innereien. Von außen war es angemessen, und Evander wartete gespannt, was der Priester ihm verkünden würde...


    Sim-Off:

    Würde mich freuen, wenn Mercurius hier mitspielt und bestimmt, ob er das Tier annimt oder nicht :)

  • Mercurius kam, sah, und war zufrieden. Das Opfertier wusste zu gefallen und war dem Anlaß angemessen. Die Interpretation der Eingeweide konnte nur positiv ausfallen.

  • Gespannt beobachtete Evander, wie Marcus Pollio die Innereien des Opfertieres untersuchte. Einige Male meinte er so etwas wie ein Stirnrunzeln zu entdecken und jedesmal war dabei sein Puls schneller, denn er befürchtete, dass der Priester einen Mackel entdeckt haben konnte, was hieße, dass Mercuruius das Tier nicht hatte annehmen wollen. Doch jedesmal entspannten sich die Gesichtsmuskeln des alten Mannes wieder und Evander war beruhigt. Umso mehr, als der Priester endlich aufblickte und laut verkündete, dass Mercurius das Tier annahm.


    "litatio"


    Das war ein gutes Ergebnis, das wie Musik klang in Evander's Ohren. Mercurius nahm sein Opfer an. Er freute sich natürlich, war dies doch die erste größere Prozession ausserhalb seiner eigenen vier Wände, die er als Opferleiter beaufsichtigt hatte. Der alte Priester trat auf ihn zu.
    "Wir geben Mercurius, was Mercurius gebührt, Evander. Was gedenkst du mit dem restlichen Fleisch zu machen?"
    fragte er. Evander entblößte sein Haupt, da die Zeremonie nun vorbei war.
    "Ich denke, ich lasse es hier vor Ort zubereiten und an die Anwesenden verteilen"
    sagte er, nicht ohne Hintergedanken.
    "Dann soll es so sein"
    antwortete der Priester. Evander streckte ihm den Arm entgegen.
    "Ich danke dir, Marcus Pollio, für deine Unterstützung"
    sagte er. Ein kleiner Geldbeutel wechselte seinen Besitzer.
    "Keine Ursache, Redivivus Evander. War mir ein Vergnügen"
    antwortete er, während die Opferhelfer bereits mit der Fleischzubereitung im Gange waren.
    "Sag, hast du mit dem Gedanken gespielt, zum cultus deorum zu gehen, den Göttern zu dienen?"
    "Du meinst im Tempeldienst? So wie du?"
    fragte Evander zurück, dem das Problem des 'Mitgliederschwunds' sehr wohl bekannt war.
    "Nun, so oder im collegium. Der cultus deorum hat viele Aufgabenfelder"
    Evander zuckte mit den Schultern.
    "Ja, daran gedacht habe ich schon. Und der heutige Tag hat in der Tat etwas dazu beigetragen, dass die Entscheidung dazu sehr wohl eines Tages getroffen sein könnte"
    antwortete er.
    "Eines Tages?"
    fragte der Priester.
    "Nun ja, ich hab derzeit andere Pflichten. Aber man weiß ja nie, Marcus Pollio"
    sagte Evander.


    Sie blieben noch stehen, bis das Fleisch zubereitet und an die Anwesenden verteilt worden war, unterhielten sich. Ein guter Tag...


    Sim-Off:

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  • Inmitten der verschiedenen Bauwerke des Tempelbezirks war der große Mercuriustempel von Tarraco gelegen, also der Bereich, dem Merulas Augenmerk in nächster Zeit in besonderem Maße gelten sollte.
    Erfreut hatte der Iunier zur Kenntnis genommen, dass sich die Tempel der Stadt in recht gutem Zustand befanden; jedenfalls in einem besseren, als ihm das von so manchem Schwarzseher prophezeit worden war.
    Dennoch gab es natürlich einiges zu tun: Verstaubte Votive mussten entfernt, Gebrauchsgegenstände erneuert und unzuverlässige Tempeldiener durch verdiente, ergebene Kräfte ersetzt werden.
    Spätestens bis zum Beginn der Saturnalia jedenfalls, wenn die Tempel jedermann offenstünden, sollte sich das ganze Forum auf eine ansehnlichen Art und Weise präsentieren.

  • Es war ein seltener Anblick, der sich den Besuchern des Forums an diesem Morgen bot: Der eigentlich so argwöhnische und freidenkerische Mithridates Castor, der sonst keine Möglichkeit ausließ, die Existenz der Unsterblichen lautstark anzuzweifeln, zu Besuch in einem Tempel.
    Seine Einstellung zu den Göttern hatte sich zwar in keinster Weise geändert, doch gab es diesmal einen bestimmten Anlass, der den kleinen Alexandriner diesen Weg beschreiten ließ. Und schaden konnte ein Besuch bei den Göttern ja wohl in keinem Fall...

  • Merula war gerade damit beschäftigt, einigen Tempeldienern ordentlich die Leviten zu lesen, als er den bärtigen Mann bemerkte und auf ihn zutrat: "Kann ich dir im meiner Funktion als Priester des Merkur irgendwie helfen?"

