Gesellschaftstrukturen und ihre Probleme

  • Die römische Gesellschaft lässt sich nicht in einer einfachen Bevölkerungspyramide darstellen, wie man sie aus anderen Kulturen kennt. Einen Versuch es doch zutun, hat Alföldy gemacht, auch wenn es keine klassische Pyramide ist. Ich werde diese im laufe des Tages noch reinstellen, weil ich sie erst scannen muss.


    Bei der Beschreibung der römischen Gesellschaft stellen Begriffe wie Stand, Ordo, Schicht etc. ein Problemfall dar. Ich greife hier einer Arbeit vorweg, die im Entstehen ist und die sich in der Wiki nach Beendigung zu finden sein wird. Anstoss war eine Diskussion in dem Ideen-Board.


    Wir haben im Imperium Romanum nun zu aller erst zwei Bevölkerungsschichten, die vor allem in der Republik eine starke Rolle gespielt haben, aber im Laufe der Zeit und vor allem in der Kaiserzeit eher in ihrer Trennung in den Hintergrund traten.
    Dies kam vor allem durch die erkämpften Rechte in den Ständekämpfen, aber auch durch die Reorganisation des Reiches durch die Kaiser.


    Diese Schichten sind zum einem die Plebejer und zum anderen die Patrizier. Diese Schichten aber als ordo zu bezeichnen ist aber falsch, da ein Ordo nicht eine Schicht bezeichnet.


    Unter Ordo versteht man viel mehr eine streng hierarchisch aufgebaute Grupe. Ordo im gesellschaftlichen Bereich meint eher Reihenfolge anstatt Stand.


    In der Kaiserzeit und in der späten Republik gab es auch zwei Schichten in der Gesellschaft, bzw. in der Kaiserzeit sogar drei!
    Die erste war die Unterschicht, worunter man das einfach Volk zusammenfassen kann, dann gibt es die Oberschicht, dort sind die verschieden ordines vertreten und so auch die nobilitas. In der Kaiserzeit grenzt sich dann die domus des Kaisers nocheinmal ein wenig von der Oberschicht an der Spitze ab.


    Aber nun zu den ordines.
    In einem Ordo gab es eine strenge Reihenfolge. Zum einem war festgesetzt, wieviel Geld man haben musste, um aufgenommen zu werden, zum anderen gab es auch Vorschriften für das Alter, was man für ein Amt mitbringen musste. Auch die Redereihenfolge in den Versammlungen war nach den Ämtern sortiert. Den Vorsitz hatten die Amtsinhaber der höchsten Ämter, doch waren auch die, die dieses Amt schon einmal/ mehrmals innehatten sehr hoch angesehen und sprachen als erstes.


    An unterster Stelle gab es die Ordines Decurionum. Wieso Ordines? Weil jede Stadt einen eigenen hatte. Diese Ordines umfassten den städtischen Adel, den municipal Adel und war ähnlich dem Senat in Rom organisiert. Ihren Vorsitz hatten die Duumviri, ähnlich wie in Rom die Consules. Auch die gewesenen Duumviri waren in dem ordo und somit in dem Rat vertreten. Ähnlich wie beim Senat wurden die Magistrate der Städte auch regelmäßig gewählt. Die Vorausstzungen für einen ordo decurionum waren recht unterschiedlich. Bei den Städten Galliens z.B. bildeten die alten Adelsgeschlechter der Stämme meist den ordo decurionum, während es in anderen Gebieten des Reiches nach dem Einkommen ging, was man mitbringen musste.
    Es war durchaus üblich, dass man vom ordo decurionum in den ordo equester aufstieg, aber auch Mitglieder des ordo equester konnten wieder zurück in ihre Heimatstädte und somit in den ordo decurionum gehen. Es war auch möglich in mehreren ordines decurionum Mitglied zu sein.


    Der ordo equester war der zweite ordo. Um dort Mitglied zu sein, musste man ein gewisses Vermögen mitbringen. Der ordo equester stellte viele der Beamten in Rom und den Provinzen. Sie traf man oft in der kaiserlichen Verwaltung an. Auch waren sie Stadthalter in den kleineren Provinzen, wo der praefectus aegypti wohl das bekannteste Beispiel ist.


