[Capitolium] Auguraculum

  • Aber was tat man nicht alles, um ein paar Menschen glücklicher zu machen. Da sie alle kaum Auspizien verlangten, sah Durus seine Aufgabe hauptsächlich darin, dem gesunden Menschenverstand eine Stimme zu verleihen.


    Als erster trat Fufius Afer ein, ein Mann, der ganz offensichtlich sogar die Haarfarbe besessen hatte, die der Name vorgab. Er wirkte ziemlich aufgebracht, nahm sogleich seinen Sonnenhut ab und stellte sich vor


    "Fufius Afer, Augur."


    Durus sah ihn ernst an. Für Familienstreitigkeiten stand im gerade nicht der Sinn.


    "Dein Anliegen, Bürger?"


    "Mein Eheweib...ich habe es mit meinem Haussklaven erwischt. Und jetzt habe ich vor, sie zu verstoßen."


    Oh, eine überaus gewöhnliche Geschichte. Wie viele Hausherren hatten ihren Sklaven als Nebenbuhler? Durus nicht, aber das lag wohl daran, dass er kein Eheweib hatte, das ihn betrügen konnte.


    "So, so, und nun soll Iuppiter, der Herr des Olymp für Dich entscheiden? Du weißt, dass er neben solchen Schiedssprüchen auch noch einen ganzen Himmel zu regieren hat?"


    Zuerst blickte der Mann den Auguren ungläubig an, dann sah er zu Boden.


    "Ähh...ja."


    Nun sah Durus den Mann an wie ein Lehrer, der den Schüler beim Schwätzen erwischt hatte.


    "Du solltest lieber selbst nachdenken, Bürger. Kannst du deinem Weib verzeihen, dann tu es, kannst du es nicht, dann schicke sie in die Ehrlosigkeit."


    Nun war der Mann keineswegs mehr aufgebracht, vielmehr eingeschüchtert. Durus sah ihn weiter mit tadelnder Patrizier-Miene an.


    "Dann...gehe ich lieber wieder..."


    Durus sah ihn unverändert an, bis er sich langsam rückwärts zurückzog.


    "Vale, Bürger."


    sagte Durus noch, dann zog er erneut die Tafel zurate. Wie konnten Menschen nur mit derartig bedeutungslosen Dingen zu ihm kommen? Glaubten die, er hätte nichts besseres zu tun, als den Würfel um die Beziehung zu spielen?

  • Als nächstes erschien ein junger Bursche mit dem schmalen Purpurstreifen eines Eques. Während Durus sich zurücklehnte und sich mit einem kurzen Blick auf die Tabula über den Grund seiner Anwesenheit informierte, trat der Besucher näher und räusperte sich.


    Etwas gestört von der Aufdringlichkeit sah Durus auf.


    "Salve, Bürger."


    Der Ritter schien keine besondere Scheu vor dem Auguren zu haben, denn er erwiderte den Blick und den Gruß ohne mit der Wimper zu zucken.


    "Salve, Augur. Ich bin Caius Granius Rectus, Sohn des Granius Rectus Maior - der Erbauer von -"


    Bevor der junge Ritter mit den Großtaten seiner Ahnen fortfahren konnte, fuhr Durus ihm dazwischen - er hatte schließlich nicht den ganzen Tag Zeit!


    "Du bist sicher nicht hier, um mir von den Taten deiner Ahnen zu erzählen, Bürger. Was ist dein Anliegen?"


    Rectus wirkte etwas überrascht, dass der Tiberier offensichtlich wenig Respekt vor ihm hatte. Es dauerte einen Augenblick, dann sagte er endlich


    "Nun, es geht um ein Haus."


    Durus sah ihn ungläubig an.


    "Um ein Haus also. Etwas konkreter vielleicht?"
    "Nunja, ein Haus im VI. Bezirk. Es ist eine große Insula, ziemlich gute Lage. Ich wollte fragen, was Iuppiter von einem solchen Kauf hält."


    "Ein Mietshaus also?"


    Durus' Blick wurde noch ungläubiger, was Rectus offensichtlich noch mehr verunsicherte. Dennoch antwortete er.


    "So ist es."


    Nun konnte der Tiberier seinen Kunden hier sehr gut einordnen. Vermutlich eine neureiche Ritterfamilie, die sich irgendwo in der Provinz in diesen Stand eingekauft hatte. Und jetzt wollten sie ein wenig Traditionsverbundenheit heucheln, indem sie Iuppiters Zustimmung für ihre Investitionen erfragten! Heute wurde es ja immer besser!


    "Hm, eine interessante Frage. Möchtest du also wissen, ob der große Iuppiter Optimus Maximus, Herr über die Himmelslichter und den gesamten Olymp, es gut findet, wenn du dich an einem Haus bereicherst, das du billig kaufst und für horrende Summen an irgendwelche Landeier weitervermietest?"


