Freundinnen unter sich

  • Nachdem Pentesilea und ich uns in der Küche mit Brot und Käse ausgestattet hatten, waren wir durch Tarraco bis vor dessen Tore geschlendert. Ich hätte eine Sänfte nutzen können, doch ich hatte es nur bei meiner Sponsalia getan und das auch nur wegen meines damaligen Vaters. Als wir vor Tarracos Toren angelangt waren, ging ich in die Stallungen und suchte Marcella. In dem Abschnitt der gens Matinia wählte ich noch ein weiteres prachtvolles Tier aus und legte beiden einen Strick um und verfrachtete Sattel und Zügel auf deren Rücken. So führte ich die beiden Stuten aus dem Stall und ging wieder zu der draußen wartenden Pentesilea. Ich fühlte mich selbst ein wenig überladen, doch mit einem Grinsen wies ich in die Richtung, die von Tarraco fortführte und marschierte los.

  • Ein wenig sehr skeptisch war mir schon zumute, als ich das Pferd sah, liess es dann aber erst einmal nur bei diesem Blick und nahm stattdessen Helena die Zügel des einen Pferdes, ich wusste nicht mal ob es das für mich bestimmte oder das für die bestimmte Pferd war, ab. Dann folgte ich ihr schweigend und ein wneig nachdenklich. Ich hatte, kaum das wir draussen waren und ich in etwas besserem Licht als im Haus, sehr wohl bemerkt, dass Helena blass war und Ringe unter den Augen hatte, obwohl sie mit der typischen Schminke der römischen Frauen versuchte diese Blässe und die Ringe zu kaschieren, aber ich kannte sie gut genug. In meinem Kopf reifte ein nicht ganz ungefährlicher, deshalb, weil sie mir gewaltig Ärger machen würde, wenn sie es herausfinden würde, aber dennoch guter Plan, damit sie wieder mehr Schlaf bekam.

  • Als wir ein paar Minuten gelaufen waren, hielt ich an. Wir hatten uns weit genug von der Stadtwache entfernt, dass sie Pentesileas Übungen nicht mehr sehen konnte. Somit war sie jeglichem Gespött und damit Druck entzogen und ich konnte in Ruhe mit ihr üben. Ich nahm das ganze Gepäck von meinem Pferd.


    "Erst einmal ist es sehr wichtigl, dass du Vertrauen zu dem Tier herstellst. Ich kann dieses Pferd nicht beurteilen, also wirst du meines nehmen. Sie heißt Marcella und ist sehr ruhig und geduldig."


    Ich wies auf die kleinere der Beiden und strich ihr kurz über die Nüstern. Es war jene, die ich geführt hatte, meine weiße Stute Marcella. Den Hengst hatte Maximus mit nach Germania genommen. Ich seufte kurz und sah in den Himme, in welchem sich mein Blick für eine kurze Zeit völlig verlor. Dann schüttelte ich den Kopf, plötzlich als hätte man mich aus meinen Träumen gerissen.


    "Streichle sie und sprich ihr gut zu, führe sie ein wenig herum, gib ihr ein wenig des Grases auf dem Boden."

  • Ich betrachtete einmal mehr das Tier von allen Seiten und in mir machte sich bedauern breit, dass es kein Kamel war. Langsam nervte mich dieser Gedankengang und ich schüttelte einen Moment gereizt den Kopf um ihn zu vertreiben. Dann schloß ich kurz die Augen und näherte mich der Schnauze des Pferdes, als ich sie wieder öffnete. Meine Hand vorgestreckt kam ich langsam näher und es schnüffelte kurz daran, ehe ich die Hand auf die großen Backen des Tieres legte und es streichelte. Mein Kopf näherte sich dem des Tieres und es senkte leicht den Kopf, ehe wir Stirn an Stirn standen. ICh murmelte in einer, hätte man mich vor fünf Minuten noch gefragt, mir unbekannten Sprache ein paar Sätze und streichelte das Tier, ehe ich es wie von Helena gesagt am Zügel fasste und ein wenig rumführte und dann mit etwas Gras fütterte. Als ich Helena wieder gewahr wurde, umspielte ein leichtes Lächeln meine Lippen. "Ein schönes Tier und so sanft. Ich denke, sie wird einmal einem stolzen Sohn das Leben schenken." Sachte tätschelte ich die Flanke des Tieres und sah Helena an. "Darf ich einmal versuchen aufzusteigen?"

