Casa et Taberna Petronia


  • An
    Marcus Petronius Glabrio
    Casa Petronia
    Roma
    Italia


    Mein lieber Freund,


    mit Freuden kann ich dir berichten, dass ich und die anderen wohlbehalten wieder in Mogontiacum angekommen sind. Die Reise war wie stets lang und beschwerlich, doch die Vorfreude auf die Heimat hat sie uns fortwährend versüßt, sodass die Strapazen nur bedingt Einfluss auf unser Gemüt genommen haben.
    Auch was meinen Bruder angeht, kann ich dich beruhigen. Meine Ahnung, dass es ihm nicht gut geht, ist eingetroffen, aber in viel schwächerer Form als ich befürchtet hatte. Er ist erkältet mit den üblichen Anzeichen, doch mehr als heißen Met und ein wenig Pflege wird nicht nötig sein um ihn wieder auf den Damm zu kriegen.
    Ich hoffe in Rom steht weiterhin alles zum Besten und die Umbauten deiner Casa gehen gut voran. Noch einmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich während meines Aufenthalts nicht öfter Zeit gefunden habe, unsere Freundschaft zu vertiefen. Doch wer weiß, man sieht sich sicher noch einmal wieder. Ob hier in Mogontiacum oder zu irgendeinem Anlass vielleicht sogar noch einmal in Rom. Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn du mich zumindest mit Briefen darüber in Kenntnis setzt, wie es dir gerade geht und was es neues von dir gibt. Auch ich werde mich anhalten, regelmäßiger zu schreiben.
    Bis dahin, mein guter Freund, lebe gut und mögen die Götter dich beschützen,


    Eila

  • Eine Lösung, ein ausweg, schnell, ihr musste doch etwas einfallen. Kurz sah sie auf den Boden, dann wieder den Mann an, der vor ihr stand um dann wieder hinunter zum Boden zu schauen. Da war es, der Korb. Wieso hatte sie ihn nur vergessen. Na ja, sonst trug sie keinen, das musste wohl der Grund gewesen sein.
    "Ich suchen Baldwin. Baldwin seien mein Mann und sollen hier arbeiten. Ich bringen ihm Essen."
    Sie zeigte kurz den geschlossenen Korb nachdem sie ihren Wunsch in einem ziemlich gebrochenen und germanisch klingenden Latein vorgetragen hatte. Sie konnte nur hoffen, dass der Mann nicht in den Korb schauen würde und dann bemerken müssen, dass sie wohl das Essen ihres Mannes vergessen hatte. Dies zu erklären wäre wohl viel schwieriger geworden als ihre Anwesenheit hier in diesem Raum zu erklären. Sie versuchte zu Lächeln, schüchtern und unsicher. Das unsichere kam von allein, das schüchtern war da schon eine mittlere Herausforderung.

  • Glabrio war immer noch etwas misstrauisch. Wenn sie wirklich einen Bauarbeiter mit einem komischen Namen suchen sollte, wieso war sie dann hier? Naja, sie musste sich verlaufen haben, sagte er sich und nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, wie die Frau aussah, damit er sie wieder erkennen könnte - man konnte ja nie wissen ausserdem wollte er sie nächstes Mal nicht wieder zu Unrecht verdächtigen - nickte er.
    "Komm, wir fragen jemanden, wo Dein Mann sich aufhält!", sagte Glabrio und führte die Frau aus dem Raum. Als sie auf den Flur kamen, lief ihnen der Vorarbeiter über den Weg, mit dem Glabrio sich gerade noch gestritten hatte. Schnell versuchte er davon zu kommen, aber Glabrio rief "He!" und übergab dann mit einer auffordernden Geste das Wort an die junge Frau.

