Die Sekunden verrannen. Sekunden, die zum Nachdenken hätten genutzt werden können. Sekunden in denen sich Constantius noch jene Worte hätte überlegen können, die seinen Gemütszustand wohl am treffendsten beschrieben hätten. Doch anstatt die Zeit, die ihm noch gewährt wurde, zu nutzen, lief er, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick nachdenklich gesenkt, auf und ab. Ging Meter um Meter wie auf einem eingelaufenen Trampelpfad und wendete zögerlich, als eine massive Wand sich seinen Schritten in den Weg stellte. Gewiss, er hätte auch den Anschein eines erbosten oder ungeduldigen Mannes erwecken können, doch die unnatürliche Blässe in seinem Gesicht und der flache und dennoch schnelle Atem, ließen nur einen Schluß zu. Er war nervös. Er war sehr nervös. Nein, er war wohl gerade der nervöseste Mann in ganz Rom.
Die verbleibende Zeit stellte keine Beruhigung dar. Vielmehr erhöhte sie die Qualen des junges Mannes mit jeder verstreichende Sekunde. Obwohl er mehr als angestrengt über das Kommende nachdachte, waren es nur noch mehr Zweifel an seinem Vorhaben, die nun erwachen sollte. Warum nur fühlten sich seine Beine so unsicher an. Warum fühlte er sich nur so elend. Warum rann ihm kalter Schweiß über die Haut und warum fröstelte er nur, obwohl es noch immer recht warm und angenehm war. Und warum konnte er seine Finger nicht mehr ruhig halten….
Er sollte keine Antwort finden. Denn seiner Qual sollte ein Ende bereitet werden. Oder war es lediglich eine weitere Steigerung? Eine bekannte, liebreizende Stimme riß Constantius aus seinen Gedanken und ließ ihn den Atem für einen Moment anhalten. In seinem Schritt inne haltend, hob er den Kopf behutsam an, als würde das, was er nun sehen würde, verschwinden, wenn er sich zu schnell bewegte. – gewiss bestand auch die Möglichkeit, das die aufkeimende Furcht in ihm wünschte, dass er niemanden erblicken würde –
Es war einer jener Momente, die so ausführlich in Liedern beschrieben wurden. Obwohl kein Sonnenlicht in dem Raum fiel, erschien die Silhouette Samiras in einen lieblichen Schein gehüllt zu sein. Kontrastierte ihre wundervollen schwarzen Haare und rahmte ihre liebliche Gestalt in einer Perfektion ein, die kein Maler, kein Bildhauer wohl hätte festhalten können.
Erneut sollten Sekunden verstreichen. Sekunden in denen Constantius weder sprach noch zu atmen wagte. Und hätte Samira nicht schließlich vorsichtig die Stimme erhoben, wäre der junge Iulier wohl aufgrund eines akuten Sauerstoffmangels in Ohnmacht gefallen. Lieblich lächelnd sprach sie mit sanfter Stimme:
„Constantius..du wolltest mich sprechen?“
Sie kannte seinen Namen noch. Sein Herz schlug heftiger, schien zu beben. Seine weichen Knie, drohten einen Moment unter seinem Körpergewicht zu versagen.
Er öffnete den Mund und rang zunächst nach Atem.
„Ich… Du.. Versteh mich nicht falsch. Ich bin nicht hier wegen…Ich wollte“
Als wäre das Stammeln nicht bereits schlimm genug, so klang seine Stimme außerdem noch schwach und zittrig. Die linke Hand zur Faust ballend kämpfte Constantius um seine Selbstbeherrschung. Senkte den Blick, atmete tief ein und aus und blickte einmal mehr zu Samira.
„Ich wollte ---etwas sagen….das ich vergessen habe. An jenem Morgen…du weißt vielleicht. Ich wollte dir sagen..du bist wahrlich etwas besonderes.“
„Na bravo“, erklang eine zynische Stimme in Constantius Geist. „Ebenso hättest du jetzt sagen können, sie wäre nett.“
Der junge Iulier senkte den Blick, wandte sich von Samira ab und ging zur Tür.
„Verzeih..ich sollte gehen….“
Mit schwacher Hand öffnete er die Tür und begab sich nach draußen.