Ludi Plebei | Marcellus-Theater

  • Es war ein wunderbarer sternenklarer Abend und nach und nach füllten sich die Ränge des Theaters. Aufgeregt wurde noch auf der Bühne vorbereitet und die Musiker probten noch einige Stücke. Einige Verkäufer bahnten sich mit ihren Bauchläden Wege durch die von Zuschauern verstopften Zwischengänge.


    Livianus sah den Chef der Theatergruppe und ging auf ihn zu, um zu erfragen in wie weit die Vorbereitungen abgeschlossen waren und wann es losgehen konnte. Dieser berichtete noch von einigen kleineren Problemen, war jedoch zuversichtlich rechtzeitig beginnen zu können. Livianus richtete seinen Blick in den Zuschauerbereich und wartete noch einige Momente, bis alle ihren Platz gefunden hatten.

  • Als Ruhe eingekehrt war, betrat Livianus die Bühne.


    "Herzlich Willkommen im Marcellus-Theater! Im Rahmen der Ludi Plebei präsentieren wir euch heute das Theaterstück Lysistrata! Ich wünsche euch viel Freude bei der folgenden Vorstellung."


    Livianus verneigte sich unter Applaus und verlies die Bühne.

  • Straße in Athen: die Akropolis ist im Hintergrunde sichtbar. Lysistrata geht unruhig auf und ab. Bald darauf Kalonike.


    Lysistrata
    Ja, wären sie zu Bacchos' Tempel oder Pan's,
    Zu Genetyllis oder Kolias bestellt;
    Nicht durchzukommen wäre dann vor Pauken hier.
    Nun aber ist nicht Eine Frau am Platze noch.
    Doch - Eine - meine Nachbarin, kommt dort heraus.
    (Kalonike kommt.)
    Willkommen, Kalonike!


    Kalonike
    Dank, Lysistrata!
    Warum so verstört? Sieh nicht nicht so düster drein, o Kind;
    Dir ziemt es nicht, die Brauen so hinaufzuziehn


    Lysistrata
    Ja, liebe Kalonike, sieh, mir brennt das Herz,
    Und über uns, uns Frauen, bin ich ärgerlich,
    Da wir im Männervolke doch verrufen sind
    Als Frevlerinnen


    Kalonike
    Und gewiss, das sind wir auch!


    Lysistrata
    Und ausgemacht ward, daß wir all'uns treffen hier,
    Um Rath zu halten über etwas Wichtiges:
    Nun schlafen die und kommen nicht!


    Kalonike
    Doch, Teuerste,
    Sie werden kommen. Auszugeh'n wird Frauen scher;
    Denn Eine hat noch um den Mann zu schaffen erst,
    Die hat den Knecht zu wecken, die das Kind zurecht
    Zu legen, diese badet, jene füttert es -


    Lysistrata
    Doch andere Dinge gibt es hier, und wichtigere,
    Für sie zu thun.


    Kalonike
    Was ist' s denn, liebe Lysistrata,
    Weßhalb du heut uns Frauen hier zusammenrufst?
    Was ist das Ding, von welcher Art?


    Lysistrata
    Sehr groß.


    Kalonike
    Auch dick?


    Lysistrata
    Auch dick, gewiß!


    Kalonike
    Und da zu kommen säumten wir?


    Lysistrata
    Nicht solcher Art; da kämen wir geschwind heran.
    Nein, aufgespürt hab' ich ein Ding, und mich damit
    Durch manche ruhelose Nacht herumgewälzt.


    Kalonike
    War's fein, das Ding, womit du dich herumgewälzt?


    Lysistrata
    So fein, daß alles Wohlergeh'n und alles Weh
    Des ganzen Hellas nur an uns, den Frauen, hängt -


    Kalonike
    Den Frauen? Nun, dann hängt's an dünnem Faden nur.


    Lysistrata
    Daß nur in unsern Händen ruht des Staates Macht,
    Daß sonst dahin sind alle Peloponnesier -


    Kalonike
    Am besten wär's, beim Himmel, wären die dahin.


    Lysistrata
    Und auch die Böoter allzumal zu Grunde gehn.


    Kalonike
    Nicht alle, nein! Die Aale nimmst du, hoff' ich, aus.


    Lysistrata
    Doch über Athen kommt nimmermehr ein solches Wort
    Auf meine Lippen: denke dir was Besseres!
    Wenn aber hier sich alles Frau'n vereinigen,
    Die aus der Pelopsinsel, aus Böotia,
    und wir, - gemeinsam retten wir das Hellenenland.


    Kalonike
    Was werden Frauen Kluges oder Glänzendes
    Vollbringen? Wir, wir sitzen da, mit Blumen hübsch
    Gepuzt, in safrangelbem Kleid, und wohlgeschminkt,
    In Schleppgewanden neuster Art und Modeschuh'n.


    Lysistrata
    Das eben ist es, hoff' ich, was uns retten soll:
    Die Salben, Safranjäckchen und durchsichtiges
    Gewand, die Modeschuhe samt der Schminke Roth.


    Kalonike
    Wie so?


    Lysistrata
    Von allen Männern jetzt soll keiner mehr
    Den Speer erheben wider einen anderen Mann -


    Kalonike
    So färb' ich mir ein safrangelbes Kleid sofort -


    Lysistrata
    Zum Schilde greifen -


    Kalonike
    Trage nun ein Schleppgewand -


    Lysistrata
    Auch nicht zum Dolch!


    Kalonike
    Und kaufe Modeschuhe mir.


    Lysistrata
    Nun, sollten nicht die Frauen längst gekommen sein?


    Kalonike
    Nein, nein, sie sollten längst hierher geflogen sein.


    Lysistrata
    Da kannst du leider sehen, wie ganz attisch die
    Sich hier gebaren: Alles thun sie stets zu spät.
    Doch auch von unserm Küstenland ist Keine da,
    Noch Keine da von Salamis.


    Kalonike
    Die kamen schon
    Frühmorgens angestochen auf behendem Boot.


    Lysistrata
    Auch jene, die vor allen ich am Platze hier
    Zuerst zu seh'n erwartete, die Acharnerfrau'n
    Die kommen auch nicht.


    Kalonike
    Doch die Frau des Theagenes
    Hat, herzugehen, schon befragt die Hekate.
    Sieh aber, dorther kommen dir schon einige;
    Da wieder ziehn andre her. O je, o je!
    Wo kommen die her?


    Lysistrata
    Aus Anagyrunt.


    Kalonike
    O Zeus!
    Die schütteln, glaub' ich, an dem Baum Anagyros.

  • In einer freien Minute hat auch Livia sich etwas Zeit für einen Besuch im Theater genommen. Die Gelegenheit für einen weiteren Auftritt in der Öffentlichkeit nutzen wollend hat sie ihrem Verlobten Nachricht von diesem Termin zukommen lassen, auf dass er sie, so seine Zeit es erlaubt, möglichst begleite. Gespannt auf die zu erwartende Darbietung nimmt Livia Platz und sieht auf die Bühne.

  • Die Vorigen. Myrrhine. Lampito aus Sparta. Korintherinnen. Böoterinnen. Athenerinnen.


    Myrrhine
    Wir kommen doch nicht allzu spät, Lysistrata?
    Was sagst du? Schweigst du?


    Lysistrata
    Myrrhine, dich lob' ich nicht.
    Daß du bei solcher Sache jetzt erst endlich kommst.


    Myrrhine
    Im Dunkel fand ich lange meinen Gürtel nicht.
    Doch, ist es so dringend, sag' es uns; jetzt sind wir da.


    Lysistrata
    Ich denke, lieber warten wir ein Weilchen noch,
    Bis auf dem Peloponnesos und Böotia.
    Die Frauen da sind.


    Myrrhine
    Besser ist es freilich so.
    Doch sieh, da kommt auch Lampito bereits heran.


    Lysistrata
    Lakonerin, willkommen, theure Lampito!
    In welcher Schönheit, Holdchen, offenbarst du dich!
    Welch frische Farbe! Wie von Kraft dein Körper strotzt!
    Gewiß, du würgtest einen Stier!


    Lampito
    Das mein' ich wohl;
    Ich turne ja, schlage bis zum Arsch mein Bein empor.


    Lysistrata
    Und was du da für ein stattlich Rund von Brüsten hast!


    Lampito
    Wahrhaftig, wie ein Opferthier befühlt ihr mich!


    Lysistrata
    Doch hier das andere junge Weib - wo kommt es her?


    Lampito
    Zeus weiß, - ein edles Frauchen aus Böotia,
    Kommt die zu euch her.


    Lysistrata
    Wahrlich, o Böoterin,
    Du hast ein schönes Unterland.


