• (Fortsetzung)


    Einige Pferde standen gemächlich kauend in ihren Boxen und hoben nun, da wir hier waren, interessiert ihre Köpfe. Es waren edle Rösser. Zum Teil gehörten sie Serapio, der mit ihnen wilde Rennen in seinen Zweispännern fuhr, für die er sich sehr begeisterte. Das konnte ich im Großen und Ganzen nachvollziehen. Wenn es Tiere gab die ich mochte, dann waren das Pferde, auch wenn eines von ihnen mir recht unrühmlich mein Schicksal als langzeitig Versehrter bereitet hatte.


    Ich watete mit meinem nassen Schuhwerk über das Pflaster des Stallbodens, um jemanden zu finden, der sich vorübergehend der Verantwortung für das Ziegentier annehmen konnte. Dann hörte ich auch schon etwas! Eine zarte, jugendliche Stimme, die eine friedliche Melodie vor sich hin sang und das beständige Schaben eines Besens. Ich umrundete einen großen Haufen Stroh und einiges aufgeschichtetes Heu, hinter denen ich den Auslöser der Geräusche vermutete und sollte recht behalten. Es war Sklavenjunge Paulinus, der Sohn der Columbana, die manchmal so liebenswert meiner Nelia zur Hand ging und immer einen beeindruckenden Sanftmut ausstrahlte, der seinesgleichen suchte. Ich hielt einen Moment inne, denn das fremdartige, leise Liedchen klang wirklich reizend, auch wenn es irgendwie so tönte, als würde der Junge den Text nur schwer in Erinnerung bringen. Aber dennoch! Mir war ja gar nicht bewusst, dass Paulinus eine so entzückende Singstimme hatte. Er schien auch recht versunken zu sein.


    “Auf rechter Straß' geführet, ist … Finsternis nicht da… … Mein Alles meine Weide, ...mich fürchten brauch' ich nie… In Not bei allem Leide… sein Stecken und sein Stab...“


    “MOAAAHHHH!“


    Muckels wütender Ruf hallte durch den Stall, sodass sowohl ich als auch Paulinius zusammen zuckten. Hinzu kam ein lautes Scheppern, als eine Reihe Eimer auseinander stoben und schließlich über den Boden rollten. Die Ziege aus Muckels Armen war verschwunden, also blieb zu vermuten, dass sie der Auslöser war. Paulinius fuhr herum und schaute mich erschrocken an, während mein Sklave der Ziege nachsetzte. Ich seufzte tief und gedehnt, wischte mir über die noch immer feuchte Wange und beschloss gaaaaanz ruhig zu bleiben. Allen Unannehmlichkeiten, Aufgebrachtheiten und Widrigkeiten zum Trotz.


    “Das war ein schönes Lied!“, sagte ich dann betont freundlich zu dem jungen Sklaven, um der Ruhe einen Anfang zu geben, während man Muckel noch im Stall herum rumoren hörte.


    “Ich… habe es neu gelernt,“, erwiderte Paulinus sehr scheu, als würde er sich bei etwas mehr als nur ertappt fühlen.


    “Nein, nein, nur nicht so bescheiden! Du hast eine schöne Stimme. Stecken und Stab!“, brachte ich lobend hervor und nickte dazu. “Ein Hirtenlied?“


    “So etwas in der Art...“


    Irgendwie erinnerte mich das an Mercurius, vor dessen Tempel ich mich ja in zwei Tagen mit Flavius Gracchus treffen würde. Mit Pontifex Flavius! Allein beim Gedanken daran, griff mir die Aufregung wieder in den Magen. “Erinnert mich an Mercurius,“ gab ich bekannt. “Ich bin mir sicher, dass es ihm sehr gefallen wird.“ Immerhin war er ja der bekannteste Stabträger. “Nur er ist nicht unbedingt ein Gott der Herden und Weiden. Oder vielleicht Asklepios? Ja, der hatte auch einen Stab, nur war er eben auch kein Hirte…,“ überlegte ich ungeachtet der Zerknirschung des jungen Sklaven weiter. “Ist es überhaupt an einen Gott gerichtet?“


    Paulinus biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. Schlussendlich zuckte er mit den Schultern. “Ich...weiß es nicht… ich… ich dachte ich wäre allein und da habe ich es mir ausgedacht.“