  • Ai ai ai, da hatte sie nun den Schlammassel. Ehe sie es sich versah, stand sie draußen vor der Tür und dies ohne die Schriftrolle, die sie doch so interessant fand. Innerlich seufzte sie daraufhin und gleich noch mehr als dieser Vorarbeiter vor ihr stand. Er hatte einen gigantischen Körperbau und stand somit im totalen Gegensatz zu der kleinen und zierlichen Celeste. Flucht vor den beiden Männern zu ergreifen war hier sinnlos. Schnell konnte sie sein, aber der fremde Mann vor ihr ersteckte sich ja fast über die ganze Breite des Flures. So musste sie wohl weiter ihre rolle spielen, die nicht wirklich gut durchdacht war und ein Produkt der plötzlich auftretenden Gefahr war.
    "Ich suchen Baldwin, er sollen hier arbeiten. Du ihn gesehen?"
    Sie versuchte es wieder in ihrem besten Germanisch-Römisch. Was sie nun hoffen sollte, wusste sie nicht. In Erklärungsnot kam sie wenn ein solcher hier nicht arbeitete und wie sie den Kopf aus der Schlingen ziehen sollte wenn ein Baldwin hier arbeiten würde, wusste sie auch noch nicht wirklich. Es blieb ihr wieder einmal nur das abwarten und die Hoffnung auf einen spontanen und rettenden Einfall.

  • Doch der Vorarbeiter, dem Glabrio vorher "auf den Fuss getreten" war, kam ihr zur Hilfe. Er musterte erst Celeste sehr zweifelnd, denn er kannte niemanden, der Baldwin oder so ähnlich hiess. Aber dann kam ihm ein Gedanke. Diese Frau hatte sicher einen Grund, Glabrio zu sagen, sie suche Baldwin. Entweder sie hatte sich verlaufen und suchte ihn tatsächlich auf einer anderen Baustelle oder sie hatte einen guten Grund... Pflichtfertig nickte der kräftige Mann und sagte an Glabrio gewand: "Ich erledige das schon, Herr!"
    So sammelte er Pluspunkte und wischte dem Bauherrn gleichzeitig eins aus. Jetzt kam er doch noch auf seine Kosten...
    Glabrio nickte und schaute den beiden hinterher, wie sie die Treppe hinunter verschwanden. Dann kehrte er zurück in die Bibliothek um wieder unter Büchern zu sein und in Ruhe husten zu können.


    Celeste wurde vor die Haustür geführt. "Hier arbeitet kein Baldwin! Du musst dich verlaufen haben..." knurrte der Vorarbeiter vieldeutig mit einem erneut zweifelnden Blick auf Celeste.

  • Heute war es endlich soweit! Die Bauarbeiten waren alle abgeschlossen. Die Gasträume waren fertig gestrichen und sogar schon von Tischlern ausgestattet worden. Die Küche war fertig und blitzblank, sie wartete nur noch auf eine gute Köchin. Seine eigenen Gemächer und die verschiedenen Arbeitszimmer sowie die Bibliothek waren schon länger frei von Bauarbeitern. Der Garten im kleinen Innenhof wurde angelegt und der Innenraum der Taberna war vollgestellt mit Tischen und Klinen, alles war bereit... Lediglich der Andachtsraum mit der geplanten Glasfassade hatte Glabrio zurückgestellt.
    Der Lärm wich, nur der Husten blieb und quälte Glabrio sehr.
    Doch er ignorierte es weitgehend und freute sich stattdessen auf die baldige Eröffnung seiner Taberna. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Es gab so viel zu tun.

  • Es war soweit. Morgens war Glabrio schon früh aufgestanden und hatte die letzten Vorbereitungen getätigt. Zur zweiten Stunde waren die beiden Frauen und der Junge aus der christlichen Gemeinde gekommen, die sich bereit erklärt hatten, für einige Zeit zu helfen. Glabrio selbst half in der Küche mit. Zur Mittagszeit schliesslich öffnete er den schweren Holzladen, der die breite Öffnung zur Strasse hin verschloss und die Tür. Neben der Tür hatte er ein Schild angebracht, auf dem zu lesen war: Taberna Petronia Darunter war ein Fisch abgebildet.
    Hinter dem Tresen zur Strassen hin stand nun der stolze Besitzer und verteilte Puls, Linsensuppe und Fischsaucen zu halben Preisen an die hungrigen Arbeiter und Nachbarn, die vorbeigekommen waren. Die Gästezimmer waren ebenfalls bereit, allerdings noch nicht vergeben.