    Kalonike
    Bei'm Himmel, ja,
    Und Alles rundum ausgerupft ganz säuberlich!


    Lysistrata
    Und das andre Kind ist?


    Lampito
    Edler Art, bei'm Götterpaar,
    Und aus Korinthos.


    Lysistrata
    Edler Art, man sieht es wohl,
    Und offenherzig, wie sie dort zu Hause sind.


    Lampito
    Wer aber hat denn diese Schar von Frauen hier
    Zusammengerufen?


    Lysistrata
    Das bin ich.


    Lampito
    Berichte denn,
    Was dein Begehren ist an uns.


    Lysistrata
    Gern, liebe Frau.


    Myrrhine
    Ja sage, was du Wichtiges auf dem Herzen hast.


    Lysistrata
    Ich sag' es gleich; doch eh ich's sage, muß ich euch
    Um Eins befragen, wenig nur.


    Myrrhine
    Wie dir's beliebt.


    Lysistrata
    Verlangt ihr nach den Vätern eurer Kinder nicht,
    Die fern von euch im Felde steh'n? Ich weiß gewiß,
    Daß euer aller Gatten außer Landes sind.


    Kalonike
    Ja meiner ist fünf ganze Monden (armer Mann!)
    In Thrakerlanden und bewacht Eukrates.


    Myrrhine
    Und meiner steht in Pylos volle sieben schon.


    Lampito
    Und meiner, wenn er Einmal aus dem Lager kommt,
    Packt wieder auf alsbald und huscht im Flug davon.


    Lysistrata
    Selbst auch von einem Buhlen blieb kein Stümpfchen mehr.
    Nie, seit von uns abfielen die Milesier,
    Kam mir ein Tröster zu Gesicht, acht Zolle lang,
    Der uns zur Noth aushülfe, wenn von Leder auch.
    Nun, wolltet ihr wohl, fänd' ich uns ein Mittel aus,
    Mit mir den Krieg beenden?


    Myrrhine
    Ja, bei'm Götterpaar!
    Ich unbedenklich, müßt' ich auch dies Mäntelchen
    Zum Pfande sezen und vertrinken heute noch!


    Kalonike
    Ich unbedenklich, müßt' ich auch, der Scholle gleich,
    Mich mitten durch geschnitten und verspeist mich sehn!


    Lampito
    Ich trüge kein Bedenken, selbst den Taygetos
    Hinaufzuklimmen, könn't ich dort den Frieden schau'n.


    Lysistrata
    So will ich's sagen, länger sei's euch nicht verhehlt!
    Wir, liebe Frauen, müssen, wenn im Ernste wir
    Die Männer zwingen wollen, daß es Friede wird,
    uns ganz enthalten -


    Myrrhine
    Wessen? Sprich!


    Lysistrata
    Wollt ihr es thun?


    Myrrhine
    Wir wollen's tun und gält' es unser Leben auch.


    Lysistrata
    Enthalten also müssen wir der Männer uns.
    (Bewegung unter den Frauen.)
    Was wendet ihr euch plötzlich ab? Wo wollt ihr hin?
    Was schüttelt ihr die Köpfe, hängt die Lippe so?
    Was fließen eure Tränen? Was entfärbt ihr euch?
    Sagt, wollt ihr oder wollt ihr nicht? Was zögert ihr?


    Myrrhine
    Ich kann es nicht thun: laß den Krieg nur weitergehn!


    Kalonike
    Bei Zeus, ich auch nicht: laß den Krieg nur weitergehn!


    Lysistrata
    So sagst du jezt, du Scholle? Kaum noch sagtest du,
    Zerschneiden ließest du dich selbst um diesen Preis.


    Kalonike
    Sonst alles, alles, was du willst. Ja, muß es sein,
    Ich gehe dir durch Feuer: laß mir nur den Mann!
    Ich kann von ihm nicht lassen, liebe Lysistrata


    Lysistrata
    Und du?


    Myrrhine
    Auch ich - durch Feuer will ich lieber gehn.


    Lysistrata
    Wie ganz verworfen ist doch unser ganz Geschlecht!
    Wohl billig, daß man Trauerspiele macht von uns:
    Nichts weiter sind wir, als "Poseidon und ein Kahn".
    Indessen, liebe Sparterin, wenn d u mir nur
    Zur Seite bliebest, setzten wir die Sache durch;
    Drum stimme du mir bei.


    Lampito
    Für Frauen ist es schwer,
    Bei Gott, allein zu schlafen und vom Mann getrennt.
    Doch sei es, um den Frieden muß etwas geschehn.


    Lysistrata
    O du geliebtes, einziges Weib von allen hier!


    Kalonike
    Und wenn wir uns auch dessen, was du sagtest, streng
    Enthielten (Gott verhüt' es!), würde dessenthalb
    Wohl eher Friede?


    Lysistrata
    Bei Demeter, allerdings.
    Denn säßen wir zu Hause reizend aufgeschmückt,
    Und gingen halbnackt in Amorgos' Florgewand
    Vor ihnen hin, am Schößchen unten glattgerupft,
    Und spannten dann die Männer drauf und möchten gern,
    Wir aber kämen nicht heran und sperrten uns:
    Sie schlössen Frieden, glaube mir's, und ungesäumt!


    Lampito
    Auch Menelaos, als er sah der Helena
    Entblößte Brüste, warf er flugs das Schwert hinweg.


    Kalonike
    Doch, lassen uns die Männer geh'n (o Graus!), wie dann?


    Lysistrata
    Dann "schinde", sagt Pherekrates, "den geschund'nen Hund."


    Kalonike
    Ach, eitel Spiel ist solches nachgemachte Zeug.
    Doch wenn sie uns ergreifen und gewaltsam uns
    In die Kammer hineinzieh'n?


    Lysistrata
    Klamm're dich an der Thüre fest.


    Kalonike
    Und wenn sie schlagen?


    Lysistrata
    Leide, was du leiden musst.
    Denn kein Vergnügen bietet, was Gewalt erzwingt.
    Auch sonst verleid' es ihnen: traun, sie werden bald
    Ablassen. Denn dem Manne bringt es keine Lust,
    Wenn' s nicht zugleich dem Weibe recht behaglich ist.


    Kalonike
    Nun, wenn ihr Beide dieses meint, wir meinen' s auch.


    Lampito
    Und unsre Männer stimmen wir dann schon dafür,
    Am Frieden streng zu halten, recht und ohne Falsch,
    Doch hier in Athen den strudelköpfig wirren Schwarm,
    Wie mag man ihn bestimmen, nicht zu faseln mehr?


    Lysistrata
    Getrost, die unsern stimmen wir wohl auch dafür.


    Lampito
    Umsonst, so lang die Schiffe noch betakelt sind,
    und unergründlich Silber bei den Göttern liegt.


    Lysistrata
    Doch auch für dieses ward bereits mit Fleiß gesorgt,
    Denn wir besezen heute noch die Burg der Stadt,
    Und anbefohlen wurde schon der ältern Fraun,
    Daß, während wir zusammen uns bereden hier,
    Sie, scheinbar opfernd, sich der Burg bemächtigen.


    Lampito
    So mag es angehn; mir gefällt, was du bemerkst.


    Lysistrata
    Nun, wollen wir dies Alles, liebe Lampito,
    Nicht gleich beschwören, daß es unverbrüchlich sei?


    Lampito
    So laß den Eid uns hören, und wir schwören ihn.


    Lysistrata
    Ganz recht. Wo steckt die Skythin?
    (Ein mit Bogen und Schild bewaffnetes Weib tritt vor.)
    He, wo gaffst du hin?
    Da lege vor uns rücklings hin den runden Schild!
    Nun reicht mir auch Schlachtopfer her!



    Myrrhine
    Lysistrata,
    Und welchen Eid verlangst du denn von uns?


    Lysistrata
    Den Eid?
    "Auf einem Schild" - so, sagt man, heißt es im Aeschylos -
    "Schafopferschlachtend" -


    Myrrhine
    Nein doch, nein, Lysistrata!
    Nicht auf den Schild laß schwören, wo's den Frieden gilt.


    Lysistrata
    Welch andern Schwur verlangst du denn?


    Myrrhine
    Wir nehmen wo,
    Zum Eid es anzuschlachten, uns ein weißes Roß.


    Lysistrata
    O weg mit deinem weißen Roß!


    Myrrhine
    Wie sollen wir
    Denn aber schwören?


    Lysistrata
    Wenn du willst, erklär' ich's dir.
    Wir stellen aufrecht einen Kelch hin, schwarz und groß,
    "Schafopferschlachten" einen Schlauch mit Thaserwein,
    Und schwören, Wasser komme nie in diesen Kelch,


    Lampito
    Demeter, ach! Unsäglich lob' ich solchen Eid.


