Sie wollte sich gar nicht ausmalen, wie schlimm seine Männer waren, wenn sie es verdient hatten, dass er sie hart ran nahm. Ob sie ihr Leid tun sollten? Eigentlich nicht, sie haben es sich ja selbst so ausgewählt. „Haben sie das?“ kicherte sie und wollte gar nicht wissen, was die auf dem Kerbholz hatten.
„Wir werden uns schon irgendwie einig!“ lächelte sie und ließ ihre Hand auf seiner Brust ruhen. Ihre Kopf legte sie an seine Schulter. Einfach nur wunderbar so zusammen zu sitzen. „Diomedes wird ja nicht allein sein. Elissa werde ich natürlich mit nehmen und Simplex wird sich auch irgendwie nützlich machen!“ meinte sie. Aber eine weitere helfende Hand dürfte sich auch noch einbringen können. Darüber würde sie dann nachdenken, wenn es denn soweit war.
Casa Germanica - Oecus
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"Allerdings", lachte er weiter und ging auch gar nicht weiter darauf ein, was Soldaten so im Allgemeinen auf dem Kerbholz hatten. Ein paar Geheimnisse mußten Männer dann doch haben, fand er.
"Simplex? Wer war nochmal gleich Simplex?" Valerian kannte zwar ein paar Sklaven des Haushaltes der Germanicer, aber er wußte nicht von jedem von ihnen auch den Namen. "Wirst Du ihn auch mitbringen in unseren Haushalt?" Das wäre natürlich schon eine große Erleichterung. Anderseits konnte sich Valerian kaum vorstellen, daß Sedulus derart großzügig sein würde und ihnen gleich zwei gute Sklaven überließ.
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Männer und ihre Geheimnisse, aber auch Frauen hatten so ihre. Aber es war wohl auch besser, wenn man nicht absolut alles über eine Person wusste, so gab es noch Dinge die man dann heraus finden konnte und das Leben gemeinsam spannend machte.
Es war eigentlich fast unmöglich alle Sklaven des Hauses Germanica zu kennen, wenn man nicht gerade Mitglied der Familie war. Viele der guten Hausgeister bekam man auch nur selten zu Gesicht, es sei denn man begab sich direkt in die Küche. Das Reich der Sklaven, es wahr ihr Refugium, wo nicht einmal Avarus viel zu sagen hatte, zumindest dann nicht, wenn er Essen auf dem Tisch haben wollte und keinen Streik.
„Simplex ist der Leibwächter, der mich immer verfolgt“, antwortete sie und grinste. Sie hatte ihm ja versprochen nicht allein durch Rom zu spazieren. Auch wenn das der Grund war, wie sie sich kennen gelernt hatten. Sie ging eigentlich davon aus, das Sedulus ihr erlauben würde, den Sklaven auch mitzunehmen. Elissa sowieso, sie wollte die Freundin und Vertraute nicht wirklich zurück lassen. -
"So heißt der Bursche also", grinste Valerian und nickte. Der wäre schon echt brauchbar, das konnte er nicht verleugnen. "Vielleicht hätten wir den in unsere Verhandlungen mit einbeziehen sollen? Oder meinst Du, Du schaffst das allein vielleicht besser? Mit den Waffen der Frauen?" Er lachte, glaubte allerdings tatsächlich, daß Calvena ihren Onkel ganz gut um den Finger wickeln konnte, wenn sie es darauf anlegte.
Sanft streichelte er über ihre Wange und schaute sie verliebt an. "Leider muß ich los. Aber wir sehen uns morgen, ja?" Ein Kuß folgte, lang und innig, denn er mußte ja bis morgen reichen!
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Sie grinste mit den Waffen einer Frau hieß so viel, dass sie ihren Onkel solange bequatschen würde, bis dieser nachgab oder sie aber völlig entnervt aus seinem Arbeitszimmer warf. Kurz überlegte sie, Sabina zur Unterstützung mit zu nehmen, aber das war wohl im Moment keine so gute Idee. Calvena erwiderte das Grinsen ihres Verlobten. „Ich mach das schon“, sagte sie und klang ziemlich zuversichtlich. „Mit den Waffen einer Frau“, fügte sie dann zwinkernd hinzu. Wobei es ja für sie einfacher war Valerian um den finger zu wickeln, aber auch Sedulus konnte ihr nur selten etwas ausschlagen.