  • Zitat

    Original von Marcus Petronius Glabrio


    Celeste wurde vor die Haustür geführt. "Hier arbeitet kein Baldwin! Du musst dich verlaufen haben..." knurrte der Vorarbeiter vieldeutig mit einem erneut zweifelnden Blick auf Celeste.


    Nur kurz gestattete sie sich durchzuatmen als der Vorarbeiter ihr scheinbar zur Hilfe kam. Den Hausherren war sie erst ein,al los, den anderen Mann hier noch nicht. Der Haustür immer näher kommend, wurde die Angst auch weniger. Es war die Freiheit, die sie dort sah und dies bedeutete Fluchtmöglichkeiten, viele Fluchtmöglichkeiten. Nachdem sie die Tür erreicht hatten, sprach der fremde Mann sie noch einmal an und sie bemerkte den fragenden, zweifelnden Blick. Sie wollte und konnte darüber nicht streiten, es würde wohl alles nur schlimmer machen. Also andere Strategie.
    "Dann ich entschuldigen mich, ich müssen falsche Straße gegangen sein."
    Kurz lächelte sie unsicher und machte sich dann mit zügigen, aber nicht übereilt wirkenden Schritten auf und davon. Sie hatte Beute gefunden, leider nicht alles nehmen dürfen, aber sie war auch nicht leer ausgegangen.

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    Marcus Petronius Glabrio

    Provincia Italia
    ~~~~~
    Roma
    ~~~~~
    Casa Petronia


    ____________________________________________


    Salve, Marcus Petronius Glabrio!


    Es ist eine traurige Angelegenheit, dir das Ableben Deines Verwandten Appius Petronius Calenus ins Gedächtnis rufen zu müssen. Obwohl ich weiß, dass ich Dir damit absolut keinen Trost zu spenden vermag, sei Dir bitte meines tiefsten Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert. Meine Aufgabe als Decemvir litibus iucandis ist es, das Erbe Deines verstorbenen Verwandten an die rechtmäßigen Erben zu verteilen, so wie es das Gesetz fordert.


    Da Du als Erbe in Frage kommst, bitte ich Dich um eine kurze Mitteilung, ob Du Dein Erbe antreten möchtest. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, sich in Zeiten der Trauer mit solchen Fragen auseinander setzen zu müssen. Trotzdem bitte ich Dich um eine schnelle Antwort, welche bitte bis zum PRIDIE KAL FEB DCCCLIX A.U.C. (31.1.2009/106 n.Chr.) bei mir eingehen sollte. Sollte keine Antwort mich ereilen, habe ich keine andere Wahl, als Deinen Erbteil der Staatskasse zuführen zu lassen.


    Mögen die Götter Deinen Verwandten sicher in Eylsio begleiten.



    Vale,


    Tiberius Aurelius Avianus



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  • Ad:
    Marcus Petronius Glabrio
    Casa Petronia | Roma | Italia


    Geschätzter Freund,


    ich bin untröstlich dir erst jetzt zu schreiben, aber anscheinend ist dein Brief verloren gegangen, und wurde erst kürzlich wieder gefunden. Auf jeden Fall hat mich deine Einladung jetzt erst erreicht, weswegen ich dir auch jetzt erst darauf antworten kann.
    Wie du schon vorhergesehen hast, wäre es mir kaum möglich gewesen meinen Platz hier einfach zu verlassen. Deshalb kann ich dir nur aus der Ferne wünschen, dass dein Start ins Unternehmerlebens gelungen ist, und du dein Gasthaus deinen Gästen und dir sehr viel Freude bereitet.


    Was das wirtschaftliche angeht: darum kümmern sich unsere Götter nicht. Es ist ihnen egal wer reich oder wer arm ist, durch seine Taten verdient man sich Eingang in Valhall, oder in Hels Reich. Daher mache ich mir keine Sorgen, was das angeht. Was das irdische allerdings angeht, muss ich mittlerweile feststellen, dass der wirtschaftliche Erfolg wohl Nachahmer sucht. Es gibt diverse Unternehmer, die wohl Betriebe nach unserem Vorbild aufbauen wollen... sei's ihnen gegönnt.


