Vor der Casa Matinia

  • "Ich bin beeindruckt von deiner Willensstärke. Du gibst nicht auf. Und doch bist du weder übermäßig stolz noch zu sehr von dir überzeugt. Wärst du ein Mann im Reich Han, dann wäre aus dir sicher ein ausgezeichneter Offizier geworden. Und nun, schließ die Augen und lass dich überraschen." Er lächelte.

  • Cheng holte den Offiziersmantel aus dem Beutel. Es war ein langer Mantel aus tiefblauer Seide mit goldenen Stickereien an den weiten Ärmeln. Er nahm Pentesileas linke Hand und streifte ihr dann den entsprechenden Ärmel über. "Schön die Augen zulassen," sagte er, während er ihr den Mantel auch über den rechten Arm zog. "So, jetzt kannst du die Augen öffnen."

  • Ich hatte schon vorher bemerkt, dass er mir etwas anzog und Mühe gehabt die Augen zu zu lassen. Als ich jetzt aber auf den Mantel sah, blieben mir die Worte weg und ich sah ihn ungläubig an. Erstr nach einer ganzen Weile fand ich meine Worte wieder, zumindest zu einem kleinen Teil. "Für mich?" fragte ich noch leicht irritiert und tonlos.

  • "Aber..." ich wusste nicht, was ich sagen sollte. So schwieg ich und betrachtete ihn ehrfurchtsvoll. Es war ein schöner Stoff und angenehm zu tragen. "Aber brauchst Du ihn denn nicht mehr?"

  • Er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich denke nicht, dass ich nach Han zurück kehren werde. Und selbst wenn," er zuckte mit den Schultern, "dann werde ich sicher kein Offizier mehr sein. Und selbst wenn ich wieder eine Offizier würde, dann würde ich mir halt einen neuen Mantel kaufen. Aber, ehrlich gesagt, mein altes Leben hat keine Bedeutung mehr für mich." Er seufzte. "Hier bin ich frei. Ich stehe in keiner Hierarchie und kann tun und lassen, was ich will. Wieso sollte ich in mein altes Leben zurück kehren wollen?"

  • An das alles hatte ich gar nicht gedacht, als ich ihn das gefragt hatte, sondern mehr an die praktischen Dinge und sagte dies auch: "Naja, das meinte ich damit gar nicht," lächelte ich. "Ich meinte vielmehr, ob Du seine Wärme nicht brauchst, wo es doch recht frisch hier ist."

  • Er zog eine Augenbraue hoch. "Ach so." Er lächelte, während sein Blick in die Ferne schweifte, ohne ein Ziel zu fixieren. "In Han ist es eisig kalt um diese Zeit. Die Straßen von Luoyang sind mit Schnee bedeckt, ebenso wie die Dächer der Häuser und Paläste. Wenn man, so wie ich, ein Offizier der Kavallerie war und mit Windeseile durch die eisige Luft am morgen Ritt, den Körper aufrecht im Sattel haltend und die Lanze auf dem rechten Arm liegend, dann hatte der Mantel auch nicht gewärmt. Seide wärmt kaum. Doch ich war und bin an die Kälte gewöhnt. Und hier ist es nicht wirklich kalt. Hier kondensiert nicht der Atem vor der Nase und bildet kleine Eiskristalle auf dem Bart, während die Gegend ringsherum in eine weisse Glitzerwelt verwandelt ist und..." Er stoppte abrupt, als er bemerkte, dass er von seiner alten Heimat schwärmte. Heimweh war bedeutungslos. Bedeutungslos! [SIZE=7]"Bedeutungslos!"[/SIZE] flüsterte er leise auf Latein, dann noch einmal, etwas lauter, aber immer noch flüsternd, auf chinesisch.

  • Ich legte meine Hand auf seinen Unterarm und sah ihn an. "Es tut mir leid. ICh wollte Dir nicht diese Art der Erinnerung zurückrufen. Zumindest nicht, wenn es so ist. Ich danke Dir für das Geschenk. Es ist wunderschön und ich werde ihn immer in Ehren halten. Erlaubst Du mir, Dir eine Nachricht vom Proconsul zu übermitteln?"

  • Er lächelte milde. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Du konntest es ja nicht wissen. Und ich dachte auch nicht... egal. Eine Nachricht vom Proconsul? Für mich? Was verschafft mir die Ehre? Ist die Nachricht gut oder schlecht?" Er war erstaunt, dass der Proconsul sich um einen Ausländer Gedanken machte.

  • "ICh weiss nicht, als was Du es bezeichnen würdest, aber er möchte Dich gerne zum Essen einladen, ganz zwanglos und jederzeit. Er meinte, ich solle Dich einfach das nächste Mal, wenn ich Dich sehe mitbringen. Wir begegneten uns im Perystil und kamen das erste Mal ins Gespräch und irgendwann im Laufe dessen auch auf Drachen und so und da meinte er das." Ich hoffte ihn damit nun nicht beleidigt oder schlimmeres zu haben.

  • Ich lächelte leicht. "Ja, ich denke, so könnte man es sagen. " Aber sogleich fügte ich beschwichtigend dazu: "Aber er weiss nicht, dass wir uns jetzt treffen und wenn Dir nicht der Sinn danach steht, nun dann kann es auch wann anders sein."

  • Er sah kurz an sich herab, dann lächelte er. "Nun, passend gekleidet bin ich ja. Ich meine, das ist schon fast meine beste Kleidung. Also, für so einen hohen Beamten... wenn du nichts dagegen hast, dann... warum bin ich eigentlich so aufgeregt? Worauf muss ich achten? Wie begrüßt man einen Proconsul?" Er lächelte verlegen.

  • "Ähm, ich würde sagen mit Salve Proconsul Agrippa und danke für die Einladung?" Ich legte meine Stirn in Falten und lächelte. "Er beisst nicht. Er ist ein sanfter Mann. Obwohl er eine so hohe Stellung inne hat."

  • "So etwas gibt es? In Han habe ich nie einen hohen Beamten gefunden, der nicht voll und ganz der Arroganz verfallen war. Aber gut, wenn er mich kennen lernen möchte, dann soll er das gerne tun." Trotz eines Lächelns konnte er seine Aufregung nicht verbergen.

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