[Officium] Praefectus Castrorum

  • Sophus musste trotz aller Verblüfftheit unwillkürlich grinsen. Er trat an den Centurio heran, dessen Gesicht er nunmehr einordnen konnte und klopfte dem Mann auf die Schulter.


    "Antonius, Bruder meines Vaters! Zu welch' rätselhaften Sphären hat sich das Schicksal aufgeschwungen, dass sich unser beider Kreise zu dieser Zeit an diesem Orte treffen? Salve! Salve, Onkel!"

  • "Der Götter Wege sind unergründbar, mein Junge."


    Ein kurzes Lachen erklang aus dem sonst stets ernsten Mann. Er fegte kurzerhand die Dienstränge fort und umarmte seinen Neffen. Mit einem Klopfen auf das Schulterblatt ließ er wieder los.


    "Dein Vater wäre stolz auf deinen Werdegang gewesen, könnte er ihn erleben."

  • Darauf sagte Aurelius nichts, denn seit dem Tode des Vaters verfolgten ihn die Schatten jenes Fluches, vor dem er weggelaufen war, vor dem er sich versteckt hatte und noch immer versteckte, dessen tragische Unausweichlichkeit das ohnehin schon schwermütige Gemüt des Knaben krank gemacht hatte, der sich in die Arbeit flüchtete, sich selbst mied, wo er nur konnte, in den gähnend freien Stunden das eigene Wesen in Alkohol und Melancholie ertränkte.
    Jenes arrogante Lächeln, welches ihm niemals von den Lippen wich, war bald als selbstbezogene zynische Reflexion einer Komödie mit Namen "Leben" erschienen und auch jetzt drang aus seiner Kehle nur ein seelenloses, hohles Lachen.


    "Onkel, bitte. Setze dich. Bei einem Schlückchen redet sich doch gleich viel leichter und ich will alles wissen, was du zu erzählen hast."


    Sophus geleitete den Antoninus in Richtung des Schreibpultes, in dessen Nähe man einer Sitzgelegenheit gewahr wurde. Der Praefectus holte den Stuhl hinter dem Schreibpult hervor, stellte ihn geräuschvoll vor das Möbel und gab, während er nach einer der kleinen Amphoren Posca suchte, dem Sekretär zu verstehen, dass dessen Dienste augenblicklich nicht mehr benötigt wurden.

  • Der Dienstantritt verlief anders als angenommen. Bislang ging Antoninus in der Annahme, sein Neffe würde grundsätzlich Familiendingen aus dem Weg gehen. Immerhin hatte er ihn seit seiner Rückkehr vor mehr als einem halben Jahr noch nie zu Gesicht bekommen.
    Antoninus nahm dankbar Platz. Der lange Dienst hatte inzwischen seine Glieder anfällig für Beschwerden gemacht.


    "Nun ja, reden ist nicht unbedingt meine Stärke. Da hilft auch kein Becher Posca. Trotzdem nehme ich gerne einen. Ich bin im Laufe des Lebens schweigsamer geworden, aber es gibt eine Menge zu erzählen. Über den Dienst bei den Kohorten reden wir lieber nicht. Da existiert ein schaler Nachgeschmack. Meine Kandidatur lief nicht nach Wunsch. Ich habe einen Sohn bestatten müssen. Deandra und Severina machen mir seit Monaten Sorge. Du siehst, die Nachrichten sind nicht wirklich erhebend. Daher schweige ich lieber, ich könnte sonst wie ein altes Waschweib klingen.“

  • "Wohl wahr. Zu schweigen ist bisweilen eines Römers beste Zierde.
    Doch bin ich erstaunt über diese Nachrichten aus Rom. Welcher meiner Cousins ist verstorben? Weshalb wurde ich darüber nicht eher in Kenntnis versetzt?"


    Auch nicht in Kindertagen hatte Sophus besonders viel Kontakt zu Antoninus' Familie gehabt, war er selbst doch in Rom aufgewachsen, hatte er doch den größten Teil seiner Lebenszeit in Italia verbracht.

  • "Meinen Sohn Maxentius haben wir verabschiedet."


    Antoninus überlegte, ob er dem Neffen reinen Wein einschenken sollte.


    "Es war nicht richtig, dir keine Nachricht zukommen zu lassen, aber mit deinem Interesse rechnet einfach niemand. Du lebst hier abgeschieden im Castellum und kommst nicht einmal in Mantua regelmäßig zu deiner Familie. Ich hoffe, du nimmst mir die Offenheit nicht übel."

  • "Wenn der Schein also trügt, kann ich nur sagen Flucht ist keine Lösung, mein Junge."


    Antoninus griff zum Becher und hob ihn an.


    "Maxentius können wir am Hausaltar grüßen. Lass uns hier auf die Lebenden trinken und nach vorn blicken."


    Antoninus nahm einen großen Schluck und stellte den Becher ab. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und erinnerte sich daran, dass er vor seinem Vorgesetzten saß.


    "Wir hätten uns eher unterhalten sollen."
    "Unsere Villen liegen nebeneinander. Vielleicht finden wir in Mantua mehr Gelegenheit dazu. Dann hätte der Wechsel zur Legion noch etwas gutes für die Familie gebracht."