    Lysistrata
    So bringt den Weinkelch und den Schlauch sogleich heraus!
    (Kelch und Schlauch werden gebracht.)


    Kalonike
    O theure Frauen, welch ein Stück von Thongeschirr!
    Nur anzufassen diesen Kelch, ist Wonne schon.


    Lysistrata
    Ihn seze nieder, fasse mir den Eber an!
    (Sie füllen den Kelch.)
    O Peitho, Göttin und o Kelch der Liebe du,
    O nimm, den Frauen wohlgeneigt, dies Opfer an!


    Kalonike
    Schön ist des Blutes Farbe, herrlich sprudelt es.


    Lampito
    Und duftet uns, bei Kastor, wunderlieblich an.


    Lysistrata
    Laßt nun zuerst mich schwören, vielgeliebte Frau'n.
    (Sie fasst den Kelch.)


    Kalonike
    Nein, bei Kythere, wenn du nicht vorher geloost.


    Lysistrata
    Ihr alle faßt nun diesen Kelch, o Lampito,
    Und spreche für euch dann Eine, was ich spreche, nach;
    Ihr andern sollt's nachschwören und bekräftigen.
    (Sie berühren alle den Kelch.)
    "Nie solle in Buhler oder Ehemann hinfort" -


    Kalonike
    Nie solle in Buhler oder Ehemann hinfort -


    Lysistrata
    "Mir nahe kommen mit erhobner Lanze" -
    (Da Kalonike zögert)
    Sprich!


    Kalonike
    Mir nahekommen mit erhobner Lanze - Weh!
    Weh! Meine Kniee sinken ein, Llysistrata!


    Lysistrata
    "Zu Hause leb' ich, unberührt, mein Leben hin" -


    Kalonike
    Zu Hause leb' ich, unberührt, mein Leben hin -


    Lysistrata
    "Geputzt, in safrangelbem Kleid und wohlgeschminkt" -


    Kalonike
    Geputzt, in safrangelbem Kleid und wohlgeschminkt -


    Lysistrata
    "Damit der Mann entbrenne ganz in Glut um mich" -


    Kalonike
    Damit der Mann entbrenne ganz in Glut um mich -


    Lysistrata
    "Doch werd' ich niemals meinem Mann zu Willen sein" -


    Kalonike
    Doch werd' ich niemals meinem Mann zu Willen sein -


    Lysistrata
    "Und wenn er wider Willen durch Gewalt mich zwingt" -


    Kalonike
    Und wenn er wider Willen durch Gewalt mich zwingt -


    Lysistrata
    "So leid' ich, was ich leiden muß, und bleibe kalt" -


    Kalonike
    So leid' ich, was ich leiden muß, und bleibe kalt -


    Lysistrata
    "Niemals zur Decke steck' ich auf den Perserschuh" -


    Kalonike
    Niemals zur Decke steck' ich auf den Perserschuh -


    Lysistrata
    "Nie steh' ich, gleich der Löwin, auf dem Raspelheft" -


    Kalonike
    Nie steh' ich, gleich der Löwin, auf dem Raspelheft


    Lysistrata
    "So wahr ich dies geschworen, trink' ich hier den Kelch!" -


    Kalonike
    So wahr ich dies geschworen, trink' ich hier den Kelch!


    Lysistrata
    "Und brech' ich den Eidesschwur, füll' er sich mit Wasser an!"


    Kalonike
    Und brech' ich den Eidesschwur, füll' er sich mit Wasser an!


    Lysistrata
    Beschwört ihr alle dies mit uns?


    Kalonike
    Wir schwören's ja!


    Lysistrata
    Wohlan, so weih' ich diesen Trunk!
    (Sie gießt das Trankopfer aus und trinkt.)


    Kalonike
    Laß uns ein Theil,
    O Liebste, daß wir alle gleich Freundinnen sind!
    (Der Kelch geht herum. Man hört Geschrei hinter der Scene.)


    Lampito
    Was soll der Lärmen?


    Lysistrata
    Eben das, wovon ich sprach!
    Die Frauen sind es, welche dort der Göttin Burg
    Bereits erobert haben. Auf, o Lampito,
    Geh' hin, und alles ordne wohl bei euch daheim,
    Und diese
    (Auf die übrigen Sparterfrauen deutend.)
    laß als Geiseln hier bei uns zurück.
    Wir geh'n zu jenen andern auf die Burg hinauf;
    Vereint mit ihnen, speren wir die Thore dort.


    Kalonike
    Doch glaubst du, daß die Männer nicht sogleich vereint
    Auf uns heranziehn?


    Lysistrata
    Wenig kümmern diese mich;
    Denn keine Drohung, noch so stark, kein Feuerbrand
    Womit sie kommen, würde, traun, die Thore dort
    Erschließen, außer wenn sie thun nach unserm Wort.


    Kalonike
    Nie, bei Kythere, nie! Wir Frauen hießen sonst
    Für Nichts ein unbezwingbar und verrucht Geschlecht.
    (Alle ab.)

  • Den Besuch im Theater wollte ich mir nicht nehmen lassen. Die Lysistrata wurde gespielt. Ein Stück, das mir gefiel, eine Komödie und zwar eine tiefsinnige, das versprach gute Unterhaltung - und der Anfang war schon vielverprechend gewesen...also war ich weiter aufmerksam

  • Der Chor der Greise, die Kohlentöpfe, Reisig und Klötze tragen, tritt in die Orchestra.


    Der Chorführer
    Voran, o Drakes, festen Schritts, und schmerzt dich auch die Schulter
    Von grünen Ölbaums derben Klotz, womit du dich belastet!


    Der Chor
    Ach, Unverhofftes findet sich
    Viel im langen Leben!
    Wer, Strymodoros, hätte je
    Sich verseh'n der Kunde,
    Daß Frauen, die wir offenbar
    Daheim zum Unglück uns gehegt,
    Des heiligen Bildes Meister sind,
    Sich keck bemächtigen meiner Burg,
    Mit Balken, Schlössern, Riegeln fest
    Die Propylä'n verrammeln?


    Der Chorführer
    Auf, ohne Säumen lasst zur Burg uns eilen, o Philurgos,
    Damit wir um die Frauen rings aufschichten diese Klötze,
    Und alle, so die Freveltat gesponnen und gewoben,
    Auf einem Scheiterhaufen heut mit eigner Hand verbrennen,
    Verdammt zumal durch einen Spruch, zuerst die Frau des Lykon!


    Der Chor
    Nie, bei Demeter, wollen wir
    Lebend ihr Gespött sein!
    Kam selber doch Kleomenes,
    Der zuerst die Burg nahm,
    Nicht ungerupft von uns hinweg;
    Und schnaubt' er auch lakonisch wild,
    Er streckte doch die Wehr vor uns,
    Und zog im schäbigen Wämschen ab,
    Mit Zottelhaaren, voller Schmuz,
    Sechs Jahre nicht gewaschen.


    Der Chorführer
    So hab' ich jenen Mann einmal grausam darin belagert,
    Im Rotten, siebzehn Schilde hoch, am Thor der Veste schlafend.
    Und Frauen, die Euripides und alles Götter hassen,
    Die sollte mein Erscheinen nicht in solcher Wagnis hemmen?
    Dann ständ' hinfort in Marathon von mir kein Siegesdenkmal.


    Der Chor
    Nun bleibt des Weges kleiner Raum
    Mir hinanzuzeigen noch,
    Der steile Pfad zur Burg empor: hier eil' ich hin.
    Nur Muth, wir schleppen diese Last
    Ohne Saumthier auch hinauf.
    Ha, wie hat die Tragestange mir die Schulter eingedrückt!
    Aber dennoch streb ich voran;
    Fachet auch das Feuer an,
    Daß es nicht am Ziel des Weges unversehens uns erlischt!
    Fu, fu! O weh, o weh! Welch ein Rauch!
    Wir furchtbar (hilf, Herakles, hilf!)
    Der mich anqualmt aus dem Topf,
    Und gleich dem tollen Hunde, mir die Augen beißt!
    Führwahr, ein lemnisch Feuer ist
    Das in seiner ganzen Kraft!
    Denn es ätzte sonst so bissig mir die Tränenfistel nicht.
    Eile vorwärts auf zur Burg,
    Und der Göttin springe bei!
    Oder wann bedarf es die, Laches, unserer Hilfe so wie jetzt?
    Fu, fu! O weh, o weh! Welch ein Rauch!