    Der Ritter sah zu Boden.


    "Nunja, nicht direkt..."


    Doch leichte Ungehaltenheit malte sich auf das Gesicht des Auguren.


    "Verlasse diesen heiligen Boden und verschone die Götter mit deinen Grundstücksspekulationen!"


    fuhr er seinen Kunden an, woraufhin dieser fluchtartig die Hütte verließ.

  • Der nächste Besucher, der sich ankündigte, war ein leicht beleibter Mann mittleren Alters. In seiner Hand trug er einen kleinen Beutel, der bei jedem Schritt leicht klapperte - zweifelsohne war er nicht leer!


    "Salve, Bürger."


    begrüßte Durus den Bittsteller, der mit einem breiten Lächeln erwiderte


    Salve, Augur. Ich bin Lucius Poetelius Flamma."


    Durus nickte leicht - den Namen würde er vergessen haben, ehe Lucius die Hütte wieder verließ.


    "Und für was brauchst du die Zustimmung des Iuppiter Optimus Maximus?"


    Möglicherweise zufällig klapperte Flamma mit seinem Beutelchen, dann erklärte er


    "Es geht um meinen Sohn. Ich möchte ihn mit Mucia Curva, der Tochter meines alten Freundes Mucius Curvus vermählen."


    Dass dieser Freund ein Geschäftspartner und seine liebreizende Tochter das Alter von sieben Jahren hatte, erwähnte er nicht. Ebenso verschwieg er lieber, dass sein Sohn gerade erst zehn geworden war. Aber das interessierte Durus auch nicht - Iuppiter würde schon wissen, was er wissen wollte...


    "Nungut, dann möchtest du also die Zustimmung Iuppiters für die Sponsalia von Mucia Curva und - wie hieß dein Sohn noch gleich?"


    "Poetelius Flamma Minor."


    "Bene."


    Durus erhob sich. Für ein derartig großes Dankgeschenk würde er gerne ein wenig Show bieten und nicht einfach auf eine Eingebung des großen Herren des Olymps warten.


    Er sah zur Seite, wo bereits ein Viator stand. Er gab das vereinbarte Zeichen und hielt bedeckte sein Haupt mit dem Saum der safrangelben Toga.


    "Favete linguis!"


    rief er, woraufhin alle in erwartungsvolles Schweigen verfielen. Mit ernstem Gesicht hob der Tiberier den Lituus und blickte nach links aus einem kleinen Fensterchen, wo man bereits ein Gackern hören konnte. Kurz darauf hörte man leichtes Picken und ein Huhn tauchte auf. Eine Weile betrachtete Durus das pickende Vieh, dann sah er auf.


    "Nuntatio!"


    erklärte er laut und senkte den Lituus wieder. Damit war es geschehen. Ein Viator erschien und nahm Durus den Toga-Saum vom Kopf und ordnete die Stoffbahnen wieder, danach kehrte Durus zu seinem Sitz zurück.


    "Der große Iuppiter Optimus Maximus, Herr des Olymps, gibt seine Zustimmung zu den Sponsalia von Lucius Poetelius Flamma Minor und Mucia Curva. Du kannst beide ruhigen Gewissens verloben."


    Durus lächelte und auch Flamma begann zu lächeln.


    "Ich danke dir, Augur. Lass mich Dir dies als Zeichen meiner Dankbarkeit für den erwiesenen Dienst schenken!"


    Er hielt den Beutel mit Münzen hin, den Durus nahm und beiseite legte.


    "Das wäre doch nicht nötig gewesen. Aber ich danke Dir, Bürger!"


    "Der Dank ist ganz auf meiner Seite, Augur! Vale bene!"


    verabschiedete sich Flamma und machte sich mit zufriedenem Lächeln auf den Heimweg, während man draußen das Gackern des Huhnes hören konnte, das wieder eingefangen wurde um bei Bedarf erneut zu erscheinen.


    Durus hingegen reichte den Geldbeutel an einen Sklaven weiter, der die Geschenke des Tages bis zum Abend aufbewahren und dann für ihn nach Hause tragen würde.

  • | Caius Aemilius Pansa


    Natürlich traf er auch einen an. Wie jeden Tag verrichtete einer von ihnen auf dem Hügel Kapitol unweit des Iuppiter-Tempels in der Hütte des Romulus der Augur Aemilius Pansa seinen Dienst. Auch seine Bediensteten waren anwesend, die den Princeps Praetorio direkt zu ihm führten - immerhin war dieser ein wichtiger Mann und hatte Vorrecht vor den Bauern und Habenichtsen, die ebenfalls den Rat des Auguren suchten.


    "Salve, Civis! Was führt dich zu mir?"


    fragte Pansa den Besucher.