  • Ich hätte beinahe geprustet - sie sprach wie andere von ihren achtjährigen Töchtern, die wunderhübsch waren und gewiss gute Söhne gebären würden. Doch einen Kommentar verkniff ich mir. Stattdessen antwortete ich ernsthaft:


    "Sattle das Tier erst einmal. Denn wenn du erst einmal oben bist, wirst du auch gleich die ersten Schritte mit Marcella, so heißt sie, machen. Mit ihr wirst du deinen Anfang leicht haben und ich nehme an, wenn du nichts falsch machst, wird sie dich auch nicht hinunterwerfen."


    Ich bemerkte, dass Pente ziemlich aufging, während sie mit dem Tier sprach und es an sich gewöhnte. Doch ich beschloss, beobachtetes nicht anzusprechen. Das würden sie wieder ins Grübeln bringen und heute wollte ich sie lachen sehen. Ich ging zu meinem Tier, ein dunkelbrauner Rappen mit weißer Blesse und weißen Fesseln. Hier zeigte ich es ihr Schritt für Schritt und ging dann, mit meinem Tier an den Zügeln zu ihr, um ihr zu helfen.

  • Ich tat mir mit dem Sattel etwas schwer, aber schliesslich gelang es mir ihn mit Helenas Hilfe fest zu machen. Dann zog ich sachte am Zügel, denn ich hatte einmal mehr das Bild im Kopf, dass das Tier sich nun erst, unter den interessantesten Geräuschen, auf die vorderen Knie runterlassen musste und dann auf die hinteren um sich dann zu erheben. Für einen Moment hatte ich das komplette Bild vor mir und ich war mir ganz sicher, dass es sosein musste, bis ich mir wieder bewusst war, dass ich ja nicht in Sanddünen war und dies nicht ein Wüstenschiff. Ich schnaubte ein wenig ärgerlich über mich und tätschelte die Flanke von Marcella sachte, ehe ich mich, etwas unbeholfen und doch nicht ganz hoffnungslos auf den Rücken des Tieres schwang. Dummerweise hatte ich dabei wohl nicht ganz beachtet, dass ich mir das Ganze hätte leichter machen können, wenn ich einfach die Steigbügel genommen hätte, aber man musste ja nicht gleich alles auf einmal lernen.

  • Ich beobachtete Pentesila ein wenig unschlüssig, als diese das Pferd erwartungsvoll ansah. Ich war zunehmend verwirrter, als sie sich nicht bewegte und weiter in Marcellas geduldiges Gesicht sah. Und fürwahr, die Geduld schien sie zu brauchen. Beine hätte ich etwas gesagt, doch dann schien Pente einen Weg gefunden zu haben, auf den Pferderücken zu gelangen. Ich schmunzelte.


    "So, und nun setze dich aufrecht und möglichst entspannt hin. Du darfst dich in Marcellas Mähne festhalten. Ich werde dich jetzt ein paar Schritte führen, damit du dich an das Gefühl des Pferdes unter dir gewöhnen kannst. Wenn du soweit bist, dann sag mir Bescheid!"


    Ich ergriff die Zügel ihres Pferdes zusätzlich und begann voranzuschreiten.

  • Ich nickte nur, schweigend und versuchend mich daran zu gewöhnen, dass vor und hinter mir keine Halterung in Form von zwei Höckern war. Oder kein Korb, in dem Mann seitlich davon saß. Also langsam regte mich dieses Halbwissen auf, aber ich beherrscht emich und konzentrierte mich lieber auf das Gefühl, dass das Pferd unter mir bei mir verursachte. "Mhm, irgendwie ganz anders und doch genauso wie ein Kamel," murmelte ich laut nachdenkend.

  • "Ein Kamel?"


    fragte ich verblüfft und drehte mich zu ihr um. Sie war schon auf einem Kamel geritten? Ich hatte einmal eines gesehen, aber ich hätte mir niemand zugetraut auf diesem Monstrum zu reiten.


    "Also wenn du auf einem solchen Giganten reiten kannst, dann dürften Pferde für dich kein Problem sein. Ausser dass ihre Bewegungen wohl etwas ruckiger sind."