    Als nächstes haben wir den ordo senatorius: Der Senat von Rom. Auch um in diesen Ordo aufsteigen zu können, musste man Geld und einen bestimmten Landbesitz in Italia mitbringen. Allerdings war es für außenstehende der Nobilität schwierig in ihm aufgenommen zu werden. Meist waren es die Kinder gewesener Senatoren bzw. Consulare, die ihren Vätern in den Ordo folgten. Das lag zum einem daran, dass bei den Wahlen dem jungen nobilis auch die Taten seiner Väter angerechnet wurden, denn es war klar, dass der junge nobilis diesem Weg folgen würden. So konnte man die homini novi in den 3 Jahrhunderten vor Christus gut an seinen Händen abzählen. Auch der Senat war streng hierarchish organisiert, so dass man nur in einer festen Reihenfolge die Ämter durchlaufen konnte und nur mit dem erreichen eines Mindestalters. Auch war es später verboten ein Amt, was niedriger als sein letztes war, nochmal zu belegen.


    Jedoch wurden diese Regelungen später von den Kaisern etwas gebeugt, so dass Günstlinge auch eher ein höheres Amt belegen konnten. Für Neueinsteiger war es trotzdem nicht immer leicht!


    Hier sei noch erwähnt, dass auch die Übersetzung: honos = Ehrenamt schlichtweg falsch ist!


    Zu letzt noch ein paar Worte zu dem Begriff Nobilität. Nobilitas umfasst die Personen, die einmal Consuln gewesen waren. Dieses färbte dann auch auf die Nachkommen ab, aber ein richtiger ordo war dies nicht, doch werde ich mich in meinen Untersuchungen diesem Begriff auch meine Aufmerksamkeit widmen.

    Was sagt dies für unsere Micronation aus?


    Nun, die bisher aufgeführte Unterteilung ist so nicht mehr tragbar. Hier werden die Begriffe Stand und Ordo gemixt und durcheinander gebracht, so dass über eine neue Einteilung nachgedacht werden muss.


    Die Grafik von Alföldy folgt noch!

  • Zitat

    Original von Marcus Matinius Metellus
    Nun, die bisher aufgeführte Unterteilung ist so nicht mehr tragbar. Hier werden die Begriffe Stand und Ordo gemixt und durcheinander gebracht, so dass über eine neue Einteilung nachgedacht werden muss.


    Klingt wie ein Aufreger, ist es aber nicht: "Ordo Plebeius" und "Ordo Patricius" umbenennen und passt schon.

  • Eine Umbennung würde dem in der Tat schon abhelfen, aber ich bin der Meinung, das es nicht reicht, weil der Tatbestand, dass man die Stände und Ordines dennoch in der Aufzählung mischt. Wenn, dann müsste man neben dem Stand noch den Ordo einfügen.

  • Zitat

    Original von Marcus Matinius Metellus
    Wenn, dann müsste man neben dem Stand noch den Ordo einfügen.


    Nur, wenn auch Patrizier im ordo oquester geführt wurden (damit meine ich Patrizier Familien, keine Gentes. Mir ist schon klar, daß es Linien patrizischer Gentes gab, die dem ordo equester angehörten)

  • Vielleicht geling es mir am Ende meiner Arbeit euch ein Alternativ-Modell vorzustellen, worüber wir dann reden können. Mir ist klar, dass dies erhebliche Auswirkungen hat und sicher muss man die Spielbarkeit berücksichtigen, aber Agrippa hat in dem Thema schon recht gehabt.


    Und den Ordo Decurionum sollte man nicht außer acht lassen, wenn man das Leben in den Provinzen mehr simulieren will!


    PS: Nachricht im ICQ! =) Ich weiß, du bist immer beschäftigt! ;)

  • Ich freue mich schon auf deine Ausarbeitung, auch wenn ich noch nicht sehe, wie wir das dann im IR umsetzen können.


    Was aber deine Erklärung des Begriffes "Nobilität" angeht, so bin ich nicht ganz klar, auf was du dich beziehst, sagst du doch, dass es nur ehemalige Consuln in die Nobilität geschafft hätten. Kennst du den Titel "Die Römische Nobilität in der Kaiserzeit" von Delzer? Hat den Begriff völlig verändert und ist bis heute Standard ;)


    Übrigens einer aus meiner Uni :D Aber lang vor meiner Zeit :D

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  • Nun, in der Tat gibt es gemischte Meinungen zu diesem Thema, was u.a. an der schlechten Quellenlage liegt.


    Es gibt Meinungen, die gehen davon aus, dass bereits die Prätur, oder die curulische Aedilität ausreicht, um zu den nobilis zu gehören. So in der RE, 2000


    PS: Grafik gibts morgen, da ich keinen Scanner heute zur Verfügung hatte!