Die Zeit war anscheinend wieder einmal wie im Fluge vergangen. Schade, dass es nicht die Möglichkeit gab, die Zeit einfach anzuhalten… Aber auf der anderen Seite hatte es auch sein Gutes, je schneller die Zeit verging, desto schneller rückte ihre Hochzeit voran. Aber Morgen schon würde sie ihn wieder sehen. Ein langer Kuss milderte den Abschied ab. „Morgen!“ stimmte sie ihm zu. Ein Versprechen, gemischt mit ein wenig Ungeduld. „Wann soll ich da sein?“ fragte sie ihn dann noch.
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"Armer Onkel Sedulus", lachte Valerian und zwinkerte ihr vergnügt zu. Nicht einen Augenblick zweifelte er daran, daß sie ihren Onkel überzeugen würde, daß Simplex ganz unerläßlich für den neuen quintilischen Haushalt war. Und nur einen winzigen Augenblick fragte er sich, wie sehr er wohl selbst bald diesen geheimnisvollen Waffen der Frauen erlegen sein und ihr jeden Wunsch erfüllen würde.
"Ich weiß noch nicht, wann genau ich da sein kann. Komm doch einfach so früh wie möglich, ja? Diomedes wird sich um Dich kümmern. Und natürlich darfst Du Dich auch allein schon mal ein wenig umschauen." Valerian freute sich schon ungemein darauf, mit ihr zusammen durch das Haus zu streunen und überall festzulegen, wie sie es in Zukunft haben wollen. Wobei ja gerade erst sehr viel gemacht worden war. Hoffentlich gefiel ihr, was er bisher veranlaßt hatte.
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Leicht winkte sie ab. Sedulus brauchte ihm gar nicht Leid tun, sie ließ ihn eigentlich meist ja mit extravaganten Wünschen in Ruhe. Da hatte er doch mehr mit Sabina zu tun, die immer wieder irgend etwas wünschte. Sie grinste statt dessen nur, sie würde ihren Onekl schon überredet bekommen.
„Alles klar“, lächelte sie. Dann würde sie sicher vorher noch kurz bei Serrana vorbei gehen können. Diese musste als erstes direkt erfahren, dass sie jetzt verlobt war. Ein kleiner Plausch mit der besten Freundin war jetzt ganz wichtig. Aber sie freute sich auch schon darauf ihr neues zu Hause zu erkunden. Besonders mit Valerian an ihrer Seite. „Ich werd dann Diomedes einfach überfallen“, kicherte sie.
Leider rückte der Abschied für heute immer näher... -
"Gut, dann sehe ich zu, daß ich morgen so früh wie möglich nach Hause komme." Das würde sich schon einrichten lassen, schließlich nutzte er seine Möglichkeiten als Centurio nicht allzu oft aus. Und wozu hatte er schließlich einen zuverlässigen Optio? "Diomedes ist ein guter Sklave, Du wirst mit ihm zufrieden sein. Übrigens kocht er auch ziemlich gut, auch wenn er von sich behauptet, eigentlich kein Koch zu sein."
Valerian seufzte. Er wollte nicht gehen. Aber er mußte."Laß Dir die Zeit nicht zu lang werden, liebste Calvena." Er zog sie noch einmal fest an sich, um sie zu küssen. Ein letztes mal für heute. Dann löste er sich widerwillig von ihr. "Wir sehen uns morgen!" Und sie waren nun verlobt!
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Sie war schon sehr gespannt darauf, wie die Casa Quintilia aussah. Zwar hatte Elissa ihr schon etwas darüber erzählt, aber sonderlich Begeistert war sie nicht gewesen, als sie erfahren hatte dass ihre Leibsklavin und Freundin sich einfach mal wegen Valerian erkundigt hatte. Aus Sorge, denn es gab ja durchaus Männer, die es nicht ehrlich mit einer jungen hübschen Frau aus einflussreichem Hause meinten. Gerührt war sie schon gewesen, ob dieser Antwort, aber auch ein wenig wütend, weil anscheinend ihr Wort nicht allein ausreichte. Aber nun gut Elissa war ein keltischer Dickkopf und sie ließ ihr ja ne Menge durchgehen. Sie sah nun einmal in der Keltin mehr eine Freundin, als alles andere.