  • "Natürlich bin ich," lachte ich kurz auf. "Wie sollten wir sonst in der Wüste von einem..." Ich hielt inne und sah sie erstaunt an, ehe ich wieder einmal mit dem Kopf schüttelte und ernster antwortete. "Ja, seit meiner Geburt an." Mein Blick ging auf die Mähne des Pferdes und verschleierte sich einen Bruchteil einer Sekunde lang, ehe ich wieder aufsah und lächelnd meinte. "Das Pferd hier schaukelt nicht so sehr wie ein Wüstenschiff."

  • Als sie von 'Wüstenschiff' sprach, musste ich lachen. Sie waren tatsächlich mit einer Triereme zu vergleichen. Dann reichte ich ihr die Zügel hinauf und zwinkerte.


    "Dann wirst du es erst einmal selbst versuchen müssen. Es wird dir schon nicht schwer fallen, so unterschiedlich wird die Art des Reitens schon nicht sein und ich sehe nicht ein warum ich vor dir herlaufen soll, wenn du es bereits kannst!"

  • Ich musste bei ihren Worten lächeln und doch beschlich mich etwas Angst, als ich die Zügel in die Hand nahm. "Nun, wenn Pferde genauso störrisch sind wie Kamele," murmelte ich. Dann wartete ich, dass Helena aufgestiegen war und sagte, wo es lang gehen sollte. "Also?" fragte ich sie einerseits etwas skeptisch, andererseits neugierig.

  • "Ich weiß nicht wie störrisch Kamele sind, aber Marcella ist es auf keinen Falll! Bei der Guten Viola hier, werde ich es erst austesten müssen. Aber spätestens wenn ich auf dem Boden liege weiß ich, wie ich sie einschätzen muss!"


    lähelte ich zurück und schwang mich auf den Rücken meines Pferdes. Allerdings dermaßen unkoordiniert, dass ich auf der anderen Seite fast wieder runterfiel. Ich hatte mich mit einem hektischen Griff grad noch um den Pferdehals geklammert und während das Tier ungeduldig schnaubte begann ich zu lachen.


    "Naja, folge mir einfach. Fragen kannst du jederzeit zum Reiten stellen, ansonsten... Vielleicht wird es ja auch reibungslos vonstatten gehen!"


    Ich trieb Viola meine Schenkel in die Seiten, worauf sie langsam begann, loszutrotten.

  • Ich betrachtete sie besorgt, als sie wieder fast vom Pferd gefallen wäre. "Vielleicht solltest Du etwas weniger schwungvoll in den Sattel steigen," meinte ich in einer Mischung aus Ernst und amüsiert sein. "Ich denke, es wird schon gut gehen. Es ist wirklich nicht so viel anders als Kamele," meinte ich nachdenklich.

  • "Nur dass du nicht ganz so hoch bist und es vermutlich weniger stark schaukelt. Ich frage mich sowieso gerade, wie du es auf einem Kamel ausgehalten hast, wenn es auf Schiffen gar nicht geht!"


    neckte ich sie mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. Auf ihre Worte zu meinem 'Runterfall' sagte ich nichts. Es war weniger der Schwung als das Nachgeben, als ich oben anlangte.

  • Mit diesen Worten hatte sie mich ins Grübeln gebracht und lange sah ich auf die Mähne des Pferdes, ehe ich nur mit den Schultern zucken konnte. "ICh weiss es nicht. Vielleicht, weil es ein anderes schaukeln ist. Aber ich habe eigentlich keine Ahnung."
    Ich musste lächeln und es war ein unbewusst wehmütiges Lächeln. "Kamele sind etwas Besonderes. Sie können tagelang in der Wüste ohne Wasser auskommen und können Geschwindigkeiten aufbringen, die dem Pferd in Nichts nachstehen." Einmal mehr hielt ich verblüfft inne und schüttelte verärgert den Kopf. Dieses ständige Kommen und Gehen von Informationen in meinem Kopf zerrte an meinen Nerven.

  • Ich wandte mich kurz zurück und lächelte Pentesilea aufmunternd an. Ich spürte, dass allein dieses Herumdrehen mich anstrengte, denn die Welt verschwamm kurz vor meinen Augen. Doch nach Mühe versuchte ich mich trotzdem gerade im Sattel zu halten um es Pentesilla weder sehen noch spüren zu lassen.