    “Ich könnte die Familie davon überzeugen, dass du es uns einmal vorsingst? Vielleicht steckt in dir ja auch ein kleiner Ovid!?“, sagte ich und ignorierte dabei den furchtsamen Ausdruck im Gesicht des Jungen. Für neue Talente im Haus sollte man schließlich immer offen sein. Besonders für Ovid, für den ich mich ja so begeistern konnte. Da fiel mir auch gleich etwas ein! “Sieh mal, als Mercurius vom Göttervater Iuppiter nieder geschickt wurde, um den Argus einzuschläfern heißt es: 'Und legt nieder Hut und behält den Stab nur. Damit treibt er als Hirt quer durch die Gefilde der Ziegen, die er ihm Gehn mitbgebracht', und bläst auf gefügeten Halmen….“, erklärte ich sinnierend und zuckte dann aus meinem eigenen abschweifenden Gedankengut auf. “Ah...die Ziege!“, fiel es mir wieder ein. Schließlich hatte ich ja auch eine mitgebracht. Ich drehte mich herum und musste feststellen, dass Muckel es gelungen war sie wieder am Strick zu ergreifen. “Schau mal! Um diese Ziege wirst du dich kümmern. Sie ein wenig pflegen und füttern, damit wir sie morgen schön schmücken können.“ Vielleicht heiterte das Paulinus ein wenig auf. Immerhin hatte ich wohl sehr verstört und er einen Draht zu allerlei Getier und steckte voller Liebe zu ihnen. “Vielleicht bekommen wir sogar diesen silbrigen Glanz im Fell hin. Was meinst du?“


    “Du willst sie opfern?“ Entsetzen machte sich auf den jungen Gesichtszügen breit.


    “Aber ja!“


    Paulinus blickte bekümmert drein, suchte mit den Blicken traurig nach dem Zicklein und nagte weiter an seiner Unterlippe herum. Einen aufgemunterten Eindruck machte er also nicht, was bestimmt daran lag, dass ich auf seinem Liedchen so herumgeritten bin und ich beschloss noch eins drauf zu setzten. “Paulinus! Schau mal! Wenn es irgendetwas gibt, das mit Tieren zu tun hat, würde ich mich immer nur an dich wenden. Vielleicht weißt du es nicht, aber dein magisches Geschick mit ihnen ist in diesem Haus fast legendär und wenn mir dieses Opfer morgen gelingt, dann werde ich dafür sorgen, dass du… dass ja… also ich würde dich lobend erwähnen und dir einen Wunsch erfüllen. Weißt du was, das machen wir auch so! Du kümmerst dich um die Ziege, beruhigst sie ein wenig, damit sie still hält und in Frieden und Anmut in die Welt der Götter gelangen kann.“ Und natürlich, damit ich in Frieden und Anmut die Gunst der Fortuna erlangen konnte!


    “Also tauschen wir sie nicht um?“, fragte mich Muckel.


    “Ach so, ja.“ Ich dachte einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf. Paulinus Geschick war wirklich beachtlich und er konnte aus einer wilden Bestie etwas ganz und gar Liebes machen! Das konnte man an unseren Molossern immer wieder sehen. Vielleicht sollte ich ihn sogar zum Opfer mitnehmen! “Nein, ich vertraue nun voll und ganz auf unseren Paulinus! Und wenn es gelingt, mein Junge, dann kannst du auf dich sehr stolz sein!“ Diesem setzte ich väterlich die Hand auf die Schulter. Immerhin wollte ich ihm auch den Eindruck vermitteln hier dringend gebraucht zu werden.


    “Möge dein Wort von den Göttern gehört werden,“ seufzte Muckel und übergab den Strick und somit die Ziege an den Jungen.


    Das hoffte ich auch. Natürlich hoffte ich das. Aber nun musste ich mich vorbereiten. Noch einmal schenkte ich Paulinus einen aufmunternden Blick und verließ mit Muckel den Stall.

