[TABLINIUM] Virgo Vestalis Maxima Aquilia Flavia Agrippina

  • Ich kam ins Tablinium und sah, dass Verina schon auf einem der Korbstühle sass. Sie schien immer noch total aufgebracht.


    Ich schenkte mir einen Becher Wasser ein und trank ihn, das tat gut.

  • Erleichtert über die Erklärungen setzte sich Verina in einen Korbsessel. Das Fest war überstanden und ihre Übelkeit besserte sich. Froh war sie auch, dass sie nicht alleine diese Probleme hatte. Sie schenkte sich Wasser ein trank einen Schluck. Vielleicht hatte Agrippina noch etwas zu erzählen.

  • Verina begann mir Sorgen zu bereiten. Ich hatte den Schreck kleiner eingeschätzt. Darum hörte man in meiner Stimme, die sonst immer so sicher klang zu dieser späten Stunde ein leises Zittern.


    Ich möchte dich erst einmal nach konkreten Dingen fragen. Gibt es etwas, das dich besonders stark beschäftigt?


    Ich hielt kurz inne, dann setzte ich hinzu.


    Ich möchte auf jeden Fall nicht, dass du dich nicht zu fragen traust. Ich fühle mich für meine Vestalinnen verantwortlich, genau wie eine Mutter für ihre Kinder. Ich möchte, dass es euch gut geht. Denn es ist nicht leicht, als Vestalin zu leben, es bedarf etwas Übung und vorallem geistige Stärke, sich an alles neue und fremde zu gewöhnen.

  • "Mich verunsichert vor allem, weil ich noch so wenig weiß. Wie holen wir zum Beispiel das Wasser? Wann opfern wir und wie geht das? Ich muss einfach wissen, ob ich mit allem fertig werden kann. Ich habe gehört, dass auf diesem Fest sogar Blut getrunken wurde. Das ist so eklig, ich könnte gleich wieder brechen. Eigentlich habe ich mir die Zukunft als Vestalin rein und sittlich vorgestellt. Was ich aber auf diesem Fest gesehen und gehört habe, war alles andere, aber nichts Reines. Ich empfand es nicht so."


    Verina schwieg. Sie schüttelte sich.

  • Da das Wasserholen eine wichtige Aufgabe der Amatae ist, wirst du das sobald wie möglich von mir gezeigt bekommen. Ich werde dich dann die ersten Male begelieten, bis du selbständig zum Quell gehen und das Wasser in den Tempel tragen kannst.


    Was das Opfern angeht, so mach dir darum keine Sorgen, du wirst als Amata noch nicht opfern müssen und nur den Vestales de Confiramatione ist das blutige Opfern erlaubt.


    Ich schweig und liess das gesagte einfah mal etwas im Raum sthen, dann fuhr ich fort.


    Ich kann verstehen, dass die Angst vor dem Unbekannten für dich eine sehr grosse Angst darstellt, denn weisst du nicht, was auf dch zukommt, so kannst du dich auch nicht damit abfinden. Am wichtigsten ist mir, dass du, wann immer du eine Frage hast, mich aufsuchst und hemmungslos "durchbohrst". Ich helfe dir gerne.


    Die Kulthandlungen der Bona Dea waren zu viel des Guten für dich, das ist nichts aussergewöhnliches, viele Amatae werden damit kaum oder gar nicht fertig. Ich denke, für dich ist es das beste, wenn du einfach nicht mehr daran teilnimmst, bis du es von dir aus möchtest.

  • Beruhigt atmete Verina durch. Das waren wohltuende Worte.


    "Gut, wenn du es erlaubst, werde ich also zukünftig durchbohren."


    Erstmalig lachte Verina wieder. Eifrig nickte sie, als Agrippina vorschlug, sie vorerst nicht mehr an dem Bona Dea Kulthandlungen teilnehmen zu lassen. Damit war die größte Sorge von ihr genommen.


    "Wann genau fangen wir denn mit der Unterweisung im Wasserholen an?"


    Verina sah wieder glücklich und interessiert aus. Das Gröbste war überstanden.

  • Schon bald, es ist auch keine grosse oder schwierige Sache. Aber für morgen möchte ich dich von den Aufgaben entlasten. Es ist schon spät genug, schlaf dich aus und wenn du wach bist gehen wir zusammen in den Tempel, um zu beten.
    Was meinst du dazu?