„Ich werde ihn ja morgen kennen lernen“, lächelte sie.Es folgte ein langer Abschiedskuss, den sie mit klopfendem herzen erwiderte. „Bis morgen, Liebster“, lächelte sie ihm zu und brachte ihn dann doch lieber noch selbst zur Tür. Jeder kostbare Moment mit ihm sollte genutzt sein.
Sie sah ihm noch nach und als er dann ihren Blicken entschwunden war, hüpfte sie ziemlich gut gelaunt und auch leicht überdreht durchs Haus. Sie war verlobt! Und dazu noch bis über beide Ohren verliebt. -
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Gundhraban TürsklaveGalant führte der germane den Gast für Germanica Calvena ins Oecus.
"Möchtest Du etwas trinken, domina? Verdünnter Wein? Wasser? Saft? Oder etwas warmes?" fragte er beflissentlich, ehe er dann auf die Suche nach der jungen Germanica ging und Serrana einen Augenblick allein ließ.
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Serrana überlegte kurz, dann nickte sie. "Ja, etwas warmes wäre schön, wenn es nicht zu viel Mühe macht." antwortete sie und rieb sich automatisch die Hände. Eigentlich war es war es in den letzten Tagen wieder etwas wärmer geworden, aber trotzdem schien ihr ständig ein wenig kalt zu sein. Nachdem der freundliche Gundhraban wieder gegangen war, um Calvena zu informieren, schaute Serrana sich im Oecus ein wenig um, denn in diesem Raum der Casa Germanica war sie bislang mit Sicherheit noch nicht gewesen.
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Der Sklave nickte und machte einen kurzen Umweg über die Küche, eher er Calvena Bescheid gab dass sie Besuch hatte. Schließlich kehrte er auf seinen Platz an der Tür zurück und streckte entspannt die Beine aus.
Als sie gehört hatte, dass Serrana zu Besuch war, hatte sie das Buch bei Seite gelegt, in welchem sie gestöbert hatte. Sie eilte die Treppen hinunter und rannte fast in Saldir hinein, die gerade mit einem Tablett mit heißem Wein unterwegs ins Oecus war. Entschuldigend lächelte sie der Sklavin zu und öffnete ihr dann dafür die Tür.
„Salve, Serrana!“ lächelte sie ihrer Freundin zu und stutzte. Die Iunia wirkte Unglücklich und war blass und traurig. Ihr Lächeln gefror. „Was ist passiert?“ fragte sie und umarmte ihre Freundin kurz. War es etwas mit Sedulus? Das hätte sie mitbekommen, weil dann Laevina ihrem Onkel die Hölle heiß gemacht hätte. Besorgt sah sie ihre Freundin an. Oder etwas anderes? Laevina jedenfalls konnte nicht der Grund sein, diese verhielt sich seit kurzem ziemlich ruhig. „Setz dich“, sagte sie sanft und drückte ihr dann einen Becher in die Hand. Saldir ließ die beiden jungen Frauen allein und schloss die Tür hinter sich. -
Ein erleichtertes Lächeln ging über Serranas Gesicht, als ihre Freundin den Oecus betrat und sie erwiderte deren Begrüßung, bevor sie wegen Calvenas Frage direkt so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekam. Sah man es ihr denn so deutlich an? Jahrelang hatte sie von ihrer Großmutter eingetrichtert bekommen, dass man sich persönliche Stimmungen niemals anmerken lassen sollte, aber auf diesem Gebiet hatte sich die Iunia noch nie besonders erfolgreich gezeigt.
Auf Calvenas Einladung hin nahm sie Platz und griff dankbar nach dem Becher mit dem erhitzen Wein. Die Wärme tat gut und Serrana legte unwillkürlich beide Hände um das tönerne Gefäss."Oh, es ist nichts." sagte sie dann schnell mit einer abwehrenden Handbewegung. "Ich hab in den letzten Tage nur sehr schlecht geschlafen, das ist alles..."