  • (Fortsetzung)


    Wieder machte ich mich auf den Weg zum Stall. Der Tag war jung erwacht und ich mit ihm. Tatsächlich fühlte ich mich nicht wie sonst, nach Abenden und Nächten, die ich gemeinsam mit meinem Weinbecher, meinen lyrischen Schriften oder der leidigen Bilanz in meinem Cubiculum verbracht hatte. Nein, dieser Morgen fühlte sich besonders frisch an, was allerdings nicht an der frösteligen Brise lag, die mich dann und wann einmal umwehte. Mein Geist war willig und mein Fleisch schien es ihm nachtun zu wollen. Das einzige was etwas drückte waren die geschlossenen Schuhe und der Käse vom Ientaculum welcher im Nachhinein doch schon ein wenig ranzig geschmeckt hatte. Nichts desto trotz war ich willig, der Fortuna heute mein Opfer darzubringen. Worte für das Gebet hatte ich mir schon zurecht gelegt und memorierte sie noch, als ich mich an einem der wuchtigen Molosser vorbei schiffte, der vor der Tür des Stalles saß und vor sich hin hechelte. Wunderbar! Wo eines dieser Tiere war, konnte Paulinus nicht weit sein.


    Schwungvoll öffnete ich das Tor, betrat den Stall und musste feststellen, dass sowohl mein Opfertier als auch der Sklavenjunge wohl auf waren. Beide standen, beziehungsweise hockten in der Stallgasse, flankiert von Silas, dem Munkschenk, und einem etwa fünfjährigen Sklavenmädchen, dessen Name mir spontan entfallen war. In ihrer Mitte befand sich die Ziege, die gerade im Begriff war ein Stück Brot aus Paulinius offen hingestreckter Hand zu fressen.


    “Salvete!“, begrüßte ich die Schar fidel und ließ mich ebenfalls ein wenig in die Hocke nieder. “Ist die Ziege wohl auf?“, wollte ich dann wissen und streckte meine Hand aus, um dem Tier über den Kopf zu streichen.


    “Salve, Herr!“, grüßte Silas, wenn auch ein sehr mürrisch. In letzter Zeit war er wirklich nicht mehr der Alte. Irgendwie schien er sein sanftes, kindliches Wesen im Zuge der Mannwerdung zu verlieren. Das war oft so bei Kindern und ich dachte mir nichts weiter dabei, auch wenn mir durchaus bewusst war, dass er sich in letzter Zeit immer ein wenig als Beschützer der Kinder im Haus aufspielte.


    “Der Ziege geht es gut!“, sagte Paulinius, wenn auch noch immer ein wenig bedrückt. “Ich habe sie gebürstet und sie ist jetzt auch ganz ruhig.“


    Ich ließ meine Blicke über das Tier schweifen und es hatte tatsächlich den Anschein, als würde es nun in irgendeiner Weise zufriedener sein als gestern noch.


    “Fortuna wird dir sehr dankbar sein! Und ich, ich bin es jetzt schon!“ entkam es mir lächelnd. Ja, die Ziege machte wirklich einen perfekten Eindruck auf mich. Es wäre ein Wunder, wenn die Göttin sie verschmähen würde. Doch man wusste ja nie, was letzten Endes mit den vitalia nicht stimmte. “Aber sie scheint ja auch gut zu fressen!“, fügte ich unter meinem Gedankengang an. Immerhin wäre das ein erstes Zeichen dafür, dass mit ihren Innereien etwas verkehrt war.


    “Sie ist soooooo lieb!“, erklärte das kleine Mädchen nun und neigte sich vor, um das Tier herzend in die Arme zu schließen. “Sie hat den ganzen Napf mit Brot gefressen, und das Heu und das Stroh… und ein paar Honigkekse.“
    “Das ist gut!“, erklärte ich der Ausführung. “Das ist seeehr gut. Jetzt müssen wir sie nun noch ein wenig schmücken und ein schönes Halsband für sie finden und dann kann es gleich...“


    “Wir haben sie Beate genannt!“, fiel mir Silas nun schlicht und ein wenig ruppig ins Wort. Ja, man könnte sogar sagen trotzig.


    “Beate?“, fragte ich überrascht.


    “Das ist soooo ein schöner Name… nicht wahr Beate?“ Das Kind flauschte liebevoll den Kopf des Zickleins, welches das Köpfchen in offene Hand des Mädchens buffte und ein forderndes, feines Meckern ausstieß.


    “Sie war so unruhig und da habe ich die ganze Nacht bei ihr verbracht,“ erklärte mir Paulinius nun im unterwürfigen Flüsterton.