    Der Chorführer
    Das Feuer wacht, das Feuer lebt, Dank sei dafür den Göttern!
    Ich meine nun, wir legen hier zuerst die Trage nieder,
    Und tauchen dann in diesen Topf die Rebenfackel zünden
    Sie an, und stürzen auf das Thor daher mit Widderstößen!
    Uns lösen nicht auf unseren Ruf die Frauen gleich die Riegel.
    Dann legt am Thore Feuer an, im Rauche sie zu tödten!
    Drum packen wir die Ladung ab, Hu, welch ein Rauch! Der Henker!
    Wer fasst mit uns die Stangen an, ihr Kriegesherrn in Samos?
    (Sie laden ab.)
    Dies hat doch endlich aufgehört, den Rücken mir zu quetschen!
    Nun ist an dir die Reihe, Topf, die Kohlen aufzuwecken,
    Daß du die Fackel mir zuerst herreichst in heller Flamme!
    (Sie zünden die Fackeln an.)
    Hilf, Nike, daß wir üaber ihn, den stolzen Muth der Frauen,
    Der nun die Burg tollkühn beherrscht, ein Siegesmal errichten!

  • Der Chor der Greise in der Orchestra. Der Chor der Frauen kommt auf der Seite der Burg mit Wassereimern auf die Bühne.


    Die Chorführerin
    Ich sehe Qualm, dünkt mich, und aufsteigenden Rauch, o Frauen
    Als flammte dort Feuer empor: eilet geschwind und säumt nicht!


    Erster Halbchor
    Im Flug heran, Dike, heran,
    Bevor der Brand Kalyke'n tödtet samt Kritylla,
    Von den Flammen umschnaubt
    Durch des Gesezes eisernen Zwang, grimmiger Alten grimmiger Wuth!
    Eines indes macht mich besorgt, daß ich zu spät erscheine.
    Denn eben erst hab' ich am Born mühsam gefüllt den Eimer,
    (Frühe noch war's), unter den Lärm und dem Geschwärm und dem Geklirr der Töpfe,
    Von Mägden rings und dem gebrandmarkten Gesind' übel gedrängt;
    Eilig sodann nahm ich ihn auf, rannte hierher,
    Wasser den Frau'n, welche die Glut
    Ringsher umwogt, zu bringen.


    Zweiter Halbchor
    Ich höre, griesgrämige Männer stürmen,
    Mit Klötzen bepackt, heran hier,
    Als wollten sie heizen ein Bad,
    Jeder zu drei Zentnern die Last schleppend zur Burg;
    Fürchterlich schallt drohend ihr Ruf;
    Sengende Glut müsse die scheuseligen Frau'n verkohlen.
    Doch, Göttin, nie laß sie mich seh'n, wie sie verzehrt die Flamme;
    Nein, von des Kriegs höllischer Wut laß sie befrein
    Hellas und hier die Bürger!
    Drum nahm ich auch, Herrin der Burg in dem goldenen Helm
    Dein Siz ein.
    Streite mit uns, fleh' ich zu dir, Pallas, und hilf,
    Wollte mit Glut wider die Frau'n wüten ein Mann,
    Ja, hilf uns Wasser tragen!


    Die Chorführerin
    (Zu dem Männerchor, der Feuer anzulegen Miene macht)
    Laß dieses, ha! Was soll es denn? Böswillige Bösewichter!
    Nie hätten wackre Männer wohl, nie fromme so gehandelt!


    Der Chorführer
    Bei'm Himmel, dieser Handel kommt uns unverhofft dazwischen:
    Ein Wespenschwarm von Frauen zieht heran, das Thor zu schüzen!


    Die Chorführerin
    Was zittert ihr vor uns? Ihr meint, wir seien gar zu Viele;
    Und dennoch seht ihr unser noch kein Zehntausendtheilchen.


    Der Chorführer
    (zu einem des Chors)
    Ha, Phädrias, die lassen wir uns solche Dinge sagen?
    Da sollten wir an ihnen ja die Knittel gleich zerschlagen!


    Die Chorführerin
    (zu den Frauen)
    So sezen wir die Eimer denn sofort zur Erde nieder,
    Um, legen sie die Hand an uns, die Arme frei zu haben.
    (sie sezen die Eimer weg)


    Der Chorführer
    Wenn Einer jezt die Backen nur zwei - oder dreimal ihnen
    Zerschlüge, wie dem Bupalos, sie hätten keinen Laut mehr.


    Die Chorführerin
    Schlag' Einer zu! Da steh' ich, sieh, und biete dir die Wange;
    Dann soll dich keine Hündin mehr am Hodenbalge fassen!


    Der Chorführer
    Ha, schweigst du nicht, vertreib' ich dir's und rupfe dich, du Vettel!


    Die Chorführerin
    Komm, wag's mit deinen Finger nur Stratyllis anzurühren!


    Der Chorführer
    Wie? Wenn dich meine Faust zerklopft, was thust du dann mir Arges?


    Die Chorführerin
    Ich schneide dir die Lungen aus, und dein Gedärm zermalm' ich,


    Der Chorführer
    Ja, weiser als Euripides gibt's keinen anderen Dichter;
    Denn unverschämter, als die Frau'n, ist kein Geschöpf auf Erden.


    Die Chorführerin
    Laß uns den Wassereimer jetzt aufheben, o Rhodippe!
    (sie rücken mit den Eimern gegen die Männer an.)


    Der Chorführer
    Warum du Gottverhaßte, kommst du hier heran mit Wasser?


    Die Chorführerin
    Warum mit Feuer, Leiche, du? Willst wohl dich selbst verbrennen?


    Der Chorführer
    Ich, um für deine Schwestern hier die Scheiter anzuzünden.


    Die Chorführerin
    Ich, um mit diesem Eimer hier zu löschen deine Scheiter.


    Der Chorführer
    Meine Feuer löschen willst du mir?


    Die Chorführerin
    Bald wird die That es zeigen.


    Der Chorführer
    Wie? Sollen wir dich nicht sofort an dieser Fackel braten?


    Die Chorführerin
    Komm, wenn du Schmuz am Leibe hast, will ich ein Bad dir reichen.


    Der Chorführer
    Du mir ein Bad, vermorschtes Aas?


    Die Chorführerin
    Und noch dazu ein Brautbad.


    Der Chorführer
    Vernahmet ihr, wie frech sie schazt?


    Die Chorführerin
    Ich bin von freiem Blute.


    Der Chorführer
    Ich hemme deiner Zunge Troz.


    Die Chorführerin
    Dann wirst du nicht mehr richten!


    Der Chorführer
    Sengt ihr das Haar vom Kopfe weg!


    Die Chorführerin
    Thut eure Pflicht, ihr Wasser!
    (sie begießen die Männner)


    Der Chorführer
    Weh mir, ich Armer!


    Die Chorführerin
    War es heiß?
    (Ein neuer Guß)


    Der Chorführer
    Was heiß? O halt! Was machst du da?


    Die Chorführerin
    Dich netz' ich, daß du wieder grünst.


    Der Chorführer
    Ich bin ja morsch und zittre schon.


    Die Chorführerin
    Nun, Alter, wenn du Feuer hast, so kannst du selbst dich wärmen.

  • Kaum wieder in Rom, begab sich Antonia zum Marcellustheater. Viel zu lange hatte sie in der Provinz kein gutes Theaterstück mehr gesehen und so bietet sich die Aufführung anlässlich der Ludi an.
    So saß sie schmunzelnd in einer, den Patriziern vorbehaltenen, Reihen und verfolgte die Komödie.

  • Hungi hatte die Nachricht von seiner Verlobten bekommen. Trotz seiner Eile - er war schon lange nicht mehr im Theater - verpasste er den Beginn der Aufführung. Ein Sklave führte ihn zu Livia, wo er neben ihr Platz nahm.


    Verzeih mir die Verspätung. sagte er leise zu ihr und sah dann auf die Bühne, konzentriert auf das Geschehen, herausfindend, an welcher Stelle die Schauspieler nun mit dem Rezitieren seien...

  • Ganz in den Bann der Aufführung gezogen vergisst Livia völlig den vorwurfsvollen Blick, den sie Hungaricus eigentlich ob seiner Verspätung zuwerfen wollte. Sie nickt abwesend und lässt ihn neben sich Platz nehmen. Seinen forschenden Blick schließlich vage wahrnehmend, lässt sie sich doch noch zu ein paar flüsternden, aufklärenden Worten herab.


    "Es ist die Lysistrata von Aristophanes. Wir sind noch im ersten Akt..."

  • Medeia, die sich natürlich nicht ein Theaterstück entgehen kann, lauscht schon gebannt den Worten der Schauspieler. Ihr Blick bleibt gebannt am Stück hängen. Selbst Gespräche und das Rascheln der Zuschauer kann sie nicht davon ablenken. Ihr Kinn hat sie auf ihren Handballen abgestützt und sie lächelt selig.

