Arbeitszimmer | Felix, Deandra

  • Ich saß in meinem Arbeitszimmer bei einem Becher selbst herbeigetragenem verdünnten Wein und studierte Papiere über Papiere, als es an der Tür klopfte.


    "Herein?"


    Die alte Turda kündigte Besuch an, und ließ nach meinem Nicken Deandra in den Raum.


    "Ah, Deandra! Sei gegrüßt! Wie geht es dir so? Setz dich doch hin!"


    Endlich Ablenkung vom faden Zahlen vergleichen... wer auch immer diese Aedils-Arbeit erfunden hatte, er war ein Sadist. :D

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  • Ein Lächeln auf den Lippen betrat ich den Raum. Unsicherheit war die Ursache, weniger Fröhlichkeit. Auf dem Weg hierher hatte ich verschiedene Einstiege in das Gespräch durchprobiert, aber keiner gefiel mir so recht. Ich würde wohl improvisieren müssen.


    „Ich grüße dich ebenso, Felix.“ Hm, und schon kam ich ins Stocken. Er schien guter Laune zu sein und ich musste sie ihm nun verderben. Ein undankbarer Auftrag, den ich hier auszuführen hatte.


    „Hm, es geht so“, antwortete ich ihm ausweichend und nahm Platz. „Ich komme von einer Reise aus Achaia zurück und noch bevor ich die Villa meiner Familie aufgesucht habe, führte mich mein Weg hierher.“ Einmal atmete ich tief durch, dann packte ich aus.


    „Ich habe eine Nachricht für dich. Es ist keine gute …“ Mein Blick hing an Felix. Wie er wohl reagieren würde?

  • Direkt von Achaia zu mir? Da musste etwas Schlimmes geschehen sein. Ich legte die Papiere beiseite und setzte mich auf.


    "Was ist passiert, Deandra?"

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  • Tja, und nun stand oder besser saß ich da, weil ich nicht wusste, wie ich am besten anfangen sollte. Krampfhaft versuchte ich mir nochmals Catus’ Worte ins Gedächtnis zu rufen. Vieles war an mir vorbeigerauscht. Ich war von den Ereignissen viel zu sehr ergriffen gewesen, um einen kühlen Kopf bewahrt zu haben. Felix – Testament, Messalina – Grüße und Freigabe, das wusste ich noch. Glücklicherweise saß ich vor Felix und nicht vor Messalina. Das machte es leichter. Mit dem Ende anfangen ging schlecht, also doch von Anfang an …?


    „Es geht um deinen Anverwandten Catus. Verzeih, wenn ich nicht genau über den Grad eurer Verwandtschaft informiert bin. Zu mir war die Kunde seiner Krankheit gedrungen. Oft handele ich ohne nachzudenken, einfach aus einem Bedürfnis heraus. Naja, jedenfalls reiste ich zu ihm.“


    Die Reise hatte ich keineswegs bereut, sie war richtig gewesen. Sie allerdings zu erklären, erwies sich als schwierig. Das merkte ich gerade. Hoffentlich ging Felix nicht darauf ein.


    „Um es kurz zu machen…“ Dabei ging kurz eigentlich gar nicht. „…Die Auskunft des Arztes war vernichtend.
    Du musst wissen, trotz der Diskrepanzen der Vergangenheit habe ich Catus immer geschätzt. Es war mir ein Bedürfnis, ihm letzte Grußworte zu entrichten. Er schlief nach schweren Anfällen, aber der Götter Wille ist unvorhersehbar und so erwachte er just in jenem Moment, als ich gehen wollte. Schon glaubte ich an eine wundersame Fügung der Götter und seine Gesundung, da offenbarte er mir sein Vorhaben, sich nicht durch die Krankheit beugen zu lassen, sondern sie zu beherrschen. Ach, Felix. Was soll ich sagen?“


    Wieder einmal hilflos hob ich die Schultern. Mit einem tiefen Seufzer atmete ich aus.


    „Ich soll dir Grüße von ihm ausrichten und dir berichten. Er wird nicht zurückkehren, denn sein Ziel war der Olymp und er war todkrank. Du möchtest dich um die Umsetzung seines Testamentes kümmern, was er bei den Vestalinnen hinterlegt hat.“


    Nachdenklich ruhte mein Blick auf meinem Gegenüber.


    „Felix, ich habe mich oft nicht mit Catus verstanden, aber er war ein guter Römer. In der Erinnerung werde ich ihn als solchen behalten.“


    Die Ereignisse hatten mich tief bewegt und so hatte ich auch hier sehr darum zu kämpfen., dass ich meine Fassung behielt. Warum hatten mich die Götter nur aus einem derart weichen Material geschnitzt?