    “Nun ja..“ Ich beschaute mir noch einmal das Tier. Gemeinsam verbrachte Nächte schweißten ja bekanntlich zusammen. “Aber Beate?“


    “… weil sie ihr doch so glücklich ist. Guck mal… sie ist total glücklich!“, meinte nun das Mädchen und schob der Ziege noch ein kleinen Keks hin. “Und wenn man sie streichelt, dann wackelt das Schwänzchen so lustig… guck mal...“ Sie deutete auf das Schwänzchen, das in der Tat recht überschwänglich wackelte.


    Ich kratzte mich am Kopf.


    “Wir haben sie alle lieb! Nicht wahr? Das haben wir doch!“ Noch einmal schloss das Kind die Ziege in die Arme und blickte, nach Unterstützung heischend zu ihren Mitstreitern. Es dauerte auch nicht lange, bis Paulinus nickte und mir einen deprimierten Blick schenkte.


    “Aber Tiere haben einen bestimmten Zweck!“, begann ich nun. “Sie haben eine Aufgabe. So wie Menschen. Sie werden geboren, sie wachsen auf, werden groß und...“


    “Aber sie ist ja nicht mal richtig groß! Beate ist doch noch soooo klein!“


    “Aber sie wird nun einmal geopfert,“ sagte Silas für meinen Geschmack nun doch ein wenig zu patzig. “Damit musst du dich nun einmal abfinden!“


    “Mutter sagt, es hatte nur einmal ein großes Opfer gegeben und das reicht bis in die Ewigkeit...“, nuschelte Paulinus nun sehr leise. Ich hatte ihn aber doch gerade noch so verstanden.


    “Was meinst du denn damit? Das letzte lecisternium oder den letzten ver sacrum?“ Ich wusste ja selbst nicht mehr genau, wann das war.


    “Nichts...“


    “Dürfen wir sie behalten, Herr?“ Liebe, fragende Kinderaugen schauten mir entgegen.


    “Äh ja…. ich...“ konnte ich gerade noch irritiert anbringen. Irgendetwas an Paulinus verwirrte mich, doch viel Zeit diesem Eindruck nachzuspüren hatte ich nicht.


    “Huurrraaa! Er hat 'ja' gesagt! Wir dürfen sie behalten!“ Das Kind war schon aufgesprungen und um den Hals gefallen, sodass ich beinahe das Gleichgewicht verlor.


    Ein unachtsamer Moment war es nur gewesen. Ich schloss das Sklavenmädchen in die Arme, um es davon abzubringen mich halb zu erwürgen. Dabei schaute ich Paulinus entgegen. Sonderbarer Junge. Sehr sonderbar!


    “Du bist sooooo lieeeeeb, Herr!“


    “Ja, ja!“ Es gelang mir, mich wieder aus der Umklammerung zu befreien und schalt mich selbst einen Narren, mich überhaupt auf dieses Gespräch hier eingelassen zu haben. Aber es waren Kinder und für die hatte ich schon immer ein besonderes Herz. Etwas mühsam richtete ich mich wieder auf und besah mir 'Beate', die mir nun auch ihren großen Augen entgegen blickte. Dabei fühlte ich mich noch immer etwas überrumpelt und musste erst einmal begreifen, dass mir wahrscheinlich soeben mein Opfertier abhanden gekommen war. Aber noch war es nicht zu spät! Immerhin verfügte ich ja auch noch über ein bisschen Autorität. Schon war ich Begriff meinen Zeigefinger zu heben und das Glück der Kinder wieder in Luft aufzulösen.


    “Danke, Herr!“
    “Danke, Herr!“, ertönte es zeitgleich von den beiden anderen.


    Der Entschluss verpuffte im Nichts. “Oh… bitte!“, entkam es mir ergeben und ich ließ – sehr kurz nur – meine Schultern hängen. Noch immer blickten mir dankbare Kinder- und Ziegenaugen entgegen. Achtzig Sesterzen und mein Glück! Darin angelegt, dass sie fortan Honigkekse und trockenes Brot verdauten! “Nun denn,“ seufzte ich, nicht länger gewillt noch im Stall zu verweilen. Ich musste zum Tempel.