    Es ist schön, dass Eila und du die Zeit gefunden habt euch zu treffen, ich glaube es tut ihr gut, Freundschaft zu erfahren, denn sie durchlebt gerade eine Krise, in der selbst ich als ihr Bruder ihr nicht helfen kann. Vielleicht wird es Zeit, sie einem Mann zuzuführen, damit sie die ihr von den Nornen vorhergesehene Aufgabe erfüllen kann. Allerdings ist sie da so eigenwillig, dass ich kaum glaube, dass sich ein Mann, der nicht verrückt ist, auf sie einlässt. Ich bin gespannt, was das noch bringt...
    Apropos Heiraten. Ein Stammesfürst der Mattiaker ist auf mich zugetreten, und hat eine Verbindung zwischen meiner Familie und der seinen vorgeschlagen, es geht um die Tochter seines Bruders... und um mich. Ich weiß noch nicht wirklich, was ich davon halten soll, sehe mich aber in der Pflicht, der Verantwortung, die ich in meiner Sippe trage, gerecht zu werden. Vielleicht ist es bald an mir, dich zurück nach Mogontiacum zu laden.


    Die düsteren Zeiten, in denen unsere Familie steckt, haben sich zwar gelichtet, doch wissen wir mittlerweile, wem wir sie zu verdanken haben: Römern.
    Unsere Hauskraft ist wieder aufgetaucht, argh gebeutelt und wahrscheinlich gefoltert, ihrer Beschreibung nach zu urteilen waren es Soldaten, vielleicht Veteranen, die Kameraden in Schlachten gegen Stämme verloren haben. Ein römischer Junge ist beim Herumschnüffeln in unserer Casa aufgeflogen, und wurde postwendend nach draußen befördert... uns wurde mal wieder sehr deutlich gemacht: wir sind nicht bei allen willkommen hier.
    Aber das ändert nichts an unserer Situation. In Magna waren die unseren noch gefährdeter als hier im Reich, wir werden bleiben, denn dies ist das Los welches uns die Nornen vorherbestimmt haben.


    Wir beherbergen zur Zeit einen Mann aus dem freien Germanien bei uns, der auf der Suche nach seiner Frau ist, die wahrscheinlich von Sklavenhäschern gefangen wurde. Kannst du mir einen Gefallen tun, und dich auf den Sklavenmärkten Roms ein wenig umhören? Ihr Name soll "Siv" sein.
    An diesem Beispiel sieht man wieder, wohin einen die Liebe führen kann. Er scheint ein einfacher Mann aus dem Gefolge eines Richs zu sein, kein wohlhabender Mann, aber entbrannt in verzweifelter Liebe zu seiner Frau.


    Ich hoffe für dich, dass du dasselbe irgendwann für eine Frau fühlen kannst, die es wert ist.


    Til ars ok frisar.


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    _________________________________________________________
    Tiberius Duccius Lando
    Casa Duccia | Mogontiacum | Germania Sup.

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  • Die Eröffnung der Taberna war gefolgt von einigen sehr anstrengenden Wochen, in denen viel Arbeit getan werden musste. Da er noch immer keine feste Köchin gefunden hatte, half Glabrio im ganzen Haus und war fast den ganzen Tag beschäftigt. Das Geschäft ging nicht schlecht, wenn es auch an manchen Tagen eher schleppend lief. Wenige Gäste hatten bisher bei ihm übernachtet, Fremde kannten doch häufig Menschen in Rom, wenn sie als Gäste kamen und die Armen, die es in die Grossstadt zog, konnten sich kein Zimmer leisten.
    Doch das Essen kam gut an und vor allem unter den Bauarbeitern und benachbarten Handwerkern hatte Glabrio bereits einige Stammkunden gewonnen.


    Als er an diesem frühen und lauen Abend in seinem Arbeitszimmer saß und eine Bestellung für Wein vorbereitete und einige Rechnungen anstellte, stiess er auf den Brief, den sein Freund Loki ihm vor einiger Zeit geschickt hatte. Er laß ihn erneut und war dankbar, dass er auch in dieser hektischen Zeit, in der er sogar selten dazu kam seine Brüder und Schwestern in Rom zu besuchen, auf seinen alten Freund zählen konnte.