  • "Der hat mich auch erstaunt, aber man soll’s nicht glauben, bei der Feuerwehr geht es noch schneller."


    Antoninus griente, dann gluckste er vor Lachen. Bald aber fand er zum nötigen Ernst zurück.


    "Mantua. Ich wollte nie nach Mantua. Nachdem ich aber von meinem Kommandanten unehrenhaft entlassen wurde, weil er der Meinung war, ich hätte meine Kandidatur nicht vorher abgesprochen, war das Vertrauensverhältnis zerstört. Da nützte es auch nichts mehr, dass die Entlassung nach wenigen Stunden zurückgenommen wurde, weil ich die Benachrichtigung nachweisen konnte."


    Antoninus winkte ab.


    "Lassen wir das Thema. Meiner Frau geht es gut. Zumindest gesundheitlich. Sie wird nach Mantua umziehen. Vielleicht findet sie hier den nötigen Abstand, den sie in Rom nicht hat. Ich hatte es angedeutet, dass mir die Frauen Sorgen bereiten."


    Antoninus überlegte was es sonst noch aus Rom zu erzählen gäbe.

  • Sophus zog skeptisch die Augenbrauen hoch und schüttelte amüsiert das Haupt.


    "Dieser Vorgang passt ganz in das Bild, welches die in Roma stationierten Einheiten inklusive Praetorianergarde abgeben, wobei jene nicht einmal in der Lage sind, sich an den Dienstweg zu halten:
    Eine Lusche nach der anderen kommt in mein Officium mit immer dämlicheren Argumenten und diese Pfeifen wollen den Princeps schützen. Über solche Witzfiguren kann ein echter römischer Soldat nur lachen."


    Nach einem Schluck Posca wechselte er das Thema.


    "Ja, nun, mein Antoninus. Wie hast du dir deine Zukunft bei den Legionen vorgestellt? Mit welchen Tätigkeiten warst du feüher beschäftigt?"


    Der Praefectus lauschte aufmerksam, denn Antoninus' Angaben konnten unter Umständen ausschlaggebend für dessen spätere Verwendung in der Truppe sein.

  • Antoninus griente. Wann hatte er zum letzten Mal gelacht? Er konnte sich nicht erinnern. Jedenfalls musste es im Privaten mit Severina gewesen sein. Ansonsten gab es keinen Grund. Den Themenwechsel ging Antoninus nicht sofort mit. Die Höflichkeit gebot, nun seinerseits eine Nachfrage zu stellen.


    "Was sagt dein Privatleben? Hast du eins oder lebst du nur für die Legion?"


    Nach der Antwort ging er auf die ihm gestellte Frage ein.


    "Hah, so traurig es klingt, ich kann nicht viel an brauchbaren Tätigkeiten vorweisen. Mir wurde keine Ausbildung angetragen. Dafür haben die Stadtkohorten einen festen Ausbilder, der alle Zenturien bedient. Stets war ich auf Streife oder habe Ermittlungen geführt. Nichts was man in der Legion gebrauchen kann."


    Abfälligkeit wurde deutlich. Der übliche Ernst war zurückgekehrt.

  • Detritus folgte der Wache, am Eingang des Officiums ging der Soldat wieder zurück zur Porta Praetoria. Der Comes meldete sich beim Wachposten und wartete. Hin und wieder schaute er sich um, es war nämlich sein erster Besuch in einem Legionslager.

  • Sim-Off:

    Detrius bekommt eine neue Zeitebene.
    Bei dir, Antoninus, möchte ich noch die Antwort via PN abwarten.


    Die Wache, welche Detrius bis zur Porta des Officiums geleitet hatte, gab dem anderen Legionär zu verstehen, dass der Besucher überprüft worden sei.


    Der nickte lediglich.


    "Hast Glück. Scheint außer dem Präfekten gerade niemand da zu sein."


    Der Soldat klopfte an die Porta, trat kurz in die Schreibstube hinein, salutierte und kündigte den Besucher an, welcher sogleich passieren konnte.

  • Detritus bedankte sich bei der Wache und betrat das Officium des Praefectus Castrorum.


    "Salve Praefectus Castrorum Sophus, mein Name ist Lucius Octavius Detritus und ich bin zur Zeit der Comes von Italien. Ich möchte dich um etwas bitten."

  • "Salve, Octavius! Was führt den Comes hierher?"


    Erwiderte der Lagerkommandant und machte eine lässige Geste, welche der Praefectus an jedem Arbeitstage unzählige Male vollführte, um Soldaten der Legio I, aber auch anderen Besuchern eine spartanische Sitzgelegenheit anzubieten.

  • Detritus setzte sich.


    "Also ich suche gerade eine/n neue/n Magister/a Scriniorum und da fiel mir Aurelia Deandra auf, ihr Vater sagte mir aber, dass es die Aurelier nicht gerne sehen wenn eines ihrer Frauen arbeitet und man dazu deine Zustimmung haben müsste. Nun bin ich hier und frag dich um diese Zustimmung."

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