    Ich nickte ihr aufmunternd zu, ich war froh, dass es ihr wieder besser ging.

  • "Danke, das werde ich tun. Du bist sehr verständnisvoll."


    Verina stand auf. Sie verabschiedete sich von Agrippina und legte sich schlafen. Der Tag hatte sie reichlich erschöpft.

  • Beruhigt stand ich auf und verliess mein Tablinium. Ich spazierte etwas im Atrium umher, stand vor den Statuen der Virgines Maximae. Einst würde auch ich dort stehen, dann wusste ich, dass die Götter mich zu ihnen geholt hatten. Es soll noch lange nicht der Fall sein.


    Dann begab ich mich in mein Zimmer und fiel in einen tiefen und erholsamen Schlaf.

  • Das Tablinium war ein heller Raum. Die weiss gekalkten Wände waren mit feinen dunkelroten geradlinigen Mustern versehen.
    In der Mitte stand ein kleiner Tisch mit zwei Korbstühlen. Auf dem Tisch eine aufwendig gearbeitete Silberkanne und zwei Becher. Die eingearbeiteten Vesta-Bildnisse zeugten vom hohen Wert des Geschirrs. Ansonsten war der Raum bis auf den Schrieibtisch eher leer, was ihm eine unheimlich schöne Harmonie und Ruhe verlieh.


    Ich deutete Decima Valeria an, sich zu setzen.

  • Valeria folte der Vestalin ins Tablinum des Privatbereichs, wie sie glaubte. Beeindruckt ließ sie den Blick schweifen, der an diesem und jenem hängen blieb.


    "Ein sehr schöner Raum", bemerkte sie ehrlicherweise, ehe sie sich auf einen der Stühle setzte, als die Aufforderung dazu kam.


    "Verzeih mein Hereinplatzen, doch ich bin selbst Sacerdos in Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Mein Aufenthalt in Rom ist beschränkt und so konnte ich dich nicht vorher schriftlich benachrichtigen. Ich bin die nichte des Legatus Augustus Pro Praetore in Germania, Decima Tertia war seine Schwester. Er bat mich, etwas über die Umstände ihres Todes herauszufinden. Da sie eine Vestalin war, hielt ich es für gut, dich zu fragen. Sicherlich weißt du einiges mehr als ihre Familie, die ja außerhalb Roms lebt und arbeitet."

  • Ich lächelte, anscheinend hatte ich jemanden mit einem ähnlichen Geschmack wie ich gefunden, der ebenfalls eher den linearen Formen, als dem reich Verschnörkelten frönte.


    Doch mein Gesichtsausdruck verdüsterte sich, als Decima auf Tertia zu sprechen kam. Ich war noch immer betrübt über dieses bedrückende Ereignis.


    Ich fürchte, ich muss Euch traurige Nachrichten überbringen. Livia Decima Tertia holten die Götter zu sich, sie war schwer krank und trotz innigster Pflege konnte ihr nicht geholfen werden.............................................. Sie entschlüpfte in die unendlichen Weiten des Elysium.


    Anfangs hatte wir grosse Hoffnungen auf Genesung. Nach einer Phase der Besserung, verlor sie plötzlich während einer rituellen Handlung ihr Bewusstsein, sie glühte vor Fieber als ich sie auf ihr Cubiculum trug und redete wirre Dinge.


    Ich erlebte schon viele Krankheiten und ein Freund von mir, ein ausgezeicheter Medicus, unterrichtete mich, bevor ich Priesterin wurde in der Kunst des Aesculapius. Doch auch von Ärzten konnte ich nichts über diese Art von Krankheit erfahren.

  • Für Valeria war diese Nachricht ja nicht neu, sie wusste eben nur nichts über die genauen Umstände des Todes. Als die Vestalin erzählte, hörte die Decima aufmerksam zu.


    "Ein Fieber, sagst du?" Valeria überlegte.
    "Ich selbst bin ebenfalls mit den Künsten der Medizin betraut, ich absolvierte meine Ausbildung bei Apollonius von Samothrake, seinerzeit einer der führenden Medici des Imperiums, aber.... War es denn nur das Fieber, das die Ärmste heimsuchte?"