  • Doch Hungi's Aufmerksamkeit ließ ihn ihre Erklärungen kaum wahrnehmen. Gerade ein Mhm... konnte Livias Ausführung ihm entlocken. Selbst den Sklaven, der ihm einen Becher Wein entgegenhielt, sah er erst nach ein paar Momenten, und das auch nur deswegen, weil er ihm teilweise die Sicht auf die Bühne verstellte. Das Gesicht verziehend nahm er den angebotenen Becher und schickte unwirsch den Sklaven weg.

  • Als Freund der Literatur und der etwas gehobenen Unterhaltung besuchte Callidus das Theater. Wenn er schon in Rom war, konnte er sich dieses Stück nicht entgehen lassen. Gern würde er auch mal die Komödien des Plautus oder Terenz sehen, aber auch dieses Stück hatte seinen Reiz.
    Solange die Dinge stockten hatte er genug Muße für das Theater, und vielleicht könnte er ja auch die Schauspiele in der Arena noch sehen...

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Die Vorigen. Ein Rathsherr mit Schergen.


    Der Rathsherr
    Ward euch der Frauen Übermuth jezt endlich klar,
    Ihr Paukenwirbel, die Sabaziosschwärmerei,
    Und dies Adonisbeulen auf den Dächern rings,
    Wie ich es selbst in der Volksversammlung einst gehört?
    Da rieth zu böser Stunde wohl Demostratos,
    Nach Syrakus zu ziehen, und im Tanze schrie'n
    Die Frauen: "todt Adonis!" Er, Demostratos,
    Rieth, Männer auszuheben im Zakynthervolk;
    Und taumelnd auf dem Dache schrie'n die Trunkenden:
    "Wehklagt um Adonis!" Aber er setz' alles durch,
    Der gottverahßte, böse, gallensüchtige!
    Zu Solchem führt uns ihre tolle Schwärmerei.


    Der Chorführer der Greise
    Wie, wenn du vollends ihren Frevel erst vernähmst?
    Zu anderm Unfug haben sie mit Eimern uns
    Begossen, und wir haben an den Kleidern nur
    Zu schütteln, gleichals hätten wir hineingepißt.


    Der Rathsherr
    Beim Wassergott Poseidon, euch ist recht geschehn.
    Denn wenn wir unsere Frauen selbst zur Schlechtigkeit
    Anführen und zu geiler Üppigkeit erzieh'n:
    Dann sproßt von ihnen solche Tollhaussaat empor.
    Wir gehn in Handwerksbuden wohl und sprechen so:
    "Goldschmied, am Halsband meinerFrau, das du gemacht,
    Hat gestern Abend, als sie tanzend sich erging,
    Die Eichel aus dem Loche sich herausgelöst.
    Nun muß ich heute nach Salamis und bitte dich:
    Komm, wenn du Zeit hast, heute noch zur Abendzeit,
    Und füg' ihr wieder kunstgerecht die Eichel ein."
    Ein anderer war redet so den Schuster an,
    Dem's kühn in allen Adern wallt von Jugendkraft:
    "O Schuster, meinem Weibe drückt auf einem Fuß
    Der Riem gewaltig an der kleinen Zehe vorn,
    Die gar zu zart ist; komm zur Mittagsstunde doch,
    Und zieh' ihn über den Leisten, daß er weiter wird."
    Von solchem Unfung sehn wir solche Folgen nun,
    Daß mir, dem Rathsherrn, der ich Ruderknechte doch
    Herschaffen soll und eben jezt noch Geld bedarf,
    Nun dies verwünschte Weibervolk die Thore sperrt,
    Doch - Müssigstehen hilft zu nichts. Brechstangen her!
    Ich will der Weiber frechen Troz schon bändigen.
    (zu den Schergen)
    Was gähnst du da, du Schlingel? Du, wo gaffst du hin?
    Unnützer, der nur immer nach der Kneipe schielt!
    Wohlauf, die Hebebäume schiebt mit unter's Thor,
    Und hebt mir dort den Flügel aus! Ich will indeß
    Hier heben helfen.

  • Die Vorigen. Lysistrata. Der Chor der Frauen


    Lysistrata
    Laset nur die Mühe sein!
    Ich kommt' heraus von selbst. Wozu das Hebezeug?
    Traun, Hebel tun hier minder noth, als Kopf und Witz.


    Der Rathsherr
    Im Ernste, du Verruchte? Häscher, hier heran!
    Ergreift sie, schnürt am Rücken ihr die Hände fest!


    Lysistrata
    Wenn mit der Fingerspize nur, bei Artemis,
    Der Scherge da mir nahe kommt, er soll's bereun!


    Der Rathsherr
    (zu dem Schergen)
    Du fürchtest dich? Auf, um den Leib nur packe sie,
    (zu den anderen)
    Und du mit ihm, ihr beiden, bindet sie!


    Die Chorführerin
    Ha, legst du nur die Hand an sie, bei Pandrosos,
    So tret'ich dich zusammen, daß du kacken mußt!


    Der Rathsherr
    Sieh, "kacken mußt!" Wo ist der andre Häscher? He?
    Hier diese binde mir zuerst, die Schwäzerin!


    Lysistrata
    Wenn mit der Fingerspitze nur, bei Hekate,
    Du dieser nah kommst, brauchst du heut Schröpfköpfe noch!
    (Der Scherge zieht sich zurück.)


    Der Rathsherr
    Was sollte das? Wo ist der Häscher? Greife die!
    (Zu den Frauen)
    Zu solchen Fahrten treib' ich euch den Kizel aus!


    Die Chorführerin
    Ha, bei der taurischen Göttin, wenn du dieser nahst,
    Zerrauf ich dir die Haare, daß du heulen sollst!
    (Auch der andere Scherge weicht zurück)


    Der Rathsherr
    Ich Armer, ach! Auch dieser Häscher geht davon!
    Doch als Besiegte dürfen wir von Frauen nicht
    Abziehn. Vereinigt rücken wir auf sie heran,
    In dichten Reih'n, ihr Skythen!


    Lysistrata
    Traun, bald sollt ihr seh'n,
    Daß auch bei uns hier innen vier Geschwader sind
    Streitbarer Frauen, die gerüstet stehn zum Kampf!


    Der Rathsherr
    Abwenden helft, o Skythen, ihre Hände, helft!
    (Die Skythen greifen an)


    Lysistrata
    (ruft in's Thor)
    Wohlauf, ihr Frau'n, Mitkämpferinnen, eilt heraus!
    Du Sameneiermarktgemüsehändlerin,
    Du Zwiebelknoblauchkuchenwirthschaftshöckerin,
    Ihr alle, raufet, stoßet, haut, schlagt wacker drein,
    Legt alle Scham ab, überschüttet sie die Schmach!
    (Handgemenge: die Skythen ziehn sich zurück)
    Genug! Zum Rückzug wendet euch! Halt, Plündert nicht!


    Der Rathsherr
    Weh, weh! Wie schlecht ging's meinen Bogenschützen da!


    Lysistrata
    Was dachtest du? Du glaubtest wider Sklavinnen
    Zu ziehen, oder wähnst du denn, daß Frauen nicht
    Auch Galle beiwohnt?


    Der Rathsherr
    Beim Apollon, ja gewiß
    Recht viele, wenn ein Weinverkäufer nahe wohnt.


    Der Chorführer der Greise
    Du, der genug der Worte schon verschwendet, Rath des Landes,
    Warum verkehrst du länger noch mit solchen Ungethümen?
    So weißt du nicht, mit welchem Bad sie eben uns gebadet
    In unseren dünnen Mänteln hier, und gar noch ohne Lauge?


    Die Chorführerin der Frauen
    Doch muß man auch, du Narr, die Hand nicht blindlings nach dem Nachbar
    Ausstrecken; wenn du solches thust, dann wirst du blau geschlagen.
    Denn gerne siz' ich tugendsam daheim, wie eine Jungfrau,
    Betrübe keine Seele heir, und rege keinen Halm auf,
    Wenn nicht, wie ein Wespenschwarm, man mich verstört und aufreizt.


    Der Chor der Greise
    O Zeus, was beginnen wir
    Nun mit den Ungetümen da?
    Ist es doch nicht auszuhalten;
    Aber erforschen mußt du mit mir,
    Was die Frauen erregt,
    Warum sie des Kranaos Veste besezt,
    Wozu die unersteigliche Felsenburg
    Genommen, unserer Akropolis
    Heiligen, unnahbaren Bezirk.


    Der Chorführer
    So befragte sie denn, nicht gläubig sogleich, und mit jedglicher Probe versuch' es;
    Denn Schande ja wär's, ganz ohne Verhör von so wichtiger Sache zu lassen.