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Auch wenn Serrana es abstritt, sie konnte es ihr ansehen, dass es ihr schlecht ging und dass sie etwas beschäftigte. Besorgt sah sie ihre Freundin an und ergriff dann dessen Hand. Sanft drückte sie diese. „Du kannst mir alles sagen! Ich seh doch, dass dich etwas bedrückt“, sagte sie leise und einfühlsam. Serrana wirkte wie ein Schatten ihrer selbst: blass und verschreckt und erschöpft. So hatte sie ihre Freundin noch nicht erlebt und es machte ihr Sorgen. „Egal was es ist“, versicherte sie ihr. „Ich werde es niemanden sagen. Was ist los?“ drängte sie sie vorsichtig. Selbst wenn Serrana nicht reden wollte, würde sie sich etwas einfallen lassen um diese etwas aufzuheitern.
„Ist es wegen Laevina?“ fragte sie dann nach. Es war fast immer Laevina Schuld, wenn Serrana Kummer hatte. Aber eigentlich konnte sie es sich kaum vorstellen. Im Augenblick war die alte Germanica äußerst zufrieden mit sich und der Welt und gut gelaunt. -
Als Calvena ihre Hand ergriff, begann der letzte Rest von Serranas Selbstbeherrschung gefährlich zu bröckeln und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht vor ihrer Freundin in Tränen auszubrechen. Schließlich hatte die in ihrem Leben schon so viel Tod und Unglück erlebt, da kam es Serrana irgendwie falsch vor, sich bei ihr wegen ihrer vergleichsweise kleinen Probleme auszuweinen. Und wie sollte sie es überhaupt erklären, ohne Axilla in Schwierigkeiten zu bringen?
"Nein, mit Laevina hat es überhaupt nichts zu tun." sagte sie mit einem vehementen Kopfschütteln und sah sich dann suchend im Raum um, als könnte sie dort irgendwie die passenden Worte finden.
"Ich...ich...hab nur so schreckliche Träume seit einigen Tagen." brach es plötzlich aus Serrana heraus und jetzt füllten sich ihre Augen aller Gegenwehr zum Trotz doch mit Tränen. "Die hatte ich als Kind schon mal, aber dann waren sie irgendwann verschwunden. Und jetzt sind sie plötzlich wieder da...." Serrana schniefte leise und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen. Gut, dass ihre Großmutter sie so nicht sehen konnte, die würde sie vermutlich auslachen, weil sie sich von einem Traum derart verschrecken ließ.
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Ein wenig erleichtert war sie schon, dass Serranas Kummer nicht mit deren Großmutter zusammen hing. Sie versuchte zwar zwischen den Beiden ein wenig zu vermitteln, aber sie wollte sich eigentlich nicht in die komplizierte Beziehung einmischen.
Dennoch, der Kummer ihrer Freundin ging ihr ans Herz und sie wollte ihr helfen. Das Serrana innerlich zerrissen wurde, war mehr als deutlich und es musste etwas wirklich schlimmes sein, dass ihre Freundin so erschüttert hatte. Die Iunia versuchte Stärke zu zeigen und Tränen nieder zu kämpfen, doch dann brach es aus ihr heraus. Saft nahm sie ihre Freundin in den Arm. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie schlimm Alpträume sein konnten.
„Erzähl mir davon!“ forderte sie diese leise auf, ohne Druck. -
Obwohl ihre Freundin nur wenige Jahre älter war als sie selbst, fühlte sich Serrana in ihren Armen zum ersten Mal seit Tagen wieder sicher und geborgen. Für einen kurzen Moment genoss sie einfach nur dieses schöne Gefühl, dann räusperte sie sich und machte sich schweren Herzens daran, ihr seltsames Verhalten zu erklären.