    Sie machte ein bedauerndes Gesicht.

  • Das Fieber war meines Wissens nur eines der äusserlich sichtbaren Zeichen der Krankheit, ich befürchte, dass es sich vielmehr um eine Entzündung handelte, die sich auf den ganzen Körper ausweitete. Decima hatte sich einige Tage zuvor schwer an einem Opfermesser verletzt, ich reinigte die Wunde nach allen Regeln der Medici, aber trotzdem häufte sich gelber Ausfluss an und ihr Fieber stieg erheblich.


    Schliesslich eines Morgens betrat ich ihr Cubiculum, in der Hand frische Tücher und Wasser. Ich sprach leise ihr Namen, vorher hatte sie jeweils mit einem zaghafen Nicken reagiert, doch an jenem traurigen Morgen blied dies aus, ihre Hand fühlte sich kalt an, wie Wachs lag sie schwer in der meinen.


    In mir erwachte erneut eine tiefe Trauer.

  • Valeria nickte verstehend und bedauernd. Sie hatte Tertia zwar kaum gekannt, aber es war immerhin ein Mitglied iher Familie, das gestorben war. Und sie wusste, dass Meridius sehr um seine Schwester trauerte. Was die Vestalin erzählte, klang ganz nach einer schleichenden Vergiftung durch ein verunreinigtes Opfermesser.


    "Es wird ihr sicher gut gehen, dort, wo sie nun ist. Du hast bestimmt eine gute Freundin verloren. Das tut mir sehr leid. Ich selbst habe die kaum gekannt, obwohl sie doch meine Tante ist. Dereinst werden wir uns alle im Elysium wiedersehen, aber bis dahin bleibt uns hoffentlich noch eine Weile."


    Valeria konnte nicht anders und legte der Vestalin mitfühlend ihre Hand auf den Arm.
    "Denke nicht mehr an den Abschied, sondern an das Wiedersehen."


    Eine Weile schwieg sie, nahm die Hand wieder fort und versuchte, sich an Tertias Gesicht zu erinnern. Es gelang ihr nur verschwommen. Sie seufzte.


    "Na gut. ich habe deine Zeit schon lang genug in Anspruch genommen, Flavia Agrippina. Vielen Dank für deine Erklärung, ich werde Tertias Bruder dein Beileid aussprechen.
    Hm, ich fürchte, allein finde ich nicht heraus",
    gab sie dann zu und lächelte mild.

  • Ich schod die düsteren Gedanken beiseite, jetzt war noch nicht die Zeit sich ihnen zu widmen, frönte ich als junge Frau doch viel zu sehr dem Diesseits und dem Leben.


    Ich war Decima dankbar um ihre Geste, als sie ihre Hand weggezogen hatte, fühlte ich noch immer die Stelle, an der sie meine Haut berührte, ein wohliges Gefühl breitete sichin mir aus.


    Kein Probelm, du hast meine Zeit keines Falls strapaziert. Gerne geleite ich dich zum Ausgang und wenn du möchtest auch über das Forum Romanum.

  • Valeria lächelte erfreut.
    "Gern. Vielleicht lässt sich noch etwas über erfreulichere Dinge plaudern. Wie sieht es beispielsweise mit dem Nachwuchs der Vestalinnen aus? Ich hörte, dass kaum mehr junge Mädchen die Ehre wahrnehmen wollen, das heilige Feuer zu hüten?" fragte Valeria interessiert. Sie gedachte, sollte sie einst eine Tochter haben, sie zu den Vestalinnen zu schicken.

  • Ich war für den Themawechsel ausgesprochen dankbar, irgendwie konnte ich nicht verschweigen, dass mir Gedanken um den Tod auf merkwürdige Art und Weise zusetzten und mich in eine Form tiefer Nachdenklichkeit versetzten.


    Ja, der Nachwuchs lässt eben auf sich warten. Es ist eine traurige aber unübergehbare Tatsache; die Ehre, Vestalin zu werden, wird von der Mehrheit der jungen Mädchen nicht mehr als solche wahrgenommen. Vielmehr sieht man in diesem zarten Alter darin eine Einschränkung der Jugend, eine Beschneidung der persönlichen Freiheit.
    Ich werde in nächster Zeit vermehrt für Werbung neuer Priesterinnen sorgen.

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