    Der Rathsherr
    (Zu Lysistrata)
    Wohlan, so begehr' ich zuerst, bei Zeus, von den Frau'n zu erforschen in Wahrheit:
    Was habt ihr gewollt, daß ihr unsere Burg mit gewaltigen Riegeln verschlosset?


    Lysistrata
    Wir wollten das Geld dort sichern, und euch an dem weiteren Kriege verhindern.


    Der Rathsherr
    So wäre das Geld Ursache des Kriegs?


    Lysistrata
    Und von ihm kam alle Verwirrung.
    Peisandros, und wer auf Ämter erpicht, stets rühren sie auf ein Gekoller
    In dem Bauche des Stats, um zu stehlen nach Lust. Die mögen sich, das zu gewinnen,
    Nach Gefallen bemüh'n; denn wahrlich, das Geld kommt nicht mehr ihnen zu Händen.


    Der Rathsherr
    Was willst du denn thun?


    Lysistrata
    Das fragest du mich? Wir werden hinfort es verwalten.


    Der Rathsherr
    Ihr Frauen, verwalten das Geld wollt ihr?


    Lysistrata
    Was findest du da so bedenklich?
    Und verwalten wir denn, wir Frauen, für euch nicht ganz das Vermögen des Hauses?


    Der Rathsherr
    Das ist ein verschiedener Fall.


    Lysistrata
    Wieso?


    Der Rathsherr
    Krieg muß von dem Gelde geführt sein.


    Lysistrata
    Vor allem bedarf es des Krieg's gar nicht.


    Der Rathsherr
    Und woher sonst käme die Rettung?


    Lysistrata
    Wir retten hinfort euch.


    Der Rathsherr
    Was, ihr uns?


    Lysistrata
    Ja wohl, wir!


    Der Rathsherr
    Ha, wie verwegen!


    Lysistrata
    Doch wirst du gerettet, so sehr du dich sperrst.


    Der Rathsherr
    Ein vermessenes Wort!


    Lysistrata
    Es erzürnt dich;
    Doch kannst du dich dem mitnichten entzieh'n.


    Der Rathsherr
    Das ist, bei Demeter, ein Unfug.


    Lysistrata
    Wir retten dich, Freund.


    Der Rathsherr
    Und - will ich es nicht -?


    Lysistrata
    Deshalb nur um so gewisser.


    Der Rathsherr
    Wie kommt ihr aber darauf, euch gar um Frieden und Krieg zu kümmern?


    Lysistrata
    Wir sagen es dir.


    Der Rathsherr
    So rede geschwind; sonst wird's was setzen.


    Lysistrata
    Vernimm denn,
    Und bleibe mir hübsch mit den Händen vom Leib.


    Der Rathsherr
    Ich kann nicht; peinlich führwahr ist's,
    Im Zorn, wie ich bin, zu gebieten der Hand.


    Lysistrata
    Dann heulst du mir um so gewisser.


    Der Rathsherr
    Das krächzest du traun, Almutter, dir selbst. Doch rede mir nun.


    Lysistrata
    So vernimm denn.
    Stets trugen wir Frau'n in den früheren Krieg und der Drangzeit Alles geduldig,
    Mit bescheidenem Sinn, wei's Frauen geziemt, was auch ihr Männer verübtet.
    Ihr ließt uns ja nicht muxen einmal. Deswegen gefielt ihr uns gar nicht;
    Wir beachteten recht wohl, was ihr betriebt; und saßen wir ruhig zu Hause,
    So vernahmen wir oft, wie schlimm und verkehrt ihr wichtige Dinge beriethet.
    Da pflegten wir denn, in der Seele betrübt, euch wohl zu befragen mit Lachen:
    "Was ward heut über den Frieden von euch im versammelten Volke beschlossen?
    Was wird in der Säule gekerbt?" - "Was geht das dich an?" sagte der Mann dann:
    "Du schweigst mir davon!" Und ich schwieg still.


    Eine Alte
    Ich hätte dir nimmer geschwiegen!


    Der Rathsherr
    Ja, schwiegest du nicht, dann löstest du was!


    Lysistrata
    Drum schwieg ich lieber zu Hause.
    Bald freilich erfuhren wir wieder, ihr habt noch schlimmere Dinge beschlossen;
    Dann fragten wir wohl: "nein, sage mir, Mann wie machtet ihr das so bedachtlos?"
    Gleich rief er und sah von der Seite mich an: wenn nicht an der Spindel ich bliebe,
    Dann sez' er den störrigen Kopf mir zurecht; denn der Krieg sei Sache der Männer.


    Der Rathsherr
    Und ganz recht hat er geredet, bei Gott!


    Lysistrata
    Wie? Recht ist das, du Besess'ner,
    Zu verwehren den Frau'n, mit heilsamem Wort euch Übelberat'ne zu warnen,
    Nachdem man in Markt und Gassen umher euch öffentlich sagen gehört hat:
    "Kein Mann ist mehr in dem Lande, bei Gott, kein Einziger findet sich sonst mehr!"
    Drauf haben wir, Hellas zu retten, vereint in gemeinsamem Rathe beschlossen,
    Wir sämtlichen Frau'n, und ohne Verzug. Und wozu noch sollten wir zaudern?
    Drum, wollt ihr dem heilsamen Worte von uns auch einmal wieder das Ohr leih'n
    Und schweigen, wie wir schon lange gethan, wohl brächten wir euch in's Geleise.


    Der Rathsherr
    Ihr uns in's Geleise? Verwegenes Geschwätz, mir ganz unerträglich!


    Lysistrata
    O schweige!


    Der Rathsherr
    Ich schweigen vor dir, du vertraktes Geschöpf? Vor dir in der Haube des Weibes
    Um das greise Gesicht? Nein, lieber den Tod!


    Lysistrata
    Nun, wenn dir dieses im Weg ist,
    Komm nur und empfange die Haube von mir,
    Und hülle sie säuberlich dir um den Kopf,
    und dann sei still!
    Dazu noch nimm dir den Spinnkorb;
    Dann krämple die Woll'und gürte dich auf,
    Iß Bohnen dazu:
    Denn der Krieg ist Sache der Frauen.


    Die Chorführerin
    Ihr Frauen, laßt die Eimer steh'n, damit wir unseres Theiles
    Auch schaffen an dem großen Werk und unsern Schwestern beistehn.


    Der Chor der Frauen
    Ermüden soll nie der Fuß im Reih'ntanze mir,
    Lässiges Ermatten nie meine Kniee lähmen!
    Denn alles zu wagen bin ich mit den taperen Frauen bereit,
    Da Natur sie beseelt, Anmuth sie beseelt,
    Und der Geist und der Muth und die Liebe zur Heimat
    Und die Kraft mit Verstand.


    Die Chorführerin
    Ihr männlichen Ahninnen männlich Geschlecht, brennesselgeborene Mütter,
    Rückt zornig heran und erbarmt euch nicht: noch fahrt ihr mit günstigem Winde!


    Lysistrata
    Und wenn Aphrodite von Kypros dann und Eros, der liebliche Knabe,
    Uns weider einmal in Busen und Schooß inbrünstiges Sehnen hinabhaucht,
    Und die reizende Lust in den Männern erweckt und der Kraft süßschwellende Spannung;
    Dann wird Kampflöserin jede von uns im Land der Hellenen geheißen.


    Der Rathsherr
    Wie schaffet ihr das?


    Lysistrata
    Wir setzen durch, daß ihr mit den Waffen hinfort nicht
    Auf dem Markte herum euch tummelt und tollt.


    Der Rathsherr
    O Paphierin Aphrodite!


    Lysistrata
    Jetzt streifen sie dort, wo die Töpfe zu Kauf, und wo die Gemüse zu Kauf stehn,
    Stets auf dem geräumigen Markt umher in den Rüstungen trotz Korybanten.


    Der Rathsherr
    Bei Gott, so ziemt es dem Manne der Kraft!


    Lysistrata
    Das ist doch wahrlich zum Lachen,
    Wenn prangend mit Schild und der Gorgo darauf, ein Mann sich Makrelen erhandelt.


    Eine Frau
    Ich sah, wie neulich in wallendem Haar ein Phylarch , hoch sizend zu Rosse,
    Rühreier, gekauft von der Vettel am Markt, in die eherne Kappe sich einschob.
    Und ein Anderer schwang als Thraker den Schild und den Wurfspieß, ähnlich dem Tereus,
    Daß zitternd die Feigenverkäuferin floh; denn schlang er die reifsten hinunter.


    Der Rathsherr
    Wir wärt denn i h r nun fähig, so viel der verworrenen Wirren zu schlichten
    Und friedlich zu lösen in Hellas umher?


    Lysistrata
    Ganz leicht.