"Ich hab dir doch erzählt, dass meine Mutter bei der Geburt meines Bruders gestorben ist, als ich fünf Jahre alt war." begann sie zögerlich, und rieb sich die letzten Tränen aus dem Gesicht, in der Hoffnung, dass nicht sofort neue nachkommen würden. "Später habe ich erfahren, dass sich die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt hatte, deshalb war er schon tot, als er auf die Welt kam." Serranas Lippen begannen verdächtig zu zittern und sie presste sie kurz zusammen, bevor sie fortfuhr. "Aber das war noch nicht alles, denn meine Mutter hat nach der Geburt einfach nicht aufgehört zu bluten und irgendwann ist sie dann gestorben..."
Serrana atmete ein paarmal tief ein und aus, um sich ein wenig zu beruhigen und fuhr dann reichlich wackliger Stimme fort. "Das alles wusste ich natürlich, aber erst seit ich ständig diese grässlichen Träume habe, hab ich mich daran erinnert, dass.....dass... ich... damals dabei gewesen bin." Sie presste kurz die Hand gegen den Mund, als könne sie damit das in ihr aufsteigende Schluchzen unterdrücken und sah Calvena dann verzweifelt und voller Selbstekel an. "Kannst du dir das vorstellen? Wie konnte ich denn nur vergessen, dass ich sie dort habe liegen sehen in all dem Blut und so weiß wie ein Laken und jahrelang nicht mehr daran denken? Du hast doch auch so viele Menschen sterben sehen bei dem Überfall und es nicht vergessen..."
Sie rettete sich erneut in die Umarmung ihrer Freundin auch wenn sie sich voll und ganz der Tatsache bewusst war, dass sie dabei ein ziemlich erbärmliches Bild abgeben musste.
"Im Moment träume ich fast jede Nacht davon, und dabei wünsche ich mir doch nur noch, dass das endlich wieder aufhört..."
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Selbst wenn Serrana nicht reden wollte, sie würde ihre Freundin einfach nur trösten, damit es ihr Besser ging. Sie musste nicht reden, wenn sie es nicht wollte. Sanft streichelte sie der Iunia über den Rücken und sprach sanfte beruhigende Worte. Schließlich richtete sich Serrana leicht auf und sah sie in leichter Verzweiflung an. Schweigend hörte sie ihr dann zu und ein wenig Übel wurde ihr dann schon, bei dem was ihr die Freundin erzählte. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, wie es war, eine solch schlimme Geburt zu durch leben. Sie wusste ja, dass die Niederkunft gefährlich sein konnte, für Mutter und Kind. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie würde bald heiraten und dann würde sie wohl auch schwanger werden, dass ließ sich eigentlich nicht vermeiden, wenn man das Bett mit einem Mann teilte. Bisher hatte sie nie darüber nachgedacht, was alles schief gehen konnte, denn es würde ihr wohl auch nur unzählige schlaflose Nächte bereiten. Bei diesem Thema wurde ihr ganz unbehaglich zumute, ließ sich aber nichts anmerken, um Serrana die Möglichkeit zu geben sich auszusprechen und den Kummer von der Seele zu reden. Aber nun lag auch auf ihr selbst ein kleiner Schatten der Angst.
„Bei den Göttern“, flüsterte sie, als Serrana ihr dann gestand, dass sie dabei gewesen war. Auch sie wurde ein wenig blasser. „Du brauchst dich doch nicht schämen, nur weil du vergessen hast. Du warst damals noch ein Kind und ehrlich gesagt, wäre ich auch froh, wenn ich bestimmte Dinge vergessen könnte. Ich würde dann ruhiger schlafen. Und nur weil du etwas Schlimmes vergessen hast, hast du doch noch lange nicht deine Mutter vergessen. Menschen die wir lieben, werden immer in unseren Erinnerungen bleiben. Aber sie würden dir niemals den Vorwurf machen, dass du etwas grauenvolles verdrängt hast“, sprach sie dann sanft zu ihr. Auch mehr zu sich selbst. Zwar hatten ihre Alpträume nach gelassen, aber in manchen Nächten wurde sie dann auch von finsteren Bildern heimgesucht. Dann wachte sie mit Tränen auf und hatte das Gefühl zu ersticken. Sie senkte den Blick auf ihre Hände. „Ich würde nur zu gern vergessen...“, gab sie leise zu. „Nur ihren Tod, nicht das was ich mit ihnen erlebt habe... es war furchtbar“, in ihrer Stimme klang leises Grauen mit. Mit aller Macht kämpfte sie die Bilder von Tod, Blut und Angst nieder. Aber wirklich gelingen wollte es ihr nicht. Sie biss sich auf die Unterlippe.