  • Nach dem Unterricht hatten Paulinus und Silas sich verkrümelt. Sie kannten alle Winkel und Schlupflöcher des Hauses und waren ausgebüxt, waren während der Siesta-Zeit durch die nahen Horti Maecenatis gestreift und hatten die Eichhörnchen mit Nüssen gefüttert.
    Bei der Rückkehr hatte Stallmeister Damon sie erspäht und gleich mit Arbeit eingedeckt. Also misteten sie, und stiegelten dann die Pferde.


    "Ich wünschte, wir könnten zu den Circusspielen gehen." meinte Silas (zum wiederholten male) zu Paulinus, während er eine Bürste durch das schwarzbraune Fell einer schönen Reitstute gleiten lies, grollend weil die blöde Vilica ihnen diesen Spaß nicht gönnte.
    Ob sie vielleicht von Dominus Casca direkt die Erlaubnis bekommen könnten? Er war sehr nett, hatte die Ziege Beate verschont und spielte manchmal Mulinello mit Silas. Oder von Domina Valentina? Die war ganz lieb und doch praktisch schon die Hausherrin. Aber die Vilica sah es gar nicht gern wenn sie so umgangen wurde.
    "Ich weiß was! Heute abend, da haben die Herrschaften nichts geplant, keiner wird einen Mundschenk brauchen und sie werden gar nicht merken wenn ich nicht da bin. Lass uns zumindest heute abend zum Ludus Matutinus gehen." Die Kaserne der Tierkämpfer lag gleich um die Ecke. "Ich habe gehört, für ein As lassen die einen rein, die Tiere angucken. Sie sollen auch nen Elefanten haben, und einen wilden Bären."
    Aber Paulinus war nicht so begeistert "Ähm... heute abend kann ich nicht." meinte er, den Blick nur auf den Schweif des Pferdes gerichtet, den er gerade entwirrte.
    "Wieso?"
    "Ich kann einfach nicht. Und überhaupt... findest du es nicht auch... traurig, die schönen wilden Tiere, und dann werden sie alle abgeschlachtet in der Arena, aufgeschlitzt, leiden Schmerzen."
    Paulinus war manchmal seltsam. Silas zuckte die Schultern.
    "Schon schade, aber da muß man sich halt mit abfinden."
    Sonst gäbe es ja keine Tierhetzen. Aber irgendwie erinnerte ihn das an seine Frage von heute morgen, und daran, dass diese noch lange nicht ausreichend beantwortet war...
    "Es ist grausam. Grausam und unnötig! Die ganzen Ludi."
    "Sei doch nicht so ein Spaßverderber."
    "Hör zu:" gab Paulinus – in einem komischen beseelten Tonfall – zurück. "Wir Menschen sollten gut zueinander sein. Gut zu uns und gut zu der wunderbaren Schöpfung um uns herum. Wir sollten sie lieben und achten und nicht Blut vergießen zum Spaß oder... für falsche Götzen."
    Was sollte man dazu sagen?! Lieben, also nee. Silas zog eine Grimasse des Unverständnisses und striegelte mit langen Zügen das Pferd. Vielleicht war Paulinus verliebt und darum verwirrt. Aber eigentlich waren sie beide doch schon lange in Camilla verliebt, Haussklavin des Nachbarn und das schönste Mädchen der Welt.
    "Irgendwas verschweigst du mir."
    Paulinus holte tief Luft, schien etwas sagen zu wollen, zügelte sich dann widerstrebend. Erst nach langem Schweigen kam: "...Ich werde dir zeigen was ich meine. Irgendwann. Bald."
    "Na gut, du Geheimniskrämer." Verträglich klopfte Silas ihm auf den Rücken. Paulinus war ein feiner Kerl, auch wenn er manchmal komisch war.


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    SKLAVE - GENS DECIMA

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  • Der Wille ist der Schlüssel zur Tat – 2. Ariovist in Gefahr


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    Silas fand (Pau-)Linus im Pferdestall, bei Stumpfnase, die vor kurzem geworfen hatte. Acht wuschelige kleine Wollknäuel scharrten sich um die riesige Molosserhündin, tapsten durch das Stroh, kugelten übereinander und balgten sich um die Zitzen.

    Auch die kleinen Mädchen waren da. Silas rollte ein bisschen mit den Augen, er hätte seinen Kumpel lieber alleine angetroffen.