    Der Rathsherr
    Und wie denn? Erklär'es.


    Lysistrata
    Wie, wenn sich ein Garn beim Wickeln verwirrt, wir's also nehmen und langsam
    Und bedächtig zurecht mit der Spindel es zieh'n eins hierher, anderes dorthin:
    So denken wir auch, wenn ihr es erlaubt, den leidigen Krieg zu entwirren,
    Und zieh'n mit Gesandten es alles zurecht, eins hierher, anderes dorthin.


    Der Rathsherr
    Wie Wollarbeit mit der Spindel, wie Hanf und Garn, so wolltet ihr also
    Ausführen der Statskunst wichtiges Werk, Unsinnige?


    Lysistrata
    Wärt ihr besonnen,
    Handhabtet ihr wohl die Geschäfte des Staats ganz so wie Frauen die Wolle.


    Der Rathsherr
    Wie das? Laß hören.


    Lysistrata
    Zuerst denn treibt, so wie man im Zuber die Wolle
    Abspült und säubert von Schafsunrath, nichtswürdiges, arges Gesindel,
    Mit Ruthen gepeitscht, zu den Thoren hinaus, löst ab von dem Vließe die Bollen;
    Dann säumt nicht, was sich zusammenklumpt und zum Filz ineinander verstrickt hat
    Für die Würden des Stats, auseinanderzuzieh'n, und die Spizen davon zu berupfen.
    Dann krämpelt ihr wohl in das Körbchen hinein ein Gesamtwohlwollen gemeinsam,
    Und mischet sofort großmüthig dazu, was Insaß, Bündner und Freund ist,
    Und die dem Gemeingut schulden vielleicht, auch die mengt alle darunter.
    Und die Städte zumal, die von unserem Land nach Ost ausgingen und Westen,
    Die sondert heraus; den sie liegen umher, wie verlorene Flocken, vereinzelt
    Und ferne von uns; und von allen sodann lest unsere Flocke zusammen,
    Und bringt sie hierher, und zwirnet sie hier in eins miteinander, und macht dann
    Den gewaltigten Knäul; aus diesem sofort webt wollige Mäntel dem Volke.


    Der Rathsherr
    Das ist doch arg, wie die Frauen da so sich bewehrt mit den Ruten und Knäueln,
    Sie, welche der Krieg doch Nichts angeht!


    Lysistrata
    Ei wohl, du verwünschter Geselle!
    Wir leiden ja mehr als doppelt von ihm; denn die wir in Schmerzen gebaren,
    Die müssen gewappnet hinaus in den Krieg.


    Der Rathsherr
    Sei still, nicht denke des Leides!


    Lysistrata
    Und wann es geziemt, uns des Lebens zu freu'n und froh zu genießen der Jugend,
    Da vereinsamt unsere Nächte der Krieg. Doch eigenes Leiden vergess' ich;
    Nur wegen der Jungfrau'n kümmert es mich, die still im Kämmerchen altern.


    Der Rathsherr
    Nun? Altern denn nicht auch die Männer dahin?


    Lysistrata
    Das ist doch ein Anderes, o Himmel!
    Denn kommt er zurück, und ist er ergraut, bald freit er ein blühendes Mädchen;
    Doch schnell ist die Jugend des Weibes verblüht, und sobald sie die Jugend verpaßt hat,
    Will keiner sie frei'n; dann sitzt sie daheim, und forscht in Orakteln und Träumen.


    Der Rathsherr
    Doch wenn sich dem Manne der Nerv noch bäumt - -


    Lysistrata
    Was kommt dir zu Sinn, was stirbst du nicht gleich?
    Dein Platz ist bereit, kauf' immer den Sarg!
    Gleich back'ich den Honigkuchen dazu!
    Nimm dies und bekränze die Stirne!
    (Sie begießt ihn mit Wasser)


    Eine Alte
    Da diese Bescherung, nimm sie von mir!


    Eine Andere
    Und diese Bekränzung nimm noch dazu!


    Lysistrata
    Was begehrst du? Wo fehlt's noch? Steig'in den Kahn.
    Wo Charon dir ruft!
    Du hinderst allein noch die Abfahrt.


    Der Rathsherr
    Ist's nicht empörend, daß ich das erleiden soll?
    Doch nun, so wahr Zeus lebt, enteil'ich ungesäumt,
    Und zeige mich den Blicken eines edlen Raths.


    Lysistrata
    Wohl willst du klagen, daß wir dich nicht ausgestellt?
    Getrost! In aller Frühe soll am dritten Tag
    Von uns das Leichenopfer dir bereitet sein.
    (Alle ab. Die Chöre bleiben allein zurück.)


    Der Chor Der Greise
    Der Chorführer
    Länger ziemt es nicht zu schlummern; freie Männer, werdet wach,
    Und, die Mäntel abgeworfen, gürtet euch zum großen Werk!


    Der Chor
    Denn schon, fürhwahr, scheint mich hier
    Eines argen, schlimmen Plans
    Leiser Duft anzuweh'n.
    Doch heraus vor allem wittr' ich Hippias' Zwingherrscherei.
    Ja, und ich fürchte sehr,
    Daß vielleicht ingeheim
    Einige Lakonen sich bei Kleisthenes versammelt hier,
    Und die gottverhaßten Weiber aufereizt, mit List und Trug
    Uns die Gelder wegzunehmen
    Und die Löhnung,
    Mein und dein täglich Brod.


    Der Chorführer
    Arg fürhwahr, daß dieses Frau'nvolk meistern will die Bürgerschaft,
    Daß sie jezt, die schwachen Weiber, schwatzen über Schild und Speer,
    Ja mit uns noch unterhandeln wollen über die Sparter dort,
    Denen niemals mehr zu trau'n ist, als dem Wolf mit offnem Schlund.
    Doch o Männer, dies Geweb' ist angelegt auf Tyrannei;
    Aber mich tyrannen diese nimmermehr; ich hüte mich,
    Und im Myrtenzweige trag' ich fürderhin mein tapfres Schwert,
    Steh' in Waffen auf dem Markte nächst Aristogeitons Bild,
    (Mit schlagfertiger Haltung)
    Stehe so zu seiner Seite; denn berufen bin ich noch,
    Dir, du gottverhaßte Vettel, einzuschlagen dein Gebiß.


    Der Chor der Frauen


    Die Chorführerin
    (drohend)
    Warte, wenn du wieder heimkommst, kenn dich nicht die Mutter mehr!
    (Zu den Frauen)
    Aber setzt, ihr lieben Frau'n, die Eimer erst zur Erde hin!


    Der Chor
    Denn wir, o Volk dieser Stadt,
    Melden euch ein weises Wort,
    Das der Stadt frommen mag,
    Und mit Recht; denn glänzend hat sie mich gehegt in Pracht und Lust.
    Sieben Jahr eben alt,
    Trug ich schon Herse's Kleid,
    Ward mit zehn Jahren dann Müllerin der Artemis,
    Und im Krokoskleid in Brauron ihr geweiht am Bärenfest,
    Trug sodann als schönes Kind den
    Korb, mit meiner
    Feigenschnur augeschmückt.


    Die Chorführerin
    Ist es nun nicht meine Pflicht, der Stadt zu rathen, was ihr frommt?
    Bin ich auch ein Weib geboren, doch verübelt mir es nicht,
    Biet' ich euch nur Bess'res, als ihr täglich sehn und hören könnt.
    Steure doch auch ich zum Ganzen: Söhne, Männer bring' ich dar!
    Aber ihr, elende Greise, steuert nichts zum Ganzen bei;
    Habt ihr doch den Mederbeitrag unserer Ahnen (Wie man's hieß)
    Durchgebracht, und steuert dennoch nichts dafür aus eigenem Gut;
    Nein, ihr bringt es gar noch dahin, daß wir schmählich untergeh'n.
    Und ihr wolltet da noch muxen? Wo du mir zu nahe trittst,
    Mit dem ungegerbten Schuh hier schag' ich dein Gebiß dir ein!


    Der Chor der Greise
    Das heißt wahrlich doch des Übermutes Gipfel!
    Ja, und immer toller, mein' ich, wird die Sache noch.
    Wehren, ha, muß solchen Unfug, wer, ein Mann, noch Hoden hat!
    Auf, ihr Wämser abgeworfen, da man gleihch den Mann am Mann
    Riechen muß; in Feigenblätter sich zu wickeln ziemt sich nicht.
    Auf, o Barfüße, kommt,
    Die wir von Leipsydrion einst
    Zogen, noch jugendstark!
    Nun gilt's
    Nun verjüngt euch alle wieder, nun beschwingt euch
    Um und um, und schüttelt eures
    Alters Last ab von euch.