    Kurz entschlossen legte er die Rechenaufgaben zur Seite, die ihn sowieso nur vergrämten und machte sich daran, einen Brief nach Germanien zu schreiben.

  • Ein grauer Vorhang aus Wolken bedeckte den Himmel über Rom und ein kühler Wind wehte durch die Straßen und Gassen, über die Plätze und Häuser, als Tychicus die Taberna Petronia erreichte. Nur fern am Horizont in Richtung Ostia, über dem Meer, zeigte sich ein schmaler Streifen blauer Himmel, der jedoch von Minute zu Minute größer wurde und davon zeugte, dass der Westwind besseres Wetter vom Meer her bringen würde.
    Ein neuer Auftrag des Decimers hatte den jungen Miles wieder einmal von der Castra Praetoria in die Stadt hinein geführt. Er trug eine schlichte, weiße Tunika, die aussah, als habe er sie seit Wochen nicht mehr gewaschen und sogaer darin geschlafen, obwohl er sie erst am vorigen Tag gekauft hatte, und sich anstelle seiner Toga, die er sonst in der Öffentlichkeit zu tragen pflegte, einen einfachen und ebenfals etwas abgerissen wirkenden Mantel um die Schultern geworfen. Nur seine muskulöse Statur konnte jetzt noch davon zeugen, dass es sich bei ihm um einen Soldaten handelte und nicht um einen einfachen Peregrinus.
    Jetzt ging es also los. Noch ein paar Schritte, ein paar Worte, und er würde vielleicht für Wochen nicht mehr zu seinen Kameraden zurückkehren und in seinem inzwischen so vertrauten Feldbett schlafen können. Er rief sich noch einmal alles ins Gedächtnis, was er sich zurechtgelegt hatte.
    Dann trat er an die Tür der Taberna klopfte an. Ihm fiel auf, dass ein Fisch neben der Tür abgebildet war und machte sich darüber schon einmal eine gedankliche Notiz, obwohl diese "Expertin" bei ihrer Aktion dieses Schild wahrscheinlich schon bemerkt und dem Centurio davon berichtet hatte.

  • Am gestrigen Abend war Glabrio seit längerer Zeit wieder bei einem der heimlichen Zusammenkünfte gewesen, die die Christen von Rom hin und wieder im Schutze der Dunkelheit und oft ausserhalb der Stadtmauern abhielten. Ein weiteres Mal hatte er dafür plädiert, man solle sich an den Kaiser wenden und von ihm oder einem anderen Mächtigen Schutz erbitten. Doch die meisten anderen, vor allem die Sklaven und Arbeiter, sowie die Alten, die überall Gefahren sahen, wollten nichts davon wissen. Einmal mehr hatte Glabrio sich zufriedenstellen lassen. Aber die Frage, wie er richtig vorgehen sollte - und wie es mit der Gemeinde weitergehen sollte, ging ihm nicht aus dem Kopf. Er konnte sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren, immer wieder plagten ihn Sorgen und der ewige Husten, der ihn seit den Bauarbeiten einfach nicht verlassen wollte. Vielleicht sollte er doch einmal einen Arzt aufsuchen. Schliesslich gab er auf und vertiefte sich ins Gebet.
    Als er sich gestern auf den Gottesdienst vorbereitet hatte, hatte er festgestellt, dass seine Kreuzkette verschwunden war, die ihm einer der Lehrer aus Judäa geschenkt hatte, und die er - bis er nach Rom gekommen war, stets am Körper getragen hatte. In letzter Zeit lag sie aber in seinem Arbeitszimmer herum und nun war sie weg. Doch Glabrio dachte sich nicht viel dabei, am allerwenigsten dachte er an die Frau, die sich vor einiger Zeit hier hineinverirrt hatte. Er vermutete vielmehr, dass das Kreuz in einer der Schriftrollen lag. Vielleicht hatte er sie abends nach dem Studium der Psalmen oder der Berichte des Markus, die er teilweise besaß in einer der Rollen liegen gelassen und war eingeschlafen. Sicherlich würde er die Kette bald wiederfinden.
    An diesem Morgen saß Glabrio an seinem Schreibtisch, einer der Fensterläden stand offen, und der Wind rauschte, hoffentlich würde es nicht zum Sturm kommen. Ein kräftiges Klopfen holte Glabrio aus seinem Gebet und seinen Gedanken und er stand auf, machte das Kreuzzeichen, schloss noch einmal kurz die Augen und eilte dann die Treppe hinunter zur Tür. Zur Zeit wohnten keine Gäste im Haus, was sehr schade war und die Arbeiter und anderen Gäste kamen meist auch erst gegen Mittag. Also war die Tür noch verriegelt. Glabrio öffnete sie und erblickte einen kräftigen Mann in einer ungepflegten Tunica. War es ein früher Gast? Das wäre sehr ungewöhnlich gewesen! Mit grosser Freundlichkeit fragte Glabrio: "Willkommen! Was kann ich für Dich tun, mein Freund?"

