| Officium des Pater Gentis |

  • Varus fragte sich, was sie hier wollte...Briefe gab man doch nicht hier ab?! Aber das würde sich sicher gleich sagen. Also erhob er sich und deutete auf einen freien Stuhl.
    "Salve...bitte setz dich doch. Was führt dich zu mir?" fragte er.

  • Valeria nickte dankbar und setzte sich.
    "Eigentlich wollte ich Arria besuchen. Aber als ich sie dann gesehen habe, konnte ich nicht umhin, meine Tätigkeit als Medica auszuüben. Und deswegen bin ich nun auch hier, Varus. Arria hat eine schwere Grippe. Wenn sie nicht für einige Tage im Bett bleibt, wird sich ihr zuständ ziemlich verschlimmern. Sie sagte mir, dass du das vielleicht anders sehen könntest; deswegen bot ich an, mit dir zu sprechen - was sie zuerst ablehnte. Aber ich habe sie dann doch überzeugen können."

  • Varus zog überrascht die Augenbrauen hoch, als er Valerias Worte vernahm. Also war sie doch krank gewesen! Er hatte es ihr doch gleich gesagt. Und er hatte gleich einen Arzt rufen wollen, aber nein, Madam bestand ja darauf, dass nichts war. Varus schnaubte.
    "Ich danke dir, Valeria, dass du nach meiner Tochter gesehen hast. Ich vermutete, dass sie krank ist, aber sie hatte keinen Medicus gewollt. Also ließ ich ihr ihren Willen. Wenn sie jetzt auf dich hört, ist es gut. Sie soll sich auskurieren. Du wirst selbstverständlich für deine Dienste entlohnt werden. Gibt es Medikamente, die sie einnehmen soll?"

  • Valeria schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände.
    "Oh nein. Das war ein Freundschaftsdienst. Ich verlange keine Bezahlung. Und die beste Medizin, die sie haben kann, ist viel Schlaf, heißen Wein und in zwei, drei Tagen ein heißes Bad mit ätherischen Ölen", meinte sie.
    "Es ist nur wichtig, dass sie im Bett bleibt. Für ihre Prüfung lernen kann sie auch im Bett."

  • "Nein, das war eigentlich alles", entgegnete Valeria und stand auf.
    "Sollte es schlimmer werden, so findet ihr mich entweder in der Casa Decima oder im neuen Iatreion 'Hippokrates' am Forum. Ich habe mich auf die Frauenheilkunde spezialisiert", erklärte sie.
    "Vale, Varus. Einen schönen Abend wünsche ich dir."

  • "In Ordnung. Ich danke dir", sagte Varus und verabschiedete Valeria. Dann schrieb er an Crispus' Brief weiter.



    Probatus Marcus Petronius Crispus
    Castellum Legionis IX Hispaniae
    Germania



    Salve, mein lieber Neffe!


    Mit Freuden empfing ich deinen letzten Brief.
    Zuerst einmal zu deinem Anliegen: Es spricht nichts dagegen, Klient deines Vorgesetzten zu werden, so du das denn wirklich möchtest.


    Ich bin gleichermaßen stolz auf dich und Mela, was eure Ausbildung angeht. Ihr zwei macht der Familia Ehre und euren Vater und mich stolz. Macht weiter so, auch wenn ihr friert im kalten Germanien. Wie sieht es mit dem Schnee aus; ist der inzwischen etwas weniger geworden? Hier in Tarraco scheint immer öfter die Sonne und wenn sie mir ins Gesicht scheint, bin ich froh, dass ich ken Probatus bin und mir in Germanien den Hintern abfriere....


    Der Familia geht es sonst gut. Arria hat zwar eine Grippe und muss das Bett hüten, aber dafür machen sich die anderen prächtig. Varro ist aus Rom zurückgekehrt und sogleich in den Dienst der Götter getreten, was mich sehr freut. Du kennst ihn sicher noch, als er fort ging, warst du gerade einmal sieben oder acht Jahre alt. Und auch ich selbst habe, so du nach Hause kommst, eine kleine Überraschung für dich - ich möchte dir jemanden vorstellen, den du demnächst vielleicht öfter in dieser Casa antreffen wirst...


    Wenn du mir rechtzeitig mitteilst, wann Mela und du zurück nach Hause kommen werden, werde ich ein Festmahl bereiten und die Casa schmücken lassen.
    Bis dahin lasst es euch gut gehen im eisigen Germanien, du und Mela. Und vergiss nicht, Crispus, mir recht bald wieder zu schreiben. Deine Briefe reißen mich stets aus den trägen Gedanken, die man im Winder hat - selbst im sonnigen Spanien.


    Vale bene - und vergiss nicht: Honor est praemium virtutis!
    Titus Petronius Varus



    Er siegelte den Brief und packte ihn zu den Dingen, die er am nächsten Morgen mit ins Officium nehmen würde. Wo steckte eigentlich Gracchus? Eigentlich könnte er den Brief auch überbringen....

  • "Ah, Gracchus! Es geht um einen Brief an Crispus, meinen Neffen. Er ist zur Zeit in Germania stationiert und da du nicht nur Tabellarius Dispostus bist, sondern auch sein Verwandter, würde ich gern dich Schicken, um den Brief auszutragen", erklärte Varus und legte die versiegelte Schriftrolle auf den Tisch vor sich.