  • Ich nickte bei ihren Worten und hörte aufmerksam zu. Von Catus Krankheit war mir bereits zugetragen worden und ich hatte auch vor seiner Abreise noch ein intensives, trauriges Gespräch mit ihm führen können. Die Erinnerungen daran kamen mit Deandras wieder...
    Sie sprach lange, doch die eigentliche Botschaft war mir bei ihren ersten Worten schon klar. Je länger sie redete, desto wahrhaftiger wurde mir die Gewissheit. Dennoch blickte ich sie geradeheraus an und nahm jedes ihrer Worte bedächtig in mich auf. Als Deandra geendet hatte, schwieg ich eine Weile und senkte stumm den Blick. Ich seufzte.


    "Catus ist also..."


    Ich sprach den Satz nicht zu Ende und das verhängnisvolle Wort nicht aus.


    "Er war mein Adoptiv-Sohn."


    Diese Worte lösten etwas aus bei mir und plötzlich begann ich zu sprechen. Mit ruhiger, gefasster Stimme erzählte ich Deandra von Catus Leben, von den Gegebenheiten, die zur Adoption geführt hatten, von den vielen erfreulichen und weniger erfreulichen Ereignissen, die wir gemeinsam durchlebt hatten. Es dauerte lange. Catus hatte ein bewegtes Leben gehabt und ich hatte an vielem davon teilhaben dürfen. Meine Stimme begann bereits heiser zu werden, als ich letztlich zu einem Ende kam. Mein Blick fand wieder den der Patrizierin mir gegenüber. Ich nickte ihr ernst zu und wusste plötzlich nicht mehr, was ich weiters sagen sollte. Ich erhob mich und ging ratlos einige Schritte im Raum umher. Was nun? Achso...


    "Ich danke dir natürlich, für deine Grüße. Und für die Mühe, die du dir mit der Überbringung gemacht hast. Ich weiß, dass er dies sehr zu schätzen wüsste. Du bist ihm eine sehr gute Freundin geworden und wie es scheint, ist er bis zum Schluss ganz der gute alte Catus geblieben. Um die Umsetzung seines Testamentes werde ich mich selbstverständlich kümmern. Du kannst dich darauf verlassen."

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  • Aufmerksam hörte ich zu, als Felix sprach. Vieles wusste ich nicht aus Catus’ Leben. Bisher hatte ich trotz mehrerer gemeinsamer Monate in der Praesina nur am Rande mit ihm zu tun gehabt. In Achaia konnte ich unter die Oberfläche des Flaviers sehen und was ich erblickte, war ein edler Mensch.


    Mein Blick folgte dem wandernden Felix. Als er zum Abschluss kam, schüttelte ich den Kopf.
    „Es war keine Mühe, dir die Nachricht zu überbringen. Ich habe es gern getan, es war Catus’ Wunsch. Da ist aber noch etwas und DAS wird mir Mühe machen.“


    Wieder stand ich vor der Frage: Wie fange ich an? Und was noch wichtiger war: Wie sage ich, was mich bewegt, ohne Catus im Nachhinein zu verletzen und ohne Felix vor den Kopf zu stoßen. Klar, einfach direkt ansprechen – etwas anderes kam nicht in Frage, aber das ‚wie’ war entscheidend.


    „Es geht um Messalina. Catus wünscht, dass ich auch sie aufsuche. Ich verstehe seinen Wunsch und ich möchte ihm auch nachkommen, aber jeder im Reich weiß, wie ich ihr gegenüber stehe. Viele Fragen, Felix. Wo ist sie zu finden? Meinst du, ich muss sie persönlich aufsuchen oder reicht es, wenn du ihr die Nachricht überbringst? Und die wichtigste Frage überhaupt: Felix, warum geschehen solche Dinge? Warum geben so viele Männer auf? Sie könnten doch auch kämpfen.“


    Meine Augen schwammen inzwischen. Ich hoffte sehr, ich würde die Kontrolle über meine Emotionen behalten.

  • Ich nickte verständnisvoll.


    "Das ist wahrlich keine leichte Entscheidung, meine Liebe. Doch ich befürchte, dass ich sie dir nicht abnehmen kann. Du allein kannst wissen, ob eure Freundschaft dir dieses Opfer wert ist. Messalina dürfte derzeit in Ostia, in der Casa Flavia Fimbria zu finden sein."


    Ihre verzweifelten Fragen ließen ein dünnes, freudloses Lächeln auf meinen Lippen erscheinen.