  • Balbus folgte den Bedienstenten natürlich auch zu dem Auguren. Er verneigte sich vor diesem leicht, denn immerhin hatte sein Gegenüber durch sein Amt ein gewisses Mass an Respekt verdient.


    "Salve, werter Augur. Mich führt die Suche nach deinem Rat zu dir." sagte er.


    "Es geht um einen Hochzeitstermin für den ich um die Zustimmung der Götter bitten möchte."

  • | Caius Aemilius Pansa


    Langsam nickte der Augur. Es passierte heutzutage zwar nur noch äußerst selten, dass Ehepaare sich die Zustimmung des Iuppiter Optimus Maximus holten, um ihren Hochzeitstermin festzulegen - eher noch, um sich ihren Partner bestätigen zu lassen, dennoch war Pansa gern bereit, dem Prudentier zu helfen.


    "Und welchen Termin hast du ausersehen? Und wie heißt du überhaupt?"


    fragte er daher sogleich.




  • | Caius Aemilius Pansa


    Der Augur nickte stumm. Prudentius Commodus - jener unglückselige Consul, den die Götter offensichtlich verlassen hatten. Doch sein Sohn schien bisher noch bester Gesundheit zu sein und Vorbereitungen für das Weiterleben jener nobilitären Familie zu treffen.


    "Zehn Tage vor den Kalenden des October, verstehe...gib mir einen Augenblick Zeit!"


    Er erhob sich, ließ sich den Lituus reichen und wechselte dabei flüsternd mit seinem Calator ein paar Worte. Dann schloss er die Augen, breitete die Hände aus und begann, leise ein Gebet zu murmeln. Dann herrschte Ruhe. Von außen konnte man die Geräusche der Stadt hören: Das Schimpfen von Lastenträgern, das Plaudern von Passanten auf dem Forum, die Marktschreier, das Grunzen von Schweinen und das Gackern von Hühnern - von wo es kam? Unmöglich festzustellen!


    Plötzlich öffnete der Augur die Augen wieder und setzte jenes versonnene Lächeln auf, das nach seiner Zunft benannt war.


    "Dem Iuppiter Optimus Maximus selbst sagt jener Termin zu. Richte dies deiner Familie und all deinen Gästen aus!"



  • Balbus nickte.


    "Eine wirklich erfreuliche Nachricht." sagte er. "Ich danke dir."


    Dann verabschiedete er sich mit einer leichten Verneigung und äusserst höflich von dem Priester und verliess dann das Auguraculum und den Capitol.

  • Ich hatte mich von den Räumlichkeiten des Cultus Deorum auf den Weg zum Capitol gemacht und hatte nach kurzer Zeit auch die Räume der Priestercollegien betreten. In der Eingangshalle, kamen mir mehrere Menschen, die sicher mit unterschiedlichen Problemen hierher kamen entgegen. Ich schaute mich erst einmal um, ob ein hier Verantwortlicher auszumachen war.

  • | Caius Aemilius Pansa


    Wie schon beim letzten Hochzeitsbesucher, hatte auch an diesem Tage Aemilius Pansa Dienst im Auguraculum. Wie üblich hatte er doch genug zu tun, da immer wieder Menschen herbeiströmten und ihre Anliegen vor Iuppiter bringen wollten.


    Doch endlich kam auch Annaeus Varus in die kleine Hütte, die einstmals Romulus bewohnt haben sollte.


    "Salve, was kann ich für dich tun, Bürger?"


    begrüßte er den Bittsteller und blickte zu seinem Scriba, ob dieser ihm bereits irgendwelche Anmerkungen zu Stellung und Person des Besuchers machen konnte.




  • Nach ein paar Momenten des umschauens, wurde sich meiner auch angenommen. "Salve Augur, mein Name ist Annaeus Varus." Ich senkte meinen Kopf kurz zur Begrüßung und trug anschließend mein Anliegen vor. "Ich möchte demnächst heiraten und suche deshalb Rat bei dir. Einen günstigen Termin zu finden, um nicht den Zorn der Götter auf mich zu ziehen."
    Schließlich konnte man dabei viel verkehrt machen.

  • | Caius Aemilius Pansa


    Ein Heiratstermin? Das war eine seiner leichtesten Übungen - wegen diesen Dingen kamen ständig Besucher in das Auguraculum. Daher meinte er knapp


    "Welchen Termin hattest du denn im Auge?"


    Üblicherweise kamen die Besucher mit einem konkreten Termin, den Pansa dann nur noch bestätigen musste - schließlich wollte man üblicherweise ja selbst bestimmen, was in Frage kam und wie unglücksverheißenden Termine konnte man leicht nachsehen.