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    "Sie sind sooo süüüüß!" piepste Susaria, Silas Schwesterchen, und schnappte sich einen sehr kleinen Welpen mit sandbraun geflecktem Fell. "Der ist am allersüßesten! Ich wünschte er wäre MEIN Hund." Selig kraulte sie das kleine Wesen. Auch Iphigenie knuddelte und wuschelte die Welpen. Silas kniete sich ins Stroh. Er machte sich eigentlich nichts aus Hunden. Aber die Kleinen waren schon verdammt niedlich.
    "Ich hab endlich die blöde Vase fertig." erzählte er den anderen.
    Linus gab Stumpfnase gerade zu fressen: "Da hast du, meine Große."
    Die Hündin sabberte kräftig, schlabberte ihm über die Hand und verschlang ihr Futter mit großer Gier.
    "Ich werde sie der Herrin bringen."
    "Du Silas," meinte Iphigenie, "stell doch ein paar Blumen rein, das gefällt ihr bestimmt."
    "Ich glaube ich nenne ihn Ariovist!" verkündete Susaria.
    Silas widersprach: "Du kannst nicht einen winzigen Flauschi-Hund wie einen ruhmreichen Heerkönig nennen! - Hm ja, gute Idee Iphi."
    "Pff, warum denn nicht?! Ich werde Schildmaid wenn ich groß bin, und mein Hund wird auch groß, so groß wie Reißzahn, und kämpft dann mit mir zusammen."
    "Du wirst Waschmagd, nicht Schildmaid!" Das entschlüpfte Silas, obwohl er sich echt schon oft vorgenommen hatte, lieb und nett zu seiner kleinen Schwester zu sein. Aber sie war eben so unendlich nervig...
    "Du doofes Pickelmonster!" blaffte Susaria automatisch zurück. Silas blieb locker. Die Pickel war er nämlich schon lange los.
    "Es wäre vielleicht wirklich besser, noch etwas zu warten, bevor wir ihnen Namen geben." meinte Linus verhalten zu Susaria. "Es kann ja sein, dass vielleicht nicht alle von ihnen durchkommen..."
    Susaria erschrak.
    "Der hier wird aber groß." erwiderte sie trotzig und setzte ihn vorsichtig zurück an eine von Stumpfnases Zitzen.


    Linus sagte nichts weiter dazu. Doch er sah bedrückt aus, und später als die Mädchen weitergezogen waren, und nur noch Silas und er im Stroh bei den Hunden saßen, gestand er Silas warum:
    "Damon war vorhin hier und hat... die Schwachen aussortiert. Den und den und den." Er deutete auf einen Welpen, der eine krumme Pfote hatte, auf einen, der wirklich matt erschien, und auf einen, der sehr klein geraten war, sandfarben und gefleckt... Susarias Liebling.
    "Er sagt, sie trinken nur den anderen die Milch weg. Er wollte sie gleich in einen Sack packen und ertränken, aber ich hab gesagt, ich mach es selbst..." Tiefe Traurigkeit stand in seinen Augen. "...so dass sie nicht so leiden müssen. Ertrinken ist doch besonders schlimm..."
    Silas wusste nicht was er sagen sollte. Stallmeister Damon hatte recht, es kamen nun mal nie alle durch, das war normal. Es tat ihm aber in der Seele weh, Linus so traurig zu sehen. Und Susaria würde eine Woche lang heulen. Und die Welpen taten ihm schon auch leid.
    "Willst du... soll ich an deiner Stelle..." setzte er zögernd, widerwillig an.
    "Nein... nein... Ich zermarter mir den Kopf ob es nicht anders geht. Sie wollen doch auch leben. Und Gott hat sie geschaffen, genauso wie uns."
    "Mensch Linus..."
    Silas wusste, dass sein Kumpel dem dubiosen Christianerglauben anhing. Linus hatte es ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt. Wenn dem das bloß nicht mal doll auf die Füße fiel!


    Sie erörterten Wege, die drei todgeweihten Welpen zu retten ... sie auszusetzen, aber nein, dann würden sie nur verhungern... sie zu verstecken und Milch auf dem Markt zu kaufen... aber Damon war nicht blöd und würde das merken... die Herrin um Hilfe zu bitten... aber sie war jetzt die Domina des Hauses und viel, viel strenger als früher. Was für ein Jammer, dass der tierliebe Dominus Casca nach Griechenland umgezogen war!

    Guter Rat war teuer.


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