    Der Chorführer
    Gönnen wir, auch eines Fingers Breite nur, den Frauen Raum,
    Lassen sie nicht ab von ihrer emsigen Geschäftigkeit,
    Werden gar noch Schiffe bauen, und sich kühn in's Seegefecht
    Wagend wider uns heranzieh'n, gleich der Artemisia.
    Kommt es erst zur Reiterei noch, streich' ich alle Ritter aus;
    Denn die Fraun' sind von Natur höchst ritterlich und sattelfest,
    Gleiten niemals aus im Rennen. Sieh die Amazonen nur,
    Wie sie Mikon malt, zu Rosse kämpfend mit der Männerschar.
    Aber die hier muß man alle greifen, in's gebohrte Holz
    Ihnen stracks hineinzuklemmen diesen langgestreckten Hals.


    Der Chor der Frauen
    Bei Gott, jagst du mich noch mehr in Flammen, laß ich
    Meine wilde Sau heraus, und will dich heute noch
    Striegeln, daß du deine Nachbarn ungestüm zu Hülfe rufst!
    Aber legt auch ihr, o Frauen, ungesäumt die Mäntel ab,
    Daß man uns anriecht der Frauen bissig hartesott'nen Zorn.
    Komme mit jetzt Einer her:
    Zwiebeln ißt keine der,
    Keine Schwarzbohne mehr!
    Denn, traun,
    Sagst du noch ein böses Wort - die Galle schäumt mir -
    Wie dem Aar der Käfer, heb' ich
    Dir die Brut aus dem Schooß!


    Die Chorführerin
    Was bekümmer' ich mich um euch noch, lebt mir meine Lampito
    Und das holde Kind, die edle Theberin Ismenia?
    Denn du bleibst unmächtig, ob du zehnmal auch Beschlüsse machst;
    Hassen dich doch, armes Wichtlein, auch die Nachbarn ringsumher.
    Als ich, Hekaten zur Ehre, gestern gab ein Kinderfest,
    Lud ich ihnen ein Gespielen aus der Nachbarschaft zu Gast,
    Gar ein wackres, liebes Bürschchen aus Böotien, einen Aal:
    Doch er kam nicht, weil es eure Schüsse nicht gestatteten.
    Und mit solchen Volksbeschlüssen werdet ihr nicht ruh'n, bevor
    Einer euch einmal am Bein nimmt, daß ihr stürzt und brecht den Hals.

  • Lysistrata kommt aus der Burg. Die beiden Chöre. Einzelne Frauen.


    Die Chorführerin
    "Erlauchte Herrin unserer That und unsres Plans!"
    Was trittst du mir so düster aus der Burg hervor?


    Lysistrata
    Der bösen Frau'n Beginnen und ihr Weibersinn
    Nimmt allen Muth mir, treibt mich rastlos auf und ab.


    Die Chorführerin
    Was sagst du? Was sagst du?


    Lysistrata
    Die Wahrheit! Die Wahrheit!


    Die Chorführerin
    Was gibt es Arges? Deinen Trauten theil' es mit.


    Lysistrata
    Abscheulich ist es zu sagen und zu verschweigen schwer.


    Die Chorführerin
    Verbirg mir nicht das Böse, das uns widerfuhr.


    Lysistrata
    in kurzem Worte sei's gesagt: es männert uns.


    Die Chorführerin
    O weh, Zeus!


    Lysistrata
    Was schreist du Zeus an? Also steht's einmal mit uns.
    Ich weiß von ihren Männersn sie nicht länger mehr
    Zurückhalten; denn sie laufen mir davon.
    Die Erste traf ich, die grad an einem Loch
    Durchgraben wollte bei der Felsengrotte Pan's;
    Die Zweite ließ an einer Winde sich hinab;
    Die Dritte wollt' ausreißen; und die Vierte, schon
    Auf einem Sperling sizend, zum Orsilochos
    Hinabzufliegen, zog ich noch am Haar zurück.
    Kurz, jeden Vorwand, nur nach Haus zu kommen, zieh'n
    Die Fraun herbei. Schon wieder kommt dort eine her.
    He, du! Wohin so eilig?


    Die Frau
    Will nach Hause, schnell!
    Zu Hause hab' ich Wolle noch, milesische;
    Die fressen mir die Motten.


    Lysistrata
    Was für Motten da?
    Alsbald zurück!


    Die Frau
    Gleich komm' ich wieder, weiß es Zeus,
    Sobald ich auf dem Bette nur sie ausgespreizt.


    Lysistrata
    Das Spreizen laß nur und das Weggeh'n obendrein!


    Die Frau
    So lass' ich die Wolle verkommen?


    Lysistrata
    Ja, wenn's nötig ist.
    (Die Frau geht zurück.)


    Eine zweite Frau
    Ich Arme, weh mir, weh' um meinen schönen Flachs,
    Der ungehechelt liegt daheim!


    Lysistrata
    Die zweite schon!
    Die will zum ungehechelten Flachs nach Hause fort.
    Schnell wieder hinein du!


    Die Frau
    Bei der Fackelträgerin!
    Sobald ich ihn gebrochen, komm' ich wiederum.


    Lysistrata
    Das Brechen laß nur! Denn beginnst du erst damit,
    So wollen andre Frauen gleich dasselbe thun.
    (Die Frau geht zurück.)


    Eine dritte Frau
    O Herrin, Eileithyia, halt' die Geburt zurück,
    Bis ich dazu ein schicklich Plätzchen finden kann!


    Lysistrata
    Was faselst du da?


    Die Frau
    Nieder komm' ich im Augenblick.


    Lysistrata
    Warst gestern doch nicht schwanger -


    Die Frau
    Aber heut bin ich's.
    Wohlan, so laß mich ungesäumt, Lysistrata,
    Nach Haus zur Hebamm' eilen!


    Lysistrata
    (Befühlt sie.)
    Ei, was sagst du doch?
    Was hast do so ein Hartes?


    Die Frau
    's ist ein männlich Kind.


    Lysistrata
    Nicht also, bei Kythere; nein, was Ehernes,
    Was Hohles hast du, scheint es; ich erfahr' es gleich.
    (Sie zieht einen Helm heraus.)
    Possierlich Ding, du trägst den heiligen Helm daher,
    Und sagst, du seiest schwanger?


    Die Frau
    Ja, bei Zeus, ich bin's.


    Lysistrata
    Wozu der Helm denn aber?


    Die Frau
    Wenn mich die Geburt
    Noch auf der Burg ereilte, schlüpft' ich in ihn hinein,
    Und könnnte darin gebären, ganz nach Taubenart.


    Lysistrata
    Was sagst du?
    Ausflüchte suchst du, wo die Sach' am Tage liegt!
    Des Helmes Kindweihfest erwarte lieber hier!
    (Die Frau geht zurück.)


    Eine vierte Frau
    Nein, auf der Burg hier find' ich keinen Schlummer mehr,
    Seitdem ich die Tempelhüterin, die Schlange, sah.


    Eine fünfte Frau
    Ich Arme werde von den Eulen umgebracht;
    Das Uhurufen hält die ganze Nacht mich wach.


    Lysistrata
    Unselige Weiber, höret auf mit eurem Spuk!
    Wohl nach den Männern sehnt ihr euch. Und meinst du nicht,
    Daß sie nach uns sich sehen? Kummervoll gewiß
    Verbringen sie die Nächte. Drum haltet aus,
    Ihr guten Frauen, duldet nur noch kurze Zeit!
    Ein Götterspruch verkündet, unser sei der Sieg.
    Sobald wir einig bleiben. Also heißt der Spruch -


    Die Chorführerin
    Laß uns verhenmen, was er sagt.


    Lysistrata
    So schweiget denn.
    "Aber sobald sich in Einem Bezirk hinducken die Schwalben
    Und vor dem Wiedehopf fliehen und ganz sich enthalten der Schänzler;
    Dann wird enden die Noth, und das Oberste kehrt er nach unten,
    Zeus im Donnergewölk" -


    Die Chorführerin
    Dann kommen wir oben zu liegen?


    Lysistrata
    "Aber entzwei'n sich die Schwalben, und flattern sie schwingend die Flügel,
    Aus dem geheiligten Tempel hinweg; dann wahrlich von Stund' an
    Wird kein anderer Vogel so buhlerisch lüstern erscheinen."


    Die Chorführerin
    Bei Gott, der Spruch ist deutlich! All' ihr Himmlischen! -
    Nun zaget nicht kleinmütig und geduldet euch!


    Lysistrata
    Laßt uns hineingehen! Schmach und Schande wär' es ja,
    Wenn wir, oh Schwestern, diesen Spruch vereitelten.
    (Lysistrata mit den einzelnen Frauen ab.)

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