„Fast jede Nacht?“ fragte sie nach, als Serrana dann weiter sprach. „Ist irgendwas passiert, dass deine Träume wieder geweckt haben könnte? Oder ist es einfach nur, weil es dich nervös macht, dass du auch bald heiraten wirst?“ fragte sie und streichelte sie wieder.
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Wenn es nach Serrana gegangen wäre, dann hätte sie stundenlang so einfach so dasitzen können, in einer schützenden Umarmung und mit dem sanften und beruhigenden Streicheln auf ihrem Rücken.
Aber es würde ohnehin nichts nützen, früher oder später würde sie wieder allein sein und sich ihren Dämonen stellen müssen.
Die sich neuerdings in fast jedem ihrer Träume wiederholenden blutigen Bilder waren ja schon schlimm genug, aber dass sich jetzt auch noch ein wachsendes Gefühl der Schuld dazugesellte, war für Serrana kaum zu ertragen.
Vermutlich wollte Calvena sie mit ihren Worten nur trösten, trotzdem blickte sie ihre Freundin hoffnungsvoll an,während sie sich eine Haarsträhne aus dem erhitzten und vom Weinen geröteten Gesicht schob."Meinst du wirklich?" fragte sie mit deutlichem Zweifel in der Stimme nach. "Mir kommt es nur so unglaublich ungerecht vor, dass sie auf so grauenhafte Weise gestorben ist, und ich in all der Zeit so wenig darüber nachgedacht habe."
Als sich Calvenas Blick bei der Erwähnung ihrer ermordeten Ziehfamilie verdunkelte, verstärkte sich Serranas schlechtes Gewissen noch weiter. Hätte sie doch nie mit dieser Geschichte angefangen, das Einzige, was dabei letzten Endes herauskommen konnte, war vermutlich, dass sich auch ihre Freundin elend fühlte."Es tut mir leid, dass ich dich jetzt daran erinnert habe, das war gedankenlos von mir." sagte sie zerknirscht und drückte Calvenas Hand. "Das muss alles ganz furchtbar für dich gewesen sein, und es ist ja auch längst noch nicht so lange her wie bei mir. Aber mit den Erinnerungen an die gemeinsamen Erlebnisse hast du sicher recht, die haben mir nach Großvaters Tod unheimlich geholfen. Das Schlimme ist nur,dass sich vor die wenigen schönen Erinnerungen, die ich an meine Mutter noch habe, jetzt immer diese grauenhaften Bilder schieben. Früher hat sie in meiner Erinnerung immer gelacht und schien glücklich zu sein, und jetzt sehe ich sie nur noch furchtbar blass und mit all dem Blut auf ihrem Bett liegen..."
Sie hatte sich ohnehin schon mehr als elend gefühlt, aber Calvenas Frage brachte Serrana nun auch noch in Gewissensnöte. Im Grunde wusste sie nur zu genau, dass ihre Albträume unmittelbar nach der schreckliche Nacht zurück gekehrt waren, in der ihre Cousine Axilla um ein Haar verblutet war, aber das konnte sie unmöglich erzählen, ohne diese in Schwierigkeiten oder zumindest in Verruf zu bringen. In Serrana fochten zwei verschiedene Arten von Loyalität einen vergeblichen Kampf gegeneinander aus, dann entschied sie sich schweren Herzens dafür, den einen Teil der Frage einfach zu überhören.
"Ich weiß nicht, vielleicht ist es das wirklich." murmelte sie und schmiegte sich wieder in Calvenas Arme, damit sie ihr bei ihrer Antwort nicht in die Augen sehen musste.
"Es ist so gemein, weisst du, noch bis vor kurzem hab ich mich noch so unglaublich darauf gefreut, Sedulus zu heiraten. Und plötzlich kann ich an nichts anderes mehr denken, als dass es mir vielleicht genauso ergehen könnte wie meiner Mutter. Und das macht mir ganz schreckliche Angst...." -
Sie liebte Serrana wie eine Schwester und aus diesem Grunde tröstete sie diese auch und versuchte ihr etwas von ihrer eigenen Stärke zu geben. Es erschütterte sie, dass Serrana so traurig war und am Borden zerstört. Sie kannte diese sonst nur als fröhliche junge Frau. Aber auch diese verbarg ihren Kummer, so wie sie es selbst tat.