  • Erleichtert registrierte Tychicus die Freundlichkeit in den Worten des Petroniers. Der Wind fuhr ihm durch seine - absichtlich - ungewaschenen und zerzausten Haare, als er antwortete:


    "Salve, Herr. Mein Name ist Timoxenus, ich bin gerade erst in der Stadt eingetroffen, aber ich suche schon seit langem nach einer Arbeitsstelle. Jemand auf dem Forum meinte, ihr könntet mir da vielleicht weiterhelfen, denn eure Taverna habe erst seit kurzem geöffnet."


    Er mischte einen leichten, kaum zu bemerkenden Akzent in seine Rede, den er schon häufiger bei Leuten gehört hatte, die aus dem Süden Italias stammten.
    Tychicus rückte noch einmel den kleinen Rucksack mit Habseligkeiten zurecht, den er sich gepackte hatte, und sah sein Gegenüber hoffnugsvoll, sogar leicht bittend, an.
    Solange der Tavernenbesitzer jetzt nicht allzu viele Fragen stellte - was der Rediviver nicht erwartete - konnte gar nicht so viel schiefgehen. Ja, sagte er sich mit neu aufkommendem Selbstbewusstesein, er würde das durchziehen und schaffen.

  • Der Mann war neu in der Stadt, suchte aber schon länger eine Arbeitsstelle. Also war er deswegen weggegangen? "Wo kommst Du her? Und was kannst Du?", fragte Glabrio offen. Wenn der Mann Koch war: sehr gut, Kellner konnte er auch gut gebrauchen. In jedem Fall wäre ein gründliches Bad in den Thermen aber unerlässlich. Der Mann war zwar kräftig, aber nicht gut gepflegt, das war nicht gut für eine Taberna.
    Unauffällig blickte Glabrio auf die Ohren, den Hals und die Arme des Fremden. Er entdeckte keinerlei Anzeichen dafür, dass es ein Sklave sein könnte. Grundsätzlich wäre ihm das egal gewesen, doch es würde nur Ärger mit sich bringen, einen entflohenen Sklaven unterzubringen oder gar anzustellen.
    "Aber komm erst einmal herein, mein Freund. Dein Name ist Timoxenus? Bist Du ursprünglich Grieche? Aber Du klingst mehr nach einem Italiener!"
    Er führte den Mann herein und wies ihm an, sich an einen der freien Tische zu setzen. Dann ging er einige Schritte zur Theke und goss verdünnten Wein in zwei Becher. Es war guter Wein, jener, der vor einer bestimmten Uhrzeit auch an die Gäste ausgeschenkt wurde.

  • Dankbar, dem ungemütlichen Wetter zu entkommen, trat Tychicus hinter Glabrio in die Wirtsstube ein und erklärte:


    "Ich wohnte bis vor einem Jahr noch bei meinen Eltern, südlich von Misenum. Mein Vater war Bäcker und er hat mich schon früh mit seiner Arbeit vertraut gemacht, damit ich sie weiterführen könnte, wenn er zu alt würde. Doch vor einem Jahr wurde das ganze Dorf bei einem Feuer vernichtet, meine Eltern kamen dabei um, und ich selbst gehöre - nur dank eines glücklichen Zufalls - zu einem der wenigen Überlebenden. Seitdem ziehe ich durch Italia, verdiene mir das allernötigste Geld mühsam als Taglöhner und hoffte nun, hier in Rom endlich eine feste Arbeitsstelle zu finden.
    Ich beherrsche das Bäckerhandwerk also, und könnte mich mit diesen Kenntnissen vielleicht in eurer Küche nützlich machen."


