Arbeitszimmer von Quirinalis

  • Nach kurzer Suche hatte Sica das richtige Zimmer gefunden. Eine der hier stets in allzu großem Überfluss vorhandenen kleinen blonden Sklavinnen hatte ihm den Weg zu Quirinalis Arbeitszimmer letztlich zeigen können.


    Er klopfte kurz und energisch an.

  • Sica öffnete die Tür, betrat den Raum und schloss sie wieder hinter sich. Mit regungsloser Miene trat er auf Quirinalis zu und blickte ihn direkt an.


    Salve. Seid Ihr Tiberius Flavius Quirinalis? Ich komme im Auftrag des Senators Secundus Flavius Felix und bringe eine Botschaft.

  • "Ja, der bin ich..."


    Ich betrachtete ihn von oben bis unten. Wahrscheinlich einer der Sklaven von Felix. Einer der Sklaven, die er wahrscheinlich nicht auspeitschen ließ oder den Löwen zum Fraß vorwarf. Nein, er sah sehr gesund aus.


    "Aha... Und was für eine Botschaft ist das?", antwortete ich skeptisch mit einer Gegenfrage.

  • Ungefragt ließ Sica sich auf einem Stuhl nieder und lehnte sich gelassen zurück. Seelenruhig nahm er seinen Dolch aus der Scheide und betrachtete die scharfe Klinge und das sich in ihr spiegelnde und fangende Licht eingehend. Dann begann er beiläufig, mit jedoch unerhörbar drohendem Unterton, zu sprechen.


    Du hast dich dem Willen meines Herrn widersetzt. Allein dafür sind schon weitaus wichtigeren Subjekten Unnannehmlichkeiten bereitet worden. Des Weiteren hast du den letzten Willen seines verstorbenen Adoptivsohns Gaius Flavius Catus, deines Vorgängers und ehemaligen Pater Familias, wissentlich ignoriert und dem entgegen gehandelt. Die Peregrina Messalina war zum Wohle der gesamten Gens nach reiflicher Überlegung aus selbiger entfernt worden. Dennoch hast du es dir erdreistet, sie eigenmächtig wieder aufzunehmen.


    Sica hielt in seinen Betrachtungen der fein geschliffenen Klinge kurz inne, blickte zu Quirinalis auf und schenkte ihm einen ruhigen, emotionslosen Blick. Dann wandte er sich erneut dem Dolch zu und sprach mit dem selben drohenden Ton in der Stimme weiter.


    Es interessiert mich nicht, wieso und weshalb du so gehandelt hast. Meine Botschaft ist die folgende. Solange diese nichtswürdige Person von einer missratenen Hochverräterin deinen Schutz genießt, so lange bist du und die Mitglieder deiner Familie im Hause der Flavier unerwünscht. Dies gilt, bis dass du dieses Missverständnis aus der Welt geschafft hast. Bis dahin will mein Herr von dir und deiner Sippschaft weder etwas sehen, noch etwas hören. Haben wir uns verstanden?


    Erst jetzt hielt Sica wieder in seinen Betrachtungen inne und sah drohend zu seinem Gesprächspartner auf. Seiner Meinung nach kam der hier viel zu einfach davon. Doch nur der Wille seines Herrn zählte. Sica hoffte insgeheim regelrecht, dass man ihm Probleme bereiten würde, auf dass er zu weitergehenden Maßnahmen genötigt sein würde.

  • Mit anfänglichem Schrecken betrachtete ich Sica - doch je länger seine Ausführung dauerte, desto ungeduldiger wurde ich. Als er fertig war, holte ich aus:


    "VON MIR AUS SOLL FELIX SEINEN WILLEN BEKOMMEN, BEVOR ER RUMSPRINGT WIE EIN KLEINES KIND, DAS NICHT BEKOMMT WAS ES WILL.


    UND PACK DEINEN DOLCH WIEDER EIN - ANGST KANNST DU MIR NICHT DAMIT EINJAGEN. IN DIESER VILLA HABE NOCH IMMER ICH DAS SAGEN, ALSO SEI VORSICHTIG!


    BESONDERS AUF DEINEM WEG NACH DRAUSSEN - WENN DU NICHT SCHNELL GENUG DRAUSSEN BIST, WIRD SAULUS DICH IN SEINER FAUST ZERQUETSCHEN WIE EINE LÄSTIGE KLEINE FLIEGE. DU BIST AUCH NUR EIN SKLAVE UND NICHT VIEL WERT!


    NUN SCHER DICH HINAUS!", brüllte ich - so laut, dass man es in der ganzen Villa hören konnte. Nie hatte ich so meine Beherrschung verloren.

  • Wieso soll ich den Dolch einstecken, wenn er dir ohnehin keine Angst bereitet?


    Sica lächelte ein humorloses Lächeln, steckte den Dolch jedoch gelassen wieder in die Scheide zurück. Mit quälender Langsamkeit erhob er sich und musterte sein Gegenüber verächtlich.


    So viel zu der vielgerühmten römisch-patrizischen Gravitas. Ich werde meinen Herrn von deinen Beleidigungen unterrichten. Natürlich bin ich nur ein Sklave, doch den Wert meines Lebens bestimmt einzig und allein mein Besitzer. Sei dir versichert, dass du nicht billig davon kämst.


    Abweisend sah Sica Quirinalis an und widerstand der Versuchung, ihm direkt vor die Füße zu spucken. Dann wandte er sich wortlos ab und verließ das Arbeitszimmer.

  • So saß ich nun da und wusste, dass ich mich falsch über Felix' geäußert hatte. Es war passiert, keine Ahnung, warum ich mich hab dazu hinreißen lassen.
    Also begann ich zu schreiben...



    An Secundus Flavius Felix
    Villa Flavia Felix
    Roma - Provincia Italia


    Salve, Felix!


    Es dürfte klar sein, warum ich dir schreibe. Sica hat dir garantiert schon längst berichtet, wie ich mich verhalten und geäußert habe. Ich hatte mich in diesem Augenblick wohl nicht unter Kontrolle, das Schicksal Messalinas und ihrem Sohn gingen mir wohl zu Nahe.
    Ich hatte Messalina wieder in die Flavia Catus aufgenommen, weil sie mich darum gebeten hatte. Schließlich habe ich ihr auch viel zu verdanken und nahm mich in schwierigen Zeiten in die Flavia Catus auf, nachdem ich die Tiberia verlassen hatte. Nach dem Tod Messalinas ist aber auch dieses Kapitel abgeschlossen und wir müssen nach vorn schauen, um die Position der Flavia weiter zu stärken.


    Darum bitte ich dich, Felix, mir zu vergeben - und zwar was sowohl die Wiederaufnahme Messalinas die Flavia Catus (es war ja auch ein Verstoß gegen Catus' letzten Willen) als auch mein Verhalten und meine Äußerungen gegenüber Sica angeht.
    Es tut mir leid.


    Vale,
    Tiberius Flavius Quirinalis


    Als ich fertig war, las ich den Brief mehrmals durch. Zufrieden war ich irgendwie nicht, doch stimmte die Aussage, die hinter diesem Brief stand.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!