Bisher hatte Calvena niemandem von ihren Alpträumen erzählt. Von den düsteren Bilder, die sie Nachts heimsuchten und quälten. In solchen Nächten konnte sie die Tränen nicht aufhalten. Dann zog sie sich ihre Decke über den Kopf und weinte bis der Morgen graute. Aber darüber redete sie nicht. Es war ihr Kummer, mit dem sie selbst fertig werden wollte. So ähnlich ging es wohl auch Serrana. Gewissen Schwächen wollten man eben nicht anderen gegenüber zeigen.„Es ist grauenvoll wie sie gestorben ist. Aber du brauchst dir deswegen keine Vorwürfe machen. Sie hätte es nicht gewollt“, sagte sie mit leisem Nachdruck und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Deine Mutter hat dich geliebt und sie würde nicht wollen, dass du dir wegen ihres Todes solche Vorwürfe machst. Du hättest daran nichts ändern. Du warst noch ein Kind. Es sind die Götter die ihre grausamen Spiele mit unserem kurzen Leben erlauben“, fügte sie noch leiser hinzu. „Gräm dich nicht, nur weil du vergessen hast!“ Sie drückte Serrana noch einmal an sich. Wieder musste sie an ihre eigenen Alpträume denken und die eigenen Vorwürfe die sie sich machte. Doch sie sollte auf ihre eigenen Worte hören. Sie trug keine Schuld an dem, was passiert war. Sie hatte nur Glück gehabt, denn sonst würde sie wohl ebenso Tod sein wie ihre Ziehfamilie. Und dennoch würde sie niemals den starren toten Blick ihrer Ziehschwester vergessen. Das Gefühl, als würde sich glühend etwas in ihre Schulter bohren, ließ sie unbehaglich hin und her rutschen. Eine kleine Narbe auf ihrem rechten Schulterblatt würde sie diese Nacht niemals vergessen lassen.
„Es ist schon gut“, versicherte sie ihrer Freundin, als diese sich entschuldigte. Sie zeigte ein schwaches schiefes Lächeln. „Es tut nicht mehr weh, wenn ich an sie denke!“ erklärte sie ihr und blickte einen Moment lang in die Ferne. „Ich vermisse sie nur und es macht mich wütend, dass ihr Leben auf so sinnlose Weise beendet wurde“, fügte sie hinzu und seufzte tief. Als Serrana dann erzählte, sie habe ständig das Bild ihrer toten Mutter vor Augen nahm sie deren Hände in die ihren. „Hat dir deine Mutter etwas vorgesungen? Versuch dich daran zu erinnern, wenn du wieder diese schlimme Bilder vor Augen hast. Es hilft sich etwas in Erinnerung zu rufen, was uns geprägt hat. Das hilft mir immer!“ sagte sie und drückte ihre Hände.
Da war noch mehr, dass die Iunia bedrückte, aber sie wollte darüber wohl nicht reden. Sacht umarmte sie Serrana wieder und hörte ihr schweigend zu. Sie wusste nicht, was sie ihr sagen sollte. Das sie Angst hatte, dass es ihr wie ihre Mutter erging konnte sie verstehen. Nur zu gut, auch wenn sie sich bisher nicht damit befasst hatte, konnte sie diese Angst verstehen. Solche Gedanken und Ängste kamen schon fast automatisch, wenn man wusste dass man heiratete. „Im Grunde kannst du nichts machen, außer alles auf dich zu kommen lassen...“, ihre Stimme wurde immer leiser. „Du willst ja Kinder... also wirst du mit den Gefahren leben müssen... ansonsten würde es immer Mittel und Wege geben“, sie ließ offen was sie sagen wollte. Wusste dabei nicht einmal, dass sie unbewusst auf den Grund gekommen war, weshalb ihre Freundin solche düsteren Träume hatte.
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