    Er nahm an einem der Tische platz und probierte dann von dem Wein, den der Petronier ihm anbot, wobei er positiv von dessen Qualität überrascht war. Nur allzu viele Tavernen hier Rom schenken ausschließlich den billigsten Wein aus, den sie bekommen konnten, und die anspruchslose Kundschaft nahm das ohne jedes Murren hin. Von seinem Vater, der sich nicht selten an einen guten Tropfen Rebsaft erfreut hatte, hatte Tychicus gelernt, zumindest grob zu unterscheiden, ob es sich um einen guten oder einen schlechten Wein handelte.
    Ein kurzer Blick in die Runde bestätigte dem Rediviver dann die Information des Centurios, dass der Petronier seine Taberna erst kürzlich eröffnet hatte. Die Möbel, der Anstrich der Wände - alles wirkte noch neu, unberührt und sauber. Letzteres konnte natürlich auch auf einen deulich älteren Raum zutreffen, doch auch in dieser Hinsicht hatte Tychicus in den Wirtshäusern Roms bisher eher ernüchternde Erfahrungen gemacht.


    Auf die Frage nach seinem Namen antwortete er:
    "Mein Vater erzählte mir immer, unsere Wurzeln lägen unrsprünglich in Tarentium, was vor vielen Genenrationen ja griechische Kolonie war. Deshalb erinnern unsere Namen immer noch an diese Zeit, obwohl ich selbst mich inzwischen vertsändlicherweise eher als Italiener denn als Grieche sehe."

  • "Das tut mir Leid!", warf Glabrio aufrichtig ein, als der griechische Italiener ihm vom Tod seiner Eltern erzählte. Er musste selbst an das frühe Ableben seiner eigenen Eltern denken. Das kam viel zu häufig vor.
    "Du bist also Bäcker...", dachte Glabrio laut. Könnte er wohl in der Küche viel helfen? Im Augenblick beschäftigte er zwei seiner "Schwestern" dort und sie hatten alle Hände voll zu tun.
    "Nun, Du könntest sicherlich Brot für mich backen, aber wichtig sind vor allem Suppen, Hühnchen und Eintöpfen... und natürlich Puls.
    Traust Du dir so etwas auch zu? Aber auf jeden Fall könntest Du Lasten tragen, Lieferungen annehmen und so weiter... Du siehst sehr kräftig aus."
    Ja, er würde den Mann anstellen, selbst wenn er kein Hühnchen zubereiten konnte. Immerhin würde er nicht mehr so auf die Milde der Gemeinde angewiesen sein und er hätte auch endlich jemand festes, der - hoffentlich - hart und zuverlässig arbeitete.
    "Nun, ich kann auf jeden Fall nicht viel Geld bieten. Ich bezahle fair - aber nicht viel. Wenn das Geschäft erst besser geht...", ergänzte er vielversprechend.

  • Zufrieden registrierte Tychicus das offensichtlich unverstellte Mitleid in Glabrios Stimme. Es konnte nur helfen, wenn der Petronier das Bedürfnis verspürte, ihm zu helfen.
    Noch zufriedener - und natürlich auch ein Stück erleichtert - reagierte der junge Mann aber auf das Angebot des Tavernenbesitzers, ihn in seiner Küche anzustellen und auch andere Aufgaben zu übernehmen.


    "Das wäre wirklich schön!", antwortete er mit einem aufrichtigen Lächeln, "Ein bisschen Kochen kann ja schließlich jeder, und ich mache ich auch gerne darüberhinaus noch bei euch nützlich. Lasten tragen und Lieferungen annehmen... Ja, das traue ich mir natürlich zu. Und das mit dem Geld ist eigendlich auch kein Problem. Dass ich überhaupt endlich einer geregelten Arbeit nachgehen kann ist schon mehr, als ich mir erhoffen konnte."


    Innerlich versuchte er allerdings, seine Euphorie wieder etwas unter Kontrolle zu bekommen und Alles wieder sachlich zu betrachten. Ihm war schließlich gerade erst der ersten Schritt gelungen.