  • Du hast mir zwar meine Frage zum Thema "Gelzer" noch nicht beantwortet, aber können wir und soweit einigen:?


    Die Nobilität ist im Gegensatz zu den Patriziern kein Geburtsadel, sondern der Amtsadel Roms. ?(

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  • Zitat

    Original von Lucius Annaeus Florus
    Du hast mir zwar meine Frage zum Thema "Gelzer" noch nicht beantwortet, aber können wir und soweit einigen:?


    Die Nobilität ist im Gegensatz zu den Patriziern kein Geburtsadel, sondern der Amtsadel Roms. ?(


    Was sollten sie sonst sein? :D Das habe ich nie angezweifelt! ;)

  • Ein ganz guter Überblick, aber leider fehlt mir etwas:


    Plebs: geburtsunadel
    Wo bleibt da das Gegenteil dazu? Patrizier = Geburtsadel


    Der fällt immer weg, weil alle noch im alten Bild der Nobilitas denken, das sei der Counterpart dazu.


    Aber seit Gelzer ist das nichtmehr so. Es gibt nun nicht länger nur 2 Gruppen (Plebs/Nobilitas) sondern 3:
    - Plebs: unadelig von Geburt
    - Patrizier: adelig von Geburt
    - Nobilitas: adelig oder unadelig von Geburt, ganz egal, aber durch ihre Ämter definitiv Amtsadel

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  • Du und deine Patrizier! :D


    Da scheiden sich wohl die Meinungen der Gelehrten! Ich schließe mich da eher dem Lager an, das den Patriziern keine besondere Rolle mehr zuschreibt! Das geht ja auch eindeutig aus den Ständekämpfen hervor. Alföldy ist immer noch aktuell und sein Modell wird viel zitiert. Von deinem Gelzer habe ich noch nichts gehört! ;)

  • Dann hast du leider die bahnbrechendste Entwicklung in Sachen Nobilitas der letzten 30 Jahren nicht mitgekriegt. ;)


    Das ist jetzt kein Vorworf aber sein Werk ist Standard selbst in den bekanntesten Unis dieser Welt und gehört in jedes Proseminar zu diesem Thema

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  • Also wenn es so bahnbrechend wäre, dann wäre es auch Bestandteil der Lehre gewesen. Du spielst die Bedeutung der Patrizier wirklich viel zu hoch! In zwei Vorlesungen zur Kaiserzeit war dein Gelzer nie Thema! Eher immer Bleicken und Alföldy, der von mehreren Proffesoren zitiert wurde.


    Die Patrizier hatten wirklich nicht so ein starkes Gewicht! ;)

  • Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in Geisteswissenschaften immer hinfreich ist, über Inhalte zu sprechen und nicht über die Namen der Autoren der Bücher, in denen diese Inhalte zu finden sind. ;)

  • Gut dann erleutere ich hier nochmals was Gelzer sagt:


    Er legt grossen Wert darauf, dass man seit ewig in Rom folgendes unterscheidet:
    - Plebejer = nicht adelig
    - Patrizier = adelig von Geburt


    Nun, diese 2 Teile in der Aufteilung der Römer wurden durch die Vermischung derselben gleichzeitig auch ausser Kraft gesetzt.


    Je mehr Plebejer in hohe Ämter kamen, reich wurden und mächtig, desto mehr Macht verloren die Patrizier.


    Gelzer macht nun geltend, dass in der Kaiserzeit die Patrizier praktisch keine offensichtliche Macht mehr hatten, sondern ein neues Phänomen, das wir als die Nobilität kennen. Diese setzt sich sowohl aus Plebejern, als auch aus Patriziern zusammen, ersetzt also offensichtlich keinen dieser beiden Teile, sondern ist eine neue Sache, eine Ergänzung dazu.


    Die Nobilität ist der Amtsadel, die Leute, welche die offensichtliche Macht haben.


    Die Patrizier gab es dennoch weiterhin und da sie manchmal nicht länger zur Nobilität gehörten, zogen diese Familiae die Fäden im Hintergrund, durch Bestechungen und Intrigen.


    So, ich hoffe, das war kurz und dennoch deutlich genug.

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  • Ich habe ja auch nicht gesagt, dass es die Patrizier nicht mehr gab. Nur haben sie stark an Gewicht verloren und durch die entstandenen ordines keine nennenswerte Bedeutung in dem öffentlich-politischen Leben mehr gehabt. Sicher war es bestimmt trotzdem toll, sich auf seine patrizischen Vorfahren zu berufen. Nur Patrizier zu sein, reichte bei langem nicht mehr aus! ;)

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