  • Für den Sacerdos schien ich nur einer von vielen. Sicher bekam er fast jeden tag eine Frage nach einem passenden Hochzeitstermin gestellt. Bei der frage nach einem genauen Datum stutzte ich aber etwas. "Nun...., einen genauen Termin habe ich noch nicht aber ich tendiere für ein Datum um die Jahreswende herum." Vielleicht war dies auch nur eine unsichere Frage von Varus.
    Fragend blickte ich zu dem Augur. Vielleicht konnte er damit etwas anfangen.

  • | Caius Aemilius Pansa


    Er hatte also keinen - das würde die Sache nun unnötig in die Länge ziehen, wie Pansa befürchtete. Eigentlich wollte er schon längst zu Hause sein - hatte er doch Gäste zu einem Convivium geladen und musste die Vorbereitungen überwachen! Doch es hatte wohl nicht sollen sein...nunja, seine Frau würde ihn sicher vor dem Haushalt vertreten können...


    "Nunja, ein Feiertag sollte es nicht sein. Also am besten nach den Saturnalia. Wobei der Ianuarius auch viele Feiertage enthält - hast du denn keinen Vorschlag?"


    Natürlich kannte auch ein Augur nicht aus dem FF den Status aller Tage des Jahres. Aber dafür hatte er ja einen Scriba...




  • Natürlich hatte ich mir schon einen Tag zurecht gelegt, nur wollte ich mir erst die Meinung des Auguren einholen. "Nun, ich hatte mir einmal vorsichtig den ANTE DIEM III NON IAN DCCCLIX A.U.C. (3.1.2009/106 n.Chr.) zurechtgelegt. Wie sieht es mit diesem Tag aus." Ich hoffte nun, das der Augur mit diesem Datum mir ein positives Zeichen geben konnte.
    "Das liegt genau zwischen den Feiertagen im December und Ianuarius." Fuhr ich fort und blickte fragend zu dem Augur.

  • | Caius Aemilius Pansa


    ANTE DIEM III NON IAN DCCCLIX A.U.C. (3.1.2009/106 n.Chr.)? Bei diesem Termin brauchte Aemilius Pansa nicht seinen Scriba zu fragen, denn von den Compitalia wusste er, dass sie für Heiraten nicht sehr glückverheißend waren.
    Dennoch musste er sich einen Alternativtermin von seinem Scriba holen, der ihm diesen ins Ohr flüsterte.


    "Die Compitalia sind nicht sehr geeignet - an diesen Tagen muss den Laren geopfert werden und die Truppen werden vereidigt. Was ich vorschlagen könnte, wäre ANTE DIEM VII ID IAN DCCCLIX A.U.C. (7.1.2009/106 n.Chr.) - dieser Tag ist dies comitialis und wenn die Götter nichts dagegen haben, würde er sich hervorragend eignen."




  • Da hatte ich nun doch mit meinem Datum daneben gelegen. Doch der Augur wusste gleich Abhilfe zu verschaffen und schlug mir einen anderen Termin vor. Ich brauchte auch nicht lang überlegen und nickte. "Nun denn..., wenn die Götter dieses Datum für gut erachten, möchte ich mich ihnen nicht entgegen stellen." Nun kam es nur noch auf die Götter darauf an, sicher würde eine Opferung zu gegebener Zeit auch noch seine Teil dazu beitragen.

  • | Caius Aemilius Pansa


    Offensichtlich war der Annaeer flexibel, denn kaum hatte Pansa einen neuen Termin vorgeschlagen, schon wurde er akzeptiert. Das war gut, denn so konnte der Augur mehr Bürger abfertigen und vielleicht doch noch das wichtigste für seine Cena kontrollieren.


    Er ließ sich den Lituus reichen, den sein Calator stets für ihn bereit hielt und wurde ruhig. Als nahezu völlige Stille in der Hütte eingetreten war (mit Ausnahme der Geräusche, die von der Stadt auf das Capitol hinauf getragen wurden), begann er schließlich, ein Gebet zu murmeln. Als er geendet hatte, schwieg er erneut, die Augen geschlossen. Man hörte das Gackern der Hühner, die auf dem Capitol lebten und ebenfalls als Orakel des Iuppiter galten. Dann plötzlich blickte Aemilius Pansa auf und meinte knapp


    "Dem Iuppiter Optimus Maximus selbst sagt jener Termin zu. Richte dies deiner Familie und all deinen Gästen aus."


    Dies war seine Standard-Antwort, soweit keine ungünstigen Zeichen auftauchten. Doch noch war die Audienz nicht beendet, denn traditionsgemäß erwartete der Augur ein kleines...Dankeschön-Geschenk (böse Zungen behaupteten, es wäre Schmiergeld, damit der Augur sagte, was man hören wollte). Doch selbstverständlich sprach dies niemand aus!




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