    "Das ist nun einmal der Lauf der Dinge, Deandra. Niemand hat Energien, die auf ewig halten. Manche halten durch, manchen vergehen. Aber hab keine Angst. Das Ende ist noch lang nicht nah. Es gibt genug starke Männer, die unsere Welt mit ihrem Elan weiter aufrecht erhalten werden. Sieh mich an. Der Jüngste bin auch ich nicht mehr. Dennoch bin ich zäh und werde mich so schnell sicher nicht den Kräften des Verderbens beugen. Nur Mut, Deandra. Nur Mut..."


    Mein Lächeln nahm nun doch etwas an Wärme zu und ich blieb stehen, um meine Freundin anzusehen. Sie war schön und in der vollen Blüte ihrer Jahre. Eine Patrizierin, wie sie im Buche stand. Ich dachte an Livia...

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  • Mit Felix Worten fiel die Entscheidung. Es gab nur die eine Lösung – Catus zuliebe würde ich Messalina aufsuchen. Ich seufzte vernehmlich, ein wahrlich unangenehmer Gang für mich.


    „Gut, das ist mir die Freundschaft wert. Ich werde also nach Ostia reisen.“



    Gespannt, fast begierig hatte ich auf seine Antwort zu den dringlichen Fragen gewartet. Er besaß wesentlich mehr Lebenserfahrung als ich. Ich suchte Rat oder Lösungen oder Trost oder am besten gleich alles zusammen.


    Begierig saugte ich auf, was er sagte und es hatte tatsächlich etwas Tröstendes. Ein winziges Lächeln erschien auf meinen Lippen.


    „Ja, du besitzt Stärke. Das ist wahr. Sicherlich gibt es ein paar Leitpfosten in dieser Welt und doch wirkt es auf mich beängstigend, wenn starke Männer in meinem Umfeld wie dünne Zweige brechen.“


    Durchaus ratlos hob ich die Schultern. Ich hatte nie gelernt, von den Schicksalen anderer unberührt zu bleiben.

  • Ich nickte und musste lächeln. Genau das hatte ich von ihr erwartet.


    "Ich bewundere dich für deine Courage, Deandra."


    Das tat ich wirklich und ich war erstaunt, dass ich es ausgesprochen hatte. Eilig entschloss ich mich, auf sicherere Themen zu wechseln. :D


    "Nun, das ist beängstigend, durchaus. Doch im Falle von Catus... Nein, dort trifft das nicht zu. Du hast ihn doch selbst gesehen, mit ihm gesprochen... Er wird nicht wie ein dünner Zweig brechen, er bleibt aufrecht und stark. Er weiß, man soll nicht verzweifeln. Denn nicht Angst, sondern die Verzweiflung ist es, die man bekämpfen muss."


    Irritiert über meine plötzlich so philosphischen Anwandlungen schüttelte ich kurz den Kopf.


    "Verzeih. Ich schweife ab."


    Ich sah zu Deandra, hielt einen Moment inne und bat sie mit fester Miene.


    "Es tut mir leid, aber... Ich würde nun gerne ein wenig allein sein. Ich hoffe, es macht dir nichts aus..."


    Den Rest meiner Bitte sprach traurig aus meinen Augen.

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  • Sehr oft bargen die schlimmsten Momente im Leben positive Aspekte und so war es auch dieses Mal. In den letzten Minuten hatte ich Felix’ Dinge sagen gehört, die mir sehr viel bedeuteten. Sie veränderten das ohnehin gewandelte Bild, was ich von ihm hatte, in ein noch erstaunlicheres.


    Wieder lauschte ich aufmerksam seinen Worten und fand, es gab nichts zu verzeihen. Wären es nicht so traurige Umstände, hätte ich über die Wirkung unserer Unterhaltung geschmunzelt. Ich kannte Felix weder als Philosoph noch als Komplimentverteiler. Beides stand ihm extrem gut.


    „Ich kann verstehen, dass du allein sein möchtest.“ Ich wusste, Männer machten viele Dinge am liebsten mit sich selber ab und doch … diese Augen …
    Es war ein langer Blick, mit dem ich ihn betrachtete. Einer, der vieles sagte, ohne ein Wort zu verlieren. Schließlich erhob ich mich.


    „Mögen die Götter für unsere nächste Begegnung bessere Themen parat haben. Gern hätte ich dir erfreulichere Nachrichten gebracht.
    Vale, Felix. Mögen die Götter dir weiterhin Stärke geben.“


    Sim-Off:

    Zu dumm, ich habe deine Antwort übersehen. :(

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