  • Mithridates musterte den Mann, der sich ihm soeben als Merkurpriester vorgestellt hatte. Richtig einordnen konnte er ihn jedoch (noch) nicht, war es für den Alexandriner doch auch nicht ersichtlich, ob der Römer ein ernsthaftes Angebot vorgebracht hatte oder ihn einfach möglichst schnell loswerden wollte.
    "Ja, ich denke, du könntest mir helfen. Ich bin Mithridates Castor aus Alexandria und habe vor, meine Geschäftigkeiten nach Tarraco auszuweiten. Und hierfür wollte ich Mercurius mit einem Opfer um seine Unterstützung bitten."
    Er machte eine kurze Pause, dann fügte er noch hinzu.
    "Allerdings bin ich, was das Opferzeremoniell angeht, ein klein wenig aus der Übung."
    Gespannt wartete M.C. auf die Antwort des Sacerdos.

  • "Dann hast du den richtigen Weg eingeschlagen. Mercurius hat stets ein wachsames Auge auf diejenigen unter uns, die mit großem Fleiß ihren Geschäften nachgehen und dabei nicht vergessen haben, wessen Gunst sie ihren Erfolg zu verdanken haben."
    Dass der bärtige Alexandriner nicht genau zu wissen schien, wie ein größeres Opfer durchzuführen war, erstaunte den Iunier kaum. Immerhin sicherten ihm diese Leute regelmäßig einen Zusatzverdienst, der ihm nicht ungelegen kam.
    "Was den Ablauf angeht: Ich weiß natürlich nicht, wie groß deine finanziellen Mittel sind, aber einige Opferkuchen, Blumen oder auch etwas Wein für das Voropfer sind natürlich Pflicht. Als eigentliches Opfer würde ich dir einen gut gebauten Widder empfehlen. Oder auch einen Eber. Wenn du willst, kann auch ich ihn für dich besorgen.
    Hast du sonst noch Fragen? Wenn nicht, komm einfach in den nächsten Tagen vorbei und frage nach Iunius Merula. Ich bin momentan oft hier am Tempel anzutreffen."

  • "Ich danke dir, aber ich werde das Tier lieber selbst besorgen."
    Das Angebot des Sacerdos schien zwar ernst gemeint, aber Mithridates wollte anderen Menschen lieber gar nicht erst die Gelegenheit geben, ihn abzuzocken. :D
    "Wir sehen uns dann in einigen Tagen." Mit diesen Worten verabschiedete sich der Alexandriner und machte sich auf, die notwendigen Dinge zu besorgen.

  • Einige Tage später stand Mithridates erneut vor den Stufen des Merkurtempels von Tarraco. Die vergangenen Tage hatte er insbesondere dafür genutzt, Kontakte zu den einflussreicheren lokalen Händlern zu knüpfen, so dass er nun schon recht weit reichende Vorstellungen über seine geschäftliche Expansion erlangt hatte.
    Doch erst einmal galt es nun, den Grundstein für seinen zukünftigen Erfolg zu legen und Merkur um seine Unterstützung zu bitten.
    Mit ihm bezogen zwei seiner Handlanger Stellung. Der eine, ein Hellene, den Castor aus Alexandria mit gebracht hatte und ihm seit vielen Jahren ein treuer Diener, führte das Opfertier. Das Tier, ein kräftiger Widder mit hellem Winterfell, hatte ein ordentliches Loch in den Geldbeutel des kleinen Mannes gerissen, doch wollte er in diesem Fall nicht knauserig sein.
    Den anderen Mann, laut eigener Aussage ein ehemaliger Seefahrer aus dem Süden Hispanias, hatte der ehemalige Beamte von Alexandria in einer der zahlreichen Kneipen am Rande der Provinzhauptstadt angeworben. Er sah mürrisch drein, doch konnte man es ihm wegen der zahlreichen Opfergaben, die der Mann in zwei großen Körben mit sich schleppte, nicht verübeln.
    Nun galt es zu hoffen, dass der Sacerdos, der ihn neulich so zuvorkommend begrüßt hatte, auch tatsächlich anwesend war.

  • Merula war anwesend und gewillt, den Fremden bei seinen Handlungen zu unterstützen. Da er nicht wusste, inwieweit der Hellene vorgesorgt hatte, lagen vor dem Eingang zum Tempel größere Mengen Weihrauch und weitere Opfergaben bereit, an denen sich der Gast, wenn nötig, schadlos halten konnte.
    "Ich grüße dich. Wie ich sehe, hast du selbst für alles notwendige gesorgt!" sagte er mit einem Blick auf den Widder und die prall gefüllten Körbe. "Dann sollten wir sogleich zur Tat schreiten und mit dem Voropfer beginnen."
    Der Sacerdos begab sich an eines der Wasserbecken, reinigte seine Hände darin und bedeutete dem Mann, der sich ihm als Mithridates Castor vorgestellt hatte, es ihm gleichzutun. Dann betrat Lucius Merula das Heiligtum und gab dem bärtigen Mann zu verstehen, dass dieser nun beginnen könne: "Wenn du soweit bist..."

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