    Sim-Off:

    EDIT: Wie in PN

  • Aus der Stadt kommend führte Glabrio mitten in der Nacht die fremde Frau an der Hand zu seinem Haus. Sie trug ein Kind, das sich langsam wieder beruhigt hatte. Als sie ankamen, öffnete Glabrio die Tür und zündete einige Kirchen im Schankraum der Taberna an und wies seinen Gästen einen Platz zu. "Setzt Euch!" Als sie ihm Folge leisteten eilte er hinter die Theke und füllte zwei Becher mit verdünntem Wein und einen mit Wasser, falls das Kind auch schon etwas trank, Glabrio kannte sich da nicht besonders gut aus.
    Ausserdem füllte er etwas Fladenbrot und einen Schenkel des köstlichen - wenn auch mittlerweile natürlich kalten - Hühnchens, das es heute mittag für die zahlenden Gäste gegeben hatte.
    Alles trug er zurück zum Tisch. "Bedien Dich. Du wirst sicher hungrig sein." Doch bevor er sich selbst setzte, holte er noch eine flauschige und warme Decke aus einem der Wohnräume. Schliesslich kehrte er zurück in den Schankraum und legte die Decke sanft aber nicht zu aufdringlich um die Schultern der jungen Frau.
    Dann setzte er sich ihr gegenüber und beobachtete sie, während er an seinem Wein nippte. Glabrio wartete, ob die Frau etwas von sich erzählen wollte, oder ob sie nur schweigen wollte. Er war gespannt zu erfahren, was sie auf die Strasse gebracht hatte, doch er würde auch noch bis morgen warten können.

  • Im Dunkeln hatte ich nicht genau erkennen können, was das für ein Haus war. Mittlerweile war ich aber an einem Punkt angelangt, an dem Müdigkeit, Erschöpfung und Hunger ihr übriges taten, um mit allem zufrieden zu sein.
    Im Inneren erkannte ich dann, dass es sich um ein Wirtshaus handeln musste. Diarmuid hatte sich wieder beruhigt und darum war ich aus sehr froh. Seine Äuglein sahenso müde aus. Er schaffte es aber nicht, wieder einzuschlafen.
    Der Mann bot mir an, mich zu setzten. Ich zögerte nicht lange und nahm auf einem der Stühle. Die um einen großen Tisch standen Platz. Er war indessen hinter der Theke verschwunden und kam kurze Zeit später mit zwei Bechern und einem Teller mit gefülltem Fladenbrot wieder zurück.


    Danke! sagte ich. Meiner Stimme konnte man durchaus mein Erstaunen entnehmen. Entweder war das nur ein sehr realistisch wirkender Traum oder ich hatte es hier wirklich mit einem guten Menschen zu tun, der mir Schutz, Unterkunft und Nahrung bot.
    Zu guter Letzt legte er mir sogar noch eine warme Decke über mich, damit ich nicht mehr fror und nahm dann mir gegenüber Platz.
    Erst zögerlich bediente ich mich an dem Brot und dem Hühnchen. Zuerst stckte ich dem Kleinen ein stücken vom Fleisch in den Mund. Danach nahm ich mir erst selbst etwas. Auch wenn es kalt war, es schmeckte einfach herrlich. Ich war noch nicht oft in den Genuss dieses Fleisches gekommen.
    Im Becher befand sich stark verdünnter Wein. Ich trank ein wenig davon und ließ mir nicht anmerken, dass ich Wein im Allgemeinen nicht besonders mochte.
    Der Mann beobachtete mich die ganze Zeit, sagte aber nichts, so als würde er auf eine Erklärung warten. Darauf hatte er auch ein gutes Recht!


    Das ist wirklich sehr gut! Nochmals danke dafür! Mein Name ist übrigens Bridhe und das ist mein kleiner Sohn. Er heißt Diarmuid.


    Ob ich ihm nicht besser meinen römischen Namen hätte sagen sollen? Das wäre vielleicht geschickter gewesen, um Missverständnissen vorzubeugen. Am Ende glaubte er noch, ich sei eine Sklavin auf der Flucht.

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