  • Arria hatte am Tag nachdem sie das Ergebnis erfahren hatte endlich den Mut gefunden, zu ihrem Vater zu gehen.


    Sie hatte ihre Haare zusammengebunden und eine frisch geglättete Tunika angezogen, auch ihre Sandalen waren sauber. Mit minimal gesenktem Blick klopfte sie an das Officium und hoffte, dass ihr Vater da war, wann sonst würde sie es abermals über sich bringen, zu ihm zu gehen?

  • Varus rechnete gerade laut in den Einnahmen und Ausgaben der Taverna herum, als es klopfte.
    "Siebenhundertfünfund....... jahaa, ich bin da, komm rein! ....siebenhundertfünfundneunzig... das macht....neunhundertzwanzig - ach nein, neunhundertzweiundzwanzig..."
    Er notierte sich den Wert und sah auf. Arria stand vor ihm und er lächelte sie an, die Feder noch in der Hand.
    "Arria! Wie geht es dir?" fragte er und legte die Feder ab, um sich zurückzulehnen und seine Tochter zu mustern.

  • Arria öffnete die Tür und trat ein, schloss sie hinter sich wieder. Sie trat zum Schreibtisch ihres Vaters und lächelte sanft, legte die Hände vor sich übereinander.


    "Es geht mir gut, Vater", antwortete sie ruhig und meinte es auch so. Abgesehen davon, dass sie ein wenig nervös war und sich noch nicht auf der Höhe ihrer Kräfte fühlte, ging es ihr auch wirklich wieder gut, das Fieber war verschwunden und sie hatte wieder eine etwas gesündere Farbe angenommen.

  • Varus musterte sie einen Moment und nickte dann.
    "Du siehst auch viel besser aus. Diese Decima Valeria mag zwar gerade erst die Prüfung zur Medica abgelegt haben, aber sie scheint dennoch etwas von der Heilkunst zu verstehen"; meinte er.
    "Setz dich doch ruhig. Gibt es etwas Bestimmtes, weswegen du mit mir reden möchtest? Oder willst du deinem alten Vater einfach nur hallo sagen?" fragte er freundlich.
    Er hatte einen guten Tag - die Geschäfte in Rom liefen gut.

  • Arria lächelte leicht und ließ sich auf dem Stuhl nieder, streckte den Rücken durch und saß aufrecht und fast wie eine kleine, stolze Prinzessin da, doch ihre nervösen Bisse auf ihre Lippen und ihre leicht gesenkten Augen verrieten, dass es nur eine Maske war.


    "Ich würde dich doch nie stören, wenn du beschäftigt bist, wollte ich dir lediglich hallo sagen", erwiderte sie mit einem sanften Lächeln. "Nein, Vater, ich wollte dir mitteilen, dass ich die Prüfung zur Popa abgelegt habe", fügte sie schnell hinzu, damit er sich über ihre Worte nicht aufregen konnte.

  • Arria schien nervös. Das fiel sogar ihrem Vater auf, der sie zwar lange genug kannte, um sie dann und wann zu durchschauen, vor dem sie aber scheinbar ihre Gefühlte verbergen wollte. So sagte Varus zum ersten Teil ihrer Worte nichts, bei dem zweiten setzte er eine forschende Miene auf und fragte:
    "...und?"

  • Arria senkte ihren Blick noch ein wenig weiter. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass in diesem "...und?" bereits ein Vorwurf oder zumindest ein Verdacht lag. Sie kaute noch kurz auf ihrer Lippe herum, dann seufzte sie leicht und rückte mit der Sprache heraus.


    "Ich habe sie nicht wirklich bestanden. Ich wurde nur zur Commentaria ernannt und nicht zur Popa", meinte sie leise und mit leicht zitternder Stimme.

  • Varus verengte die Augen zu Schlitzen und versuchte herauszufinden, was denn nur mit Arria los war - weshalb sie so...seltsam und eingeschüchtert wirkte. Aber es gelang ihm erst dann, den Grund herauszufinden, als sie ihm ihn selbst nannte. Varus entspannte sich wieder. Er hatte schon das Schlimmste befürchtet...
    "Ach so! Und ich dachte schon, du wolltest mir etwas viel Schlimmeres offenbaren. Commentaria? Nunja, das ist nicht gerade das, was du wolltest, hm? Aber tröste dich, es muss auch Commentarii geben, die Arbeit macht sich nicht von allein. Aber verrate mir noch, warum du so betrübt und nervös bist. Deswegen?"

  • Arria nickte mit einem Kloß im Hals. Für sie kam es so vor, als wäre das jetzt die Ruhe vor dem Sturm, doch sie konnte in Varus' Stimme nichts dergleichen heraushören.


    "Ich habe die Prüfung nicht bestanden und das macht mir zu schaffen. Ich habe so viel darauf gelernt", antwortete Arria seufztend.

  • "Und du warst krank", fügte er nickend etwas zu ihrer Aufzählung hinzu.
    "Warum redest du davon, dass du die Prüfung nicht bestanden hast? Du hast sie doch bestanden - nur nicht als Popa, sondern eben als Commentaria..."


    Er runzelte die Stirn und betrachtete Arria einen Moment.
    "Deine Mutter wäre stolz auf dich", sagte er leise.

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