    "Ich glaube dir und doch finde ich die Bewegungen eines Pferdes weitaus graziler als die eines Kamels. Kamele wirken immer ein wenig durcheinander und mir sind sie ehrlich gesagt etwas zu groß!"


    lächelte ich und wandte mich wieder nach vorn, wo mein Blick schlagartig ernster wurde. Das Reiten strengte mich an, vor Allem wenn ich mich so oft umdrehte. Ich biss mir auf die Lippen und versuchte mich zusammenzureißen.


    "Was hast du eigentlich in den letzten Wochen so getrieben?"

  • Irgendetwas stimmte nicht. Ich konnte nicht sagen was, weil ich es nicht sah, aber ich spürte es und so trieb ich das Pferd direkt neben sie, so dass ich sie besser beobachten konnte. Sie wirkte noch blasser. "Nun, getrieben? Nicht viel. Das Übliche, sprich mit den Kindern gespielt, mich weitesgehend gekümmert und so und..." Sollte ich ihr von Sun Cheng erzählen? Ja, warum nicht. "Und einen Mann kennen gelernt, der mir mehr von meiner Heimat gebracht hat, als ich es manches Mal zu hoffen gewagt hätte und es dadurch immer wieder schafft mich in die Verzeiflung zu treiben, auch wenn er es gar nicht vor hat, weil es nur einzelne Steinchen im großen Mosaik sind. Er ist mein Chi geworden. Das bedeutet in seiner Sprache so etwas wie Lehrmeister. Er erzählt mir viele wundersame Dinge aus seiner Heimat, die er das Reich Han nennt und lehrt mich vieles. Auch zeigt er mir Zeichnungen und..." ICh stockte. Die Erinnerung an die Zeichnung der Stadt Petra ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen und meine Hände zitterten einmal mehr für einen Augenblick. "Und durch ihn erinnere ich mich wieder an ein paar Dinge mehr. Aber.. aber ich muss gestehen, es sind auch Dinge dabei, an die ich mich lieber nicht erinnern würde," kam es leise zum Schluß über meine Lippen.

  • Ich runzelte die Stirn während sie sprach. Es hörte sich alles ziemlich abenteuerlich an, aber ich freute mich irgendwie für sie, dass sie jemanden gefunden hatte, mit dem sie auch sprechen konnte. Es tat mir leid, dass ich so wenig Zeit für sie hatte,


    "Möchtest du darüber reden oder lieber nicht? Ich wäre bereit dir zuzuhören, wenn du es loswerden möchtest. Du klingst ziemlich aufgeregt und siehst auch ziemlich angespannt aus...."

  • Ich dachte einen Moment nach und nickte schliesslich. "Es gibt eine Stadt, sie heisst in Eurer Sprach Petra und ist eine in Fels gehauene Stadt, die Hauptstadt der Nabataaer. Sie liegt nicht weit von den Grenzen zum Imperium weg, aber weit von meiner Heimat. Dennoch ist sie für uns immer ein wichtiger Handelspartner gewesen." ICh bemerkte nicht, dass ich beinahe wie in Trance sprach und mein Blick ganz woanders zu sein schien. Das pferd ritt langsam vorwärts, während ich erzählte. "Wir waren mindestens einmal im Jahr dort und so auch damals, an dem Tag. Omar wollte mich zu einem Stand mit Kräutern begleiten und dann waren sie plötzlich da. Ich weiss nicht mehr was passiert ist, noch nicht, aber ich weiss, dass sie Omar angegriffen haben und er immer rief 'Lauf! Flieh!' Ich wollte ihm helfen und seh noch ein Messer, aber ab da ist alles dunkel." ICh schwieg und es dauerte, ehe es schien, als würde ich aus einer weiten Ferne zurückkehren. Als ich wieder da war und sie ansah, war mir gar nicht bewusst, dass ich mich an mehr erinnert hatte, als noch vor Kurzem, dass wir jedes Jahr da waren und auch, was, zumindest teilweise, passiert war. Ich lächelte schwach. "Naja, ich weiss nicht, ob es gut ist sich an so etwas zu erinnern."

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